Agentur-Chefin Katrin Oeding bringt alles auf die Straße

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13. Juni 2015

Wie tickt wohl eine der meist ausgezeichneten Designerinnen Deutschlands, die sich selbst „Garagenkind“ nennt und folgerichtig mit ihrem Mann eine Motorrad-Manufaktur gegründet hat? Wir mussten es herausfinden und haben Multitalent Katrin Oeding in ihrem Studio Oeding besucht. In dem beeindruckenden Speicher mit Industrie-Charme bewundern wir die Ehinger Krafträder – und natürlich die Designerin herself.

 

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Femtastics: Was macht dir an deiner Arbeit am meisten Spaß?

Katrin Oeding: Das Umsetzen ist tatsächlich das, was mir am meisten Spaß macht. Dazu gehört auch der Kampf, sich für gute Ideen einzusetzen und diese durchzusetzen. Wenn die Idee dann auch noch auf Kundenseite verstanden wird, dann ist das sehr erfüllend.

Was noch?

Nicht nur in einer Branche zu arbeiten ist mir wichtig. Ich mache alles – von Beauty bis Motorräder. Schließlich bin ich Garagenkind, ich liebe es, mit Motoren und Öl zu tun zu haben.

Kampf kostet Energie. Wo schöpfst du die raus?

Genau aus diesem Prozess. Wenn ich eine Idee habe, so beschäftigt mich das von morgens bis abends und lässt mich nicht los. Ich denke immer parallel an mehreren Projekten rum.

Manchmal kaufe ich mir Sachen, nur um sie zu verstehen – vor allem technische Geräte.

Was ist mit dem viel strapazierten Begriff der Inspiration?

Ich gehe viel zu Fuß. Außerdem habe ich ein fotografisches Gedächtnis. Ich sehe alles, nehme alles auf und kann es später abrufen. Man darf nie eingefahren sein, sondern muss offen gegenüber Neuem sein und sich damit auseinandersetzen. Manchmal kaufe ich mir Sachen, nur um sie zu verstehen – vor allem technische Geräte.

Ideenlosigkeit kennst du wahrscheinlich nicht.

Nein. Ich habe ständig Ideen und schöpfe überall heraus Inspiration – das kann auch eine tolle Nagellackfarbe sein. Ich kann mich zu vielen Dingen mit Menschen austauschen und bekomme so neue Sichtweisen, das ist ein ewiges Sparring. Heute haben viele Menschen viele Idee, aber sie wissen nicht mehr, wie man sie umsetzt.

Du hast als Plakatmalerin angefangen. Was war damals dein Berufsziel?

Ich komme aus Ostdeutschland. Da gab es den Studiengang Kommunikationsdesign nicht. Aber ich wollte unbedingt etwas Kreatives machen. Also habe ich erstmal eine Ausbildung als Plakatmalerin gemacht und wollte dann ein Studium für angewandte Kunst und Architektur anknüpfen. Daraus wurde dann ein Studium des Kommunikationsdesigns in der Armgardstraße in Hamburg.

Du hast in vielen großen Agenturen – von Jung von Matt bis Kolle Rebbe – Karriere gemacht. Wann war dir klar, dass du es mit einer eigenen Agentur versuchen willst?

Ich habe immer nebenbei meine eigenen Projekte gehabt. Irgendwann wurde mir klar, dass ich aus meinem Gefängnis rauskommen muss, um meine eigenen Ideen zu entwickeln. Ich wollte nicht mehr das Gefühl haben, etwas umzusetzen, was am Ende aber eben doch nicht wirklich meins ist. Es haben immer andere Menschen reingeredet, sodass ich das Ergebnis nicht 100 Prozent steuern konnte.

Also hast du mit deinem Partner Uwe Ehinger „Ehinger Kraftrad“ gegründet …

… und habe damit Dinge losgestoßen und ausprobiert. Das war als Nährboden für Ideen traumhaft.

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Wie näherst du dich einem Produkt an?

Ich unterhalte mich sehr lange mit dem Kunden und mache meist einen Workshop, um die Marke und die Zielgruppe gänzlich kennenzulernen. Man muss den Kunden auf seinem Weg und in seinem Gedankengang mitnehmen.

Wie sehr lässt du das an dich ran?

Diese Prozesse sind immer sehr emotional. Bei mir handelt es sich immer um Herzensprojekte, anders würde es gar nicht funktionieren.

Was sind die Trends?

Wir befinden uns immer noch im Digital Hype – wobei das für mich mittlerweile schon ein ganz traditionelles Medium ist. Es wird noch sehr viel im Bereich Sharing passieren. Das wird noch heftiger werden. Dass viel mehr online gekauft werden wird, ist klar. Viele mobile Oberflächen sind nach wie vor nicht dafür geschaffen, Spaß am Shoppen zu haben. Da findet noch nicht wirklich eine Erleichterung statt. Wie kriege ich Erlebniswelten, die wir zum Beispiel für Stores kreieren noch mehr in die Online-Welt? Ich glaube an das Medium Digital. Von Fernsehen wird bald niemand mehr sprechen. Auf welchem Bildschirm ich was gucke, ist eigentlich egal. Viele neue Produkte müssen sich da erst noch finden. Das wird ein spannender Weg.

Frauen kommen auf andere Lösungen.

Haben Frauen einen anderen Angang im Agentur-Business?

Ja, Frauen kommen auf andere Lösungen, weil sie generell keine Teamarbeiter sind.

Das ist eine steile These!

Man muss schon ein guter Sozialarbeiter sein, um mit einem Frauen-Team klarzukommen. Männer agieren immer in der Gruppe, die sind das gewohnt. In der Gruppe sind Männer vielleicht pragmatischer, Dinge umzusetzen. Wir Frauen sind durch unsere Genetik so gepolt, dass wir uns alleine durchkämpfen müssen um uns zu ernähren – ohne den Mann, der auf der Jagd umgekommen ist. Wir sind auf Überleben getrimmt und kommen dadurch auf andere Lösungen.

Da glaubst du ganz fest dran?

Ja. Und dass, wäre ich hier in Hamburg geboren und aufgewachsen, wäre ich nicht da, wo ich bin. Ich war immer ein absoluter Nerd in dem, was ich getan hab und super speziell. Die ganze Schule zielte im Osten nur darauf ab, in der Gruppe zu denken. Der ganze Tag war durchorganisiert von der Schule, von Arbeitsgemeinschaften, Sport-Gemeinschaften, Kindergarten, Hort und so weiter. Die Eltern waren fast nebensächlich. Aber du hast gelernt, immer in dieser Gruppe zu denken, zu agieren und den anderen zu helfen. Ich habe mich immer gern um Sitzengebliebene gekümmert. Ich wurde so erzogen, mich mit der Gruppe auseinanderzusetzen. Das liegt auch schon an dem DDR-System, wofür ich dankbar bin. Ich habe das Gefühl, ich habe dann immer schon so eine Stunde mehr Geduld und unterhalte mich auch länger, um an die Information zu kommen. Das tut dann eben auch einer Frauengemeinschaft gut, weil ich anders damit umgehe.

Weil es im Osten eben keine Geschlechtertrennung gab?

Es war immer egal, ob Mann oder Frau. Die Gruppe war wichtig, die Gemeinschaft und das, was du kannst. Das hat mir auch im Agenturleben geholfen. Ich will immer mein Wissen teilen. Daraus entsteht Neues.

Vielen Dank für das Gespräch, Katrin.

 

 Fotos: Janna Tode

Hier findet ihr Katrin:

 

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