Die Kanadierin Tommy Genesis schießt gerade aus dem Untergrund als neuer Stern an den Rap- & Trap-Himmel. Sie wurde vom DIY-Label Awful Records gesignt, ihre Musik entsteht in Eigenregie zu Hause und sie passt in kein übersexualisiertes Hip Hop-Klischee. Wir treffen Tommy Genesis in Hamburg vor ihrem Konzert im Uebel & Gefährlich zum Interview und sprechen über Gender und ihren Harajuku-Style.
Ich hatte schon immer Probleme mit Gender.
femtastics: Glaubst du an das Gender-Konzept?
Tommy Genesis: Schwierig. Im Sinne des Wortes gibt es natürlich erstmal unterschiedliche Geschlechter. Aber wenn es um Geschlecht und Identität geht, dann ist es eben so, dass, wenn du als Junge geboren wirst, deine Eltern dir blaue Sachen kaufen. Und wenn du als Mädchen geboren wirst, bekommst du rosafarbene Sachen. Wenn du ein Kind wie ich bist, das sich gleichzeitig maskulin und feminin fühlt und nicht wirklich weiß, wo es hingehört, dann funktioniert die Mainstream-Idee von Gender nicht.
Es kommt darauf an, deinen Instinkten zu vertrauen und das zu tun, was du fühlst.
Es ist nicht alles schwarz und weiß.
Ich hatte schon immer Probleme mit Gender, das wurde mir aber erst richtig klar, als ich meine Sexualität entdeckt habe. Ich war zwar schon immer ein Tomboy, aber erst als ich wirklich Gefühle für Mädchen entwickelte, wusste ich, dass ich nicht normal bin. Und wenn ich mit Jungs zusammen war, dann hatte ich nicht die Gefühle, so wie es mir von meiner Umwelt beigebracht wurde. Ich habe nicht die Mainstream-Auffassung von Beziehungen. Es kommt darauf an, deinen Instinkten zu vertrauen und das zu tun, was du fühlst. Jeder Mensch ist anders und hat andere Gefühle. Du musst dir selbst treu bleiben.
Wie hast du deinen Schoolgirl/Harajuku-Stil entwickelt?
Ich habe mich schon immer so angezogen. Ich trage Crop Tops, egal ob sie gerade cool oder nicht cool sind. Früher haben meine Eltern mich angeschrien, wenn ich ganz kurze Röcke getragen habe. Aber der Look ist eigentlich gar nicht sexy, weil ich ja nie wirklich explizit etwas zeige.
Wahrscheinlich ist genau das gerade so sexy.
Ja vielleicht, aber du siehst nie meinen Arsch oder meine Brüste (lacht).
Wo kaufst du deine Sachen?
Meine Röcke kaufe ich alle bei American Apparel. Meine Combat Boots kaufe ich im Army Shop und meine Band-Shirts finde ich irgendwo und croppe sie einfach.
Ich reserviere viele meiner Gefühle für meine Kunst.
Deine Musik produzierst du zu Hause?
Ich hatte einen Produzenten und jemanden, der mir bei der Creative Direction und beim Abmixen geholfen hat. Aber darum geht es bei Awful Records, es ist alles DIY. Wir sind ein Kollektiv.
Welche Künstler haben dich beeinflusst?
Ich höre nicht Musik, um selbst Musik zu machen. Ich höre in mich rein, es geht um meine Gefühle und meine Wahrnehmung der Welt. Ich reserviere viele meiner Gefühle für meine Kunst. Viele Menschen denken, dass ich eine kühle Person bin, weil ich meine Gefühle nicht so rauslasse. Aber wenn ich durch bestimmte Phasen in meinem Leben gehe, müssen die Gefühle irgendwann auch wieder raus. Fast so, als wenn ich mich übergeben würde. Statt wütend zu werden, schreibe ich einen Song und packe meine ganze Wut rein.
Es ist eine Art Eigen-Therapie. Was ist eigentlich die Geschichte hinter deinem Künstlernamen Tommy Genesis?
Eigentlich heiße ich Genesis, aber da man zu Genesis schon viel im Internet findet, habe ich mir einfach selbst einen Namen gegeben. Als Künstler kannst du alles sein, was du willst. Wenn du Tommy heißen willst, nennst du dich eben Tommy!
Word! Danke dir für das Interview, Tommy.
Weitere Statements zu Feminismus, Sexualität und ihrem Werdegang findet ihr bei BLONDE.de.
Ein Kommentar