Guitar Hero: Sarah Lipstate aka Noveller

28. September 2015

Letzten Montag haben wir zusammen mit dem Hamburger Club Uebel & Gefährlich das erste Konzert in der femtastics-Geschichte präsentiert. Den Anfang macht Noveller (ausgesprochen “know-veller”) – dahinter steckt Sarah Lipstate aus Brooklyn, ihres Zeichens Filmemacherin und Gitarristin. Sie bezeichnet die E-Gitarre als ihre Muse und kreiert mit ihr und einigen Synthies für ihr Soloprojekt betörend sphärische Klangwelten, in denen man sich sofort gut aufgehoben fühlt und die man nie wieder verlassen möchte. Kurz vor dem Konzert, zwischen Soundcheck und Dinner, treffen wir Sarah backstage und sprechen über die Tour sowie ihre zwei Leidenschaften: Film und Musik.

Femtastics: Woher kommst du gerade?

Sarah Lipstate: Ich komme gerade aus den Niederlanden. Letzte Nacht habe ich beim Incubate Festival in Tilburg gespielt.

Wie ist das Tourleben?

Meine Europa-Tour geht einen kompletten Monat lang. Ich war in Frankreich, Spanien, Portugal, in den Niederlanden und spiele jetzt ein paar Konzerte in Deutschland. Es ist meine beste Tour bisher. Ich habe mir zusammen mit meiner Freundin Jenny einen Mietwagen genommen. Das ist total entspannt! Bis zum 6. Oktober spiele ich jeden Tag ein Konzert in einer anderen Stadt …

und triffst neue Menschen.

Ja, das ist aufregend und anstrengend zugleich. Aber wir werden überall toll in Empfang genommen und die Konzerte waren alle super.

Ich bin ein Mittagsmensch.

Bist du denn eher ein Morgen- oder ein Nacht-Mensch?

Ich bin ein Mittagsmensch. Morgens funktioniere ich nicht so gut, abends ein bisschen besser, aber ich bin keine Nachteule.

Deine Musik nimmst du also tagsüber auf?

Ja, ich fange so um 11 Uhr an. Wenn ich voll drin bin, kann es auch schon mal bis tief in die Nacht gehen. Schließlich ist das Aufnehmen und Komponieren meine Leidenschaft.

 

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Für ihre Konzerte erstellt Sarah Lipman experimentelle Filme, die hinter ihr projeziert werden und unfassbar gut zu ihrer Musik passen.

 

Was ist dein Lieblingsplatz zum Musik machen?

Da ich alles alleine mache, habe ich mir ein kleines Studio in meiner Wohnung in Brooklyn eingerichtet. In meinem Schlafzimmer, um genau zu sein.

Du sagst, die Gitarre ist deine Muse. Wann hast du angefangen, Gitarre spielen zu lernen?

Als ich sehr jung war bekam ich Klavierunterricht bei einer sehr strengen Lehrerin, das ging über acht Jahre. Ich habe bei Wettbewerben und Konzerten gespielt. Außerdem spielte ich Posaune. Als ich 16 Jahre alt war habe ich angefangen Noise-Rock zu hören. Wenn ich meine Lieblingsband Sonic Youth hörte, dann gab es da kein Klavier und keine Posaune – sondern nur Gitarren. Also wollte ich unbedingt Gitarre spielen und erzählte das meinen Eltern, die mich zunächst aber nicht unterstützen wollten. Dann habe ich mir das Gitarre Spielen selbst beigebracht. Die erste Gitarre habe ich mir von meinem Sommerjob gekauft.

Ich wollte Spaß dabei haben und meinen eigenen Zugang zur Gitarrenmusik entwickeln. Ich wollte niemanden imitieren.

Du bist also überzeugte Autodidaktin.

Ich wollte Spaß dabei haben und meinen eigenen Zugang zur Gitarrenmusik entwickeln. Ich wollte niemanden imitieren. Das war sehr befreiend.

Du bist außerdem auch Filmemacherin. Wie hängen beide Welten für dich zusammen?

Während meines Filmstudiums habe ich viele experimentelle Kurse besucht. Ich habe Film also nicht im traditionellen Sinne gelernt, sondern Dinge wie Audio-Produktion, Video-Installation und Animationstechniken. Die Filme, die bei meinem Konzert laufen, sind beispielsweise 16mm-Filme, die ich bemale und manipuliere. Parallel habe ich immer Musik gemacht – in jeder freien Minute.

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Bei der Musik will ich mir von niemandem sagen lassen, was richtig oder falsch ist.

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Aber Musik studieren wolltest du nicht.

Nein, weil ich mir bei der Musik von niemandem sagen lassen wollte, was richtig oder falsch ist. Diesen eher abstrakten Angang habe ich später auch beim Film angewendet. Wenn ich beides kombiniere, entsteht etwas sehr Harmonisches.

Was ist deine größere Leidenschaft?

Definitiv die Musik, hier stecke ich meine gesamte Energie rein. Davon kann ich auch eher leben – und das Leben in Brooklyn ist nicht gerade günstig.

Wie unterscheiden sich beide Welten im kreativen Prozess für dich?

Film ist etwas sehr Taktiles. Du weißt nicht, wie es am Ende auf dem Bildschirm aussehen wird. Film hat viel mit Überraschungen und Entdeckungen zu tun. Manchmal kommt etwas sehr schönes dabei raus, manchmal auch was furchtbares. Die Musik ist viel direkter. Du weißt sofort, ob sich etwas gut anhört oder nicht.

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Es ist extrem wichtig, eine Community zu haben, sich zu ermutigen und sich gegenseitig zu unterstützen.

In der experimentellen Musikszene gibt es verhältnismäßig wenige Frauen. Warum ist das so?

Ich bin in einer Kleinstadt groß geworden und habe Musik über Plattenläden kennengelernt. Irgendwann wurde mir klar, dass ich vor allem Bands mit Frauen mochte, die aber alle Bassistinnen waren. Das waren Ikonen für mich, die mir suggerierten: Das kann ich auch! Jetzt treffe ich bei meinen Konzerten Frauen, die selber Musik machen oder es gern tun würden. Ich habe die Hoffnung, dass ich diese Frauen ermutige und inspiriere. Die letzten acht Jahre habe ich in Brooklyn gewohnt und viele Konzerte gespielt. Ich sehe immer mehr junge Leute und insbesondere Frauen, die experimentelle Musik machen. Es ist extrem wichtig, eine Community zu haben, sich zu ermutigen und sich gegenseitig zu unterstützen.

Das finden wir auch, vielen Dank für das Interview!

Novellers neue Platte “Fantastic Planet” ist soeben auf Bandcamp erschienen.

 

Hier findet ihr Noveller:

  

Fotos: Pelle Buys

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