Back to the Roots: Schmuckdesignerin Ina Beissner

8. Juli 2016

In Peru aufgewachsen, in Mexiko Abitur gemacht, in Berlin Modedesign studiert und in Paris die Einkäufer um den Finger gewickelt – Ina Beissner hat schon viele interessante Stationen hinter sich und ist eine der deutschen Schmuckdesignerinnnen, die es geschafft hat, ihren ganz eigenen und unverwechselbaren Stil zu kreieren. Mit minimalistischen Glöckchendesigns begeisterte sie vor sechs Jahren sofort die Modebranche und auch uns. Gerade erfindet sich die Wahlberlinern neu und strukturiert ihr Label um – wie, was, wo und wann erzählt sie uns im Interview.

femtastics: Viele Schmucklabels sehen mittlerweile gleich aus, besonders im skandinavischen Raum fällt das auf – wie findet man seine Nische? Hast du einen Tipp für Nachwuchsdesigner?

Ina Beissner: Man muss auf jeden Fall die Konkurrenz beobachten und seinen eigenen Stil finden, um sich von ihr abzusetzen. Daran muss man permanent arbeiten – das ist das Allerwichtigste.

Dein Label wird dieses Jahr sechs Jahre alt. Wie hat sich das Label Ina Beissner in den letzten Jahren entwickelt? Kannst du ein paar wichtige Stationen beschreiben?

Ich habe ursprünglich mit Silberschmuck angefangen und damals die ersten Kollektionen auch ausschließlich in Deutschland produziert. Nachdem ich entschieden habe, nicht nur Silberschmuck, sondern auch Messingschmuck zu machen, habe ich meine Produktion nach Italien ausgelagert. Dadurch wollte ich vor allem erreichen, dass die Schmuckstücke günstiger im Verkauf werden. Im letzten Jahr habe ich meine Echtschmuck-Kollektion gelauncht, was ein wichtiger Step für mich war. Ab 2017 wird es nur noch in diese Richtung weitergehen, das heißt, ich werde keinen Modeschmuck, sondern nur noch Echtschmuck, also massiven Goldschmuck, entwerfen und produzieren.

Ich möchte, ganz übertrieben gesagt, keine Sklavin dieser Dynamik mehr sein, sondern auf Nachhaltigkeit setzen.

Also findet bei dir eine große Umstellung statt. Bei Echtschmuck hat man natürlich höhere Produktionskosten und auch die Zielgruppe muss erstmal gefunden werden. Hattest du da am Anfang Respekt vor?

Ich hatte auf jeden Fall Respekt davor. In der Produktion ist Echtschmuck natürlich teurer, ich werde dadurch sicherlich einige Kunden verlieren und muss eine neue Zielgruppe erreichen – Herausforderungen sind aber sehr wichtig für mich. Ich strukturiere gerade alles um. In Zukunft werde ich nur noch ganz kleine Kollektionen einmal im Jahr herausbringen und diese werden auch nur noch auf Anfrage produziert. Es wird alles ein bisschen exklusiver und für mich in der Handhabung weniger komplex als es davor mit drei Linien war. Außerdem riskiere ich durch die Produktion auf Anfrage nicht mehr so viel, weil ich nicht so stark in Vorleistung wie früher treten muss.

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Viele Labels entziehen sich mittlerweile dem schnellen Modediktat und bringen nur noch eine Kollektion im Jahr heraus oder bauen auf Klassiker und Bestseller auf. Liegt hier die Zukunft der Mode?

Ich denke, ja. Ich möchte, ganz übertrieben gesagt, keine Sklavin dieser Dynamik mehr sein, sondern auf Nachhaltigkeit setzen. Meine Schmuckstücke werden nicht mehr so modisch sein, sie sollen die Trägerin über Jahre begleiten und von Generation zu Generation weitergegeben werden.

Du hattest es schon angerissen, dass du in Italien produzieren lässt. Bleibt es dabei?

Das wird sich nach Möglichkeit wieder ändern. Ich möchte “back to the roots”, also zurück mit der Produktion nach Deutschland, weil es einfacher zu koordinieren ist. Seit neuestem entwerfe ich auch Verlobungsringe und die werden in Berlin produziert. Es ist ein bisschen schwierig, den richtigen Produzenten in Deutschland zu finden, weil die Produktionskosten bzw. die Handarbeitskosten in Deutschland sehr hoch sind – ich möchte ja auch, dass meine Schmuckstücke noch einigermaßen erschwinglich sind.

Fertigst du auch noch selbst Schmuck?

Ich mache die Entwürfe und dann überlasse die Fertigung den Experten.

Wie hast du deine Labelgründung finanziert?

Eigentlich dachte ich, dass ich ganz klein anfange. Mir ist aber schnell bewusst geworden, dass das so nicht funktioniert, wenn man international Fuß fassen möchte. Ich musste in die Pressearbeit, in Marketing, Messenauftritte und die Entwicklung der Kollektion investieren.

Mein Schmuck kam international besser als national an.

Das heißt, du hattest Investoren oder Unterstützung aus der Familie?

Mein Vater ist mein Investor gewesen und hat mich unterstützt.

Man sagt, dass sich ein Label nach circa fünf Jahren trägt. Kann man das bei dir auch so pauschal sagen?

Ja, das kann man auf jeden Fall sagen. Insbesondere durch die Fine Jewellery Linie trägt sich das Label auch erst jetzt.

Du hast dich von Anfang an eher international orientiert und warst auf der Berlin Fashion Week nur selten vertreten. Warum?

Mir war es von Anfang an wichtig, meine Kollektion internationalen Einkäufern zu präsentieren. Ich hatte Glück, dass ich die allererste Kollektion direkt auf der “Premiere Class” in Paris zeigen konnte. Eine einzige Messe habe ich auch in Berlin mitgemacht – ich habe aber gemerkt, dass sich die Messen in Berlin für mich nicht gelohnt haben. Mein Schmuck kam international besser an als national. Deshalb war es mir wichtig, die Kollektion weiterhin in Paris zu zeigen.

Du hast mit Glöckchen-Designs angefangen – ein Markenzeichen, unter dem dich vor allem viele Leute in der Modebranche kennen. Mittlerweile sind auch neue Designs dazugekommen, zum Beispiel die großen Earcuffs, außerdem verarbeitest du seit neuestem in deiner Echtschmuck-Linie auch Diamanten – sicherlich kein einfaches Pflaster …

Meine Glöckchendesigns trage ich nach wie vor gerne, ich wollte mich aber weiterentwickeln. Es war schon immer mein Traum, mit Steinen zu arbeiten, nur der richtige Zeitpunkt war noch nicht gekommen. Mit der Echtschmuckkollektion habe ich mir den Traum erfüllt – meine Produktion in Italien hat mich in Sachen Diamanten beraten.

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Schauspielerinnen wie Sibel Kekilli, Pheline Roggan und Model Toni Garrn tragen deinen Schmuck. Wählst du die Frauen aus oder berät dich deine PR-Agentur?

Ich habe auf jeden Fall eine Frau im Kopf, die ich mir als Trägerin meines Schmucks vorstelle. Bei den Schauspielerinnen greift mir meine Agentur Prag PR unter die Arme. Sie empfehlen mir einige Schauspielerinnen und statten diese dann auch aus. Wenn es um Blogger, Influencer und Stilikonen geht, gebe ich der Agentur meine Favoriten durch.

Viele bekannte deutsche Bloggerinnen tragen deine Designs. Vor kurzem hat sogar Chiara Ferragni, die wohl bekannteste internationale Modebloggerin, deine Kreationen getragen. Wie wichtig ist dir dieser Support bzw. diese Kooperationen? Merkst du es am Abverkauf oder geht es mehr um Imagebildung?

Chiara Ferragni habe ich auf gut Glück meine Echtschmuck-Ohrringe, die “Chikka Earrings”, geschickt, weil ich genau weiß, dass sie pro Post ein Honorar verlangt, was ich mir aber nicht leisten kann beziehungsweise möchte. Ich habe dann bei Instagram und Snapchat gesehen, dass sie die Ohrringe eine zeitlang getragen hat – leider gab es aber keinen Post beziehungsweise eine Markierung auf den Fotos. Zum Thema Abverkauf: Das kommt immer drauf an, wer was postet. Als Garance Doré zum Beispiel den “Kaeli Mono Earring” getragen hat, kam die Resonanz ziemlich schnell und der Onlineshop hat gebrummt. Lustigerweise hatte ich ihr den Ohrring schon ein Jahr zuvor geschickt und dann kam nach einem Jahr der Überraschungspost (lacht).

Du bist zwischen Deutschland und Südamerika aufgewachsen und hast dein Abi in Mexiko gemacht. Warum fiel deine Wahl auf Berlin und nicht auf Mexiko?

Es war schon immer klar, dass ich nach Berlin kommen würde, um Modedesign zu studieren. Mein Vater ist Berliner und ich bin hier teilweise auch aufgewachsen.

Bist du noch oft in Südamerika zu Besuch?

Mein Vater lebt teilweise in Kolumbien, den besuche ich ab und zu. Meine Mutter kommt aus der Dominikanischen Republik, da war ich zehn Jahre nicht mehr. Ich hoffe aber, dass ich es Ende dieses Jahres noch schaffe, meine Verwandten zu besuchen.

Hast du Travel-Tipps für Südamerika für unsere Leser?

Mein Herz schlägt auf jeden Fall für Mexiko. Es ist ein sehr reiches Land an Kultur und Natur – das Land ist sehr vielfältig. Mexiko Stadt ist eine sehr tolle Hauptstadt. Man merkt, dass die Globalisierung der Stadt gut getan hat – es ist mittlerweile eine sehr moderne Stadt, in der es eine spannende Kunst- und Kulturszene gibt. Ein Besuch im neuen Jumex Museum ist ein Muss – hier findet man eine der besten Sammlungen von moderner und zeitgenössischer Kunst. Allen Gourmet-Liebhabern empfehle ich den Markt Mercado Roma im Szeneviertel Colonia Roma, dort wird sowohl die sehr vielfältige traditionelle mexikanische Küche angeboten, als auch innovative Gerichte in einem modern-folkloristischen Ambiente. Dann sollte man auf jeden Fall das Haus von Diego Rivera und Frida Kahlo besuchen, das von dem mexikanischen Architekten O´Gorman gebaut wurde.

Das hört sich super an. Vielen Dank für das schöne Interview!

Hier findet ihr Ina Beissner:

Fotos: femtastics

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