Mode statt Medizin – Margit Peura von Whitetail

Eine Ärztin, die ihren Beruf aufgibt, um Mode zu designen? Die müssen wir treffen! Margit Peura ist gebürtige Estin und hat lange in Finnland als Gynäkologin gearbeitet, bevor sie ihrer Mode-Leidenschaft folgte. Nach dem Modedesign-Studium in Helsinki baut sie nun ihr eigenes Label Whitetail auf. Warum sie dafür auf nachhaltig und fair produzierte Mode setzt, erzählt sie uns in Berlin.

Es sind zwei verschiedene Welten.

femtastics: Sind die Berufe der Ärztin und der Modedesignerin so verschieden, wie man meint?

Margit Peura: Es sind zwei verschiedene Welten. Du hast mit komplett unterschiedlichen Menschen zu tun.

Welche Welt gefällt dir besser?

Im Moment fühle ich mich in der Modewelt wohl. Beide Welten haben ihre Vor- und Nachteile. In der Welt der Mediziner fühlte ich mich irgendwie anders. Ärzte sind natürlich alle Individuen, aber vom Typ her sehr ähnlich. Ich hatte oft das Gefühl, dass ich irgendwie nicht in diese Welt passe. Lange dachte ich, die anderen Ärzte seien seltsam, bis mir bewusst wurde, dass ich die Seltsame bin.

Wie wird aus einer Ärztin eine Modedesignerin?

Diese Frage höre ich ziemlich oft! (Lacht) Ich habe sechs Jahre lang in Finnland in der Gynäkologie als Ärztin gearbeitet. Es war sehr interessant, aber auch sehr stressig und irgendwann nur noch Routine. Ich wollte gern etwas Anderes, etwas Kreatives machen. Schnell war klar, dass ich meine eigene Mode designen möchte.

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Wir treffen Margit beim Model Casting kurz vor ihrer Show.

Das Interesse für Modedesign war also schon immer da?

Die Leidenschaft für Modedesign war immer groß, aber mir war nicht klar, dass ich das wirklich kann. Es hat zwei Jahre gedauert, bis ich mir wirklich sicher war, dass ich nicht mehr als Ärztin arbeiten möchte. Gleichzeitig suchte ich damals nach Mode, die toll designt ist und gleichzeitig nachhaltig produziert wird. Leider konnte ich nichts finden.

Also hast du einfach dein eigenes Label gemacht.

Ich habe zunächst ein Jahr Modedesign in Helsinki studiert und danach mein eigenes Label aufgebaut. Während des Studiums war mir schon sehr klar, was ich designen möchte. Erstmal war es für mich aber wichtig zu lernen, wie eine Marke aufgebaut und eine Kollektion produziert wird. Ich war 31 Jahre alt, als ich dann mit meinem Label starten konnte.

 Ich möchte, dass jeder die Möglichkeit hat, ein gesundes Leben zu leben.

Warum hast du dich dazu entschieden, nachhaltige Mode zu designen?

Das hat mit meiner Vorgeschichte als Ärztin zu tun. Ich möchte, dass jeder die Möglichkeit hat, ein gesundes Leben zu leben. Ich finde es sehr wichtig, sich Gedanken um die Umwelt zu machen. Je mehr ich rausgefunden habe, unter welchen Bedingungen Kleidung in Asien produziert wird und wie viele Chemikalien und Wasser dabei zum Einsatz kommen, desto weniger war ich gewillt, Kleidung aus Massenproduktion zu kaufen.

Das heißt, du machst dir sowohl um die Textilarbeiter als auch den Endkunden Gedanken.

Mir ist besonders wichtig, dass Textilarbeiter gerecht bezahlt werden und unter fairen Bedingungen arbeiten können.

Eine für alle Seiten faire Produktion kostet natürlich auch mehr Geld. Hast du dich deswegen dazu entschieden, dein Label Whitetail im Luxussegment zu platzieren?

Ja, das ist einer der Gründe. Die Materialien, die ich benutze, wie Organic Silk oder Organic Wool, sind extrem teuer. Außerdem mache ich bewusst hochpreisige Mode, weil ich der Meinung bin, dass wir lieber mehr Geld ein hochwertiges Kleidungsstück ausgeben sollten, anstatt viel Geld für massenweise Billigware. Gleichzeitig weiß ich aber auch, dass sich das nicht jeder leisten kann.

Es geht auch darum, weniger zu kaufen?

Ich möchte zeitlose Mode machen, die auch noch in zehn Jahren toll aussieht – immer mit einem Twist.

Margits Lieblingskleid aus ihrer neuen Kollektion.

Margits Lieblingskleid aus ihrer neuen Kollektion.

Wie hast du dir das Know-how für die nachhaltige und faire Textilproduktion angeeignet?

Ich habe Fachliteratur gelesen und viel mit Experten, zum Beispiel von Zertifizierungsunternehmen, gesprochen.

Wo produzierst du deine Mode?

In Estland. Ich bin dort selbst geboren und kenne die Arbeitsbedingungen sehr gut.

 Die Deutschen interessieren sich sehr für nachhaltige Mode.

Warum hast du dich dazu entschieden, deine Mode im Rahmen der Berliner Modewoche zu präsentieren?

Es gab viele Gründe. Berlin ist sehr modeorientiert und offen gegenüber Neuem. Die Deutschen interessieren sich sehr für nachhaltige Mode.

An welchem Punkt steht die nachhaltige Mode gerade?

Leider hinkt nachhaltige Mode immer noch etwas hinterher, viele assoziieren sie immer noch mit ökiger Hippiemode.

Aber anscheinend siehst du Potenzial?

Auf jeden Fall ist die Nachfrage da. Unser Konsum muss sich ändern, wir können so nicht weitermachen.

Mit dem Erlös aus dem Verkauf deiner Mode unterstützt du soziale Einrichtungen, richtig?

Ja es gibt eine große Ärztevereinigung in Finland, die sich um soziale Projekte kümmern.

Also back to the roots?

Ein Stück weit ja (lacht). In der Vereinigung sind tausend Ärzte, die zu freiwilligen Einsätzen in der ganzen Welt fliegen, im Moment zum Beispiel in Peru. Ich benutze für mein Label Alpaka-Wolle aus Peru. Ich wollte dem Land etwas zurückgeben.

Kannst du dir vorstellen, irgendwann auch wieder als Ärztin zu arbeiten?

Ja, natürlich! Aber gerade habe ich das Gefühl, dass ich diesen Weg gehen und sehen muss, wo er mich hinführt.

Erzähl uns von deiner neuen Kollektion!

Meine Inspiration war David Bowie, der leider vor kurzem gestorben ist. Er war schon immer eine große Inspiration für mich, besonders seine Visual Art-Projekte aus den Achtzigern. Der Fokus liegt diesmal auf Strick. Es gibt viel Organic Wool and Alpaka. Außerdem haben wir eine Kooperation mit dem New Yorker Schmucklabel WXYZ Jewelry.

Wir sind gespannt darauf. Vielen Dank für das Gespräch!

Hier findet ihr Margit und Whitetail:

Fotos: femtastics

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