Unterwegs in Portugal mit Schauspielerin Jeanette Hain

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8. April 2016
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Als Opel uns nach Portugal eingeladen hat, um mit dem neuen Opel Astra Sports Tourer das schöne Städtchen Porto und das nahegelegene Douro-Tal zu erkunden, haben wir nicht lange überlegt und ja gesagt. Mit dabei war auch Schauspielerin Jeanette Hain, 47 Jahre alt, zweifache Mama und zuletzt unter anderem im Kinofilm „Honig im Kopf“ und im TV-Zweiteiler „Die Pfeiler der Macht“ zu sehen. Unser Interview mit ihr führen wir im Auto auf einer traumhaft schönen Strecke, die sich über Serpentinenstraßen durch eins der beeindruckendsten Weinanbaugebiete Portugals windet. Während Jeanette unseren Opel über die schmalen, kurvigen Straßen bergauf und bergab steuert und erzählt, deutet sie im Gespräch immer wieder auf leuchtende Orangen, die an kleinen Orangenbäumen am Straßenrand wachsen („Guck mal, wie schön!“), auf die Aussicht im sonnendurchfluteten Tal oder auf romantische, halb verfallene Häuser. Eine bessere Kulisse für ein Interview können wir uns kaum vorstellen.

 

Femtastics: Du hast ursprünglich Regie studiert. Wieso wolltest du Regisseurin werden? 

Jeanette Hain: Ich hatte nach dem Abitur viele einzelne Puzzlestücke an Ideen: Ich habe gerne gemalt, geschrieben, gelesen, habe mich für Fotografie interessiert, und bin in Filmen verschwunden.

Hast du eigene Filme gemacht?

Im Rahmen meines Studiums an der Hochschule für Fernsehen und Film in München habe ich Kurzfilme gemacht. Ich habe auch ein Drehbuch für einen Langspielfilm geschrieben. Dieses Drehbuch möchte ich gerne verfilmen. Ich bin seit einigen Jahren dabei, mich mit meinen eigenen Geschichten zu beschäftigen, um eines Tages selbst auch Regie zu machen.

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Wie kam es, dass du dann Schauspielerin wurdest?

Die Sehnsucht und der Wunsch waren schon immer da. Und wie das mit großen Wünschen ist, finden sie, wenn man es selber zulässt, ihre Erfüllung. Damals war die Regisseurin Sherry Hormann auf der Suche nach einer Hauptdarstellerin für ihren Film und sah in mir das, was sie suchte. Damals war die Zeit noch anders. Heute würde es vielleicht nicht aufgehen, eine Hauptrolle mit jemandem zu besetzen, der keine Erfahrung hat und unbekannt ist.

Bist du als Schauspielerin also Autodidaktin oder hast du Schauspielkurse oder Ähnliches belegt?

Nein, ich bin Autodidaktin. Ich hatte das große Glück, dass Sherry Hormann mit mir fantastisch gearbeitet hat und ich meiner Intuition und Emotion freien Lauf lassen konnte, sie mir aber trotzdem sehr gut gesagt hat, wie ich arbeiten soll. Es ist ja keine Zauberei. Ich finde, Schauspielerei ist sehr viel Hingabe an den Augenblick, sehr viel Loslassen. Scheu überwinden, bewertet zu werden. Aber natürlich unter Regie. Ich hatte im Laufe meiner Karriere tolle Kollegen und leidenschaftliche Regisseure an meiner Seite.

Ich finde, Schauspielerei ist sehr viel Hingabe an den Augenblick, sehr viel Loslassen.

Fiel dir das Schauspielern, das Loslassen wie du es beschreibst, von Anfang an leicht?

Ich glaube, das ist ein Verlangen, das ich auch im richtigen Leben habe. Ich finde es herrlich, wenn wir jetzt diese Bergstraße entlang fahren und du noch nicht an den Rückflug denkst. Wenn wir einfach da sind, wo wir sind. Ich liebe es, wenn man das schafft. Am Set entsteht dann eine solche Kraft und Magie des Augenblicks, dass die Hingabe, das Loslassen, in einem etwas öffnet, womit man vorher gar nicht gerechnet hat. Natürlich ist das nicht nur ein einmaliges Erleben, vielleicht wiederholt man es am Set mehrere Male – in verschiedenen Einstellungen oder weil technisch der Wurm drin war. Aber das ist nicht schlimm. Immer wieder aufs Neue die Lust am Moment zu spüren und sich fallen zu lassen, das ist für mich ein Großteil der Schauspielerei – aber auch des ganz normalen Lebens.

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Das heißt, Schauspielern kann man in diesem Sinne gar nicht lernen?

Lernen kann man natürlich immer viel. Aber in dem Moment, wenn du dich auf den anderen einlässt, zuhörst, ihm in die Augen blickst, wenn du dich wirklich öffnest für dein Gegenüber, dann entsteht ein Miteinander und daraus entwickelt sich etwas. Aber natürlich gibt es ein gewisses Handwerk: wie konzentriere ich mich? Wie gehe ich mit einem Gefühl um? Wie kann ich überhaupt loslassen, wenn um mich herum zwanzig oder achtzig Personen als Team arbeiten? Wie finde ich in mir eine Seite einer Frau, die ich bislang nicht kenne – zum Beispiel wenn ich eine eiskalte, berechnende Frau spielen muss? Dann ist es wie Arbeit im Bergwerk, den Charakter in einem selbst zu finden und wachsen zu lassen.

Interessieren dich bestimmte Sparten oder Arten von Geschichten für deine Rollen?

Oh ja, manchmal meldet sich ein Wesen in mir, das unbedingt das Licht der Welt erblicken will und dann versuche ich ihm mental die Türe zu öffnen. Ich visualisiere, was ich gerne spielen würde. Ende 2013 habe ich eine Vampirgräfin verkörpert, die seit hunderten von Jahren mit dem selben Mann verheiratet ist, sich selbst aber weder im Spiegel, noch auf Gemälden sehen kann und ihm mit ihrer Unzufriedenheit ziemlich auf den Wecker geht. Das spielt im Wien der 20er Jahre. Das war ein Traum, der sich erfüllt hat. Dann kam der Wunsch, etwas Urbayerisches zu machen, so kam es zu den Filmen „Winterkartoffelknödel“ und “ Storno“, herrliche Geschichten mit viel schwarzem Humor. Meine Rollen sind oft Herzenswünsche von mir. Ich habe sehr unterschiedliche Sehnsüchte und freue mich, wenn verschiedene Weiber in mir wachgeküsst werden, die eigenwillige Charaktere haben.

Es ist großartig, dass du so vielfältige Rollen spielst!

Es ist enorm spannend. Ich habe das große Glück, dass Menschen das in mir auch erkennen. Einmal war ich in einem „Tatort“ ein eiskalter Engel. Und dass dann ein Regisseur sieht, dass ich auch eine verwarzte, durchgeknallte Bäuerin auf Bayrisch spielen kann, dann ist das großartig. Ich bin enorm glücklich, wenn ich solche Menschen finde.

Du hast relativ früh dein erstes Kind, deinen Sohn, bekommen. War es schwer, den Job als Schauspielerin mit der Rolle als Mutter zu vereinbaren?

Kurz nach Jonas‘ Geburt habe ich mit meinem Regiestudium begonnen. Während meiner Filme war er entweder mit dabei, bei seinem Papa oder meiner Familie. Das ließ sich hervorragend vereinbaren. Meine Tochter und ich waren mit tollen Kindermädchen und später einer sehr guten Freundin von mir während der Dreharbeiten gemeinsam unterwegs, z.B in Estland, Afrika, England. Diese Reisen waren immer große Abenteuer, boten aber auch gleichzeitig Oasen der Ruhe und Erholung. Seit der Schulzeit hat sich natürlich so Manches geändert.

Ich finde nicht, dass man sein eigenes Leben anhalten muss, um Kinder zu kriegen.

Toll, dass du deine Kinder einfach mitnehmen konntest. Ich glaube, viele Frauen haben Angst, dass sich Kinder nicht mit ihrer Arbeit vereinbaren lassen. 

Ich glaube, dass Kinder einen auch in der eigenen Entwicklung beflügeln können. Ich finde nicht, dass man sein eigenes Leben anhalten muss, um Kinder zu kriegen und sie groß zu ziehen. Natürlich hat jeder von uns seine ganz eigene Lebensvorstellung, aber da es sowieso keine Garantie für etwas gibt und das Leben eine große Abenteuerreise ist und ewig bleibt, sollte man doch einfach, wenn man glaubt, den oder die Richtige gefunden zu haben, eine Familie gründen. Ich denke, Kinder und Karriere können Hand in Hand gehen, wenn man als Mensch offen bleibt für die täglichen Wunder und Schönheiten des Lebens und sich nicht in enge Gedankenzimmer sperrt.

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Wie organisierst du es jetzt, wenn du beruflich viel unterwegs ist?

Vorletztes Jahr habe ich mehrere Filme hintereinander gedreht und bin ständig hin und her geflogen. Danach musste ich mal den Stecker ziehen und wieder Wurzeln zu Hause schlagen. Ansonsten werde ich, wie gesagt, von Familie und Freunden unterstützt.

 Ich habe es mir angewöhnt, früh ins Bett zu gehen und sehr früh aufzustehen, in der Regel gegen 4 Uhr morgens. Wenn alles noch schläft und niemand etwas von mir will, dann habe ich Zeit für mich.

Wie schaffst du dir selbst Freiräume und Zeit für dich?

Ich versuche mir im Alltag Zeit für mich zu nehmen und Ruhe zu finden. Ich habe mich gefragt: Wo finde ich in der ganzen Torte Tag ein Stück für mich, wann kann ich meinen Akku aufladen und mit einer ganz unberührten Stimmung ganz frei sein? Ich denke, das kennen insbesondere andere Mütter: Wann kann man sich mal wegstehlen? Und diese Zeit finde ich in den Morgenstunden. Ich habe es mir angewöhnt, früh ins Bett zu gehen und sehr früh aufzustehen, in der Regel gegen 4 Uhr morgens. Wenn alles noch schläft und niemand etwas von mir will, dann habe ich Zeit für mich.

Es gab schon mehrfach öffentliche Diskussionen – und sogar Studien – über die Frage, ob Frauen im Filmbusiness diskriminiert werden. Zum Beispiel, weil sie ab einem bestimmten Alter keine Rollen mehr bekommen oder weil es einfach nicht genügend gute Rollen für starke Frauen gibt. Wie siehst Du das?

Es ist grundsätzlich nicht leicht, eine gute Geschichte zu finden. Das passiert nicht alle Tage. Wir sind in Deutschland extrem Krimigeprägt. Es gibt viele Muster, die sich wiederholen. Es gibt aber auch tolle, große Geschichten.

Du siehst das Problem gar nicht geschlechtsspezifisch, sondern allgemein?

Ich glaube, wir sollten uns immer wieder aufs Neue daran erinnern, wie aufregend es ist, außergewöhnliche, fantastische, märchenhafte, abgründige, facettenreiche, verrückte, wilde, unterhaltsame, humorvolle Geschichten zu erzählen. Ich finde, dass es bei uns in der Themenauswahl gelegentlich etwas verschattet zugeht und wünsche mir, dass die Inhalte noch vielfältiger werden. Aber ich denke nicht, dass das Filmbusiness etwas mit Alter oder Geschlecht zu tun hat. Es ist immer alles möglich. Auch mit 100 Jahren.

Möchtest Du in zehn Jahren immer noch als Schauspielerin arbeiten?

Unbedingt.

 

Fotos von Jeanette Hain: Luis Viegas
Andere Fotos: Femtastics

 

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