Urban Gardening mit Michelle Ballion

2. August 2015

Als es Michelle Ballion in ihrem Hamburger Stadtteil Münzviertel zu grau wurde, schnappte sie sich kurzerhand eine Freundin und Nachbarin und gründete den Nachbarschaftsgarten „Münzgarten“. Zwischen alten Backsteinhäusern und Bahntrasse ist ein charmant wild wucherndes Kleinod entstanden, in dem sich Ameisen ebenso wohlfühlen wie Himbeeren, Zucchini, Mangold – und natürlich die Nachbarn. An einem warmen Sommernachmittag schlendern wir mit der 31-Jährigen durch den schönen offenen Garten, schauen beim Insektenhotel vorbei und lernen, wie das Projekt Nachbarschaftsgarten funktioniert.

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femtastics: Wie ist der Nachbarschaftsgarten Münzgarten entstanden?

Michelle Ballion: Vor fast fünf Jahren hatten ich und einige andere Nachbarn hier im Münzviertel das Bedürfnis nach mehr Grün. Wir hatten Lust auf einen eigenen Nachbarschaftsgarten, der offen für alle steht, und haben dann nach geeigneten Flächen gesucht. Vorher haben wir im Viertel aber erstmal eine Unterschriftenaktion für den Garten gestartet.

Das heißt, ihr seid von Haustür zu Haustür gezogen …

… und haben unsere Idee vorgestellt, um sicherzugehen, dass die Leute da auch wirklich Lust drauf haben. Außerdem hatten wir mit der Unterschriftenliste gegenüber der Stadt etwas in der Hand, als es an die Flächensuche ging.

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Das Insektenhotel wurde gemeinschaftlich auf dem letzten Straßenfest gebaut.

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Dabei hat euch die Stadt Hamburg geholfen?

Wir hatten ein paar Favoriten, vom ehemaligen Parkplatz bis zum Schulhof, und haben uns an die jeweiligen Vermieter gewendet. Gleichzeitig haben wir uns an den Quartiersbeirat des Münzviertels gewendet, die Idee vorgestellt und einen Antrag auf Fördergelder gestellt.

Und das hat geklappt?

Der Beirat hat uns Unterstützung bei der Standortsuche zugesagt und Fördergelder für Material zur Verfügung gestellt. Dann wurde uns die Fläche hinter dem Werkhaus, ein Modellprojekt zur Verschränkung von
Pädagogik, Kunst & Quartiersarbeit, angeboten. Die Idee war, eine Kooperation mit dem Werkhaus und den dort eingebundenen Jugendlichen einzugehen.

Wie sieht diese Kooperation aus?

Die Werkhäusler haben zum Beispiel die Hochbeete und das Gewächshaus gebaut, den Kompost angelegt und die Tomatenpflanzen angezogen.

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Wie habt ihr es hinbekommen, das restliche Viertel auf den Münzgarten aufmerksam zu machen?

Wir haben viel im Viertel plakatiert und darauf hingewiesen, dass es jetzt losgeht. Dann haben wir zu Treffen eingeladen. Im ersten Jahr waren sehr viele Leute da, die mitgeholfen haben. Da wir im Münzviertel eine hohe Fluktuation haben, müssen wir jedes Jahr wieder neu flyern und auf den Garten aufmerksam machen.

Es geht darum, einen Ort zu schaffen, an den die Leute gerne kommen, um sich auszuruhen.

Wie organisiert ihr euch?

Wir haben einen E-Mail-Verteiler, einen Blog und eine Facebook-Seite. Am Anfang hatten wir noch Gießpläne, jede Wohngemeinschaft aus dem Viertel war jeweils eine Woche dran. Mittlerweile helfen die Leute aus dem Werkhaus super mit.

Wie entscheidet ihr, was angepflanzt wird?

Im ersten Jahr haben wir unfassbar viel angepflanzt und ganz viel ausprobiert. Vieles hat aber leider nicht funktioniert. Mittlerweile geht es eher darum, einen Ort zu schaffen, an den die Leute gerne kommen, um sich auszuruhen. Tomaten, Kürbis und Erdbeeren gibt es jedes Jahr. Diese Saison versuchen wir uns zum ersten Mal an Mangold. Zuchinis und Kartoffeln sind auch wieder dabei.

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Man ist zusammen draußen, werkelt rum und grillt nach getaner Arbeit zusammen.

Was macht dir am Gärtnern Spaß?

Ich bin mit Garten aufgewachsen, als Kind habe ich meiner Mutter viel geholfen. Es macht einfach Spaß, diesen Ort zu haben und zu sehen, wie alles wächst und gedeiht. Man kann Hummeln und Bienen beobachten, die den Knallerbsenstrauch besuchen und Vögel zwitschern hören. Man ist zusammen draußen, werkelt rum und grillt nach getaner Arbeit zusammen. Wir sind auch keine großen Unkrautjäter, sondern lassen alles wuchern, wie es ist. Brennnesseln und Disteln zum Beispiel ziehen viele Kleintiere an und sind extrem wichtig.

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Den Bauwagon nutzen die Nachbarn zum Treffen und Planen.

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Liest du dich da richtig ein?

Wir sollten es wahrscheinlich mehr als wir tun. Zum Glück haben wir im Werkhaus eine Ansprechpartnerin, die Gärtnerin ist und die wir immer um Rat fragen können. Aber generell machen wir viel nach frei Schnauze.

Was würdest du dir von der Stadt Hamburg wünschen?

Generell, dass mehr Flächen für solche Gartenprojekte zur Verfügung gestellt werden. Und, dass es bereits bestehenden Projekten nicht so schwer gemacht wird. Das Gartendeck St. Pauli kämpft auch gerade darum, dass sie da bleiben können, wo sie sind.

Wir drücken die Daumen, dass sie den Platz behalten können. Vielen Dank für das Gespräch!

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Hier findet ihr Michelle:

Fotos: Pelle Buys

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