C&A CEO Giny Boer: „Bitte keine Egos in meinem Team!“

Als CEO von „C&A“ Europe ist Giny Boer für mehr als 30.000 Mitarbeiter*innen verantwortlich – und dafür, ein Modeunternehmen, das dieses Jahr sein 180-jähriges Jubiläum feiert, auch in der Zukunft erfolgreich zu machen. Wir haben mit Giny Boer darüber gesprochen, mit welchem Gefühl und welcher Vision sie ihren neuen Job im Januar 2021 angetreten hat, wie sie Frauen in Führungspositionen fördert, wie sie mehr Nachhaltigkeit anstrebt und woraus das große Modearchiv von „C&A“ besteht. Denn passend zum 180. Jubiläum hat das Unternehmen die „Archive Collection“ gelauncht.

Mit Neuinterpretationen der größten Highlights der „C&A“ Modegeschichte spannt die Kollektion über das ganze Jahr 2021 den Bogen zwischen Vergangenheit und Moderne. Von aufregenden femininen Looks für den Sommer, einem Comeback von Jinglers-Denim, bis hin zu einer 70s-Skiwear-Kollektion und Winter-It-Pieces. Den Auftakt feiert „C&A“ mit einer ikonischen Mini-Kollektion, die uns mit raffinierten Vintage-Styles in Pastelltönen auf einen ganz besonderen Sommer einstimmt.

femtastics: Mit welchen Gedanken bist du in deinen ersten Tag als CEO von „C&A“ Europe gestartet?

Giny Boer: Eine neue Challenge beginnt und endlich kann ich mit meiner großen Leidenschaft arbeiten: Mode. Mein Mindset war vom ersten Tag an, dass ich mich darauf freue, etwas zu lernen und offen für alles zu sein, was vor mir liegt. Und natürlich war ich sehr neugierig!

Welche Vorstellung hattest du persönlich von dem Unternehmen bevor du begonnen hast, für es zu arbeiten?

Ich bin schon im jungen Alter immer mit meiner Mutter und Schwester zu „C&A“ gegangen. „C&A“ stand für Kleidung, die modern ist und lange hält. Dieses Bild hat sich über Jahre gehalten und ich bin froh, es auch jetzt, da ich Teil der Marke bin, zu erleben.

Das wichtigste meiner Prinzipien ist: nett zu den Menschen zu sein.

Welche Prinzipien leiten deine Arbeit in deiner jetzigen Position?

Das wichtigste meiner Prinzipien ist: nett zu den Menschen zu sein – das ist einfach für unsere alltägliche Arbeit extrem wichtig. Außerdem denke ich, dass es elementar ist, dass man das Produkt liebt, für das man steht. Wir bieten Mode mit einem nachhaltigen Fokus für jede*n an und das liebe ich – Nachhaltigkeit für so viele Menschen zugänglich zu machen, dass es Normalität wird. Ich glaube daran, dass jede Marke auf spezifische Werte aufgebaut sein sollte. Werte sind das, was eine Marke wirklich antreibt. Zudem ist „C&A“ familiengeführt – und das bedeutet mehr denn je langfristig zu denken: Woher kommen wir und wohin gehen wir?

Giny Boer ist seit Januar 2021 CEO für „C&A“ Europe. Zuvor war sie als General Manager Retail, Southern and Eastern Europe, für „Ikea“ tätig.

Auf deiner LinkedIn-Seite nennst du Freundlichkeit, das Zeigen von Schwäche und Zusammenarbeit als zentrale Werte – was bedeutet das genau für deine Handlungen?

Als Führungskraft freundlich zu sein, ist für mich ausschlaggebend. Man traut sich mehr zu, wenn man das Gefühl vermittelt bekommt, dass man zählt. Nur wenn sich Menschen sicher fühlen, werden sie auf der Arbeit ganz sie selbst sein.

Schwäche zeigen ist menschlich und ich denke, man sollte sie nicht verstecken. Man muss sich trauen, als Führungskraft das eigene Ich zu zeigen. Es ist zum Beispiel in Ordnung, zu sagen, dass du etwas nicht weißt – das macht dich menschlich. Ich glaube, dass deine Mitarbeiter*innen einen Menschen als Vorgesetzte*n haben möchten und nicht eine standardisierte Führungskraft. Das inspiriert und motiviert.

Zum dritten Prinzip, Zusammenarbeit: Bitte keine Egos in meinem Team! Die Aufgaben, vor denen Unternehmen heutzutage stehen, sind viel zu komplex, um allein gelöst werden zu können. Damit es funktioniert, musst du eine kooperative Einstellung haben. Nur zusammen können wir die Welt verbessern. Einfach gesagt: Zusammen ist es besser.

Bitte keine Egos in meinem Team! Die Aufgaben, vor denen Unternehmen heutzutage stehen, sind viel zu komplex, um allein gelöst werden zu können.

Wann und wie hast du im Laufe deiner Karriere gemerkt, dass du diesen Prinzipien folgen möchtest?

Das lässt sich schwer definieren. Sie haben sich wirklich mit der Zeit entwickelt. Sie passen zu mir und unterstützen mich dabei, meine täglichen Aufgaben zu bewältigen.

Der erste Teil der „C&A“ „Archive Collection“ besteht aus Miniröcken, Kleidern und Tops, die von den 60er-Jahren inspiriert sind.

Du sagst, dass dir menschliche Verbindung sehr wichtig ist. Wie stehst du in Verbindung mit deinen Mitarbeiter*innen einerseits und den Kund*innen andererseits?

Besonders in der aktuellen Zeit ist die persönliche Verbindung unersetzlich. Es bedeutet viel, für einander da zu sein. Ich bemühe mich immer, nahbar, zugewandt und authentisch zu sein und dadurch möchte ich meinem Gegenüber ermöglichen, dasselbe zu tun. Es ist wichtig zuzuhören und Fragen zu stellen, um wirklich die Person „hinter“ den Mitarbeiter*innen oder Kund*innen zu verstehen. Mir fällt das, zum Glück, sehr leicht, da ich ein ernsthaftes Interesse an Menschen habe. Zuletzt denke ich, dass wir immer den Raum für freie Handlungen, Entscheidungen und Erlebnisse schaffen sollte, um eine gemeinsame Entwicklung zu ermöglichen.

Wie unterstützt du Frauen in Führungspositionen?

Ich glaube, auch hier lassen sich meine drei Prinzipien anwenden: Freundlichkeit, Schwäche zeigen, Zusammenarbeit. Habe keine Angst, etwas falsch zu machen, und wachse stattdessen durch Gemeinschaft. Sei zugewandt und authentisch und stehe für deine Visionen ein. Wir sollten immer den herrschenden Status Quo hinterfragen, um mehr Gleichstellung zu erreichen und um Frauen – oder generell jeden! – basierend auf ihrem oder seinem individuellen Potential zu unterstützen.

Jede Veränderung, die ich durchgemacht habe, hat mich etwas Neues gelehrt.

Welche Zeit hat dich rückblickend in deiner Karriere am meisten gelehrt?

Jede Veränderung, die ich durchgemacht habe, hat mich etwas Neues gelehrt: zum Beispiel der Wechsel von der Arbeit im Handel zur Supply Chain, die Veränderung, nicht mehr in Holland zu leben und zu arbeiten, sondern in Italien. Von einer Position in der zweiten Reihe zur ersten Reihe. Und jetzt der Wechsel von der Möbelbranche in die Mode. Ich liebe diese Veränderungen und das ständige Erlernen von neuen Dingen. Genau darum geht es, wenn man sich ins Unbekannte wagt.

Nachhaltigkeit spielt für „C&A“ eine wichtige Rolle. Wie arbeitest du mit deinem Team daran, „C&A“ ein nachhaltigeres Unternehmen zu machen?

Wir suchen immer nach Wegen, uns in dieser Hinsicht zu verbessern und weiterzuentwickeln – es gibt noch so viel zu tun. Wir haben ein großartiges internationales Team, das Entwicklungen und Möglichkeiten innerhalb des Unternehmens und innerhalb der Branche kritisch untersucht. Und natürlich haben wir internationale Partner, die unsere Produktion und Endprodukte besser für die Umwelt und die Menschen, die mit und für sie arbeiten, machen.

Aktuell gibt es bei uns mehrere Initiativen und wir sind tatsächlich Pioniere in mehrerer Hinsicht – wir sind einer der größten Abnehmer von Bio-Baumwolle auf der Welt und wir haben den nachhaltigsten Denim-Stoff gelauncht, der je von „Cradle to Cradle TM“ zertifiziert wurde: „Forever Denim„. Zudem bieten wir recycelte, nachhaltige Materialien – auch Cashmere. Indem wir in diesem Bereich Pionierarbeit leisten, wollen wir nicht nur die Produktion und Produkte verbessern, wir wollen auch dazu beitragen, unsere Kund*innen weiterzubilden. Deshalb haben wir die Kampagne „Nachhaltigkeit ganz einfach“ gelauncht.

Einer der wichtigsten und neuesten Schritte ist jedoch die Schaffung von „C&A“’s FIT, das in Mönchengladbach, in der Mitte Europas, eröffnet wird. Es wird als unser Testzentrum für eine noch nachhaltigere, innovative und progressive Produktion von Kleidung dienen. Und so den positiven Wandel in Richtung einer weltweiten nachhaltigen Bewegung vorantreiben.

Wir wollen sicherstellen, dass unsere Kund*innen einen einfachen und direkten Zugang dazu haben, was sie über Nachhaltigkeit wissen müssen. Unser Ziel: Zum Ende des Jahres 2025 werden 100% unserer wichtigsten Materialien nachhaltiger sein. Aktuell sind es bereits großartige 67%.

Wir verkaufen nicht nur Mode, wir designen, kreieren, schaffen Neues, wir wollen unserer Mode Bedeutung geben – seit 180 Jahren.

Lass uns über die „Archive Collection“ sprechen. Was ist die Idee hinter der Kollektion?

Die Idee war, jede*n dazu einzuladen, eine Zeitreise in die Geschichte von „C&A“ zu machen. Eine Geschichte von ikonischer Mode, Meilensteinen, Kooperationen, die bis heute berühmt sind. Wir wollten zeigen, woraus „C&A“ besteht – begonnen mit einem kleinen Unternehmen in den Niederlanden zu einem international bekannten Modehaus. Wir verkaufen nicht nur Mode, wir designen, kreieren, schaffen Neues, wir wollen unserer Mode Bedeutung geben – seit 180 Jahren. Wir wollen all diese Jahre feiern und besondere Modemomente zurückbringen.

Mode ist zyklisch, viele der Trends, die wir heute sehen, stammen aus früheren Jahrzehnten, von denen „C&A“ ein Teil war. Von Designer-Kooperationen und ikonischen Jeans wie den „Jinglers“ bis zur Integration von bahnbrechenden Innovationen, die den Weg für bessere Shopping-Erlebnisse geebnet haben. In dieser Kollektion wollen wir den unternehmerischen self-made Spirit von „C&A“ aufleuchten lassen und unseren Beitrag zu besonderen Modemomenten anerkennen.

Wie vertraut warst du mit der Geschichte und dem Modearchiv von „C&A“? Musstest du viel Recherche betreiben?

Ich habe mich bemüht, so viel wie möglich zu lernen, aber alle Ehre gebührt dem Team!

Woraus bestehen die Modearchive?

Das Archiv wurde von der „Draiflessen Collection“ in Mettingen in Deutschland erstellt – derselbe Ort, aus dem die Gründer von „C&A“ stammen. Das Archiv besteht aus unzähligen Vintage-Kampagnen, Werbung, handgemachten Skizzen und Sample-Stücken. Alles ist mühevoll ausgewählt und über die Jahre zusammengetragen.

Warum fiel die Wahl für die erste „Archive Collection“ auf Miniröcke?

Der Minirock ist ein ikonischer Style aus der Vergangenheit. Unsere Zusammenarbeit mit Twiggy war einzigartig. Sie ist die absolute „Mini-Botschafterin“. Die Kollektion reflektiert die rebellische Stimmung der 60er-Jahre und ist gleichzeitig zeitlos. Die Kollektion hat viele Parallelen zur Gegenwart – dieser Twist zwischen der Vergangenheit und Gegenwart ist großartig: die Kollektion macht Spaß und ist vielseitig – klassische Miniröcke, aber auch Kleider und verschiedene Tops in frischen Pastellfarben.

Wie schaffst du es, ein Modeunternehmen mit einer so langen Geschichte – 180 Jahre – modern, zeitgemäß und relevant zu halten?

Wir schätzen die enge Verbindung zu unseren Kund*innen und wir möchten Mode machen, in der und mit der sich die ganze Familie gut fühlen kann. Wir folgen Trends, aber wir behalten immer unsere Kund*innen im Fokus: Was funktioniert für wen und womit fühlen sie sich gut? Was brauchen sie? Wir wollen eine Balance zwischen verlässlichen Produkten und bezahlbaren It-Pieces halten. Gleichzeitig kommt es darauf an, auf Fortschritt abzuzielen – innerlich und äußerlich. Besonders wenn es um digitalen Wandel und Nachhaltigkeit geht, was ein wichtiger Faktor für Modernität ist. Vor allem denke ich, es ist elementar, dass man bezüglich der Qualität nie Kompromisse eingeht. Wir wollen gute Mode machen, die lange hält und mit der wir Erinnerungen schaffen können.

Worauf können wir uns im Hinblick auf kommende „Archive“-Kollektionen freuen?

Mehr ikonische Stücke, die uns mit auf eine Zeitreise und durch die Geschichte von „C&A“ nehmen – alle mit einem großartigen modernen Twist. Neben der 60er-Jahre-Minirock-Kollektion werden wir romantische Kleider haben. Zum Herbst hin werden wir die legendären „Jinglers“-Jeans zurückbringen, 70er-Jahre-Skimode herausbringen und das Jahr mit Vintage-Winter-Styles mit Pullovern und Mänteln abschließen.

Vielen Dank für das spannende Interview, Giny!

Fotos: „C&A“

Werbung: In Zusammenarbeit mit „C&A“

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