Homemade Studio – meine Wohnung, deine Foto-Location!

Seit Airbnb können wir unsere Privatwohnungen ganz einfach als Mietunterkunft für Fremde vermieten. Paris Davis (29) und Guia Mondello (32) haben diese Idee weitergedacht: Wie wäre es, wenn man genauso leicht seine Wohnung als Miet-Location für Foto-Shootings zur Verfügung stellen könnte? Kreative und Unternehmen suchen authentische Locations für Fotos, Privatpersonen mit schönen Wohnungen können sich etwas nebenher verdienen. So war „Homemade Studio“ geboren. Wir sprechen mit den beiden Gründerinnen über ihre Plattform, über den Standort Berlin und über die Expansion in weitere Städte.

 

femtastics: Was hat euch nach Berlin gebracht? Ihr seid beide viel herumgekommen.

Paris Davis: Das war nicht geplant. Ich komme gebürtig aus Großbritannien. Nach meinem Uniabschluss habe ich in New York gelebt und gearbeitet, dann in Recife in Brasilien, dann in Paris. Anschließend bin ich nach Kopenhagen gezogen, um dort an der „Copenhagen Business School“ zu studieren. Nach dem zweiten Studium wollte ich eigentlich zurück nach England ziehen und dort in der Werbebranche arbeiten – aber ich habe gemerkt, dass es mich nicht mehr gereizt hat, in England zu leben. Ich mochte es, andere Kulturen zu erleben und von ihnen zu lernen. Ich habe dann überall in Europa nach Jobs gesucht, die mich interessierten. Als ich den Job in Berlin bekommen habe, habe ich meine Taschen gepackt und bin her gezogen – obwohl ich vorher noch nie hier war. Das war vor vier Jahren und ich habe es seitdem nicht bereut. Berlin ist einfach perfekt für mich. Ich habe endlich meine Basis in der Welt gefunden.

Interessant, dass es ausgerechnet Berlin war. Die anderen Städte, in denen du gelebt hast, klingen auch so aufregend.

Paris: Ich habe immer noch das Gefühl, Berlin erst kennenzulernen. Es gibt einfach so viel zu sehen und immer etwas Neues.

Guia (links) und Paris haben sich in einer PR-Agentur in Berlin kennengelernt, in der sie beide gearbeitet haben und hatten den gemeinsamen Traum, etwas Eigenes zu starten.

War es bei dir ähnlich, Guia?

Guia Mondello: Ja, ich denke, deshalb haben wir uns auch direkt so verbunden gefühlt. Ich habe ebenfalls in vielen Ländern gelebt. Ich komme aus Mailand, bin nach London gezogen, habe in Spanien ein Masterstudium abgeschlossen, bin für zwei Jahre nach Australien gegangen und habe mich dann entschieden, zurück nach Europa zu kommen. In Berlin bin ich zufällig gelandet. Ich war mir anfangs nicht sicher, weil ich die Stadt nicht kannte und kein Deutsch sprach. Mittlerweile habe ich hier einen Mann und ein Kind – ich habe mich also ziemlich gut eingelebt (lacht). Und mir geht es genauso wie Paris: Zum ersten Mal bin ich nach drei Jahren nicht gelangweilt und möchte nicht umziehen. In den anderen Städten das immer der Zeitpunkt, an dem ich weiter ziehen wollte.

Was gefällt dir so gut an Berlin?

Guia: Für mich hat Berlin ein Gefühl der Freiheit und Kreativität. In Berlin gibt es überall diesen Vibe und die Stadt überrascht mich immer wieder. Ich liebe es!

 

In Berlin bin ich zum ersten Mal nach drei Jahren nicht gelangweilt und möchte nicht umziehen.

Guias Berliner Wohnung wird bald auch als Miet-Location bei „Homemade Studio“ zu finden sein.

Wann entstand die Idee, ein eigenes Unternehmen zu gründen?

Paris: Als ich in der PR-Agentur gearbeitet habe, in der Guia und ich einander kennengelernt haben, hatte ich ein echt verrücktes Arbeitspensum. Ich habe sehr hart gearbeitet und bin die Karriereleiter hochgestiegen, aber habe dabei wenig Erfüllung empfunden. Ich war einerseits auf der Suche nach einem kreativen Outlet für mich und andererseits wollte ich meine Zeit und Energie gerne in etwas Eigenes stecken. Bevor wir darauf kamen, „Homemade Studio“ zu gründen, habe ich an der Idee für eine eigene Marke für Wohnaccessoires gearbeitet. Ich habe begonnen, nach Locations zu schauen, in denen ich meine Produkte fotografieren kann. Ich wollte nicht einfach ein Fotostudio, sondern etwas, das authentisch und natürlich wirkt. Und es war wirklich schwierig, etwas Passendes zu finden. Einige meiner Freunde hatten wunderschöne Wohnungen und ich dachte: „Das wären die perfekten Locations für meine Fotos, da könnte ich meine Produkte ideal inszenieren.“ Da entstand die Idee. Ich dachte: „Ich bin mir sicher, es gibt eine Menge wunderschöne Wohnungen, die als fertige Foto-Locations dienen könnten. Es müsste eine Plattform geben, ähnlich wie Airbnb, auf der Menschen ihre Wohnungen registrieren können, die man dann stundenweise für Foto-Shootings buchen kann.“

So wurde „Homemade Studio“ geboren?

Paris: Je mehr ich mich mit Guia ausgetauscht habe, desto mehr stellten wir fest, wie viel wir gemeinsam haben. Wir haben dann gemeinsam begonnen, Marktforschung zu machen, um herauszufinden, ob es Bedarf für unsere Idee gibt. Wir haben auch ganz konkret potentielle Kunden gefragt, ob sie unsere Idee gut finden und unser Angebot nutzen würden. Das Feedback war sehr gut. Als wir das alles gesammelt hatten, stand für uns fest: Das müssen wir machen! Wir haben unsere Jobs gekündigt und sind „all in“ gegangen.

Ich dachte: Ich bin mir sicher, es gibt eine Menge wunderschöne Wohnungen, die als fertige Foto-Locations dienen könnten.

Wie lange hat es dann gedauert bis eure Plattform „Homemade Studio“ da war?

Guia: Wir haben vorletzten Sommer unsere Marktforschung gemacht, dann haben wir begonnen, nach passenden Wohnungen für unsere Plattform zu suchen. Parallel haben wir an der Website gearbeitet. Wir sind zuerst mit einer Beta-Phase gestartet und haben Feedback zur Website gesammelt. Im September 2019 hatten wir ein Launch-Event und seitdem ist „Homemade Studio“ auf dem Markt.

Wie habt ihr die ersten Wohnungen für eure Plattform gefunden?

Paris: Wir wurden sozusagen Detektive (lacht). Wir haben sie auf unterschiedliche Weise gefunden: über Social Media, über Homestorys, die veröffentlicht wurden, über Freunde … Es war viel Scouting. Mittlerweile kommen viele Freunde von Freunden oder von bestehenden Kunden auf uns zu und bewerben sich. Wir haben auch Kunden, die sowohl Vermieter als auch Mieter von Locations sind.

Guia: Jetzt da unsere Plattform da ist und Menschen ihre Erfahrung  mit „Homemade Studio“ teilen können, finden wir viele neue Kunden über Empfehlungen.

Paris: Ich denke, es ist auch schön zu erleben, dass die eigene Wohnung als Location eine Art Wertschätzung von außen bekommt. Und es ist toll, sie in Kampagnen oder auf anderen Fotos zu sehen.

Wie genau funktioniert „Homemade Studio“ – für beide Seiten?

Paris: Wenn man seine Wohnung bei uns anbieten möchte, kann man sich dafür bewerben, indem man uns Fotos und Informationen zur Wohnung schickt. Wir haben dafür ein Formular, das man ausfüllen muss. Den Preis und die „Hausordnung“ für die Miete kann jeder selbst für seine Wohnung festlegen. Ein professionelles Foto-Shooting der Wohnung für das Inserat lässt sich, wenn gewünscht, über uns buchen. Wenn es eine Buchung über unsere Plattform gibt, kontaktieren wir den Vermieter mit allen Informationen zur Buchung. Er oder sie muss dann, nach der Bestätigung, nur noch die Wohnung öffnen, um die Mieter hereinzulassen. Alles an Papierkram, inklusive der Abrechnung, übernehmen wir. Wir arbeiten gerade daran, das System zu automatisieren. In Zukunft wird es so ablaufen, dass Vermieter und Mieter über unsere Plattform miteinander kommunizieren können, ohne dass wir als Vermittler in der Kommunikation zwischengeschaltet sind.

Es gibt sehr viele spannende Wohnungen und Häuser, und die Menschen sind sehr offen dafür, ihr Zuhause als Location zu vermieten.

Gebt ihr eine Empfehlung dazu, wie hoch der Mietpreis der Locations sein sollte?

Paris: Da viele Wohnungsbesitzer keine Erfahrung damit haben, ihre Wohnung als Location zu vermieten, geben wir Empfehlungen zur Preisgestaltung. Jetzt da wir über 50 Wohnungen auf unserer Plattform haben, kann man sich natürlich auch an den Preisen der anderen Wohnungen orientieren. Aber letztlich entscheidet den Preis jeder Vermieter selbst und kann ihn auch jederzeit anpassen. Die Preise bewegen sich aktuell zwischen 50 und 250 Euro pro Stunde.

Müssen die Wohnungen nach dem Foto-Shooting gereinigt werden?

Paris: In unseren Bedingungen steht, dass die Wohnungen nach der Miete in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden müssen. Eine zusätzliche Reinigung muss im Stundenpreis berücksichtigt werden, das müssen die Vermieter also im Vorfeld mit einplanen.

Warum ist Berlin ein guter Ort für euer Business?

Guia: Es passt von beiden Seiten sehr gut. Es gibt eine starke kreative Community, das heißt, es gibt viele potentielle Kunden – Fotograf*innen, Kreativdirektor*innen, Blogger*innen, Modemarken, Werbeagenturen, … – die Interesse daran haben, Locations zu mieten. Umgekehrt gibt es sehr viele spannende Wohnungen und Häuser, und die Menschen sind sehr offen dafür, ihr Zuhause als Location zu vermieten. Es hat uns, ehrlich gesagt, am Anfang überrascht, wie offen die Menschen dafür sind und wieviel Vertrauen und Interesse sie uns schenken. Von Anfang an war die Resonanz sehr positiv.

Wie beurteilt ihr die Wohnungen in Berlin?

Guia: Es gibt eine sehr große Bandbreite hier in Berlin und wahnsinnig schöne, interessante Wohnungen. Sie alle repräsentieren auf ihre individuelle Weise ihre Bewohner und die kreativen Vibes der Stadt. Wir sehen immer wieder Wohnungen, die uns überraschen. Ich hätte nie gedacht, dass wir so viele besondere Locations finden. Berlin war und ist wirklich der ideale Ausgangspunkt für unsere Idee.

Die Vielfalt ist der Schlüssel zum Erfolg. Alle Wohnungen haben etwas Besonderes.

Welche Arten von Wohnungen finden sich bei „Homemade Studio“?

Paris: Anfangs haben wir uns auf großzügige, besonders ästhetische Wohnungen fokussiert. Als sich „Homemade Studio“ weiterentwickelt hat, haben wir von Kreativen das Feedback bekommen, dass sie diese Wohnungen mögen, dass sie aber genauso mehr alternative Wohnungen mit anderer Ästhetik sehen und nutzen möchten. Es können also genauso Plattenbauten oder weniger durchgestylte Wohnungen dabei sein. Die Vielfalt ist der Schlüssel zum Erfolg. Alle Wohnungen haben etwas Besonderes.

Da ihr in so viele unterschiedlichen Städten gelebt habt: Welche Wohnungen sind eurer Meinung besonders für Berlin?

Paris: Ich denke, das ist dieser Altbaustil mit den hohen Decken, den Holzböden und dem Stuck. Das finde ich sehr typisch für Berlin. Da Berlin so geschichtsträchtig ist, ist jedes Zuhause einzigartig und hat seine eigene Geschichte zu erzählen.

Guia: Was diese Wohnungen für mich so besonders macht, ist, dass sie voller Leben sind. Sie reflektieren ihre Bewohner. Das macht sie so spannend und authentisch.

Was genau macht Wohnungen für euch denn „authentisch“? Das Wort ist mittlerweile ja so abgedroschen.

Guia: Ich war schon immer von authentischen Wohnungen fasziniert. Ich denke, bei den Wohnungen, die wir auf unserer Plattform haben, sieht man, dass jeder Besitzer oder jede Besitzerin einen unterschiedlichen Geschmack und Stil hat. Das Konzept von Schönheit ist sehr subjektiv. Wenn mich jemand fragt, welche die schönste Wohnung bei uns ist, kann ich das schwer beantworten. Jede ist auf ihre Weise schön. Und Wohnungen, in denen jemand lebt, sind eben keine Sets. Da isst jemand im Esszimmer, da schläft jemand im Schlafzimmer, da ist nicht alles perfekt. Und das ist gerade das Schöne!

Was habt ihr in der Zukunft vor?

Paris: Wir möchten „Homemade Studio“ gerne in Deutschland verbreiten und weitere Städte abdecken. Die nächsten Städte, in denen wir aktiv werden wollen, sind Hamburg, Frankfurt am Main, Köln, Düsseldorf, München und vielleicht Stuttgart. Alle Städte, in denen es große kreative Szenen gibt. Im nächsten Schritt wollen wir dann international europäisch expandieren.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg!

 

Hier findet ihr „Homemade Studio“:

Layout: Kaja Paradiek

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