Anna Kessel und Esther Rühe haben sich im Grundschulalter durchs „Pony-Theater“ kennengelernt, sind seitdem befreundet geblieben und seit rund zehn Jahren in der Blogger-Szene unterwegs. Die beiden 28-Jährigen haben 2008 ihr Blog „Kunstkinder“ gegründet, aus dem sich 2017 „Die Konsumentin“, ein Blog rund um Slow Fashion und nachhaltige Mode, entwickelte. Zurzeit schreibt Anna an ihrer Masterarbeit in Hamburg und unterstützt nebenbei ein Label in Berlin, das mit Bio-Ahimsa-Seide (bei der die Seidenraupen am Leben bleiben) arbeitet. Während Esther für das Start-up „Vienna Textile Lab“ in Wien arbeitet, das daran forscht, natürliche Textilfarben aus Bakterien herzustellen. Für femtastics haben sich die beiden Freundinnen noch einmal in Hamburg getroffen, um mit uns über die Macht der Konsumentin und einen besseren Konsum zu sprechen. Außerdem haben Anna und Esther für uns die neuen ökologischen „I Love Nature“-T-Shirts von CALIDA gestylt!
Esther: Wir haben im Jahr 2008 ein gemeinsames Blog gestartet. Als eine Art, mit einander zu kommunizieren, während wir in unterschiedlichen Städten gelebt haben. Es ging damals um Vintage-Mode und DIY.
Anna: Esther kommt aus einer Familie, in der immer viel Biomode getragen wurde. Sie kam daher schon früh in Berührung mit dem Thema. Ich wurde durch den Einsturz des „Rana Plaza“-Gebäudes in Dhaka 2013 wachgerüttelt. Damals ist uns aufgefallen, dass wir uns schon viel mit Slow-Fashion auseinandersetzen – und dass wir das in Zukunft noch mehr tun wollen.
Anna: Inhaltlich ja. Aber erst 2017 haben wir unser Blog ganz neu geboren, als „Die Konsumentin“. Früher hieß es ja „Kunstkinder“ und wir mussten immer wieder erklären, dass unser Blog nichts mit Kindern zu tun hat. (lacht) Deshalb haben wir uns entschieden, uns umzubenennen.
Anna: Für mich bedeutet Mode, besonders durchdacht und gut gekleidet zu sein. Ein Stil, der sich auf gute Basics und kleine Extravaganzen konzentriert. Stücke, die man jahrelang tragen kann. Es gibt durchaus Mode, die viel mit Stil zu tun hat und nichts mit saisonal diktierten Trends. Damit muss man sich aber auseinandersetzen. Man muss Abstand davon nehmen, immer nach dem „Trend der Saison“ Ausschau zu halten. Das ist nämlich letztlich nicht nachhaltig.
Es gibt durchaus Mode, die viel mit Stil zu tun hat und nichts mit saisonal diktierten Trends. Damit muss man sich aber auseinandersetzen.
Esther: Es ist unserer Meinung nach grundsätzlich nicht vertretbar, andere Menschen für eigene Bedürfnisse auszubeuten oder giftigen Chemikalien auszusetzen. Deshalb muss Mode fair und ökologisch produziert werden.
Anna: Es gab letztes Jahr eine Studie dazu, dass die größte Menge von Mikroplastik-Abrieb in der Umwelt nicht etwa von Autoreifen auf der Straße kommt, sondern vom Abrieb, der beim Waschen von Kleidung entsteht. Ein erschreckendes Beispiel dafür, warum Mode natürlicher und umweltfreundlicher werden sollte.
Esther: Sie versteht sich selbst als Konsumentin, die sich den Auswirkungen ihrer Handlungen bewusst ist. Sodass sie beim Kauf von Produkten immer auch den Produktionsprozess mit einbezieht und Kleidung, die für Mensch und Umwelt unter unfairen Bedingungen produziert wurde, für sie nicht tragbar ist.
Anna: Wir haben uns bewusst „Die Konsumentin“ genannt – theoretisch könnten wir auch Männer ansprechen, aber in der Männermode gibt es das Trend-Diktat nicht im gleichen Maße wie in der Frauenmode. Das Konsumproblem ist meist nicht so groß. Männermode hat meist eine bessere Qualität als Frauenmode, außerdem wird Männern nicht immer gesagt, dass sie dieses oder jenes brauchen, um aktuell, schön und attraktiv zu sein. Als Frau hat man eine sehr große Marktmacht.
Esther: Unsere Macht besteht darin, dass wir sehr viel wissen. Wir wissen so viel über Produktionsbedingungen wie noch nie. Das Thema ist medial sehr präsent. Immer mehr Menschen machen sich Gedanken darum, wie und wo ihre Kleidung produziert wird – und die Produzenten reagieren darauf.
Anna: Es ist viel passiert – selbst globale Fast Fashion Unternehmen bringen nachhaltige Kollektionen heraus. Natürlich hat es heutzutage einen Marktwert, „grün“ zu sein. Aber solange ein Unternehmen Kapital daraus schöpft, dass es etwas besser macht, ist doch allen ein Stück geholfen. Es ist super, dass große Modeunternehmen nachhaltiger werden, weil es den Diskurs fördert. Wenn die großen Fast-Fashion-Brands plötzlich nachhaltiger werden, wird Nachhaltigkeit auch „cool“ für Konsumenten, die sich vorher vielleicht nicht mit dem Thema befasst haben.
Esther: … Und es fördert nicht nur den Diskurs, sondern auch die Forschung. Je mehr Biobaumwolle vom Markt weg gekauft wird, desto mehr alternative Materialien werden entwickelt.
Mittlerweile gibt es viele bezahlbare, faire, nachhaltige Alternativen zu herkömmlich produzierter Mode.
Anna: Mittlerweile gibt es viele bezahlbare, faire, nachhaltige Alternativen zu herkömmlich produzierter Mode. Wir hatten eine Zeit lang einen eigenen Pop-Up-Shop mit Slow-Fashion-Labels und haben bei unserer Recherche für den Laden viele interessante, junge grüne Modelabels kennengelernt.
Esther: Auch auf der Fashion Week in Berlin kann man mittlerweile sehr viele nachhaltige Labels entdecken, die echt cool und modern sind.
Anna: Den „Green Showroom“ und die „Ethical Fashion Show“ auf der Berliner Fashion Week gibt es ja schon länger, aber in den vergangenen Jahren ist beides richtig spannend geworden. Auch in den Modeschulen haben immer mehr angehende Modedesigner und -designerinnen Interesse daran, nachhaltige Mode zu kreieren.
Esther: Es muss auch politisch etwas passieren! Die Konsumenten und Konsumentinnen haben eine Marktmacht, aber diese reicht nicht aus, um wirklich echte, globale Nachhaltigkeit in der Mode zu erlangen. Dafür müssen internationale Regelungen eingeführt werden.
Ich habe irgendwann aufgehört, in die Fast-Fashion-Läden zu gehen.
Esther: Reduce, reuse, recycle! Und: Think before you buy. Du darfst dir gern etwas Schönes, Modisches kaufen, nur eben nicht fünfmal die Woche und vielleicht auch nicht viermal im Monat. Was ich mir kaufe, sollte ich lange behalten wollen.
Anna: Ich mag die Idee des „Capsule Wardrobe“, also, dass man nur eine bestimmte Anzahl von Kleidungsstücken besitzt, die sich alle gut kombinieren lassen. Kleidungsstücke, die eine „gute Leinwand“ zum Arbeiten sind. Esther und ich sind außerdem große Vintage-Fans – ich mag die Idee, Produkte zu nutzen, die schon im Konsumkreislauf sind. Zudem macht man dadurch viel Ästhetik-Politik: Wenn die 80er-Jahre angesagt sind, ist es doch am coolsten, Originalprodukte aus den 80ern zu tragen anstatt neue Produkte im Stil der 80er. Ich finde, das ist die kreativste Art, mit Mode umzugehen.
Esther: Bei mir war es ein Aha-Moment: Ich habe mit einer Freundin darüber gesprochen, wie schwierig es ist, nachhaltiger zu konsumieren. Und dann sagte sie: Mach doch einfach! Und ich dachte: Ja, stimmt! (lacht) Und von dem Moment an habe ich einfach nicht mehr bei Fast-Fashion-Labels eingekauft.
Anna: Ich habe auch irgendwann aufgehört, in die Fast-Fashion-Läden zu gehen. Die Wunschproduktion ist sonst so groß. Wenn du die ganzen neuen Sachen siehst, denkst du immer, du müsstest etwas kaufen. … Ich habe für ein Dreivierteljahr in Chile studiert und damals ist mir aufgefallen, dass ich vor Ort gar nichts gekauft habe, aber als ich zurückkam, hatten meine Freunde alle hunderte neue Sachen. Ich war richtig schockiert. Natürlich findet man auch viele schöne Sachen, die man haben möchte, wenn man sich im Slow-Fashion-Bereich umschaut.
Anna: Ein richtig gut sitzendes, weißes T Shirt sollte in keiner Garderobe fehlen – es ist die beste Grundlage für diverse Outfits.
Esther: Und am CALIDA T-Shirt gefällt uns besonders, wie weich der Stoff fällt. Für Basics wird im eco-fairen Bereich ja meist zu Bio-Baumwolle gegriffen. Tencel fließt aber so schön um den Körper, das macht eine gute Figur und fühlt sich viel schöner auf der Haut an.
Esther: Wenn ich zum Beispiel einen neuen Mantel oder ein neues Shirt suche, dann recherchiere ich ausgiebig online, was die unterschiedlichen nachhaltigen Labels anzubieten haben. Erst nach ausreichend Überlegung entscheide ich mich für einen Kauf. Anna und ich stöbern beide auch sehr gern auf Flohmärkten und in Vintage-Shops – ganz ohne konkreten Bedarf (lacht).
Anna: Auf Reisen oder in anderen Städten shoppe ich auch mal in grünen Concept Stores. In Warschau wollte ich zum Beispiel unbedingt bei „Elementy“, dem Store des „Transparent Shopping Collective“ vorbeischauen.
Anna: Wenn die Sachen noch tragbar sind, fragen wir zunächst Freundinnen, ob sie etwas haben wollen, was uns nicht mehr gefällt. Wir machen viel Kleidertausch.
Esther: Und wir verkaufen auf Flohmärkten. Am nachhaltigsten ist es, wenn Kleidungsstücke so lange wie möglich getragen werden. Natürlich ist es immer möglich, Kleidungsstücke, die noch in Ordnung sind, zu spenden.
Anna: Man muss sich aber bewusst sein, dass Kleidung zu spenden, keine Großzügigkeit ist, sondern viel Arbeit macht. Die Mengen an Textilmüll, die es heutzutage in Deutschland gibt, sind kaum zu bewältigen.
Esther: Ich finde es auch wichtig, in dieser Hinsicht auf Materialien zu achten. Naturfasern lassen sich kompostieren, aber Polyester und andere Kunstfasern sind problematisch für die Umwelt. Dieser Müll bleibt für immer in der Welt.
Am nachhaltigsten ist es, wenn Kleidungsstücke so lange wie möglich getragen werden.
Esther: Ich bin schon mit ökologischen Lebensmitteln aufgewachsen und ähnlich ist es mit Naturkosmetik.
Anna: Das schwierigste für mich ist das Thema Reisen. Ich kenne viele Freunde, die sagen, dass sie gar nicht mehr fliegen wollen, weil es so umweltschädlich ist. Wir fahren auch, wann immer möglich, mit dem Zug anstatt zu fliegen. Auch, weil man im Zug so schön arbeiten kann. Manchmal habe ich aber das Gefühl, dass ich schon sehr nachhaltig im Bereich Mode bin und dass die „Politik“ für andere Themenbereiche andere Leute machen müssen. Manchmal ist es vielleicht besser, „klein“ anzufangen um nicht irgendwann an zu hoch gesteckten Zielen zu resignieren. So kann man mit mehr Freude und Motivation sein Thema angehen.
Esther: Zusammen mit einigen anderen Bloggern haben wir die „Wardrobe Revolution“, einen Guide für einen „langsameren Kleiderschrank“, kreiert, den man sich gratis herunterladen kann. Darin finden sich jede Menge Tipps, die thematisch sortiert sind.
Fotos: Sophia Mahnert
Layout: Carolina Moscato
– Werbung: Diese Story entstand in Zusammenarbeit mit CALIDA –
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