Dieses Start-up überrascht: Booom Balloon aus Berlin

Einfach auf sein Bauchgefühl hören und ein Unternehmen gründen, ganz ohne Investor, Branchenerfahrung oder Businessplan – was für die einen leichtsinnig klingt, war für Paloma Bradtke die Erfüllung eines Traumes. Nach einem Design- und Fotografiestudium und einem gescheiterten Praktikum in einer Event-Agentur gründete sie 2015 im Alter von 24 Jahren in Berlin ihr Start-up Booom Balloon. Ihre Mission? Glück verbreiten! Ihr Konzept? Handgefertigte Konfettiballons im Karton. Egal, ob als Geburtstagsüberraschung, zur Geburt oder als einfaches Dankeschön. Die heute 27-jährige gebürtige New Yorkerin erzählt uns im Interview, wie das Konzept entstanden ist, was wirklich glücklich macht und warum es auch in Business-Angelegenheiten wichtig ist, auf sein Herz zu hören.

femtastics: Du nutzt das Hashtag #verbreiteglück. Wie wird man deiner Meinung nach ein glücklicher Mensch?

Paloma Bradtke: Ein glücklicher Mensch wird man, indem man freundlich ist. Wenn du freundlich bist, kriegst du so viel zurück von anderen Menschen. Und ich glaube, das macht einen einfach glücklich.

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femtastics-Autorin Lea trifft Paloma zwischen Ballons und Partydeko.

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Wieso hat ein gescheitertes Praktikum dich auf die Idee gebracht, Booom Balloon zu gründen?

Nach dem Studium bin ich für ein Praktikum in einer Event-Agentur nach London gezogen. Das war damals mein Traumberuf. In der Agentur arbeiteten etwa 30 junge Mädchen und ich stellte mir das total aufregend vor. Aber schon nach zwei Wochen merkte ich, dass es mir gar nicht gefällt. In der Firma gab es strenge Hierarchien, man machte unzählige Überstunden und die Mitarbeiter wurden schlecht behandelt. Es war ein richtiger Schock für mich!

Wann gab es einen Aha-Moment?

Es kamen täglich so viele verrückte Bewerbungen an – es wurden zum Beispiel Glückskekse gebacken, in denen eine Bewerbung steckte, oder Bilder gemalt. Ich musste in der Agentur immer die Post abholen und ins Büro in den fünften Stock schleppen. Einmal war ein riesengroßer Karton dabei. Ich hatte eh schon einen schlechten Tag und dann musste ich auch noch dieses Paket tragen! Als ich es öffnete, kam mir dieser gigantische Konfettiballon entgegen. Weil das so unerwartet geschah, habe ich mich richtig darüber gefreut, es hat mich total glücklich gemacht. Den ganzen Tag lang habe ich diesen Ballon angestarrt und gedacht „Wow!“. Es stellte sich auch als Bewerbung heraus, die unten am Ballon hing.

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Paloma hat ihr Büro in ihre Wohnung integriert.

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Dieses Glücksgefühl wollte ich unbedingt mit anderen Leuten teilen.

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Hat dich das auf die Idee gebracht, Booom Balloon zu gründen?

Mir war klar, dass ich nicht in dieser Agentur bleibe. Auf meiner Jobsuche hat mich aber nichts wirklich angesprochen – also musste ich mein eigenes Ding machen. Da kam mir die Idee mit dem Ballon. Dieses Glücksgefühl, was ich damals empfand, wollte ich unbedingt mit anderen Leuten teilen. Ich recherchierte, wie das Angebot in Deutschland aussah und fand nichts, was meiner Vorstellung entsprach. Es sollte bunt und modern sein und Spaß machen. Langsam begann ich, an Booom Balloon zu arbeiten. Mein Praktikum habe ich frühzeitig abgebrochen und bin zurück nach Berlin gezogen – auch wenn London meine Lieblingsstadt ist. Aber Berlin ist für Gründer einfach perfekt: die Kreativität, günstige Mieten, und mit meinen Eltern in der Nähe habe ich hier meine Basis. So konnte ich Dinge ausprobieren, ohne ein großes Risiko einzugehen. Im Sommer 2015 habe ich Booom Balloon gegründet.

Haben dich deine Eltern unterstützt?

Meine Mutter war von Anfang an begeistert und sehr motivierend. Mein Vater hat etwas an der Idee gezweifelt, obwohl er selbständiger Künstler ist. Er hat versucht, mich zu überzeugen, doch noch einen Master zu machen, weil er sich das mit den Ballons nicht vorstellen konnte. Inzwischen ist er aber der größte Fan. Meine Freunde waren grundsätzlich auch total motivierend. Ich habe sie immer um ihre Meinung gebeten und ihr Feedback verwertet. Es gab aber auch ein paar Freunde, die das Ganze so gar nicht verstanden haben. Das darf man ihnen nicht böse nehmen und sich dadurch nicht entmutigen lassen.

Und jetzt die Gretchenfrage: Businessplan – ja oder nein?

Mit Marketing und Businessplanung habe ich gar nichts am Hut. Ich mache alles nach Bauchgefühl. Es gab keinen Businessplan oder Vergleichbares. Ich habe einfach alles gemacht, ohne groß darüber nachzudenken. Der ganze Papierkram war auch keine Hürde für mich. Wenn man für eine Sache brennt, dann macht einfach alles Spaß. Ich habe das Unternehmen langsam aufgebaut. Stück für Stück habe ich mir alles gekauft, was ich so brauchte. Mein Cousin hat mir glücklicherweise dabei geholfen, die Website zu bauen und so habe ich insgesamt um die 1.000 Euro für die Gründung ausgegeben, also wirklich mega Low-Budget. Das hat ziemlich schnell gut funktioniert!

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Wenn man für eine Sache brennt, dann macht einfach alles Spaß!

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Was genau macht dein Unternehmen aus?

Das Konzept von Booom Balloon ist „Der Ballon im Karton“. Es geht darum, jemanden zu überraschen und eine Freude zu bereiten. Jeder Ballon wird mit einer kleinen Grußkarte versehen und kann zu jeder Gelegenheit – Geburtstag, Babyparty, Hochzeit oder um einfach mal Danke zu sagen – verschickt werden. Es ist schön, einen Karton von der Post zu bekommen und überhaupt nicht zu wissen, was drin ist. Er ist riesig, aber leicht – und wenn beim Öffnen ein Konfettiballon aufsteigt, sorgt das für einen tollen Überraschungseffekt. Es ist eine schöne Alternative zu Blumen oder Schokolade.

Wie wurde dein Angebot bekannt?

Ich war direkt nach dem Launch viel in der Presse, dadurch wurde es eigentlich zu einem Selbstläufer. Jedes Mal, wenn ein Artikel in einem Magazin erschienen ist oder eine Blogger-Kooperation veröffentlicht wurde, gingen sofort die Bestellungen hoch. Schon nach den ersten drei Monaten konnte sich Booom Balloon selbst tragen. Das ist für ein Start-up natürlich verrückt. Da habe ich wirklich riesengroßes Glück gehabt. Kooperationen und Sponsoring, die ich seitdem mache, kann ich von dem erwirtschafteten Gewinn finanzieren.

Denkst du, dass du es als Frau schwieriger hattest, dich in der Start-up-Welt durchzusetzen?

Ich würde fast sagen, dass ich im Start-up-Geschäft als junge Frau mehr Vorteile habe. Viele Magazine haben eben genau das als Thema genutzt. Zum Beispiel gab es die Überschrift „Paloma ist der Knaller“. Das liegt natürlich auch an dem Konzept des Unternehmens. Es wirkt einfach authentischer, wenn eine einzelne Frau dahintersteht, als wenn es eine große Firma wäre. Ich stehe zu hundert Prozent hinter dem Produkt und das macht es vermutlich auch aus.

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Wenn zu viele Meinungen Einfluss nehmen, dann ist es nicht mehr dein Ding und dann kann das Produkt am Ende auch nie so werden, wie du es dir vorgestellt hast.

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Welche Erkenntnisse hast du seit der Gründung gewonnen, die du mit anderen Gründern teilen kannst?

Ich würde wirklich nichts anders machen. Ich glaube, es war total wichtig, dass ich auf mein Bauchgefühl gehört habe. Auch im Bezug auf die Finanzierung. Dass ich eben nicht wie viele andere Start-ups nach Investoren geschaut habe. Wenn zu viele Meinungen Einfluss nehmen, dann ist es nicht mehr dein Ding und dann kann das Produkt am Ende auch nie so werden, wie du es dir vorgestellt hast.

Arbeitest du noch nebenbei?

Nein, ich konzentriere mich zu hundert Prozent auf mein Unternehmen. Während der Gründungsphase habe ich noch nebenbei Kunstgeschichte studiert. Ich habe aber schnell gemerkt, dass ich das zeitlich beides nicht hinkriege. Es war von Anfang an so viel zu tun, dass es zum Fulltime-Job wurde.

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 Hast du ein Team, das dich unterstützt?

Anfangs habe ich alles alleine gemacht, von der Konfettiherstellung bis zum Versand. Im Studium habe ich ein paar Kurse belegt, die mir während der Gründung geholfen haben. Ich hatte eine genaue Vorstellung, wie alles aussehen sollte – simpel und modern. Auch das Logo habe ich alleine gestaltet. Ich hatte aber ein paar Kommilitonen, die Grafikdesign studiert haben, die mich unterstützt haben. So wie mein Cousin bei der Website. Es ist ein großes Glück, wenn man Leute kennt, die einem gerne helfen. Seit zwei Jahren habe ich immer zwei Praktikantinnen. Das war zu Beginn total komisch. Zum Bewerbungsgespräch kamen sie noch in mein WG-Zimmer und mussten auf meinem Bett Platz nehmen. Aber jetzt können wir in einem richtigen Büro arbeiten. Wir sind ein tolles Team und es macht wahnsinnig Spaß, zu dritt zusammenzuarbeiten.

Wenn man nicht zu hundert Prozent dabei ist, läuft es nicht.

Bleibt bei der ganzen Arbeit noch Zeit für ein Privatleben?

Im ersten Jahr ist man sehr für sich und lebt nur für die Arbeit. Ich habe viele Freunde vernachlässigt. Aber ich bemühe mich, mein Privatleben wieder mehr aufzubauen und treffe mich nach der Arbeit mit Freunden, gehe essen oder unternehme etwas. Ich finde es allerdings auch wichtig, sich in der Gründungsphase zu fokussieren. Wenn man nicht zu hundert Prozent dabei ist, läuft es nicht. Vielleicht gibt es eine Zeit, in der man nicht so sozial aktiv sein kann, aber es ist natürlich auch wichtig, das irgendwann wieder zu ändern.

Deine Wohnung ist auch dein Büro. Wie schaffst du es, Berufliches und Privates zu trennen?

Es ist schon schwierig, weil man ständig am Handy ist und selbst abends im Bett noch E-Mails checkt. Ich habe mir für dieses Jahr vorgenommen, dass sich das ändern muss. Zum Beispiel, indem man sich feste Zeiten setzt, in denen man seine Mails checkt oder, dass man sonntags keine Mails beantwortet. Es hilft schon, dass ich die Praktikanten habe, die jeden Tag kommen und eine gewisse Struktur reinbringen. Am Wochenende fahr ich auch gerne zu meinen Eltern raus, die etwas außerhalb wohnen. Da kann ich mich richtig ausruhen und mit meinem Hund im Wald spazieren und ein bisschen runterkommen. Generell muss man der Mensch dafür sein, im Homeoffice zu arbeiten. Für mich persönlich ist es super!

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BooomBalloon

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Wirtschaftlicher Erfolg oder Spaß bei der Arbeit – was ist dir wichtiger?

Auf jeden Fall Spaß bei der Arbeit! Das ist ja auch das Motto von Booom Balloon. Es ging mir auch nie darum, ein wirtschaftlich denkendes Start-up aufzubauen. Es ging nie um Geld. Nach dem Praktikum wusste ich einfach: Ich möchte etwas mit meinem Leben machen und einen Job, der mir Spaß macht und anderen Freude bereitet. Es ist natürlich toll, wenn man nebenbei noch etwas verdienen kann, aber Spaß an der Arbeit zu haben, ist das Wichtigste.

Du bist in New York geboren, deine Traumstadt ist London, wohnst jetzt aber in Berlin – planst du eine Expansion von Booom Balloon?

Ich bekomme schon jetzt viele Anfragen aus dem Ausland. Leider ist der Versand momentan zu teuer. Ich habe privat schon nach Spanien oder in die Schweiz versendet, das klappt alles, aber die Preise möchte ich meinen Kunden nicht zumuten. Ich würde in der Zukunft gerne mit der Post zusammenarbeiten, da ich natürlich super gerne noch andere Länder beliefern würde.

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Was war das schönste Erlebnis seit dem Launch von Booom Balloon?

Es gab schon einige! Die Post kommt jeden Tag zu mir, um die Kartons abzuholen. Eins der schönsten Erlebnisse war, als meine DHL-Fahrerin einen Ballon direkt bei mir bestellt hat. Zu merken, dass jemand, der mit mir zusammenarbeitet, von der Idee überzeugt ist, das macht mich stolz. Auch die Zusammenarbeit mit großen Firmen macht mir viel Spaß – und ebenso der Kundenkontakt. Ich bekomme so viel positives Feedback und ich freue mich immer wieder darüber. Ich bekomme sogar Geburtstagsgratulationen von Kunden und mit vielen habe ich mich schon angefreundet. Im Dezember wurde ich zudem für den Digital Female Leader Award in der Kategorie „Entrepreneurship“ nominiert. Das war eine große Ehre!

Dann hoffen wir, dass du auch in Zukunft viele Menschen mit Ballons überraschen kannst. Vielen Dank für das nette Gespräch!

 

Hier findet ihr „Booom Balloon“:

 

Interview: Lea Braskamp

Fotos: Sophia Lukasch

Layout: Carolina Moscato

3 Kommentare

  • Maggie sagt:

    Wow, wahnsinnig inspirierende Frau und ein tolles Interview!
    Das beweist, dass man auch mit kleinen Mitteln Großes schaffen kann.

    Danke euch!

    Maggie von stahlpink

  • Manfred Eichel sagt:

    Glückwunsch zu diesem so herrlich frischen Porträt einer jungen, offenbar sehr einfallsreichen Unternehmerin! Ihre positive Ausstrahlung haben Sie sowohl im Interview als auch auf Ihrer Fotostrecke überzeugend gespiegelt. Aber das Geschäftsziel, Freude zu vermitteln, Lächeln zu provozieren ist ja auch wirklich ein exzellentes Konzept.

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