Caravans feiern ihr Comeback: Stylistin Sarah Menz gibt Tipps für den Kauf und ein Makeover!

Einfach einsteigen und der Urlaub beginnt! Seit einigen Jahren verblasst das spießige Image von Ferien auf dem Campingplatz und besonders junge Menschen und Familien kommen immer mehr auf den Geschmack. Raus aus der Großstadt, rein in die Natur, ohne Flugscham oder stundenlanges Warten in muffigen Abfluggates. Der Caravan-Trend brummt. Alleine im März 2021 wurden fast 14.000 Reisemobile und Caravans zugelassen. Ein neuer Rekord. Auch die Hamburger Stylistin Sarah Menz, 47, hat sich mit ihrer Familie den Traum von einem eigenen Caravan erfüllt. Der einzige Wermutstropfen: Wohnwagen sind zwar „oft klug durchdacht, ihr Innendesign hat aber mit Geschmack und Stil wenig zu tun.“ Also legte Sarah selbst Hand an. Gerade hat sie ihr Buch „Caravan Makeover“, vollgepackt mit praktischen Tipps, um alte Wohnwagen aufzuhübschen, herausgebracht. Für Anfänger geeignet, ohne den Anspruch alles perfekt machen zu müssen. Uns hat sie im Interview einige Kniffe für ein gelungenes Makeover und den Caravankauf verraten.

„Die Polster habe ich mit einem rostroten Leinenstoff bezogen, die Schränke altrosa lackiert. Die schwarze
Kante wird als stylisher Kontrast bewusst beibehalten. Mit hellem Holz und Rattan zieht natürliche Lässigkeit in den
Anhänger. Die angesagten femininen Töne stehen dem Bürstner Club aus dem Jahr 1995 ausgesprochen gut“, erzählt Sarah über ihr Umstyling.

femtastics: Du schreibst in deinem Buch, dass auf den Campingplätzen aktuell ein Generationenwechsel stattfindet. Wie macht sich das bemerkbar?

Sarah Menz: Heute trifft man auf dem Platz eben nicht nur die eingefleischten Camper, sondern auch viele junge Familien, Leute aus der Stadt, die sich einen Caravan geliehen haben, um diese Art von Urlaub auszuprobieren. Das ändert auch den Anspruch ans Campen, es kommt frischer Schwung. Der spießige Campingplatzzwerg unter schrecklichem Vorzelt verschwindet. Es muss nicht alles High-End durchgestylt sein, aber sie wollen sich wohlfühlen und sich nicht über schlimme Polsterbezüge ärgern.  

Verrät uns im Interview ihre Tipps und Tricks zum Caravan Makeover: Interior-Expertin Sarah Menz.

Dazu passt dein Buch „Caravan Makeover“ ganz wunderbar. Wie kamst du zu der Idee, einen Wohnwagen umzugestalten? 

Wir haben unseren Caravan Anfang 2020 gekauft, also noch vor Corona. Ich habe zwei Teenager, die waren damals 12 und 14. Mein Mann und ich, wir dachten uns: Das könnte nochmal zwei, drei Jahre interessant werden. Man kann Kurztrips machen, mal nach Amsterdam fahren. 

Unseren Caravan haben wir für circa 6.000 Euro bei „Freizeitfahrzeuge Schmitz“ in Walsrode gekauft. Er war gut in Schuss. Allerdings waren die Einbauten in Buche-Optik und die Polster hatten ein Muster wie aus dem Intercity. Uns war von Anfang an klar, dass wir auf keinen Fall so wie er ist in ihm Urlaub machen wollen. 

Unser Caravan sollte die gleichen Kriterien wie eine Finca erfüllen.

Wie sieht euer Caravan heute aus und was war dir bei der Umgestaltung wichtig?

Unser Caravan sollte die gleichen Kriterien wie eine Finca erfüllen: Wenn wir nach einem Ferienhaus auf Ibiza suchen, soll es einen bestimmten Charme haben. Es muss nicht perfekt oder riesig sein, aber nett und freundlich. Ich will mich wohlfühlen, genau wie in meinem Caravan. Er soll Urlaub ausstrahlen. 

Die Grundidee für das Makeover fand ich in den Schrankknöpfen aus hellem Terrazzo statt. Sie waren die Initialzündung für die Farbigkeit. Ich wollte es hell haben, viele Cremefarben, Ocker- und Naturtöne. Trotzdem sollte es nicht zu puschelig werden. Deshalb habe ich ein helles Grau als Grundfarbton gewählt und mit Kissen, Geschirr und Decken Highlights gesetzt. Ich liebe auch meine safrangelben Vorhänge. Selbst wenn das Wetter mies ist, fühlt man sich im Wohnwagen von der Sonne geküsst. 

Aus einem Caravan wurden schnell mehr. Mittlerweile hast du mehr als zehn Wagen umgestaltet. 

Das Makeover von unserem Camper hat mir viel Spaß gemacht. Ein Mini-Wohnkonzept auf einem so begrenzten Grundriss umzusetzen. Dann kam der Lockdown. Ich bin Freiberuflerin und mache allerlei Projekte rund ums Wohnen und Interior, von der klassischen Innenarchitektur bis zur Zusammenarbeit mit Magazinen. Als mir ein Job weggebrochen ist, habe ich anfangs gemeinsam mit meinem Mann weitere Wagen umgestaltet. Daraus hat sich mein Buch entwickelt. 

Hast du Tipps für die Umgestaltung? Mit welchen Baustellen sollte man anfangen? 

Wenn ich einen Caravan betrete, frage ich mich zuerst: Was verbinde ich mit Urlaub? Was lässt mich entspannen? Meistens habe ich dann direkt eine grobe Vorstellung. Oft ist es auch ein Detail, was den Rest inspiriert: ein schöner Teppich oder eine Postkarte. Damit sich die Dinge entwickeln, lohnt es sich, einfach Kram zu sammeln. Steine, Bilder, ein schöner Stoff … – das sind gute Ausgangspunkte. 

Die meisten Wohnwagen haben unheimlich hässliche Lampen. Mit Lampenschirmen aus Rattan wird es schon wohnlicher und urlaubsmäßiger. Die Fronten der Schränke haben meist eine Holzoptik, das ist nicht so schön. Wenn sie einen Retro-Charme ausstrahlen oder zum Konzept passen, lässt sich das integrieren. Ansonsten kann man sie streichen. Vorhänge und Polster nehmen eine große Fläche ein, deshalb sind sie wichtig. Hier überlege ich: Möchte ich Farbe reinbringen oder soll es neutral bleiben? Ich persönlich neige zu unifarbenen Stoffen. So ein Wohnwagen ist schon so kleinteilig, mit vielen Mustern kann es schnell unruhig oder psychedelisch werden. Muster würde ich eher auf kleinen Flächen sanft dosieren, als Tapete oder Kissen. Darüber hinaus gibt es noch einige Elemente wie Griffe und Teppiche, die einen Look ausmachen. Daraus ergibt sich schnell ein Konzept. 

Ein Makeover geht nicht schnell, schnell, innerhalb von zwei Wochen. Nimm dir ruhig Zeit, du investierst schließlich auch Geld.

„Bestickte Tagesdecken auf den Betten und viele Kissen machen den
Schlafbereich im vorderen Wohnwagenteil wohnlich“, erklärt Sarah.
„Der große Dethleffs Beduin 510 V aus dem Jahr 1999 ist supergeräumig und bestens in
Schuss. Ich habe einen hellen Sandton für die Schränke und Cremeweiß für die Wände gewählt. Die Polster sorgen für eine Grundhelligkeit.
Kräftiges Gelb und Terrakotta mischen überall mit. Die warmen Farben und Accessoires aus Holz und Bast geben dem Interieur das Hippie-Feeling“, erklärt Sarah.

Worauf sollte man bei der Auswahl der Stoffe achten? 

Man braucht gute, kräftige Stoffe. Sie dürfen beim Umklappen nicht reißen. Etwa ein fester Canvasstoff. Außerdem sollten die Polster abziehbar sein, damit man sie waschen kann. Ich probiere viele Stoffe aus, hänge sie in den Wohnwagen. Manchmal fahre ich dreimal zum Stoffhändler, um den richtigen zu finden.

Das ist generell wichtig! Ein Makeover geht nicht schnell, schnell, innerhalb von zwei Wochen. Man sollte über Gestaltungsmöglichkeiten nachdenken, Stoffe ausprobieren und sich realistisch überlegen, was kann ich und was kann ich nicht? Nimm dir ruhig Zeit, du investierst schließlich auch Geld. 

Du hast gerade schon angesprochen, dass man die Schränke streichen kann. Gilt es dabei, etwas zu beachten? 

Auch wenn die Schrankoberflächen wie echtes Holz aussehen, sind es in den meisten Fällen Schichtstoffe in Holzoptik. Damit der Lack haftet, müssen sie angeschliffen und mit einem Primer grundiert werden. Ich verwende Lacke auf Wasserbasis, das erleichtert die Arbeit im Inneren. Und man sollte nicht direkt danach in den Urlaub fahren. Der Lack muss ein bis zwei Wochen durchtrocknen; erst dann ist er richtig strapazierfähig. 

Was darf in keinem Caravan fehlen? 

Haken! Damit auf der kleinen Fläche nicht alles auf dem Boden steht. Sie sorgen für Ordnung. Mit hübschen Leisten oder punktuell hängenden Haken kann man auch tolle Details setzen. Daran hänge ich Körbe und Basttaschen. Super praktisch, weil sie auch vor dem Caravan stehen können, schnell dreckige Handtücher verschwinden lassen und mit nur einem Griff im Auto sind. Gleichzeitig verbreiten sie Urlaubsfeeling. Was ich noch empfehlen kann: Man braucht zum Camping nur wenige Sachen, aber die sollten nicht nur funktional, sondern auch dekorativ sein. Im Campingbedarf sind 90 Prozent hässlich, aber bei der dänischen Kette „Søstrene Grene“ findet man beispielweise auch schöne Kehrschaufeln. 

Und auf welche Styling-Tricks schwörst du?  

Mein persönlicher Favorit sind tragbare Akkuleuchten. Du kannst sie easy aufladen und mit nach draußen nehmen. Außerdem gibt es viele Varianten. Klassiker wie die „Flowerpot“ von „&Tradition“ oder neue Modelle von „Hay“. Tagesdecken verbreiten sofort Hotelflair und es sieht wohnlicher aus. Und dann finde ich Kissen wichtig, um es sich auch draußen auf der Liege oder in der Hängematte gemütlich zu machen.

Wohnwagen-Fan: Sarahs Buch „Caravan Makeover“ ist im Mai 2021 im Prestel Verlag erschienen.

Ist Deko im Caravan erlaubt? 

Natürlich! Aber wir bewegen uns auf engem Raum. Es bringt nichts, wenn bei jedem Gang Keramik zerbricht. Deshalb achte ich darauf, dass besonders die praktischen Dinge dekorativ sind und ins Gesamtkonzept passen. Lieber emaillierte als Metalltöpfe, schöne Spüliflaschen und Gewürzmühlen. 

Wie kann ich mit einfachen Tricks eine große Veränderung schaffen? 

Tagesdecken über die Polster schmeißen. Dazu ein paar Kissen. Die eigene Bettdecke und neue Vorhänge. Damit ist schon mal viel getan.

Wo findet man, abgesehen von deinem Buch, noch Inspiration? 

Bei Pinterest kann man sich rauf- und runterscrollen. Vor allem, wenn man abstrakt denkt. Klar, kann man nach „Caravan-Makeover“ suchen. Aber auch Moods von Schlaf- oder Hotelzimmern sind toll und können der Startschuss für ein Konzept sein.

Bevor es an das Makeover geht, braucht man erstmal einen Caravan. Wie finde ich ein geeignetes Modell? 

Gute Wagen kann man bei Händlern oder über „eBay Kleinanzeigen“ finden. In beiden Fällen würde ich nichts blind oder nur nach Fotos kaufen. Man sollte den Wagen einmal von innen gesehen und gerochen haben. Liegt ein säuerlich-beißender Geruch in der Luft oder riecht es nach modrigem Keller, kann man davon ausgehen, dass sich irgendwo schon länger eine feuchte Stelle versteckt. Davon würde ich die Finger lassen. Den Geruch kriegst du nicht mehr raus und man muss wahrscheinlich renovieren. Dasselbe gilt, wenn der/die Verkäufer*in mit starken Raumdüften arbeitet. Da wäre ich vorsichtig. 

Nehmt euch beim Caravan-Kauf Zeit, lasst euch nicht hetzen und stellt Fragen.

Was sollte ich alles testen? 

Zunächst die ganze Technik. Funktionieren die Lampen und der Kühlschrank? Danach sollte man sich die Wagenecken genau anschauen. Sie können mit der Zeit undicht werden, so ein Caravan ist ja immer in Bewegung. Ein kleiner Feuchtigkeitsschaden muss kein K.o.-Kriterium sein, wenn er ordentlich repariert wurde oder man den Schaden rechtzeitig erkennt. Außerdem sollte man sich unbedingt unter den Wagen legen und checken, dass es keine Löcher gibt.

Bestenfalls hat der Wagen noch TÜV. Ich achte darauf, dass der Caravan regelmäßig gewartet wurde. Es gibt natürlich noch viel mehr. Nehmt euch beim Caravan-Kauf Zeit, lasst euch nicht hetzen und stellt Fragen. Macht euch eine Liste, was ihr alles kontrollieren müsst; die gibt es auch im Internet. Vielleicht kennt ihr sogar jemanden, der schon Erfahrung mit Caravans hat; das ist natürlich noch besser. 

Im Fall der Fälle: Kann man sämtliche Reparaturen selber machen oder sollte man bei manchen Dingen Expert*innen ranlassen?

Das ist alles eine Frage des Könnens und Ausprobierens. Ein Wohnwagen ist relativ simpel. Es ist eine Wand mit Fenstern ohne großartige Technik. Für kleinere Reparaturen findet man gute Videos auf YouTube. Ich habe auch schon einmal eine Wasserpumpe ausgetauscht. Das sind überschaubare Sets aus dem Campingbedarf. Da kann man gar nicht so viel falsch machen. 

Ich bin aber kein Vollprofi. Deswegen lasse ich bei der Elektrik lieber eine*n Expert*in ran. Mit einem Kurzschluss kann man so ein Ding zum Brennen bringen. Aber wenn sich jemand mit Elektrik auskennt, warum nicht. 

Man bekommt natürlich immer günstigere Modelle für Bastler*innen, aber das kann schnell ein Fass ohne Boden werden. Ich finde es gut, wenn der Wagen dicht ist und keine größeren Reparaturen anstehen. Das würde meine Kompetenzen sprengen. 

Die Lust auf individuelles Reisen ist schon länger am Kommen, Corona gibt dem nochmal einen Boost.

Glaubst du der Caravan-Hype hält an? 

Definitiv. Laut meiner Recherche steigen die Umsätze der Caravanverkäufer schon seit etwa sechs Jahren jährlich um bis zu 20 Prozent. Die Lust auf individuelles Reisen ist schon länger am Kommen, Corona gibt dem nochmal einen Boost. Verreisen in der keimfreien Blase. Es ist aber auch das Abenteuer, so viel Zeit in der Natur zu verbringen. Das hat totale Qualität. Es ist nicht der Luxus von Hotels, sondern des Primitiven. Einen Kaffee auf dem kleinen Gasherd kochen, Karten spielen am Minitisch. Das hat etwas ganz Intimes.

Vielen Dank für die Tipps, liebe Sarah und viel Spaß bei eurem nächsten Trip!

Hier findet ihr Sarah Menz:

Hier findet ihr Sarahs Buch: „Caravan Makeover“


Fotos: Brita Sönnichsen, Portraitfoto: Silke Zander, Buch-Cover: Prestel Verlag

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