Dänisches Design ist gefragter denn je. Wir hatten kürzlich die Möglichkeit das Headquarter der Rosendahl Design Group in der Nähe von Kopenhagen zu besuchen, die in ihrem Portfolio Brands wie Kay Bojesen Denmark (Wir lieben den Holzaffen!), Holmegaard, Arne Jacobsen und Lyngby Porcelain haben. Charlotte Fly Andersen ist Executive Vice President. Zehn Jahre war sie für den Marekting & Sales Bereich im Unternehmen verantwortlich, bis sie dieses Jahr befördert wurde. Jetzt leitet sie das Designhaus gemeinsam mit Gründersohn und CEO Henrik Rosendahl. Wir sprechen mit der sympathischen Dänin über die Arbeitswelt in Dänemark, sie gibt Tipps für alle Wannabe-CEOs und erzählt, warum sie so gar nicht skandinavisch wohnt. Mit im Gepäck haben wir viele dänische Design-Neuheiten und Einblicke in zwei Manufakturen!
Charlotte Fly Andersen: Wir stellen uns regelmäßig die große Frage: Wie schaffen wir eine Arbeitsatmosphäre, die Menschen gerne zur Arbeit gehen lässt? Wir bieten zum Beispiel Massagen an, die man während seiner Arbeitszeit für nur 50 Kronen (rund 7 Euro) buchen kann, einen wöchentlichen Yoga-Kurs, eine Running Class, gemeinsame Lunch-Dates und vieles mehr. Wir haben außerdem gerade ein Klavier angeschafft und wollen alle drei Wochen „Morning Singing“ anbieten – alles aber während der Arbeitszeit, nicht vorher oder nachher. Es ist wichtig, dass sich unsere Mitarbeiter in unserem Unternehmen wohl fühlen. Wir überlegen gerade ein Fitnesscenter zu bauen.
In der Arbeitswelt geht es immer nur darum „on“ zu sein. Man kommt völlig gestresst abends nach Hause. Wir wollen eine Arbeitswelt schaffen, in der es eine Balance zwischen der Arbeit und Pausen gibt. Pausen sind gut, um auch mal Dinge zu reflektieren. Manchmal kommen Mitarbeiter zu mir und sagen: „Kann ich morgen Homeoffice machen? Im Office kann ich mich nicht konzentrieren.“ Dann denke ich: Das kann doch nicht sein! Man soll sich bei uns im Office konzentrieren können. Also arbeiten wir stark daran.
Man kann seine Arbeitswelt nicht planen – heute verändert sich alles so schnell, noch viel stärker als früher.
Mein Daily Business sieht seit meiner Beförderung ziemlich anders aus. Vorher hat die Hälfte unserer Mitarbeiter ihre Reportings an mich weitergegeben. Ich hatte 70 Leute unter mir, was bedeutete, dass ich immer im direkten Austausch mit den Mitarbeitern stand. Außerdem habe ich mit den Einkäufern und der Presse kommuniziert. Das war ein sehr dynamischer „Hands-on“-Job. Auch jetzt kümmere ich mich noch um die Presseaktivitäten, allerdings nicht mehr für die einzelnen Brands, sondern für die Firma. Nach wie vor bin ich dafür verantwortlich, unser Unternehmen nach außen zu repräsentieren.
Außerdem bin ich jetzt für die Gesamtstrategie und die Vision des Unternehmens verantwortlich. Heute besteht ein großer Teil meiner Arbeit daraus, mit dem CEO Henrik – wir sitzen gemeinsam in einem Büro – zu diskutieren. Von der Strategie über die Akquise von neuen Brands für unser Portfolio bis hin zum Well-Being unserer Mitarbeiter.
Nein! Das haben die meisten nicht. Frag mal alle großen CEOs, fast keiner von ihnen hatte einen Plan, was er oder sie mal machen möchte. Dinge ergeben sich per Zufall. Meinen ersten richtigen Job habe ich bekommen, weil ich vorher schon zwei Jahre in dem Unternehmen als Studentin gearbeitet habe. Als ich fertig mit Studieren war, haben sie mich gefragt, ob ich bei ihnen anfangen will. Das hatte ich damals gar nicht geplant. Wenn du mich vor Studienbeginn gefragt hättest, hätte ich wahrscheinlich gesagt, dass ich nie für eine Ölgesellschaft arbeiten will (lacht). Erstmal passiert alles per Zufall und wenn du irgendwann überall deine Erfahrungen gesammelt hast, kannst du deine Skills anwenden. Man kann seine Arbeitswelt nicht planen – heute verändert sich alles so schnell, viel stärker als früher.
Bleibe anpassungsfähig und wissbegierig – die Welt verändert sich die ganze Zeit.
Nein. Als ich für den Job rekrutiert wurde, habe ich schon siebzehn Jahre für Industriekonzerne gearbeitet. Nachdem ich den Vertrag bei Rosendahl unterzeichnet habe, fragte ich Henrik: „Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, warum du mich für diesen Job ausgewählt hast – ich kenne mich mit dem Interior-Bereich doch gar nicht aus.“ Er antwortete: „Aber wir! Denk an all die Dinge, die du weißt, wir aber nicht.“ Das war eine sehr clevere Einstellung.
Ich weiß natürlich, welche Interior-Produkte ich persönlich mag, aber das heißt nicht gleich, dass die Produkte auch die Händler und die Presse mögen. Es ist oft das Gegenteil: Wenn ich es mag, ist es oft zu romantisch, weil ich ein „pink Girl“ bin – hier muss aber immer alles schwarz und weiß sein (lacht). Wenn ich es mag, wird es also eher nicht so gut verkauft. Aber ich kann verkaufen. Ich könnte jedes Produkt, das wir in unserem Portfolio haben, an den Mann bringen – auch, wenn es das Produkt nicht in mein Zuhause schaffen würde. Das ist auch eine Fähigkeit, die ich mitgebracht habe. Das kann man auf alles übertragen – ich habe früher sogar schon Hörgeräte verkauft (lacht).
Egal, ob es eine junge Frau oder ein junger Mann ist, besonders wichtig ist, dass man in etwas gut wird. Studiere etwas, das dich persönlich interessiert. Höre nicht darauf, was deine Eltern dir raten. Wenn du interessiert daran bist, wirst du darin gut und wenn du gut bist, bekommst du auch einen Job. Und bleibe anpassungsfähig und wissbegierig – die Welt verändert sich die ganze Zeit. Und wenn ich noch einen persönlichen Tipp geben könnte, würde ich sagen: Studiert an IT-Universitäten und nicht an klassischen Unis – in der Zukunft dreht sich alles um künstliche Intelligenz, Roboter etc. Wenn ich „IT Communication“ studiere, kann ich irgendwann einen Roboter programmieren, wenn ich Wirtschaft & Recht studiere, wird mein Job irgendwann von einem Roboter übernommen.
Das ist eine große Frage. Alles ist digital geworden, aber ich stelle trotzdem fest, dass es wieder vermehrt dahin geht, Events zu veranstalten. Events sind wieder modern. Die persönliche Kommunikation und, dass die Kunden und die Presse die Produkte sehen und anfassen können, ist wieder wichtig. Was im Marketing passiert, passiert gerade auch in allen anderen Bereichen: alles ist digital und die Leute sehnen sich nach etwas nicht Digitalem. Direct Marketing ist das Stichwort! Wir haben oft 200 Leute hier im Headquarter zu Besuch, die in Stores arbeiten und die Produkte verkaufen. Wenn wir ihnen die Story hinter den Brands näher bringen und sie diese an ihre Kunden weitertragen können, dann ist das für mich gutes Marketing! Abgesehen von allen Marketinginstrumenten, die wir haben, wie Kataloge, die Website usw. – das sind nur Basics, die gut gemacht sein müssen – geht es also vor allem um persönliche Kommunikation.
Stylish aber nicht extravagant, modern und geradlinig. Es gibt definitiv eine Bauhaus-Inspiration für den dänischen Design-Stil. Außerdem haben unseren Stil große Architekten wie zum Beispiel Arne Jacobsen geprägt. Es ist ein Design, das nicht in jede Wohnung auf der Welt passt, zum Beispiel nicht in ein süditalienisches Haus, dafür sind wir viel zu geradlinig und sleek. Warum bezahlen Menschen für einen Holzaffen 1.000 Kronen (ca. 130 Euro)? Weil es dänisches Design ist und, wenn du dir keinen Stuhl für 7.000 Kronen (ca. 940 Euro) leisten kannst, kaufst du dir einen Holzaffen – es ist ein Symbol für dänisches Design geworden, auch wenn es kein typisch nordisches Tier ist (lacht).
Wir haben acht Brands in unserem Portfolio, aber nur zwei davon sind wirklich groß. Es steckt also noch viel Potential in den anderen Brands, das wir nutzen müssen. Außerdem ist es zu riskant, sich dauerhaft auf den Erfolg von nur zwei Brands auszuruhen. Gleiches gilt für die Händler: Wir haben fünf große Abnehmer, zwei davon sind riesig – da gibt es also auch noch viel mehr Potential. Vor allem müssen wir die kleinen Händler und Stores noch besser erreichen. Das sind zwei Punkte, an denen ich gerade stark arbeite. Es stellt sich also unter anderem die Frage: Was können wir für die Brands, die noch nicht so groß sind, wie sie eigentlich sein könnten, tun? Und: Sollen wir neue Brands dazukaufen oder fokussieren wir uns lieber auf die acht, die wir haben? Sollen wir die Firma weiter ausbauen, sollen wir anbauen?
Auf jeden Fall Holmegaard! Ich bin in einem Haus mit Produkten von Holmegaard aufgewachsen. Ich hatte mein Haus voll mit Holmegaard bevor wir das Brand betreut haben.
Ich liebe Blumen und liebe daher besonders Vasen. Ich mag besonders die neue „Form Serie“ von Lyngby Porcelain. Dort gibt es eine runde pinke Vase, die ich gerade sehr oft benutze.
Ich bin wie ein alter Hippie eingerichtet (lacht) – mit vielen Bohemian Colours.
Nein, aber dafür sehr gemütlich.
Nein, es sieht aus, als hätte ich gerade erst die Uni verlassen – ein paar Teile sind natürlich dazugekommen. (lacht) Ich gebe nicht viel Geld für Interior-Design aus. Viele Stücke in meiner Wohnung habe ich geerbt. Es gibt nur wenige Designobjekte in meinem Zuhause.
Absolut beeindruckend: Das Interior im Blauen Haus muss man gesehen haben – besonders das Wohnzimmer (durfte nicht fotografiert werden) und sein Atelier sind sehr inspirierende Orte.
Wir sind eine Design Company und wollen natürlich weiterhin Designprodukte verkaufen, aber wir wollen es so nachhaltig wie möglich machen. Wir legen Wert auf die Umwelt, die Interessengruppen mit denen wir arbeiten und unsere Angestellten. Wir wollen ein Unternehmen kreieren, das nachhaltig wirtschaftlichen Erfolg hat – wenn wir kein Geld machen, hört uns keiner zu, wenn wir kein Geld machen, können wir nicht die Dinge umsetzen, von denen wir träumen. Unsere Vision ist es weiterhin mit Designprodukten zu arbeiten, wir wollen weiterhin als Großhändler arbeiten und keine Shops eröffnen und wir wollen eine attraktive Arbeitsatmosphäre kreieren, die talentierte Menschen anspricht und talentierte Menschen bei uns hält.
Fotos: femtastics
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