Hallo, Hobenköök: Hamburg hat jetzt eine Markthalle!

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27. August 2018

Der Hamburger Koch Thomas Sampl eröffnet mit zwei Partnern einen Ort für Genießer im Oberhafenquartier: Die Hobenköök (plattdeutsch für „Hafenküche“) ist Markt und Restaurant zugleich, mit einem Sortiment regionaler und saisonaler Produkte, aus denen im Restaurant norddeutsche Gerichte kreiert werden. Es ist die Woche der großen Eröffnung, es wird noch geschraubt, geräumt und Kabel werden abgeklemmt. Aber die Regale und Theken des neuen Marktes sind schon gefüllt mit Produkten und erste Kunden frühstücken, trinken Kaffee und füllen ihre Einkaufskörbe mit Bohnen, Apfelchips und Käse.

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homtastics: Wem gehört der Ort hier? Und wie seid ihr hier reingekommen?

Thomas Sampl: Die Location gehört der Hafencity, also der Stadt Hamburg und es gab eine Ausschreibung, bei der wir den Zuschlag erhalten haben. Mitbewerber haben zum Beispiel reine Markthallen-Konzepte vorgeschlagen.

Ähnlich zur Rindermarkthalle?

Die Rindermarkthalle wäre die perfekte Fläche für eine Markthalle gewesen, in der viele Produzenten super gut ausstellen hätten können. Allerdings sind die Mieten sehr hoch, sodass kein kleiner Produzent das stemmen kann. Außerdem müsste er in der Halle von montags bis samstags von 10-20 Uhr an seinem Stand stehen und verkaufen. Bisher hatte es also mit einer reinen Markthalle in Hamburg nicht geklappt.

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Es gibt viele Kreative hier und die Gemeinschaft steht sehr im Vordergrund.

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Das heißt, du kalkulierst mit Hobenköök für mindestens 15-20 Jahre?

Die Stadt hat hier viel für uns gemacht, zum Beispiel die Gastronomievorbereitungen wie Lüftung, Kühlhäuser und Toiletten installiert – das aber auch auf die Miete umgelegt. Aber die Stadt will damit nichts verdienen und deshalb sind nach zehn Jahren hoffentlich unsere Kredite abbezahlt. Unser Mietvertrag gilt für zehn Jahre, danach können wir von unserer Seite verlängern und die Stadt uns aber nicht kündigen.

Was sieht die Stadt in diesem Projekt im Oberhafenquartier?

Am Anfang sollten hier Hochhäuser entstehen, wie in der restlichen Hafencity. Durch Beispiele wie das Gängeviertel wurden aber Kreative für die Stadt immer wichtiger und so will die Stadt den Oberhafen als neues Kreativquartier aufleben lassen. So langsam werden auch die anderen alten Hallen renoviert und auch dafür wird es Ausschreibungen geben. Ich würde mir wünschen, dass die Besiedelung, so wie sie begonnen hat, hier auch weiter stattfindet. Es gibt schon viele Kreative hier und die Gemeinschaft steht sehr im Vordergrund. Die Leute sprechen viel miteinander, es gibt einen Rat des Oberhafens in dem Minister für verschiedene Belange gewählt werden. Diese Minister werden zur Hälfte von der Stadt und zur Hälfte von den Mietern bezahlt und kümmern sich zum Beispiel um den Außenauftritt des Oberhafenquartiers.

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Das ist der Ansatz von diesem Ort: Es gibt hier die Lebensmittel des Wochenmarktes, aber in längerer Verfügbarkeit.

Was hat dir in Hamburg gefehlt?

Ein Ort für gute Lebensmittel außerhalb eines Wochenmarktes.

So bist du auf das Konzept eines dauerhaften Markts für regionale und saisonale Produkte gekommen?

Ich bin gelernter Koch und koche schon immer recht regional und saisonal. Ich kaufe meine Produkte auf dem Wochenmarkt und nicht im Supermarkt. Lange habe ich ein Restaurant geführt und alle Menschen, die bei mir gegessen haben oder im Kochkurs waren, fragten: Wieso schmeckt dein Gemüse anders, wieso sieht es anders aus und vor allem, wo bekomme ich das selber her? Meine Antwort: Auf dem Gemüsemarkt!

Als ich damals im Restaurant „Vlet“ angefangen habe, regionale Produkte vom Markt zu verwenden, sagten viele Leute, dass das nur ein vorübergehender Trend sei. Aber für mich ist das ein Lebensstil. Dazu muss man aber auch sagen, dass ich selbst es furchtbar finde, samstags vormittags auf den Markt zu fahren – weil es dann eben Samstag Vormittag ist. Und wenn ich erst mittags um 12 auf den Markt gehe, hat mein Lieblings-Gemüsemann schon keinen kleinen Brokkoli mehr, keine langen lila Lauchzwiebeln, dann ist alles weg. Das ist der Ansatz von diesem Ort: Es gibt hier die Lebensmittel des Wochenmarktes, aber in längerer Verfügbarkeit.

 

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Wenn wir sehen, dass die Frische eines Produktes nicht mehr ausreichend für den Verkauf ist, dann verarbeiten wir es im Restaurant.

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Hast du dir andere Food Märkte vorher angeschaut bzw. hast du dir Inspiration für dein Konzept geholt?

Ja, ich habe mir die Markthalle 9 und die Große Markthalle in Barcelona angesehen. Das Konzept von Hobenköök gibt es so in Europa noch nicht. Inspiration waren und sind die Herausforderungen im täglichen Geschäft mit den Produzenten und unseren Gästen.

Welche Rolle spielt das integrierte Restaurant?

Ein weiterer Hauptansatz unseres Konzeptes ist, dass wir Sachen für den Markt einkaufen und wenn wir sehen, dass die Frische eines Produktes nicht mehr ausreichend für den Verkauf ist, dann verarbeiten wir es im Restaurant. Unser Koch kommt morgens zur Arbeit, schaut in die Kühltheken und entscheidet dann, was er kocht. Ein paar Standardgerichte haben wir immer auf der Speisekarte, weil wir gewisse Produkte immer in der Kühltheke haben und daraus kleine Abendbrote, Rindertartar, Räucheraal oder gekochte Rinderzunge machen. Dazu gibt es die drei Gerichte, für die sich der Koch jeden Tag neu entscheidet.

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Und das dritte Standbein von der Hobenköök ist das Catering?

Genau, wir haben auch noch die Möglichkeit, die Produkte aus dem eigenen Markt ins Catering zu nehmen und kochen so zehn Caterings die Woche.

Hast du auch mit dem Gedanken gespielt, dir andere Gastronomen mit eigenen Ständen/Küchen dazuzuholen?

Ein Markthalle mit Foodcourts ist in Hamburg schwer zu realisieren. Die Immobilienpreise sind so hoch, dass nur einzelne Kollegen einen Stand hätten mieten können. Was noch schwieriger ist: Die Produzenten haben gar nicht die Zeit, in einer Markthalle regelmässig präsent zu sein. Die müssen sich ja um ihre Produkte kümmern.

Wie viele Produkte gibt es bei euch?

Ich habe Kärtchen zum Beschriften der Lebensmittel gekauft und dachte, ich komme mit 900 Stück aus – aber die waren total schnell verbraucht. Ich vermute, dass wir uns irgendwann auf 1.300 Produkte einpendeln.

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Wird es im Winter weniger Produkte als im Sommer zur Erntezeit geben?

Wir haben eine große Auswahl an Lebensmitteln, die es auch im Winter gibt. Kräuter, zum Beispiel, und Lagergemüse oder Lagerobst. Wir haben eine ganz tolle Auswahl an Äpfeln, Birnen und Quitten auch im Winter und nicht nur eine Apfelsorte, sondern sechs verschiedene von zwei verschiedenen Bauern. Gerade haben wir viel zu viel Obst und Gemüse hier, weil uns die Produzenten von allem mitgegeben haben, was sie anbauen.

Ihr fangt also zu kuratieren an?

Genau, wir haben eine Grundauswahl da und werden vermutlich so 120 verschiedene Produzenten hier repräsentieren. Ich habe jetzt schon wieder fünf Anfragen von Produzenten, die gerne hier verkaufen würden. Die gucken wir uns jetzt an und schauen, ob sie hierhin passen.

Wie kann man denn als Produzent bei euch verkaufen?

Im Moment ist es so, dass die Produzenten hierher kommen und sich vorstellen. Wir waren aber auch schon auf ein paar Höfen zum Gucken und Kennenlernen. So ein Ausflug ist für meine Mitarbeiter total spannend. Sie verkaufen die Fördegarnelen natürlich ganz anders, wenn sie gesehen haben, wie die gezüchtet werden.

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Wer arbeitet in der Hobenköök?

Viele Mitarbeiter kenne ich von früher. Ich brauche mit denen nicht viel zu sprechen, brauche denen nichts zu erklären. Hier ist viel Familie, es sind alles Leute, die genauso denken wie meine Mitgründer Nele, Frank und ich. Meine Leute hier saugen alles auf, jedes neue Produkt wird sofort probiert. Wir sind momentan 30 Leute im ganzen Team. Die ersten Wochen sind da, um alles auszuprobieren und wir wissen jetzt schon, dass wir den Markt nicht um acht Uhr aufmachen müssen, da kommt einfach noch keiner.

Wer sind denn die Kunden, die zu euch kommen?

Nachbarn waren bisher viele da, die haben im Markt eingekauft oder mittags einen frischen Salat von der Salattheke geholt und Kaffee getrunken. Am Wochenende waren viele Stammgäste und Menschen aus der Hafencity, aus Eppendorf und Eimsbüttel hier.

Alles Gäste, die sehr Food-Interessiert sind?

Und die den Unterschied merken, ob ihnen jemand nur etwas über die sauberen Produktionsbedingungen erzählt oder ob sie auch wirklich einen Unterschied in den Produkten schmecken. Gestern habe ich mir von hier ein Weidehuhn mitgenommen, für 34 Euro. Zuhause habe ich es ein bisschen gewürzt und mit Gemüse in den Ofen getan, mehr muss man da nicht machen. Bei dem Preis muss ich so etwas nicht jeden Tag essen, aber als Sonntagsbraten ist das etwas Feines.

Danke für das Gespräch, Thomas.

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Hier findet ihr die Hobenköök:

Fotos: Sophia Mahnert

Interview: Anissa Brinkhoff

Layout: Carolina Moscato

Ein Kommentar

  • Ich als jemand, der Hamburg zu kennen glaubt kannte die Location nicht, war aber heute mehr als hochbegeistert, sie kennenzulernen. Das mich ausgerechnet meine bayerischen Gäste darauf aufmerksam gemacht haben, setzt noch ein Ausrufezeichen oben drauf.

    Super. Wieder ein neues sehr interessantes Ziel.

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