Von Kopenhagen nach Deutschland: Miild macht Make-up endlich besser

Tine Emilie Svendsen (28) und Tanja Gregersen (31) revolutionieren in Dänemark die Beauty-Branche – und machen sich jetzt daran, das auch in Deutschland zu tun. Die beiden Däninnen haben 2016 ihre Make-up-Marke Miild gegründet: das erste Kosmetik-Label der Welt, das mit drei Zertifikaten als ökologisch, nachhaltig und allergiefreundlich ausgezeichnet ist. Die Idee zu Miild entwickelten die beiden professionellen Make-up-Artists, weil sie selbst massiv unter Kontaktallergien in Bezug auf herkömmliche Make-up-Produkte litten. Tine und Tanja war klar: Wir möchten reine, nachhaltige, unbedenkliche und trotzdem hochpigmentierte Kosmetik machen. Wir besuchen die Gründerinnen in Tines schöner Altbauwohnung in Kopenhagen sowie im Miild-Office zum Interview darüber, wie sie ihre Idee in die Tat umgesetzt haben, und warum Naturkosmetik in Dänemark so boomt.

 

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Tine mag es auch in ihrem Zuhause natürlich und minimalistisch.

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femtastics: Wie habt ihr beide einander kennengelernt?

Tanja Gregersen: Wir haben uns an der Kosmetikschule kennengelernt. Wir wollten beide gerne in der Beauty-Branche arbeiten, aber hatten noch keine genaue Vorstellung davon, was wir machen möchten. Ich habe aber schon nach einem halben Jahr an der Schule gemerkt, dass ich mich gerne auf Make-up konzentrieren möchte.

Tine Emilie Svendsen: Das war vor zehn oder elf Jahren. Mir ging es genauso, ich fand Make-up auch am interessantesten. Nach der Kosmetikschule habe ich noch das Zertifikat als Make-up-Artist gemacht.

Wie und wann wurde euer Interesse für Make-up geweckt?

Tine: Ich habe eine acht Jahre ältere Schwester und früher habe ich ihr immer dabei zugesehen, wenn sie sich für eine Party geschminkt und fertig gemacht hat. Unsere Mutter benutzt nie Make-up, aber ich fand das bei meiner Schwester immer sehr interessant und habe schon früh begonnen, damit zu experimentieren.

Tanja: Ich habe in meinen späten Teenagerjahren total gerne meine Freundinnen vor dem Ausgehen geschminkt. Das hat mir so viel Spaß gemacht und ich dachte: Wenn ich das immer machen könnte, das wäre mein Traum! Ich habe Make-up immer „Magic Dust“ genannt – es ist wie ein Zauberstaub, den du über dein Gesicht streust. (lacht) … Aber das Interesse kam eigentlich recht spät. Als Kind habe ich mir nie Gedanken darum gemacht, wie ich aussehe. Auch meine Mutter schminkt sich nie.

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In Deutschland ist Miild exklusiv über klarify.me erhältlich, einem Webshop speziell für Allergiker, der neben Miild auch eine eigene Pflegeserie anbietet.

Wie ist der generelle Make-up-Trend in Dänemark?

Tine: Der Trend ist sehr natürlich, aber das ist der „No Make-up“-Make-up-Look – es geht also durchaus darum, Make-up zu benutzen, es soll eben nur natürlich aussehen.

Wann und warum seid ihr auf die Idee gekommen, eure eigene Make-up-Marke zu gründen?

Tanja: Die Idee entstand einerseits, weil wir schon so lange befreundet sind. Und andererseits weil wir beide unter Allergien litten. Ich hatte schon länger Allergien und Tine entwickelte mehrere Kontaktallergien, sodass ihr Hautarzt ihr sagte, dass sie nie wieder Make-up tragen könne. Ich nahm damals drei Antihistaminika, um meine Allergien im Griff zu behalten. Wir wussten beide, dass es so nicht weitergehen konnte. Wir wollten beide gerne weiterhin mit Make-up arbeiten und auch selbst Make-up tragen – ohne davon Allergien zu bekommen.

Welche Inhaltsstoffe in konventionellem Make-up lösen denn Allergien aus?

Tanja: Viele Make-up-Brands nutzen Parfums – natürliche oder synthetische. Beides kann bei empfindlicher Haut für Probleme sorgen. Und für uns ergibt es auch keinen Sinn, warum man Vanille oder andere Duftstoffe in Mascara oder Puder tun sollte. Für uns war klar, dass wir das nicht wollen. Auch viele Konservierungsstoffe sind schädlich, manche von ihnen können sogar Krebs verursachen und den Hormonhaushalt stören. Außerdem sind die Schwermetalle, die in vielen Farben stecken, gefährlich, denn oft enthalten sie Nickel. Je dunkler die Farbe, desto mehr Nickel ist drin. Deshalb reagieren Menschen mit Allergien manchmal auf schwarze Mascara.

Tine: Es geht auch um die Reinheit der Rohmaterialien, die in Make-up-Produkten stecken. Du kannst zwar auf den Verpackungen die Inhaltsstoffe nachlesen, aber du weißt in der Regel nicht, was dahinter steckt und was verarbeitet wurde. Das ist wirklich beängstigend, weil du oft nicht weißt, was du eigentlich in Kontakt mit deinem Körper bringst.

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Ich hatte schon länger Allergien und Tine entwickelte mehrere Kontaktallergien, sodass ihr Hautarzt ihr sagte, dass sie nie wieder Make-up tragen könne.

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Die Pinsel von Miild bestehen aus synthetischen und allergikerfreundlichen Fasern.

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Wie habt ihr losgelegt als ihr wusstet, dass ihr eine eigene Marke gründen wollt? Was waren die ersten Schritte?

Tanja: Als erstes mussten wir Produzenten finden. Wir hatten keine Ahnung, wie wir das anstellen sollten. Wir haben herumgefragt und schließlich Kontakte über unser berufliches Netzwerk gefunden. Jemand kannte jemanden, der jemanden kannte, … Nach Monaten haben wir endlich einen Agenten getroffen, der uns in Verbindung mit passenden Produzenten bringen konnte.

Tine: Niemand in der Branche wollte seine Kontakte teilen, das war sehr schwierig. Es ist ein großes Geheimnis, wo und mit wem du produzierst.

Tanja: Aber irgendwann findest du es heraus und wenn du einmal die richtigen Kontakte hast, kommst du voran. Im nächsten Schritt haben wir dann geplant, welche Produkte wir herstellen möchten. Die Produzenten haben uns erste Samples geschickt und dann haben wir begonnen, die Produkte zu testen, anzupassen und zu verbessern. Es hat dreieinhalb Jahre gedauert, unsere erste, basic Kollektion zu entwickeln. Aber das lag natürlich auch an den Zertifizierungen.

Ja, lasst uns über die Zertifizierungen sprechen. Ihr habt drei!

Tine: Das macht die DNA unserer Marke aus. Das erste Siegel stammt vom Institut „AllergyCertified“ – es geht darum, keine allergieauslösen oder potentiell hormonstörenden Inhaltsstoffe zu haben. Das war uns sehr wichtig. Menschen mit Allergien – also auch wir selbst – können unsere Produkte bedenkenlos nutzen. Unser zweites Siegel ist das „Nordic Swan Ecolabel“, es stellt sicher, dass das Produkt so nachhaltig wie möglich ist. Dabei geht es um die Verpackung: Wie ist das Verhältnis zwischen dem Produkt und seiner Verpackung? Wie umweltfreundlich ist die Verpackung? Uns war es wichtig, eine minimal kleinste und nachhaltige Verpackung zu haben. Unsere Verpackungen bestehen zu 70% aus recycelter Pappe. Wir möchten Menschen und auch andere Beauty-Brands dazu inspirieren, sich mehr um die Umwelt zu kümmern. Das müssen wir einfach alle tun.

Tanja: Unser drittes Siegel ist das „Ecocert Cosmos“-Siegel. Dabei geht es darum, wie viel Prozent der Inhaltsstoffe nachhaltig und ökologisch sind. Die ganze Produktionskette und auch die Verpackungen der Produkte werden dabei in Betracht gezogen.

Tine: Das war tatsächlich das Siegel, das am schwierigsten zu bekommen war, weil so viele Kriterien dafür wichtig sind. Es ist sehr komplex.

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Wir möchten Menschen und auch andere Beauty-Brands dazu inspirieren, sich mehr um die Umwelt zu kümmern. Das müssen wir einfach alle tun.

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Wusstet ihr von Anfang an, dass ihr diese drei Siegel oder Zertifizierungen für eure Marke haben wollt?

Tanja: Ja, wir wussten von Tag eins an, dass wir eine Make-up-Marke mit diesen drei Siegeln haben wollen: allergiefreundlich, nachhaltig und ökologisch.

Tine: Und es war wirklich schwierig, weil so viele verschiedene Kriterien zu beachten sind, die sich manchmal widersprechen. Deshalb sind wir umso mehr stolz darauf, dass unsere Produkte wirklich gut geworden sind und lange halten.

Musstet ihr mit vielen Experten zusammenarbeiten, um die Produkte dementsprechend zu entwickeln?

Tanja: Ja, das hat uns viel Geld gekostet! Wir mussten so viele Experten fragen und Beratungen in Anspruch nehmen. Niemand hat das vor uns gemacht, wir sind die erste Make-up-Marke mit diesen drei Siegeln. Deshalb mussten wir viele Fehler machen – und die Experten genauso. Niemand zuvor hatte das alles ausprobiert, also war es oft „Trial and Error“. Wir beide sind keine Chemiker, wir können nur die Produkte testen und bewerten, deshalb brauchten wir die Hilfe von vielen Experten. Mittlerweile haben wir einen eigenen Chemiker im Team.

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Wir wussten von Tag eins an, dass wir eine Make-up-Marke mit diesen drei Siegeln haben wollen: allergiefreundlich, nachhaltig und ökologisch.

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Wie habt ihr diesen Prozess finanziert?

Tanja: Wir hatten von Anfang an einen Investor, der an unsere Idee geglaubt hat. Zudem gibt es in Dänemark finanzielle Mittel, die wirtschaftliches Wachstum fördern sollen – und von diesen konnten wir uns auch Geld leihen. Es ist ziemlich teuer, diese Mittel in Anspruch zu nehmen, aber wir mussten es machen. Wir mussten einen hohen Preis dafür bezahlen, die „First Mover“ in diesem Themenfeld zu sein.

Tine: Eine andere Herausforderung war auch, dass die Produzenten sehr viele Informationen mit uns teilen müssen – und daran waren sie nicht gewöhnt.

Was ist die Philosophie von Miild?

Tanja: Make-up zu produzieren, mit dem sich jeder sicher fühlen kann.

Tine: Wir wollen die reinste Make-up-Marke der Welt sein.

Welche Inhaltsstoffe nutzt ihr?

Tanja: Reine Inhaltsstoffe ohne Konservierungsstoffe. Wir nutzen Sheabutter, Mandelöl und Kokosöl. Außerdem Mineralien, Vitamin E, Bio-Bienenwachs, Rizinusöl und Aprikosenöl. Theoretisch könnte man unsere Produkte essen, so natürlich sind sie.

Tine: Wir möchten die Inhaltsstoffe so simpel wie möglich halten.

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Im Miild-Office zeigen uns Tanja und Tine wie sie ihre Produkte am liebsten nutzen.

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Ihr habt eben schon die Farben angesprochen. Naturkosmetik hat oft noch dieses Image, dass die Farben nicht so leuchtend sind und die Produkte im Gesicht nicht so lange halten wie herkömmliches Make-up. War das eine Herausforderung in der Produktentwicklung?

Tine: Das war auch ein Grund, warum es so lange gedauert hat unsere Produkte zu entwickeln. Viele Marken sagen ihren Produzenten einfach, welche Wirkung sie erzielen wollen – und alles andere ist egal. Unsere Produkte haben ebenfalls eine hohe Pigmentierung, also intensive Farben, die den ganzen Tag halten. Wir haben das sehr lange getestet und optimiert. Wir sind schließlich Make-up-Artists und wissen, was wir wollen.

Und eure Produkte sind multifunktional, richtig?

Tanja: Wir möchten die Menschen dazu inspirieren, ihre Produkte auf unterschiedliche Arten zu benutzen und dadurch auch Produkte einzusparen – dann braucht man nicht dutzende unterschiedliche Produkte im Bad. Ich trage heute zum Beispiel unseren Bronzer als Lidschatten. Wenn man ihn mit Wasser mischt, leuchtet die Metallic-Farbe noch stärker auf den Augenlidern.

Was sind eure persönlichen Lieblingsprodukte von Miild?

Tanja: Ich liebe den Bronzer! Ich möchte das ganze Jahr über einen Glow haben. Und ich trage ihn auch sehr gerne als Lidschatten.

Tine: Mein Lieblingsprodukt und irgendwie auch mein „Baby“ ist der Highlighter. Das ist ein Grund, warum ich Make-up so gerne mag: Du kannst die Stellen in deinem Gesicht, die du besonders gerne magst und besonders schön findest, highlighten, also hervorheben. Die Idee alleine schon finde ich schön!

Wie habt ihr Miild auf den Markt gebracht und eure Marke etabliert als eure Produkte fertig entwickelt waren?

Tanja: Tatsächlich haben wir schon anderthalb Jahre vor dem Produkt-Launch angefangen, unsere Marke zu etablieren. Wir wollten unsere Geschichte erzählen, unsere Philosophie und Werte teilen und potentielle Kunden auf uns aufmerksam machen. Zuerst haben wir ein Blog und dann ein Mitglieder-Programm gestartet: „Miild Member“. Man kann sich für einen Newsletter anmelden und bekommt gewisse Extras. Auf diese Weise haben wir eine Community aufgebaut, die uns und unserer Marke vertraut.

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Wir wollen die reinste Make-up-Marke der Welt sein!

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Und ihr wart auch relativ schnell in Stores vertreten, oder?

Tine: Ja, wir waren sehr schnell in Naturkosmetik-Shops vertreten, aber auch in einem großen Beauty-Store in Dänemark. Heute sind wir in rund 100 Shops dieser Kette sowie in rund 50 kleineren Naturkosmetik- und Eco-Shops vertreten.

Das heißt, in Dänemark ist Miild schon eine echt bekannte Marke?

Tanja: Ja, in Dänemark kennen uns die Menschen mittlerweile. Miild ist wirklich gut angekommen.

Wir denken auch, dass nachhaltige und ökologische Kosmetik ein noch größerer Trend werden wird …

Tine: Ja, auf jeden Fall. Seit einigen Jahren gibt es in Skandinavien ein sehr großes Interesse an nachhaltigem Lifestyle und nachhaltigen Produkten.

Tanja: Aber Deutschland war auch ein Vorreiter, was diesen Trend betrifft. Ich glaube, ihr wart uns voraus. Zumindest im Hinblick auf Bio-Lebensmittel und Ernährung.

Ja, Bio-Lebensmittel sind hier total angesagt, aber in vielen anderen Lebensbereichen denkt die Masse der Konsumenten noch nicht genug darüber nach, was sie konsumieren.

Tanja: Wir denken, dass sich das in den kommenden Jahren auf jeden Fall noch ändern wird. Je mehr trendige, coole Marken es gibt, die nachhaltig und ökologisch sind, desto größer wird auch das Interesse an nachhaltigem, umweltfreundlichen Lifestyle, oder?

Tine: Uns war es sehr wichtig, dass unsere Produkte auch schön aussehen und viele Menschen ansprechen.

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Was sind eure Pläne für die Zukunft?

Tine: Unser großer Traum ist es, möglichst vielen Menschen mit Allergien Make-up-Produkte anzubieten, die sie nutzen können.

Tanja: Jetzt launchen wir in Deutschland und planen auch den Launch in Großbritannien und Norwegen – mal sehen, was danach kommt.

Arbeitet ihr auch an neuen Produkten?

Tanja: Ja! Anfangs dachten wir, dass wir Mascara, Lipgloss und Eyeliner gleichzeitig launchen können. Aber die Produktentwicklung war viel schwieriger als wir dachten – weil die Produkte flüssig sind und wir ohne Silikon und ohne Konservierungsstoffe eine gute Textur entwickeln möchten. Zudem müssen die Produzenten bereit sein, sehr eng mit uns zusammenzuarbeiten. Und das alles hat etwas länger gedauert. Mascara haben wir 2018 gelauncht – und die anderen Produkte sind in der Pipeline.

Tine: Es ist alles eine Frage des Geldes und der Kapazitäten. Wir sind mittlerweile neun Teammitglieder, die für Miild arbeiten.

Vielen Dank für das Interview! Wir wünschen euch weiterhin viel Erfolg!

Hier findet ihr Miild:

   

In Deutschland ist Miild über klarify.me erhältlich.

Fotos: Mikkel Suppras

Layout: Carolina Moscato

 

– Werbung: in Zusammenarbeit mit Miild –

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