Wenn Kathrin Heckmann verreist, dann hat das mit Cluburlaub am Pool wenig zu tun. Stattdessen macht die 31-Jährige lieber einen Roadtrip durch Alaska, durchwandert Großbritannien der Länge nach oder trekkt 1.000 Kilometer durch Australien. Vorzugsweise allein. Dabei braucht sie bloß ihren Rucksack, Zelt und Isomatte zum Glücklichsein – und natürlich einen Gaskocher für den morgendlichen Kaffee. 2016 hat die gebürtige Südbayerin ihr Hobby zum Beruf gemacht und berichtet als Reise- und Outdoor-Bloggerin auf „Fräulein Draußen“ erfolgreich über ihre Wanderungen, Roadtrips und Trekkingtouren. Uns hat sie verraten, wie es ist, wochenlang alleine draußen unterwegs zu sein und welche Rolle die Queen von England dabei spielt.
Kathrin Heckmann: Das Bloggen habe ich ziemlich spontan angefangen. 2013 stand meine erste Soloreise an. Ich wollte zum ersten Mal ganz alleine losziehen, wandern und wild zelten. Es sollte ein zweiwöchiger Roadtrip durch Schottland werden. Vorab habe ich natürlich recherchiert und dabei zum ersten Mal Berührung mit Blogs gemacht. Das war für mich eine schöne Möglichkeit, seine Erlebnisse zu teilen – gerade, wenn man alleine unterwegs ist. In einer Nacht- und Nebelaktion habe ich dann mein Blog eingerichtet und einfach losgeschrieben.
Mir gefällt die Entschleunigung und das Draußensein.
Ich bin ganz langsam ins Bloggen reingewachsen, immer mehr gereist, es kamen immer mehr Besucher auf das Blog, auf Facebook und Instagram. Alles ging quasi Hand in Hand. Seit 2016 mache ich das nun hauptberuflich.
Ich war schon immer gerne draußen. Als Kind hatte ich ein Pferd und habe mir oft die Hunde von Nachbarn ausgeliehen, um mit ihnen durch den Wald zu streifen. Mit Wandern hatte ich nicht so viel am Hut, von einigen Familienurlauben mal abgesehen. Erst nach der Uni haben mich Freunde zum ersten Mal mit in die Berge genommen. Da hat es mich gepackt und ich dachte: Wandern ist ganz schön cool! Das mache ich jetzt öfters. Ab da bin ich regelmäßig mit unserem eigenen Hund an den Wochenenden auf Gipfel gestiegen. Irgendwann habe ich gesehen, dass Leute ihre Zelte in den Bergen aufschlugen und im Sonnenuntergang saßen. Das wollte ich auch ausprobieren.
Mich fasziniert das langsame in der Natur Unterwegssein. Mir gefällt die Entschleunigung und das Draußensein. Ganz viel sehen, riechen, hören – das finde ich spannend.
Ich bin eher der Schlecht-Wetter-Mensch. Das heißt nicht, dass ich gerne im Regen wandere. Wenn man die puren Elemente spüren kann, einem der Wind um die Ohren pfeift und die Wolken über den Himmel flitzen, finde ich das toll. Ich bin darum gerne in Nordeuropa und Nordamerika unterwegs. In Australien war ich zweimal, da kann es auch recht wild zugehen, vor allem an der Südküste. Tasmanien und Patagonien fand ich auch super spannend.
Am schönsten ist es, wenn die Berge direkt am Meer sind. Gucken bis zum Horizont und die Weite spüren können – das ist es!
Da gibt es viele! Ein Land, in dem ich am häufigsten war und in das ich auch verliebt bin, ist Großbritannien. Viele Leute verstehen das glaube ich nicht. Obwohl es ein dicht besiedeltes Land ist, gibt es dort ganz viel Wildnis, wo man wirklich den ganzen Tag wandern kann und keine Menschenseele sieht. Es ist ein raues Land und ich finde den sarkastischen Humor der Leute toll. Draußen sein und bei jedem Wetter wandern gehen ist tief in der dortigen Kultur verwurzelt.
Genau. Das war meine erste große Fernwanderung. Kurz vorher hatte ich meinen festen Job gekündigt und es war der Startschuss in meine Selbstständigkeit. Ich bin drei Monate lang und 1.500 Kilometer durch Großbritannien gewandert. Eigentlich war noch ein bisschen mehr geplant, aber nach drei Monaten hatte ich das Gefühl, dass es erstmal reicht. Ursprünglich war der Plan vom südwestlichsten Punkt zum nordöstlichsten Punkt zu laufen.
Bis nach Inverness. Also schon bis in die schottischen Highlands. Es war nicht mehr so weit weg vom nordöstlichen Ende der Insel.
Oft sagt mein Bauchgefühl, dass ich in eine bestimmte Ecke hinreisen sollte. Ansonsten hängt es davon ab, was ich vorhabe. Ich mache viele Roadtrips mit Zelt im Kofferraum und kleinen Tages- oder Mehrtageswanderungen. Da bin ich meistens spontan unterwegs, habe eine grobe Route im Kopf, fahre drauf los und lasse mich treiben. Wenn ich eine Fernwanderung plane, dann muss man natürlich die Route gut kennen. Beziehungsweise ist man sowieso auf festen Trails unterwegs. Prinzipiell suche ich die größtmögliche Freiheit beim Reisen. Ich bin ziemlich schlecht darin, Reisen zu planen und festzulegen. Oft buche ich nicht einmal den Rückflug. Als ich im Herbst 2018 in Südafrika war, habe ich am Tag des Rückflugs entschieden, dass ich doch noch nicht nach Hause möchte und bin dann spontan noch zwei Wochen geblieben.
Ich glaube, das war meine Wanderung durch Großbritannien damit, drei Monate am Stück draußen und auf auf sich allein gestellt zu sein. Das hat mich am nachhaltigsten geprägt.
In den schottischen Highlands bin im Nirgendwo einmal der Queen von England begegnet. Erst habe ich sie mit ihren Hunden von der Ferne gesehen und später ist sie in einem Range Rover an mir vorbeigefahren. In diesem Moment kam die Sonne heraus, tauchte alles in ein goldenes Licht und ein Hirsch erschien am Horizont. Es war surreal!
Wir Menschen sind es gar nicht mehr gewohnt alleine zu sein. Da muss sich der Kopf erst dran gewöhnen.
Das ist die Frage, die mir am meisten gestellt wird. Sowohl von Freunden, Familie, als auch von Lesern, die gerne auch einmal alleine losziehen wollen, aber sich nicht trauen. Ich kann sagen, dass es keinen sichereren Ort gibt als alleine in einem Zelt in den schottischen Highlands. Dabei konnte ich mir früher nicht vorstellen alleine zu reisen. Man möchte das Erlebte ja mit jemandem teilen. Aber man wächst mit seinen Aufgaben. Ich habe mich langsam ans Alleinereisen herangetastet. Habe zunächst Tageswanderungen in den Alpen gemacht, dann war ich in Schottland, dann kam meine erste Fernwanderung.
Auf jeden Fall! Wir Menschen sind es gar nicht mehr gewohnt alleine zu sein. Da muss sich der Kopf erst dran gewöhnen. Das geht und im Prinzip kann das jeder. Man muss lernen sich selbst zu vertrauen und sich selbst genug zu sein.
Es muss nicht jeder Moment der Reise instagramtauglich sein.
Brenzlig im Sinne von gefährlich bisher nicht. Aber es gab einige Situationen, in denen ich mich gefragt habe, was ich hier tue und warum ich hier alleine abseits von jeglicher Zivilisation durch die Gegend laufen muss. Da habe ich mir gewünscht, dass jemand neben mir hergeht und man über die gleichen Dinge fluchen kann. Am Ende war ich aber immer stolz darauf, dass ich diese Situation alleine gemeistert und nicht aufgegeben habe.
Ich laufe herum, lese oder schaue mir etwas auf Netflix an. Letztlich mache ich wonach mir gerade ist. Wenn man sein Buch oder einen eReader dabei hat, hat man immer etwas zu tun.
Es kommt darauf an, in welcher Gegend man unterwegs ist und wie das Wetter ist. Ich versuche immer, nicht zu viel mitzunehmen und auf das Gewicht zu achten. Dann macht wandern noch mehr Spaß und das Verletzungsrisiko ist geringer. Grundsätzlich braucht man Rucksack, Zelt, Isomatte, Schlafsack – wenn man draußen übernachten will. Idealerweise noch etwas zu essen. Wasser findet man meistens irgendwo. Beim Outfit empfehle ich den Zwiebellook: unterschiedliche Kleidungsstücke, die man übereinander an- und ausziehen kann, je nachdem wie warm, kalt oder nass es ist. Bei Schuhen ist das so eine Sache. Viele denken, je schwerer und stabiler der Schuh, desto besser. Tatsächlich gilt: je leichter der Schuh, desto besser, wobei der Schuh natürlich an die jeweiligen Bedingungen angepasst sein muss. Selbst, wenn es nur 200 Gramm weniger Gewicht an den Füßen sind, kann man am Ende des Tages einen Kilometer weiter laufen, weil man über den Tag verteilt weniger Gewicht herumgeschleppt hat.
Wenn man ab vom Schuss ist, sollte man Kompass und Karte dabei haben und damit umgehen können. Letztlich ist es das Einzige, worauf man sich wirklich verlassen kann. Jedem elektrischen Gerät kann die Energie ausgehen. Ich mache trotzdem relativ viel über die Handynavigation. Oft gibt es von lokalen Anbietern spezielle Karten oder Apps zum Download für bestimmte Wanderungen oder Touren. Manchmal habe ich auch zwei Handys zur Sicherheit dabei, plus Powerbank. In Australien hatte ich sogar ein Solarpanel mit.
Wichtig ist, vorher zu planen, was die Risiken sein könnten. In Australien besteht die Gefahr, von einer Schlange gebissen zu werden. Im Gebirge schlägt das Wetter sehr schnell um. Bei Regen unterkühlt man leicht. Man sollte sich vorbereiten auf die speziellen Bedingungen der Tour und wissen, wie man in einem Notfall reagiert. Dann ist es natürlich gut, wenn jemand weiß, wo man unterwegs ist, die grobe Route kennt und abschätzen kann, ab wann jemand alarmiert werden sollte. Was eine gute und erschwingliche Ergänzung ist, sind kleine GPS-Notfallsender. Über die kann man von überall auf der Welt unabhängig vom Handyempfang einen Notruf absetzen. Wenn man wirklich nicht mehr weiterlaufen kann bzw. in Gefahr ist.
Es gibt es einen essentiellen Tipp fürs Fernwandern: Niemals aus einer Intention heraus aufhören.
Langsam anfangen. Für viele ist es schon ungewohnt im Wald um die Ecke alleine wandern zu gehen. Sich einfach auf das Gefühl des Alleinseins einlassen. In Deutschland gibt es super ausgeschilderte Fernwanderwege. Bei einer Wochenendtour könnte man schauen: Wie fühlt sich das an, wenn ich jeden Tag wandern muss und alleine unterwegs bin? So kann man sich langsam herantasten.
Es gibt es einen essentiellen Tipp fürs Fernwandern: Niemals aus einer Intention heraus aufhören. Ein paar Tage gehen immer noch. Wenn es in drei oder fünf Tagen nicht besser ist, erst dann aufhören. Es ist beim Fernwandern wie so oft im Leben, dass die Welt am anderen Tag schon wieder ganz anders aussieht. Schlechte Tage gehören einfach dazu, genauso wie sich einsam zu fühlen. Es muss nicht jeder Moment der Reise instagramtauglich sein.
Ich persönlich suche das gar nicht so, weil ich diese Reisen bewusst alleine mache. Aber gerade auf Fernwanderungen kommt man sehr leicht mit Menschen ins Gespräch. Beispielsweise habe ich auf einer Fernwanderung von über 1.000 Kilometern durch Australien wahnsinnig tolle Menschen kennengelernt. Das weiß man vorher aber nicht und kann es auch nicht planen.
So viel habe ich dieses Jahr noch gar nicht geplant. Im April 2019 bin ich einen Monat in Portugal. Zum Arbeiten und natürlich zum Wandern.
Fotos: Fräulein Draußen
Interview: Antonia Michael
Layout: Kaja Paradiek
Ein Kommentar
Schönes Interview und tolle Fotos. Das Foto mit den Vicuña 😉 in Patagonien gefällt mir besonders gut.