Gehen wann und wohin man will, nach Australien, Mexiko, Bali, Hawaii, … . Statt im Büro klappt man den Laptop am Strand, im Café oder am Pool auf und arbeitet, wann immer man möchte. Völlig unabhängig und frei! Conni Biesalski lebt diesen Traum. Seit mehreren Jahren lebt und arbeitet die 32-Jährige als „digitale Nomadin“ rund um den Globus. Ihr Geld verdient sie ortsunabhängig als Reisebloggerin für ihr Blog Planet Backpack, E-Book-Autorin und Anbieterin von Blogger-Online-Workshops. Sie reist mit 10 Kilogramm Handgepäck, egal wohin. Auf YouTube teilt sie ihre Erfahrungen und Ansichten – von der Detox-Kur auf Bali, über Veganismus bis zum Q&A mit Blog-Lesern. Ihren Lebensstil beschreibt sie mit den Worten: „Die Welt und jeder Ort ist dein Zuhause. Dein Leben passt in deinen Rucksack. Du verdienst als Digitaler Nomade von überall dein Geld. Dein Business kannst du überall mit hin nehmen. Du machst jeden Tag was du liebst und worauf du Lust hast.“ Wie ihr das gelungen ist und warum sie sich für dieses Leben entschieden hat, darüber sprechen wir mit Conni via Skype – wir in Hamburg, sie auf Bali.
Femtastics: Du bist gerade auf Bali. Was machst Du da?
Conni Biesalski: Bali hat mich vordergründig angezogen wegen des sehr gesunden Lifestyles, den ich hier haben kann: Yoga, vegane oder überhaupt gesunde Ernährung, das Meer, … außerdem gibt es hier eine Community aus digitalen Nomaden und viele Coworking-Spaces. Die Energie ist hier ziemlich cool!
Du nennst Dich selbst „digitale Zen-Nomadin“. Was bedeutet das?
Irgendwann dachte ich mir, dass der Ausdruck „digitale Nomadin“ schon einen Großteil meines Lebens umfasst, aber dass da doch viel mehr ist. Ich habe für mich eine Ebene gefunden, die übers Reisen und ortsunabhängige Arbeiten hinausgeht, aber für mich integraler Bestandteil des ortsunabhängigen Arbeitens ist. Es geht um einen spirituellen Ansatz, um Yoga und buddhistische Gedanken, gesunden Lifestyle, … Diese Freiheit, die ich mir als digitale Nomadin über die Jahre ermöglicht habe, möchte ich dazu nutzen, dass ich mir das beste und gesündeste mögliche Leben schaffe. Ich hab gemerkt, dass Reisen und an den schönsten Orten zu arbeiten, nicht alles im Leben ist. Da gehört noch mehr dazu. Es ist ein holistischer Lifestyle geworden.
Beziehst Du diesen Lifestyle auch auf Deine Arbeit oder Deine Projekte?
Klar, der bezieht sich auf alles, auch auf mein Business. Ich habe vor einigen Monaten angefangen, mich für Straßenhunde hier in Bali einzusetzen und langfristig möchte ich einen Teil meines Einkommens für solche Zwecke abgeben. Natürlich beschäftige ich mich in der Meditation viel mit mir, aber wenn ich nicht meinen Zen habe und glücklich bin, dann kann ich das auch nicht an andere Menschen weitergeben.
Ich habe angefangen, immer mehr zu reisen und habe nur gearbeitet, um mir neue Reisen finanzieren zu können.
Du lebst und arbeitest schon seit einigen Jahren ortsunabhängig, aber Du schreibst auf Deinem Blog, dass Du schon seit Deinem 15. Lebensjahr überall auf der Welt zu Hause bist. Wie kam das?
Diese Frage stelle ich mir immer mehr. Was hat mich dazu getrieben, dass ich immer weg wollte? Angefangen hat es mit einem Highschool-Austauschjahr, als ich 15 war. Ich wollte damals unbedingt nach Amerika. Danach war ich auf einem Internat in England und habe dort mein Abi gemacht, weil ich in der Schule in Deutschland nicht mehr klargekommen bin (lacht). Deutschland war für mich damals schon ziemlich weit weg und ich habe dort nicht mehr meine Wurzeln gespürt. Ich habe angefangen, immer mehr zu reisen und habe nur gearbeitet, um mir neue Reisen finanzieren zu können. Ich habe dann in Österreich und in den USA studiert und habe alles Geld, was ich zwischendurch verdient habe, nur ins Reisen gesteckt, wie eine Blöde. Ich habe die deppertsten Jobs gemacht, nur damit ich so lange wie möglich reisen konnte. 2009 bin ich mit einem One-Way-Ticket nach Indien gestartet und bin dann in irgendwann in Asien gelandet und bin dort Tauchlehrerin geworden.
Das klingt nach einem Traumjob!
Ich war sehr nah dran am scheinbar perfekten Leben. Man arbeitet im Paradies, auf den schönsten Inseln. Ich war rund zwei Jahre unterwegs und dann kam der nächste Schritt. Ich dachte, es muss noch unabhängiger sein, noch geiler, noch mehr Freiheit. Der Antrieb, anders zu leben, entstand als ich meinen ersten Bürojob in Berlin hatte. Ich war schon nach zwei Wochen totunglücklich und konnte mir nicht vorstellen, das den Rest meines Lebens zu machen. Eine Alternative mit viel Freiheit musste her: ein ortsunabhängiges Online-Business.
Deutschland war nie ein Ort, an dem ich unbedingt sein musste.
Du wolltest keine Wurzeln schlagen?
Ich werde oft gefragt, wie ich damit klarkomme, so wurzellos zu sein. Keine Heimat zu haben, usw. Aber ich weiß auch nicht, vielleicht kommt es aus meiner Familiengeschichte heraus, oder ich habe es im Blut, dass ich immer schon so getrieben wurde. Deutschland war nie ein Ort, an dem ich unbedingt sein musste.
Im Grunde geht es darum, das Potential, das uns das Leben bietet, so weit auszunutzen, dass unser Leben einen Sinn für uns hat.
Vielleicht fühlen sich viele Leute so, nur die wenigsten setzen diesen Trieb so konsequent um wie Du. … Was gefällt Dir denn daran, so zu leben?
Zum einen, dass ich mir die Orte aussuchen kann, die für mich am stimmigsten sind. Zum Beispiel einen Ort wie Bali, wo das Klima mir so zusagt. Ich mag es einfach, wenn es jeden Tag 30 Grad heißt ist, egal ob Regen oder nicht. Einfach, mein Leben nach meinen Bedürfnissen zu leben und herauszufinden, was mich glücklich macht. Selbst zu entscheiden, wohin ich gehe und für wie lang. Und zum anderen, jeden Tag die Dinge zu tun, die mich erfüllen. Das ist für mich die größte Freiheit. Im Grunde geht es darum, das Potential, das uns das Leben bietet, so weit auszunutzen, dass unser Leben einen Sinn für uns hat. Und ich denke, das können wir am besten, wenn wir viel Freiheit haben. Und die habe ich, wenn ich entscheiden kann, wie ich arbeite, wie viel ich arbeite und wo ich arbeite.
Wählst Du die Orte, an die Du ziehst, immer ganz nach Gefühl aus?
Mein Freundesnetzwerk spannt sich um die ganze Welt und ich schaue immer, dass ich meine Reisen damit verbinden kann, Freunde zu besuchen. Manchmal geben auch Events, Retreats oder Partnerschaften den Ausschlag. Ich bin in meinem Leben schon viel alleine gereist und war planlos unterwegs. Mittlerweile ist mir wichtig, dass ich an den Orten, an denen ich länger bleibe, auch Menschen um mich herum habe, die mein soziales Netzwerk bilden. Genauso wichtig ist mir aber, dass ich mich entfalten kann.
Reist Du immer alleine?
Das ist unterschiedlich. Manchmal mache ich auch Trips gemeinsam mit anderen digitalen Nomaden. Gerade wohne ich mit zwei Freundinnen zusammen, die auch ortsunabhängig arbeiten. Manchmal besuchen mich auch Freunde oder umgekehrt. Aber wenn ich Bock habe, einen Ort zu besuchen, an den mich niemand begleiten will, dann reise ich halt alleine. Das hält mich nicht zurück.
Auf Deinem Blog erklärst Du, wie Du Dein Leben rund um den Globus finanzierst und wovon Du lebst. Seit wann kannst Du von Deinem Blog und Deinen eigenen digitalen Projekten leben?
Am Anfang habe ich als Freelancerin gearbeitet, Übersetzungen, Social Media Management und andere Jobs gemacht. Ich wusste aber von Anfang an, dass es mich langweilt, für Kunden zu arbeiten und abhängig zu sein von Skype-Calls und Deadlines. Parallel habe ich Planet Backpack gestartet. Seit rund zwei Jahren arbeite ich nicht mehr für Kunden, sondern nur noch für mein eigenes Ding.
Machst Du Pläne für die Zukunft?
Ich bin komplett ohne Plan in 2016 gestartet. Nur so ein paar Eckpfeiler standen, zum Beispiel, dass ich nächste Woche für ein paar Wochen nach Neuseeland fliege oder dass ich Anfang März auf der DNX in Thailand spreche. Aber davon abgesehen, habe ich keine Ahnung, was 2016 für mich bringt. Meistens ist es ein generelles Gefühl, wo es mich hinzieht und was ich machen möchte. Ich habe mein Haus hier in Bali noch bis September, aber ich werde bis dahin noch die eine oder andere Reise machen, auch mal nach Deutschland kommen im Sommer. Gefühlt zieht es mich nach Kalifornien, Hawaii und Mexiko. Ich denke, dass eins davon mein nächster längerer Aufenthaltsort wird. Ich bin gerade sehr fasziniert vom Surfen und möchte an Orte gehen, an denen ich weiter Surfen lernen kann. Das tut mir gut und das möchte ich lernen. Aber keine Ahnung, was am Ende passiert.
Das heißt, im Bezug auf Dein digitales Business hast Du auch keinen Businessplan für 2016 gemacht, Dir Ziele gesetzt, usw.?
Das sollte ich vielleicht machen und das habe ich auch früher gemacht, aber bei mir geht es mittlerweile auch ohne, weil ich im Moment nicht so viel dafür machen muss, dass mein Business läuft. Ich habe viel passives Einkommen. Außerdem bin ich in einer Phase, in der Business nicht die Priorität in meinem Leben hat. Eine längere Zeit hat es mich sehr genervt, dass ich nicht wusste, welche großen Business-Ziele ich habe, aber jetzt grade übe ich mich im Entspannen. Ich bin einfach offen für alles, was passiert. Aber ich setze mir jetzt selbst keine großen Ziele, weil ich auch nicht wüsste, wie die aussehen sollten.
Ich muss gerade etwas loslassen und entspannen. Ich lebe jetzt die „4-Stunden-Arbeitswoche“.
Gerade als Selbstständiger muss man ja auch das Entspannen üben. Vielleicht ist es wichtig, zu lernen, auch einmal Prioritäten auf Anderes als das Business zu legen.
Ja, total! Ich muss gerade etwas loslassen und entspannen. Ich lebe jetzt die „4-Stunden-Arbeitswoche“ und habe darüber gerade einen Artikel für mein Blog geschrieben. Ich habe es lange nicht gecheckt, aber es verläuft alles in Phasen. Über drei Jahre habe ich volle Kanone Gas gegeben und jetzt gerade fahre ich etwas runter und kümmere mich um andere Bereiche im Leben, die gerade Aufmerksamkeit brauchen.
Leute, die nur das normale Arbeitsleben kennen, reagieren auf die Idee der „4-Stunden-Arbeitswoche“ in der Regel mit Unverständnis: Wie soll das denn gehen? Wie verdiene ich da Geld und bekomme meine Arbeit geschafft? Aber sie vergessen, dass man in der Selbstständigkeit vorher vielleicht keine 5-Tage-Arbeitswochen hatte und dass man jetzt eher so eine Art „Zeitausgleich“ macht, wie Überstunden abarbeiten.
Das ist ein guter Punkt. Die 100-Stunden-Arbeitswochen, die ich vorher geleistet habe, ermöglichen das jetzt vielleicht erst.
Und reist Du wirklich immer nur mit 10 Kilogramm Handgepäck?
Ja. Ich fand das früher faszinierend, wenn ich Leute getroffen habe, die nur mit Handgepäck gereist sind. Dann dachte ich: Boah, krass, das ist ja mal echt extrem! Bis ich es selbst ausprobiert habe und meine Komfortzone verlassen habe. Irgendwie bereitet es einem enorme Ängste, nur wenig mitzunehmen. Aber das sind irrationale Ängste. Ich mache das seit fast zwei Jahren und jetzt kann ich es mir fast gar nicht mehr anders vorstellen. Man merkt, wie wenig man in seinem Leben braucht und wie viel unabhängiger und freier man ist, wenn man wenig Gepäck hat. Aber wenn ich in einer Woche nach Neuseeland reise, nehme ich vielleicht ausnahmsweise mal Aufgabegepäck mit. Denn zum einen wird‘s ein Roadtrip, für den ich Campingausrüstung brauche, und zum anderen ist es in Neuseeland jetzt viel kühler als hier auf Bali. Vielleicht muss mein Ego jetzt mal still sein. Ich will ja auch kein Handgepäcknazi sein.
Hast Du nie das Bedürfnis, Dir mal eine eigene Wohnung mit eigenen Möbeln einzurichten, Dein eigenes Bücherregal zu haben, usw.?
Interessante Frage, aber ich mag zum einen Shoppen nicht und zum anderen würde ich, selbst wenn ich mir mal ein Haus kaufen oder bauen würde und das einrichten müsste, dann würde ich mir jemanden holen, der das Ding für mich einrichtet. Das ist einfach nicht in meiner Natur.
Was war bisher das beste Erlebnis, das Du in den vergangenen Jahren hattest?
Vor einem Jahr war ich in Mexiko, in einem sehr kleinen Dorf namens Mazunte, und habe einen Monat lang ein Yoga- und Meditations-Retreat gemacht. Das war für mich lebensverändernd. Der Ort allein ist einer meiner absoluten Lieblingsorte weltweit! Aber auch die Erfahrung, einen Monat lang, war so toll. Direkt danach kommt Bali, deshalb bin ich da jetzt auch schon so lange hängen geblieben. Für mich zählen die persönlichen Erfahrungen, nicht das Sightseeing.
Und welches Erlebnis war richtig schlimm?
Eins fällt mir da gerade ein. Vor etwas mehr als einem Jahr bin ich wegen einer Frau zurück nach Bali gekommen. Ich hatte ein unglaublich geiles Hotel gebucht, alles war supertoll geplant. Es kam aber zum großen Eklat, an dem Tag, an dem wir in dieses Hotel fahren wollten. Ich bin dann alleine dahin gefahren, weil es so arschteuer war und ich es nicht mehr stornieren konnte. Ich saß in diesem unglaublich geilen Hotel, in meiner eigenen Villa, es war der wunderschönste Ort auf Erden, um mich herum waren nur Pärchen, und ich hatte den schlimmsten Liebeskummer. Aber ich habe viel daraus gelernt (lacht).
Wie steht man das durch, wenn man alleine unterwegs ist und es geht einem aus welchen Gründen auch immer richtig schlecht?
Es gibt dann SOS-Calls über Skype bei der Mama oder bei den besten Freunden. Ich weiß noch, dass ich die drei oder vier Tage, die ich in diesem Hotel gebucht hatte, nur an Skype hing. Für mich sind generell Family und Friends sehr wichtig, egal wo ich auf der Welt bin, und ich habe immer viel Kontakt. Ansonsten arbeite ich auch seit circa eineinhalb Jahren mit Life Coaches und das ist mein Fels in der Brandung, dass ich immer jemanden habe, der meinen SOS-Call entgegen nimmt. Mir ist es wichtig, ein Netzwerk zu haben, wenn es hart auf hart kommt. Andererseits bin ich ja meistens an Orten, an denen ich Freunde habe.
Vielen Dank für das Gespräch, Conni!
2 Kommentare
Toll wie es die Conny macht
Betreibe selbst einen nicht komerziellen blog
Wenn ich jung wäre würde ich es ebenso machen
Ich hoffe ihr könnt viele junge leute motivieren
Es kann Funktionieren wenn man will
5 Sterne für den super artikel