Die Hamburgerin Hannah Wagner ist im Rahmen eines Sabbaticals mit ihrer Hündin Flora und Fiat Ducato “Bärbel” für viereinhalb Monate durch Europa gereist und hat monatlich auf femtastics von ihren Vanlife-Erlebnissen berichtet. Seit dreieinhalb Monaten ist sie zurück in Hamburg. In ihrer letzten Kolumne schreibt sie darüber, wie die Reise sie verändert hat, wie es mit dem Ankommen so klappt und warum sie gerade ihre Wohnung aufgibt.
Diesen Text wollte ich eigentlich schon vor Monaten schreiben. Aber irgendwie ist das mit dem kreativen Output zusätzlich zum 40-Stunden-Job so eine Sache – eine, die für mich nämlich nicht funktioniert. Denn plötzlich ist Bärbel an der Algarve nur noch ein Bildschirmhintergrund, der Kaffee kommt wieder vom Elektroherd und die Aussicht beim Aufwachen besteht aus einer Straße mit Baulärm und 50 direkten Nachbarn.
Ob sich irgendetwas geändert hat, werde ich meistens gefragt, wenn ich mit Menschen über meine Auszeit spreche.
Ob sich irgendetwas geändert hat, werde ich meistens gefragt, wenn ich mit Menschen über meine Auszeit spreche. Ob ich wieder „im Hamsterrad“ angekommen sei. Ob das zivilisierte Leben in der Großstadt jetzt fürchterlich für mich sei. Und, wie lange ich wohl glaube, mir meine Entspanntheit noch beizubehalten.
Ja, es hat sich einiges verändert – und auf der anderen Seite doch wieder nichts. Ich brauchte gute drei Wochen, um wieder in meiner Arbeitswelt anzukommen, um zu verstehen was wir da eigentlich machen und warum.
Je mehr ich wieder im Zirkel aus Arbeit, Freunden, Hund und vermeintlicher Freizeit existiere, desto weniger Zeit habe ich natürlich, über meine Wünsche nachzudenken.
Und es ist schon was dran, wenn Menschen vom Alltagstrott, meinetwegen auch vom Hamsterrad, sprechen. Denn je mehr ich wieder im Zirkel aus Arbeit, Freunden, Hund und vermeintlicher Freizeit existiere, desto weniger Zeit habe ich natürlich, über meine Wünsche nachzudenken, oder um lebensverändernde Maßnahmen zu organisieren. Das ging schon leichter, als mein Tagesablauf aus der Beschaffung von Nahrung und der Suche nach dem besten Stellplatz bestand. Mit kleinem Ausflug zum Strand versteht sich.
Deswegen habe ich ein bisschen Tabularasa gemacht: Ich habe meine Wohnung gekündigt, ohne die Aussicht auf eine neue.
Deswegen habe ich ein bisschen Tabularasa gemacht: Ich habe meine Wohnung gekündigt, ohne die Aussicht auf eine neue. Ich möchte einen Garten, ich möchte nicht umgeben von Straßenlärm wohnen und ich möchte Flora nicht mehr in den vierten Stock quälen. Manchmal überkommt mich eine kleine Panikwelle und ich frage mich natürlich, was ich mir da eigentlich gedacht habe. Und dann erinnere ich mich wieder an das Aufwachen am Meer, an den fantastischen Minimalismus des Bulli-Lebens und weiß, dass es schon richtig war, die einengenden vier Wände abzuschütteln. Und ganz nebenbei zum wiederholten Male auszumisten und nun wirklich alles, was ich nicht mehr brauche oder nie gebraucht habe, auf dem Flohmarkt zu verscherbeln. Das geht zwar alles langsamer voran, als ich mir das so ausgemalt hatte, aber meine Wohnung wird stetig leerer. Und mein Herz dabei voller.
Vanlife geht also auch in der Großstadt.
Einer meiner zufriedensten Momente seit der Rückkehr nach Hamburg? Als ich eines Sonntagabends leicht abgeschreckt von der Parkplatzsuche in Eimsbüttel, kurzerhand in Bärbel auf dem ALDI-Parkplatz übernachtet habe. Natürlich standesgemäß mit Rotwein aus dem Pizzaparty-Becher als Schlummertrunk. Vanlife geht also auch in der Großstadt – weniger romantisch, aber genauso zweckmäßig wie am Strand. Und für die kleine Alltagsflucht zwischendurch habe ich Bärbel in den vergangenen Wochen so oft wie möglich gesattelt und gezäumt und habe am nächstbesten Stellplatz so getan, als wäre die Reise noch nicht vorbei und der normale Wochenrhythmus noch nicht zurück.
Wohin es von hier aus für mich weitergeht? Nicht die geringste Ahnung. Und wie sich das anfühlt? Fantastisch und aufregend.
Wohin es von hier aus für mich weitergeht? Nicht die geringste Ahnung. Und wie sich das anfühlt? Fantastisch und aufregend. Wer braucht schon Bungee Jumping für den ultimativen Adrenalin-Kick?
Wir wünschen Dir alles Gute für deine Zukunft, liebe Hannah – Danke, dass du uns und unsere LeserInnen mit auf deine spannende Reise genommen hast. – the femtastics
Fotos: Hannah Wagner
Illustration: Kaja Paradiek für femtastics