Als Journalistin für Reise, Interior und Mode kennt sich Megan Rose Murray mit Trends und schönen Orten aus. Da überrascht es nicht, dass die Britin auch in ihrer Hamburger Altbauwohnung sehr stilvoll wohnt. Vor rund eineinhalb Jahren ist Megan mit ihrem Freund aus London nach Hamburg gezogen, von wo sie jetzt als Freelancerin für Lifestyle-Magazine wie „Elle“ und „Condé Nast Traveller“ arbeitet. Wir sprechen mit ihr darüber, warum der Umzug nach Hamburg nicht so war wie erwartet, welche Tipps sie für Freelancer*innen hat und welche Labels sie in Hamburg besonders begeistern.
Die Farbwelt in Megans Hamburger Altbauwohnung ist inspiriert von Wes Andersons Film „Grand Budapest Hotel“. Passend dazu finden sich über ihrem Sofa zwei Prints, die von Hotels inspiriert sind (Megan hat sie bei „Out of Use“ gefunden). Die Kissen auf ihrem Sofa sind handgemacht und stammen vom britischen Label „Eldorado the Studio“. Megans Blumenkleid ist von „Doen“.
Megan Rose Murray: Es ist so viel schwieriger als ich es mir vorgestellt habe. Ich dachte, es wird wie „Emily in Paris“, nur eben „Megan in Hamburg“. Ich hatte die Hoffnung, dass ich direkt einen Freundeskreis finde und mich zum Arbeiten in schöne Cafés setze. Aber vor allem die ersten Monate waren echt hart. Ich bin nur mit dem Allernötigsten hergekommen, weil mein Partner und ich zu Beginn noch keine Wohnung hatten. Wir haben ein „Airbnb“ gemietet und waren von dort aus auf Wohnungssuche. Ich habe mich gar nicht wie ich selbst gefühlt.
Ich dachte, es wird wie ‚Emily in Paris‘, nur eben ‚Megan in Hamburg‘.
Auch was die Sprache betrifft, war es nicht einfach. Ich spreche noch kein Deutsch und im Alltag – im Supermarkt, beim Bäcker oder im Blumenladen – sprechen weniger Menschen Englisch als ich dachte. Ich bin außerdem im Winter hergezogen, was ich nicht empfehlen würde. Alle bleiben zu Hause und niemand wollte mich hier besuchen. (lacht) Es hat auch tatsächlich ein Jahr gedauert bis ich meine Arbeitserlaubnis bekommen habe und hier endlich arbeiten durfte. Das hatte natürlich einen großen Einfluss. Meine Arbeit und Unabhängigkeit sind Teil meiner Identität – es fiel mir sehr schwer, als ich hier zunächst nicht arbeiten konnte und finanziell von meinem Partner abhängig war.
So kann man es sagen. Als ich dann endlich von hier arbeiten durfte, hatten wir noch keine Möbel in unserer Wohnung – wir hatten eine Luftmatratze auf dem Boden und mein „Ersatzschreibtisch“ war ein Bügelbrett, das andauernd zusammengeklappt ist (lacht). Außerdem war ich viel alleine, weil ich jetzt von Hamburg aus als Freelancerin arbeite. Vorher war ich es immer gewohnt, in Teams zu arbeiten.
Es wurde dann auch mit der Zeit besser. Ich habe neue Freund*innen kennengelernt, die Wohnung eingerichtet und konnte Schritt für Schritt meine Freelance-Karriere aufbauen.
Megan liebt besondere Produkte von kleinen Labels. In ihrem grünen Esszimmer: Kunstwerk von Laura Ginis, Kerzenhalter von Sophie Lou Jacobsen über „Human Nest“, Cocktail-Gläser von „Morgens“, Duftkerze von „Verden“, Schüssel von „Toujours à table“.
Ich liebe es, dass Magazine eine ganze Welt kreieren können. Als Kind habe ich immer Zeitschriften gelesen, um in andere Welten abzutauchen. Ich habe keine Geschwister und meine Mutter musste als Krankenschwester oft abends arbeiten, das hat dabei sicher eine Rolle gespielt.
Ich habe als Lifestyle-Journalistin beim Magazin „Stylist“ begonnen und hatte damals das Glück, mir meine Arbeitsbereiche ein Stück weit auszusuchen und über das zu schreiben, wofür ich mich am meisten interessiere: Interior Design und Reisen. Anschließend habe ich als Interior-Redakteurin zum „Soho House“ gewechselt. Auch der Job hatte einen Reiseaspekt, weil ich über das Interior-Design der unterschiedlichen „Soho House“-Hotels geschrieben habe und dafür die Hotels bereist habe. Als mein Freund dann seinen Job in Hamburg bekommen hat, haben wir entschieden, gemeinsam umzuziehen. Ich hatte Lust auf eine neue Challenge.
Mein Tipp für Freelancer*innen? Hartnäckig bleiben und sich nicht entmutigen lassen.
Es hilft natürlich sehr, wenn du bekannte Namen nennen kannst. Wenn ich mich per E-Mail bei Redakteur*innen vorstelle und Ideen pitche, schreibe ich immer, für wen ich bislang gearbeitet habe und verlinke zu meinen letzten großen Artikeln. Dabei bemühe ich mich, Referenzen zu nennen und zu verlinken, die für meinen aktuellen Pitch relevant sind.
Aber ich pitche so viele Artikelideen und so viele meiner Ideen werden abgelehnt oder ich bekomme gar keine Antwort. Ich denke, es ist sehr wichtig, hartnäckig zu bleiben und sich nicht entmutigen zu lassen. Vielleicht ist es nur das falsche Timing oder die falsche Idee. Oftmals haben Menschen zu wenig Zeit und antworten nur, wenn es gerade passt. Ich pitche Redakteur*innen immer wieder Themenideen, damit sie einen Eindruck davon bekommen, welche Themen meine Expertise sind und sich meinen Namen merken – und vielleicht denken sie dann an mich, wenn es relevant ist. Einer Redakteurin bei „Elle“ habe ich bestimmt sechsmal Vorschläge geschickt und nie eine Antwort bekommen, bis dann irgendwann sofort eine Antwort kam: „Super Idee! Kannst du das innerhalb der nächsten drei Tage schreiben?“.
Wenn ich jetzt mit Freund*innen spreche, die sich selbstständig machen wollen, sage ich ihnen, dass sie sich nicht abschrecken lassen sollen, es sei denn sie bekommen ein „Fuck off!“ als Antwort.
Das Schlafzimmer ist in der Wandfarbe „Farrow’s Cream“ von „Farrow & Ball“ gestrichen. „Minnie-Mae Studio ist meiner Meinung nach ein klassisches Beispiel für Britishness“, sagt Megan über das Label hinter der schönen Lampe auf ihrer Schlafzimmerkommode.
Es gibt auf jeden Fall Momente, in denen ich denke: „Ich liebe diesen Job, das macht so viel Spaß!“. Reisen und schöne Events sind die glamouröse Seite des Jobs. Die andere Seite ist, dass man als Journalist*in oft nicht viel verdient. Als ich eine Reise-Serie für das Magazin „Condé Nast Traveller“ schreiben durfte, sind 70% meines Honorars für meine Reisekosten drauf gegangen – und sie zahlen noch in Ordnung. Ich scherze oft mit Freund*innen, dass der Lifestyle nach Champagner aussieht, aber nur Limonade ist. (lacht) Natürlich mache ich mir als Freelancerin auch Gedanken um meine Altersvorsorge und um Entwicklungen wie KI.
Ich habe neulich ein kleines Experiment gemacht, bei dem ich einen Reisetext geschrieben habe und dann sehen wollte, was die KI dazu schreiben würde. Und um ehrlich zu sein, die KI-Version war Mist. Sie war sehr repetitiv und hat nicht richtig Sinn ergeben, weil sie auf veralteten Informationen aus dem Internet basierte. Außerdem hatten die Sätze keinen Charm oder Charakter. Das hat mich ein bisschen beruhigt.
Aber ich mache mir schon Sorgen, weil der Journalismus sowieso bedroht ist. Ich hoffe, Authentizität und echte Erfahrungen werden auch in Zukunft gefragt sein. Ich habe auch die Hoffnung, dass gedruckte, unabhängige Magazine als Nischen-Trend bestehen bleiben. Ein bisschen wie beim Revival von Schallplatten.
Ich liebe Dinge, die sich eher historisch anfühlen oder die mich an ein Märchen erinnern.
Filme inspirieren mich sehr. Was ich über Magazine gesagt habe, dass sie eine eigene Welt kreieren, das gilt ja genauso für Filme. Mich haben zum Beispiel die Farbwelten im Film „Grand Budapest Hotel“ von Wes Anderson sehr inspiriert. Seine Filme haben grundsätzlich sehr markante Farbwelten. So ähnlich habe ich auch meine Wohnung gestaltet: Das Wohnzimmer ist der rosa Raum, das Esszimmer der grüne und das Schlafzimmer der gelbe – von den Wandfarben bis zu Details.
Meine Mutter hat mit mir außerdem immer Märchen und Geschichten über Feen gelesen. Sie liebt mittelalterliche Folklore, Prinzessinnen, Wandteppiche und alte Illustrationen. Und sie sammelt all diese alten Bücher. Ich liebe Dinge, die sich eher historisch anfühlen oder die mich an ein Märchen erinnern. Und dann liebe ich auch kleine Boutiquen und unabhängige, kleine Labels.
Na klar, gerne! Hier sind sie:
Ich liebe es, mich über die Kreativen und Künstler*innen mit Hamburg als Ort zu verbinden. Das hat mir definitiv geholfen, mich hier heimischer zu fühlen. Ich finde es toll, wenn ich mich in meiner Wohnung umschaue, Dinge zu sehen, die mit dieser Zeit in meinem Leben zu tun haben.
„Toujours à Table“ – Der Shop wurde von Lara in Hamburg gegründet und sie kuratiert eine Auswahl an wunderschönem Geschirr aus ganz Großbritannien und Europa. In meiner Wohnung finden sich einige Stücke von ihr.
Ina Cierniak – ist eine in Hamburg lebende Künstlerin. Ich habe sie über die Agentur „Awake“ entdeckt. Der große Zitronen-Druck in meinem Wohnzimmer ist von ihr. Ihre Arbeiten sind alle in meinen Lieblingsfarben gehalten und fühlen sich traumhaft an.
„Human Nest“ – ist ein Hamburger Concept Store von Emilia und hat eine so schöne, bewusst ausgewählte Auswahl an Wohn-Accessoires. Ich habe einen Kerzenhalter von Sophie Lou Jacobsen von dort auf meinem Sideboard.
„Out of Use“ – zwar nicht aus Hamburg, aber seit ich in Deutschland wohne, verfolge ich die Abenteuer des coolen Paares Sissi Pohle und Pat Scherzer, die zusammen ein Label für Vintage-Wohn-Accessoires betreiben. Sie waren in Berlin ansässig und leben jetzt in Bayern, und ich habe die Drucke über meinem Sofa von ihnen gekauft, die von Hotels im New York der 80er-Jahre inspiriert sind und so viel Spaß machen.
Laura Ginis – hat mich ebenso begeistert. Sie ist eine in Lippstadt ansässige Künstlerin, die große, ausdrucksstarke Leinwandbilder malt. Das Bild mit dem Titel „Fontana“ auf meinem Esszimmer-Sideboard habe ich von „Faible and Failure“ in Hamburg, wo sie einige ihrer Werke verkauft.
2 Kommentare
Tolle Einrichtung! Woher ist denn das blaue Sofa? Liebe Grüße
Das ist von Formela. Sie haben einen Showroom in Berlin und liefern sehr schnell innerhalb Deutschlands, sagt Megan. 🙂