Warum gibt es eigentlich so wenige weibliche DJs in der Clubszene? Das fragt sich auch die gebürtige Wienerin Melanie Bock aka Melbo, selbst DJ und Betriebsleitung im Hamburger Club Häkken. Zusammen mit dem Häkken-Booker Candy Glas hat sie die Veranstaltungsreihe Transitions aus der Taufe gehoben, eine Plattform für Frauen in der elektronischen Musikszene. Die Reihe widmet sich dem Thema mit Clubnächten, Konzerten und Lesungen – und femtastics unterstützt dies natürlich!
Keine Frau will als DJane bezeichnet werden.
Femtastics: Warum legen so wenige weibliche DJs in den Clubs auf? Gibt es zu wenige? Oder werden sie von den Bookern und Veranstaltern einfach nicht gebucht?
Melbo: Ich verstehe es auch nicht, der Bedarf ist auf jeden Fall da. Es gibt natürlich eine Diskrepanz. Keine Frau will als DJane bezeichnet werden. Wir wollen einfach für unsere Musik anerkannt werden. Deswegen müssen wir „leider“ diese explizit weiblichen Veranstaltungen machen, weil sonst gar nichts passiert. Wir haben wirklich keine Mühe, gute weibliche DJs zu finden.
Andersrum will auch keine Frau gebucht werden, eben nur weil sie eine Frau ist.
Ja, das ist ganz schwierig. Weibliche DJs werden eben auch schnell auf ihr Aussehen reduziert.
Vielleicht haben Frauen auch gar nicht diesen Masterplan im Kopf, dass sie der krasseste DJ werden und auf den größten Festivals spielen?
Das kommt auch noch hinzu. Es geht immer auch um das Vermarkten der eigenen Person. Ich glaube, dass Frauen da generell schlechter drin sind. Sie biedern sich ungern an, so geht es mir zum Beispiel.
Was mich am meisten schockiert, ist, was passiert, wenn man DJane bei Google eingibt.
Wie ist die Transitions-Reihe entstanden?
Transitions bedeutet Übergang oder Wandel und darum geht es uns. Man merkt in Hamburg, dass es schon einige Partys gibt, bei denen nur Frauen auflegen, ein gewisser Wandel ist also da, man muss es aber weiter bekräftigen. Was mich am meisten schockiert, ist, was passiert, wenn man DJane bei Google eingibt. Dann siehst du Frauen, die das Mischpult ablecken oder ihre Brüste zeigen. Genau darum soll es eben nicht gehen. Deswegen versuchen wir das Thema in der Subkultur zu pushen.
Wie bist du zum Auflegen gekommen?
Das kam durch meinen älteren Bruder, der Hip-Hop auflegt. Mit 13 Jahren habe ich angefangen Portishead zu hören. Ich war immer eher auf der melancholischen Seite. Mit 20 habe ich als Indie-DJ angefangen, Platten aufzulegen. Ich habe viel im Flex und im Chelsea in Wien aufgelegt. Dann bin ich in die Elektronik rübergeschlittert.
Was legst du auf?
Ich habe viele Indie-Einflüsse und mag melancholische Stücke, alles sehr Moll-lastig. Ich haue aber auch mal auf die Kacke, wenn ich dazu Lust habe und das Publikum Lust zum Tanzen hat. Ich mag Musik, die eine gewisse treibende Kraft hat. Was ich nicht mag ist, wenn es ins Kitschige geht. Die Grenze ist sehr fein, aber merkbar. Der Track muss irgendwie Gehalt haben.
Wo findest du deine Musik?
Früher habe ich viele Platten aufgelegt, dann aber drei Jahre Pause gemacht und war nicht mehr up to date. Da Platten immer eine Geldfrage sind, habe ich angefangen, digital aufzulegen. Als DJ musst du auf dem aktuellen Stand bleiben, das geht digital leichter. Wenn mir eine LP sehr gut gefällt, kaufe ich sie mir aber immer noch zusätzlich auf Platte.
Was macht dir Spaß am Auflegen?
Musik ist pure Emotion – in jede Richtung. Es ist unfassbar wie tief mich Musik bewegt. Ich bin auch Kunst- und Literaturaffin, aber das, was Musik in mir auslöst, das schafft sonst kein Medium.
Musik ist ein Trigger …
… und ein Multiplikator. Das merkt man besonders, wenn es einem schlecht geht. Je sensibler man ist, desto mehr reagiert man darauf. Aber das ist es, was mich zum Auflegen bringt – das Auslösen von Emotionen bei anderen Menschen.
Das heißt, du spielst damit?
Ich versuche, mit meinem Set eine Geschichte zu erzählen. Und ich mag gern pompöse Abschlüsse. Oft spiele ich einen Lieblingstrack am Ende und gehe dann auf die Tanzfläche und tanze zu meinem eigenen letzten Track. Das kann man natürlich sehen wie man will … (Lacht)
Ich lese gern das Publikum und passe mich an.
Ich find’s prinzipiell gut, wenn DJs sich zum Feiern unters Volk mischen.
Ich feiere ja auch nicht mich selbst, sondern die Musik. Und die spiele ich, weil ich sie liebe. Ich lese auch gern das Publikum und passe mich an. Nicht im Sinne von Prostitution, sondern damit eine gewisse Verbindung da ist.
Manche DJs bauen eine große Distanz auf. Das mag ich auch nicht.
Ich spiele auch nicht gern auf einer erhöhten DJ-Kanzel, sondern bin gern auf Augenhöhe mit dem Publikum. Besonders schlimm ist es, wenn noch ein Graben dazwischen ist. Ich will auch nicht als Person im Mittelpunkt stehen, sondern die Musik soll im Mittelpunkt stehen. Gerade im digitalen Zeitalter, wo eigentlich jeder auflegen kann, ist es genau das, was keiner ersetzen kann: das Publikum zu lesen und die passenden Tracks rauszusuchen. Das ist das, was den DJ ausmacht.
Was steht bei euch als Nächstes bei Transitions an?
Am 17. Juni spielt die isländische Band Samaria bei uns, da freue ich mich besonders drauf. Künftig wollen wir zusätzlich zu den Partys noch Lesungen und vieles mehr veranstalten, um das Konzept neben der Musik in ein breiteres Spektrum zu bringen.
Klingt gut, wir freuen uns drauf!