Mit Hip Hop Tanzen und Vogueing Geld verdienen? Why not? Hamburgerin und Naturtalent Gifty Lartey, 25, hat sich ihren Lebenstraum erfüllt und reist als Tänzerin und Choreografin um die ganze Welt. Sie tanzt bei der Echoverleihung, absolviert Dance Battles in Paris und choreografiert die Show für die Tour ihres Homies Ace Tee. In Schweden hat sie eine Tanzausbildung im Bereich Urban Dance gemacht – wie die Zeit für sie war, wie es um Sisterhood unter Tänzerinnen steht und warum sie das „Shero Movement“ gegründet hat, erzählt sie an einem heißen Sommertag im Hamburger Park Fiction.
Ich bin ein Flow-Mensch, ich habe einfach gemacht.
Gifty Lartey: Hip House! (Lacht) Ich sehe Hip Hop und House eigentlich als eins an, weil House sich aus der Hip Hop-Kultur entwickelt hat. Ich persönliche habe mit Hip Hop angefangen, hier liegen meine Wurzeln. Aber ich liebe auch House … ich kann mich nicht entscheiden!
Ich habe in der Schule mit dem Tanzen angefangen und hatte Hip Hop als Wahlpflichtkurs. 2007 wurde die „Hip Hop Academy“ in Hamburg-Billstedt eröffnet, die kooperierten mit dem „Kampnagel Theater“ und dort hatte ich mit 15 meine ersten Auftritte als Tänzerin. Danach im „Thalia Theater“ und schließlich bin ich mit Tanzstücken durch Deutschland getourt.
Ich wurde natürlich schon gefragt, ob ich denn davon leben könnte. Aber ich wollte einfach immer tanzen. Und ich habe schnell verstanden, dass ich auch selbst kreieren und Choreografien entwickeln kann. Ich bin ein Flow-Mensch, ich habe einfach gemacht und habe nicht groß nachgedacht.
Ich bin rumgereist und habe viel auf „Underground Battles“ getanzt und auch Preise gewonnen – von Geld bis Reisen. Ich habe viele verschiedene Tänzer aus den unterschiedlichsten Ländern kennengelernt. Ich war in Paris bei der „JusteDebout“, die Hip Hop Weltmeisterschaft, das wird mittlerweile auf „Sky“ übertragen.
Auf jeden Fall. Ich bin dann auf ein schulische Tanzausbildung mit Fokus auf Urban Dance in Schweden aufmerksam geworden und habe zwei Jahre die Ausbildung an der „Åsa Folkhögskola“ gemacht. Es war schwierig damals, eine Tanzausbildung in Europa zu finden, die nicht zu klassisch war. Es hat mir super gut gefallen und ich kann die Ausbildung voll empfehlen. Leider wird nur das Zertifikat hier in Deutschland nicht anerkannt.
Es kommen Sprüche wie: Für eine Frau tanzt du echt gut! Das nervt natürlich.
Ich entwickele Choreografien und habe zum Beispiel die Choreo für die komplette „Slip Slow“ Tour von Ace Tee gemacht. Ich war bei der kompletten Tour dabei und habe bei der Europa Tour mit Future das Tour Guiding und Staging gemacht. Außerdem bin ich im „Characters Kollektiv“, wir haben letztes Jahr unser erste „Urban Art Vernissage“ an den Start gebracht – mit Rappern, Graffiti Artists und vielen weiteren Künstlern. Dann organisiere ich das „Smash Up Event“, das „Battlefield“, ich hoste Events … ich mache echt viel!
Hairstylistin bin ich auch noch! (Lacht)
https://www.youtube.com/watch?v=uo-b78JLfZc
Das Wort ist eigentlich das richtige Wort für Hero – es kommt aus dem Griechischen, aber das „s“ wurde in der amerikanischen Sprache entzogen, damit das Wort männlicher ist. Der richtige Begriff ist eigentlich Sheroin! Meine Shero Partnerin Andy Calypso und ich stehen auf feministische Art und Weise für Gleichberechtigung in der Urban Tanzszene ein. Es gibt immer noch verhältnismäßig wenige Frauen und die Szene ist sehr männerdominiert. Viele Frauen haben nicht die Kraft, sich zu zeigen – bis zwei Schwedinnen „JusteDebout“ gewonnen haben. Seitdem gibt es eine Awareness, dass Frauen in der urbanen Tanzszene ebenso wichtig sind.
Oft ist es so, dass du entweder eine Freundin von einem Tänzer bist und nicht als eigenständige Person angesehen wirst. Frauen müssen immer kämpfen und immer für sich definieren, wie sie sich als Frauen fühlen – von Männern wird das nicht erwartet. Frauen fragen sich: Bin ich eine Frau, wenn ich Hip Hop tanze? Hip Hop Basics sind sehr maskulin. Dann kommen Sprüche wie: Für eine Frau tanzt du echt gut! Das nervt natürlich. Shero ist ein Crew Name aber auch ein Movement mit einer feministischen Message.
Der Zusammenhalt unter Tänzerinnen ist endlich da.
Der Zusammenhalt unter Tänzerinnen ist endlich da. Vor zehn Jahren sah das noch ganz anders aus. Da gab es eine Ellenbogenkultur, wenn ich in Paris in die Damentoilette gelaufen bin und eine Tänzerin angelächelt habe, die ich toll finde, habe ich einen schiefen Blick kassiert. Der Konkurrenzgedanke ist groß in der Tanzszene, aber Tänzerinnen haben verstanden, dass es uns allen mehr bringt, wenn wir miteinander und nicht gegeneinander arbeiten.
Kurz vor Beginn bin ich aufgeregt, aber sonst bin ich cool. Wenn du das Publikum hörst, steigt die Aufregung.
Ich denke einfach nicht viel darüber nach. Generell sind Commercial Jobs eine tolle andere Erfahrung. Ich habe gerade bei der Echoverleihung getanzt und habe da viele andere Tänzer kennengelernt. Aber mein Typ ist bei Castings für diese Jobs nicht unbedingt gefragt – ich bin zu kurvig, zu rassig …
Immer noch, ja. Das Problem gibt es auch in der Modelszene, wo Plus-Size und nicht-weiße Frauen unterrepräsentiert sind. Umso dankbarer war ich der Hamburger Choreografin Maike Mohr von „Chefboss“, dass ich bei der Echoverleihung tanzen konnte. Maike hat mich und andere Künstler ausgewählt. Was Ich finde es wichtig und cool, auch andere Typen und Facetten von Menschen zu zeigen!
Ich finde die Abwechslung gut, ich brauche die Balance. Eine Tour raubt dir echt viel Kraft. Es ist anstrengend, auch in der großen Gruppe. Klar, es ist auch eine geile, lustige Zeit. Aber wenn du zwei Wochen im Bus gepennt hast, freust du dich echt auf zu Hause. Ganz zu schweigen vom Essen – Tänzer müssen eigentlich immer essen, um ausreichend Energie zu haben. Auf der Tour nimmst du schnell zu, weil das Catering nicht immer wirklich gesund ist.
Let’s have a Kiki!
Am größten ist die Voguing Szene in Berlin, hier finden mittlerweile echt viele Events statt. Ich tanze bei diesen Events „Vogue Femme“, das ist ein sehr femininer Style. Und ich hoste jetzt auch Kiki Events in Hamburg. Die Kiki Szene leitet sich von der Major Voguing Szene ab und ist noch mal jünger: Let’s have a Kiki! Es geht darum, etwas Spaß zu haben, sich auszuprobieren und sich zu finden.
Layout: Carolina Moscato