„One For The Road“ liefert Cocktails wie aus der Bar nach Hause

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3. Juni 2020

Als die Corona-Krise über die Gastronomiebranche hereinbrach und alle Bars schließen mussten, machten vier Hamburger Bartender aus der Not eine Tugend: Sie entwickelten einen Lieferdienst für High-Class Cocktails. „One For The Road“ (OFTR) liefert Classics, Signature-Cocktails, Highballs und alkoholfreie Drinks in Cocktailbar-Qualität nach Hause, in den Park, in den Garten oder wo immer es einen Grund zum Anstoßen gibt. Dahinter stecken Charles (26), Conor (27), Bennet (33) und Alex (30), die eigentlich gemeinsam eine Bar in Hamburg eröffnen wollten. Wir treffen Charles und Conor in der OFTR-Küche und sprechen über ihre Idee, wie sie ihr Business innerhalb einer guten Woche hochzogen – und natürlich über die Drinks.

 

homtastics: Wann und wie ist die Idee für OFTR entstanden?

Conor: Die Idee ist schon vor der Corona-Krise entstanden. Wir wollten uns gemeinsam mit einer Bar selbstständig machen. Zum Glück hat das doch nicht, wie ursprünglich geplant, zum Frühjahr geklappt. Sonst hätten wir im März eine neue Bar gehabt, die wir nicht öffnen dürfen. Wir haben dann überlegt, was wir stattdessen machen können, um unserer Passion nachzugehen. Der Traum von etwas Eigenem war immer noch da. Wir hatten Feuer gefangen, das Konzept für unsere Bar hatten wir schon ausgearbeitet, wir waren voller Energie, loszulegen. Aber keiner wusste, wie lange die Bars wegen Corona geschlossen sein würden. Wir dachten: Irgendwie muss es doch weitergehen mit der Bar-Kultur. Wir haben uns zusammengesetzt und Charles hatte die Idee, Cocktails zum Liefern zu machen. So haben wir aus der Not eine Tugend gemacht.

Was bietet ihr an?

Charles: Wir möchten die Bar nach Hause bringen. Wir bieten hochwertige Cocktails an, genauso wie man sie in einer Bar bekommen würde, und liefern sie nach Hause, an den Elbstrand, in den Park – egal, wo du gerade bist.

Charles mixt uns einen „Short Island Ice Tea“.

Wir möchten die Bar nach Hause bringen.

Woher kennt ihr vier einander?

Conor: Alle von uns arbeiten schon langjährig in Bars und auch in Führungspositionen. Charles und ich kennen uns schon ewig, wir sind zusammen aufgewachsen und seitdem befreundet. Bennet haben wir vor mehreren Jahren auf der Barmesse „Bar Convent Berlin“ kennengelernt und direkt viele Überschneidungen gefunden. Und Charles und Bennet wiederum kennen Alex durch ihre gemeinsame Arbeit in der „Tipsy Baker“ Bar.

Wo habt ihr gearbeitet bevor ihr OFTR gegründet habt – seid ihr alle vier Mixologen?

Conor: Ich habe bei „Salt & Silver“ gearbeitet, als Sommelier und im Service am Gast. Bennet ist Schauspieler, Filmschaffender, Barmanager und Mixologe. Alex ist Filmschaffender, war jahrelang Fernsehredakteur und bringt viel Know-How in Kommunikation mit. Charles ist Mixologe und studiert zudem Eventmanagement.

Wie lange hat es gedauert von der Idee bis zum Start?

Charles: Zehn Tage. Wir hatten die Idee, haben ein Konzept dafür ausgearbeitet, wie wir die Cocktails so hochwertig wie möglich ausliefern können – und dann stand fest: Wir machen das jetzt. Da wir in unserem Team so viele unterschiedliche Kompetenzen abdecken, konnten wir innerhalb kürzester Zeit unser Logo, die Fotos und Website fertigstellen. Wir haben Tag und Nacht daran gearbeitet und sind echt happy, dass wir es so schnell geschafft haben. Nach dem ersten Testwochenende war klar, dass wir die Cocktails nicht zu Hause in der Küche zubereiten können. Wir haben alle unsere Kontakte spielen lassen und die Besitzer des „Chief Brody“ waren so nett, uns ihren Club zur Verfügung zu stellen, solange dieser sowieso nicht öffnen darf und leer steht. Wir sind wahnsinnig dankbar für diesen Support. Wir wussten auch, dass wir mit unserer Idee schnell sein müssen. Zum Zeitpunkt der Gründung dachten wir noch: Vielleicht ist das ganze Corona-Ding in einem Monat vorbei. Wenn wir unsere Idee jetzt nicht umsetzen, brauchen wir es nicht mehr machen.

Conor: Es war super, diesen Antrieb zu haben und der Drive hat sich bis heute gehalten.

Charles und Conor kennen sich schon seit ihrem zweiten Lebensjahr – kein Wunder, dass die Zusammenarbeit gut funktioniert!

Gab es irgendwelche Herausforderungen?

Charles: Wir mussten einiges investieren: Wir haben allein über 1.000 Gläser gekauft, mussten uns E-Roller ausleihen, um unsere Cocktails auszuliefern, mussten natürlich alle Zutaten kaufen, …

Conor: Und dann war es Learning by Doing. Jeder von uns kennt den Barbetrieb, aber dieser Apparat von Bestellungen und Lieferungen, das mussten wir lernen. Woher kommen die Bestellungen? Wie liefern wir sie am effizientesten aus? Die Lernkurve in den letzten Wochen war enorm.

Charles: Die Logistik der Auslieferung war anfangs die größte Herausforderung.

Wie habt ihr die Drinks entwickelt, die ihr liefert?

Charles: Aus unserer jahrelangen Erfahrung wissen wir, welche Drinks besonders gerne getrunken werden. Wir haben diese, zusammen mit Eigenkreationen, auf unsere Karte aufgenommen und ihnen eine Twist verpasst. Wir hatten ja schon die Karte für unsere eigene Bar geschrieben, das stand alles schon. Mittlerweile sind ein paar weitere Drinks dazugekommen, weil ich nicht die Füße still halten kann und immer gerne neue Sachen probiere. Auch Wein, Cremant Snacks und alkoholfreie Drinks bieten wir an.

Conor: Dieser Prozess, gemeinsam neue Drinks zu entwickeln, ist super schön und macht echt viel Spaß.

Conor mixt uns einen „Pineapple Daiquiri“ – und verrät: „Am Daiquiri erkennt ihr, ob der Bartender etwas drauf hat!“.

Der Kunde bekommt den Cocktail sowie ein gekühltes Glas mit Eis geliefert. Auch eventuell benötigte Dekoration oder Rührlöffel sind enthalten.

 

Zuhause muss man den Cocktail nur noch einmal shaken, rühren oder einfach über das Eis gießen.

Cocktail übers Eis geben, dekorieren – Cheers!

Musstet ihr irgendetwas beachten, weil die Drinks geliefert werden?

Charles: Mit Eiweiß können wir nicht arbeiten, da es sich nicht gut transportieren lässt. Deshalb nutzen wir bei Drinks wie dem Whiskey Sour als Alternative Aquafaba, das ist das Kochwasser von Kichererbsen. Das ist die einzige Zutat, die eine Hürde dargestellt hat.

Conor: Das Wichtigste ist die Eis-Logistik. Das doppelt gefrostete Eis darf nicht schmelzen. Wenn es schmilzt, verwässert der Drink und das wollen wir nicht. Wir liefern unsere Cocktails zusammen mit einem Glas mit doppelt gefrostetem Eis. Zuhause muss man den Cocktail nur noch einmal shaken, rühren oder einfach über das Eis gießen. Dafür liefern wir mit jeder Bestellung eine einfache Anleitung mit.

Charles: Wir bringen alles, was man braucht. Unser Qualitätsanspruch ist der, Drinks genau wie aus einer hochwertigen Cocktail-Bar nach Hause zu bringen. Dabei spielt das doppelt gefrostete Eis eine zentrale Rolle.

Wie ist OFTR  angenommen worden? Es ist ja nicht unbedingt leicht, bekannt zu werden, wenn man bei Null anfängt.

Conor: Absolut. Wir haben zunächst all unsere Freunde informiert und sie gebeten, auf uns aufmerksam zu machen. Gute Freunde unterstützen einander und am ersten Wochenende lief es schon gut an. Wir haben uns auch an Influencer und Redaktionen gewandt, und natürlich ist Instagram ein wichtiger Kanal für uns. Mittlerweile haben wir schon „Stammgäste“ – zum Beispiel Leute, die regelmäßig für ihre Video-Calls mit Freunden Drinks bei uns bestellen. Was wunderschön ist, ist unsere Drinks zu verschenken und Freunde oder Familie mit unseren Cocktails zu überraschen. Das ist für mich die schönste Idee.

Alles ist selbstgemacht und dabei möglichst nachhaltig.

Auch alkoholfreie Cocktails wie der „Short Island Ice Tea“ stehen auf der Karte.

Wie teilt ihr euch die Aufgaben auf?

Charles: Ich mache die Drinks, Conor ist unser Head of Backoffice – ich kenne niemanden, der so gut organisiert ist wie Conor –, und Alex und Bennet liefern die Drinks aus. Zudem übernehmen sie auch die redaktionelle Arbeit an unserer Website und unseren Social Media-Kanälen sowie die Kommunikation.

Conor: Jeder hat seinen Bereich, aber wir tauschen uns ganz viel aus. Alles muss viermal abgenommen und bewertet werden, jede Idee, jeder Drink.

Seid ihr mit OFTR jetzt jeden Tag beschäftigt?

Conor: Sonntag ist unser freier Tag, Montag ist Besprechungstag, Dienstag bereiten wir in der Regel Content und Drinks vor. Und von Mittwoch bis Samstag liefern wir aus. Mittwochs und donnerstags jeweils von 17 bis 0 Uhr, freitags und samstags je von 17 bis 1 Uhr.

Charles: Die Vorbereitungen werden auch immer umfangreicher. Unser erstes Meeting hat dreißig Minuten gedauert und jetzt sitzen wir jeden Montag drei Stunden für unsere Besprechung zusammen.

Conor: Wir besprechen: Was machen wir diese Woche an Marketing? Haben wir einen neuen Drink, den wir promoten wollen? Brauchen wir neues Bildmaterial? Dann machen wir immer unsere „We Are Open“-Videos für Instagram, das dauert mal drei Minuten, mal eineinhalb Stunden.

Charles: Dann kommt die Vorbereitung für den jeweiligen Tag: Sirupe und Tees kochen, die Drinks vorbereiten. Wir befüllen alle Gläser per Hand, mit Handschuhen, mit den Eiswürfeln. Jeder Eiswürfel muss zurecht geschnitten werden, damit alle ins Glas passen.

Conor: Hinzu kommt das Bekleben der Deckel, das Bedrucken der Papiertüten. Alles ist selbstgemacht und dabei möglichst nachhaltig. Wir haben jetzt auch ein Pfand-System für unsere Gläser eingeführt: Wer die Gläser zu uns zurückgibt, bekommt Rabatt auf die nächste Bestellung.

Die OFTR-Küche liegt mitten in der Schanze, in der „Chief Brody“ Bar, die aktuell nicht geöffnet ist.

Wie schätzt ihr die Auswirkungen der Krise auf die Bar-Branche ein?

Conor: Die Krise wird wahrscheinlich leider noch lange Auswirkungen haben. Wir möchten uns auf jeden Fall immer noch mit einer Bar selbstständig machen. Wir haben jetzt auch gemerkt, wie gut wir zusammenarbeiten. Es macht uns super viel Spaß. Mit der derzeitigen Lage gestaltet sich die Idee, eine Bar zu eröffnen, natürlich schwierig, aber ein Ziel ist es immer noch.

Charles: Und auch wenn Bars jetzt, zum Glück, langsam wieder öffnen dürfen, wird OFTR noch immer gerne genutzt. Wir haben mittlerweile auch schon Anfragen für Veranstaltungen oder Unternehmens-Events bekommen. Das würden wir auch gerne ausbauen, wir können easy mehrere Hundert Drinks liefern. Mit Events haben wir auch Erfahrung aus der Vergangenheit. OFTR macht auf jeden Fall weiter und mal sehen was die Zukunft noch so bringt.

Wir wünschen euch auf jeden Fall weiterhin viel Erfolg!

 

Hier findet ihr OFTR:

 

Layout: Kaja Paradiek

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