Was damals der Kuchenstand war, ist heute die Pop-up-Bakery, nur schöner – der Food-Trend dreht nicht nur in Skandinavien seine Runden, sondern ist mittlerweile auch in Deutschland angekommen. Hinter „Hej Cake“, der ersten Hamburger Pop-up-Bakery, stecken die beiden Grafikdesignerinnen Lisa Stehle (27) und Jessica Rinne (26). Beide haben Kommunikationsdesign studiert, sind in Designbüros festangestellt und zeigen, dass man seine (Zweit-)Leidenschaft nicht immer unbedingt gleich zum Beruf machen muss. Wir haben die Freundinnen in Lisas Wohnung getroffen und über das Konzept, Back-Ikonen und amtliche Hürden bei der Gründung gesprochen. On top verraten sie uns und euch ein tolles Rezept für einen glutenfreien Schokokuchen, den wir mit ihnen zusammen gebacken haben.
femtastics: Bisher habt ihr mit eurer Pop-up-Bakery an zwei Events in Hamburg teilgenommen, in der B-Lage und im Island – gab es für die Bakery internationale Vorbilder?
Lisa: Eine Freundin von mir macht das in Kopenhagen und wir kennen auch Mädels, die das in Graz, Hannover und Frankfurt machen – wir sind also nicht die ersten.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Hej Cake zu gründen?
Lisa: Wir sind beide Grafikdesignerinnen und haben uns vor zwei Jahren in einer Agentur kennengelernt und haben dann herausgefunden, dass wir beide gerne backen. Hej Cake war eine Schnapsidee, die nachts bei einem Glas Wein entstanden ist.
Jessi: Letztes Jahr im Januar waren wir auf einer Party und haben beschlossen, dass wir die Idee, die uns schon so lange in unseren Köpfen herumspukte, 2016 endlich umsetzen wollen. Dann haben wir ein Logo entwickelt und Visitenkarten drucken lassen – am Anfang nur aus Spaß.
Welche Idee steckt hinter Hej Cake?
Jessi: Wir wollen unseren Kuchen an unterschiedlichen Orten verkaufen – jeweils nur für einen Tag oder ein paar Stunden, außerdem an speziellen Orten, also nicht in einem Café, wo es sowieso schon Kuchen gibt, sondern eben zum Beispiel in der B-Lage oder im Island, wo man nebenbei auch noch shoppen kann.
Lisa: Ja, es soll einfach eine Location sein, wo es schön ist, Leute zu treffen. Es geht uns nicht nur darum, Kuchen zu verkaufen, das tun viele Andere auch, sondern um das Leute Treffen, gemütliches Zusammensein und, dass jeder mit seinem Kuchen happy ist. Wir machen auch nur Kuchen und keine Torten, einfach weil uns Kuchen viel besser schmecken.
Meine Mutter hat viele Geschwister und bei uns gab es schon immer einen regelmäßigen Kaffeeklatsch.
Und wie habt ihr den Namen entwickelt?
Lisa: Der Name Hej Cake war relativ schnell klar. “Hej” heißt “Hallo” auf Schwedisch – wir lieben beide Skandinavien. Wir haben immer mal wieder Ideen in unsere Dropbox geladen und dann haben wir uns zusammengesetzt und fanden beide Hej Cake toll – alle Domains waren frei, auch bei Instagram.
Das kennen wir, das ist ein Zeichen!
Ja! Dann haben wir die Accounts erstellt und unser Logo hochgeladen. Kurz danach hat uns uns Vanessa von der B-Lage angeschrieben, ob wir nicht Lust haben, mal bei ihr vorbeizuschauen. Schnell fand unsere erste Pop-up-Bakery im Rahmen eines Shopping-Events bei ihr statt.
Woher kommt die Begeisterung für Kuchen? Seid ihr damit aufgewachsen?
Lisa: Ja, das war der Klassiker. Sonntags gab es bei uns immer Kuchen. Ganz früher bei Mama und jetzt zu Hause bei mir und meinem Freund.
Jessi: Meine Mutter hat viele Geschwister und bei uns gab es schon immer einen regelmäßigen Kaffeeklatsch. Meine Tanten und meine Mutter haben immer schon alle gebacken und dann bin ich da so reingerutscht. Ich habe dann an den Wochenenden viel bei mir zu Hause rumprobiert und die Kuchen montags immer mit zur Arbeit genommen.
Wann steht ihr morgens auf, wenn ihr eine Bakery habt?
(beide lachen)
Jessi: Wir haben mittlerweile einen Plan ausgetüftelt. Meistens machen wir die Pop-up-Bakery an einem Samstag. Wir fangen schon Donnerstagabend mit der Vorbereitung und dem Backen an und den Freitag haben wir dann meistens frei, damit wir den ganzen Tag backen und vorbereiten können.
Ein richtiger Kuchen braucht meiner Meinung nach auch Zucker, Eier und Butter.
Wie teilt ihr euch in der Küche auf?
Lisa: Das ist unterschiedlich. Meistens backen wir getrennt, weil ein Ofen einfach zu wenig ist. Wir dekorieren aber zusammen vor Ort.
Und ihr tüftelt vorher einen Kuchen-Plan aus?
Jessi: Ja, genau. Wir schauen, welche Kuchen zu dem jeweiligen Event passen …
Lisa: … bei dem “Beyond Routine Festival” im Island in Hamburg haben wir zum Beispiel versucht, ein bisschen anders zu backen und unsere Kuchen ans Thema anzupassen. Wir hatten den Avocado-Gugelhupf mit Zitrone dabei und einen Cheesecake-Camouflage – der Kuchen sah rot aus, also beerig, hat aber nach Zitrone geschmeckt.
Jessi: Wir achten auch auf die Farbkombinationen der Kuchen. Wir versuchen immer, auf zehn Kuchen zu kommen. Zusätzlich bieten wir auch Mini-Cupcakes oder Mini-Gugelhupfe an – die sind dann auch perfekt für Kinder.
Also ist euch die Optik bestimmt genauso wichtig, wie der Geschmack …
Jessi: Ja, auf jeden Fall. Da wir beide Designerinnen sind, achten wir total auf Details und wie genau die Beere auf dem Kuchen sitzt. (lacht). Es muss aber nicht immer alles perfekt sein. Wir machen schließlich hausgemachten Kuchen.
Spielen bei euch Food-Trends oder Lebensmittelunverträglichkeiten eine Rolle?
Lisa: Ja, auf jeden Fall. Wir haben selbst im Freundeskreis Leute, die sich vegan ernähren oder zum Beispiel eine Glutenunverträglichkeit oder eine Laktoseintoleranz haben. Wir haben immer einen veganen Kuchen, einen glutenfreien und einen laktosefreien Kuchen dabei, damit alle mitessen können. Wir achten aber darauf, dass es ausgewogen ist und bieten auch “ganz normale” Kuchen an.
Jessi: Ein richtiger Kuchen braucht meiner Meinung nach auch Zucker, Eier und Butter (lacht).
Was sind eure ganz persönlichen Lieblingskuchen?
Lisa: Ich liebe Cheesecake oder einen richtig guten Apfelkuchen.
Jessi: Und ich stehe immer noch total auf den Key Lime Pie, deshalb haben wir den auch immer dabei. Das ist ein Limettenkuchen mit einem Keksboden und Limettencreme.
Wo findet ihr die Rezepte? Kreiert ihr vieles selbst?
Lisa: Wir haben Stammrezepte von früher, das sind unsere Basics. Wenn man Grundrezepte hat, die gut sind und an denen man selbst noch ein bisschen getüftelt hat, kann man damit total gut variieren. Inspirationen finden wir bei Pinterest.
Jessi: … und auch über Instagram und über Blogger, die Rezepte ausprobieren. Wir verändern aber auch immer wieder etwas.
Die Klassiker feiern ihr Revival, wie der Apfel- oder Zwetschenkuchen.
Habt ihr Kuchentester, wenn ihr neue Kreationen entwickelt?
Jessi: Auf jeden Fall unsere Arbeitskollegen und Freunde – die freuen sich immer sehr.
Es ist nicht so einfach, Süßes zu backen und zu verkaufen – das wissen wir von anderen Frauen aus dem Lebensmittel-Business, die wir für femtastics besucht haben. Vor welche “amtlichen” Hürden wurdet ihr schon gestellt?
Lisa: In Deutschland ist das ziemlich kompliziert – es gibt diverse Hygienevorschriften, Kennzeichnungspflichten usw. Das ist auch der Grund, warum es in Deutschland nicht viele Pop-up-Bakeries gibt. Es funktioniert bei uns nur, da wir es nicht oft und vor allem nicht regelmäßig machen. Bei unseren bisherigen Bakeries haben wir zu Hause gebacken und kommunizieren das dann auch ganz offen. Aber je nachdem wie das in Zukunft weiterläuft, denken wir darüber nach, eine Leihküche zu mieten.
Außerdem haben wir ein Gesundheitszeugnis, wobei das ehrlich gesagt etwas lächerlich ist. Ich habe mir zwei Stunden einen Film über Hygienebedingungen angeschaut, der für lebensmittelverarbeitende Betriebe gemacht wurde. Da kommen dann so Sachen vor wie: Du darfst den Teig nicht kneten, wenn du offene Wunden hast, Hände waschen nicht vergessen, und nicht backen, wenn man krank ist – also nichts, das man nicht vorher schon wusste und natürlich auch umsetzt.
Wie entwickelt sich die Kuchen-Szene eurer Meinung nach in Zukunft?
Lisa: Ich habe das Gefühl, dass es in Richtung Natürlichkeit geht, also einfache Kuchen, ohne großen Schnick-Schnack. Und auch die Klassiker feiern ihr Revival, wie der Apfel- oder Zwetschenkuchen. Ich glaube auch, dass die Optik eine immer größere Rolle spielen wird. Hier geht der Trend jetzt schon zu immer ungewöhnlicheren Ideen, was durch Instagram und Co. sicher noch verstärkt wird.
Jessi: Das Backen mit saisonalen Früchten wird auch immer wichtiger. Besondere Kombinationen sind ein Thema, wie zum Beispiel unser Gugelhupf mit Avocado und Limette..
Wo wollt ihr mit Hej Cake hin? Eine eigene Bäckerei, ein Buch oder einen Onlineshop – es gibt ja viele Möglichkeiten.
Lisa: Momentan ist das nicht interessant für uns. Es macht so, wie wir es gerade machen, mehr Spaß. Wir können uns beide gut vorstellen, Hej Cake auszubauen und mehr zu machen – ganz weg vom Designersein wollen wir dann aber auch nicht. Die Kombination ist toll – Backen und Design geht bei uns ja Hand in Hand.
Habt ihr so etwas wie eine Back-Ikone?
Jessi: Momentan finden wir Maja Vase aus Kopenhagen ganz toll. Die macht tolle Food-Fotos, das inspiriert uns sehr.
Lisa: Wir haben auch schon ein paar Rezepte von ihr getestet, die total gut sind.
Was sind eure Lieblings-Blogs und Lieblings-Insta-Accounts in der Kuchenwelt?
Jessi & Lisa: Da gibt es viele! Unsere liebsten Instagrammer sind _foodstories_, anneauchocolat, linda_lomelino, copenhagencakes und sweetsneak_cph. Rezepte finden wir zum Beispiel bei Lecker, Sweet Paul oder Spring Lane.
Wann wird es die nächste Pop-up-Bakery geben?
Geplant ist die nächste Bakery im Frühjahr, der Termin und die genaue Location wird circa zwei Wochen vorher auf Facebook und Instagram bekannt gegeben.
Heute dürfen wir euch beim Schokokuchen Backen beobachten. Verratet ihr uns und unseren Lesern das Rezept?
Jessi: Klar, das ist ein glutenfreier Kuchen, den man sehr schnell machen kann – auch perfekt als Geburtstagskuchen:
Backofen auf 160 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen. Springform fetten & mit Backpapier auslegen.
– 200 g Butter
– 200 g Zartbitterschokolade (gehackt)
Beides zusammen im Topf schmelzen lassen.
– 200 g gem. Mandeln
– 200 g Zucker
– 4 Eier (Größe M)
– 1 Pck. Vanillezucker
– 1/2 Pck. Weinsteinbackpulver
Alle Zutaten vermengen & mit der geschmolzenen Schokolade zusammen rühren. In die gefettete Springform gießen & für ca. 30 min in den Backofen geben.
Stäbchenprobe zum Testen.
– etwas Puderzucker
Vor dem Servieren über den abgekühlten Kuchen streuen. Voilà!
Vielen Dank für das Interview und das Rezept!
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5 Kommentare
Jetzt habe ich aber großen Kuchenhunger! Die Köstlichkeiten von Hej Cake sehen einfach toll aus – besonders der Key Lime Pie lächelt mich gerade sehr an, so einen hatte ich das letzte Mal in Key West vor vielen Jahren.
Danke für das Teilen des wunderbaren Interviews und die vielen spannenden Fragen und Antworten!
Liebe Grüße aus Sydney
Harriet
Dann wird es wieder höchste Zeit, dass du einen Key Lime Pie bekommst 😉
Viele Grüße aus Hamburg nach Sydney,
Jessi & Lisa
Darf ich fragen, wie es möglich ist, dass ihr von zuhause backen dürft? Außerdem kann man sich in Deutschland ohne Meistertitel auf diese Weise nicht selbstständig machen. Hat mich gerade etwas irritiert bzw. würde mich sehr interessieren. Lieben Dank 🙂
Liebe Moni, darüber haben wir im Interview auch mit den beiden gesprochen: „Es funktioniert bei uns nur, da wir es nicht oft und vor allem nicht regelmäßig machen. Bei unseren bisherigen Bakeries haben wir zu Hause gebacken und kommunizieren das dann auch ganz offen. Aber je nachdem wie das in Zukunft weiterläuft, denken wir darüber nach, eine Leihküche zu mieten.“ Wenn du noch mehr zum Thema wissen möchtest, schreib den beiden doch eine E-Mail – sie antworten dir bestimmt! Liebe Grüße, Katha