Themenwoche #9 | Fashion Week: Backstage mit Marina Hoermanseder

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10. Juli 2015
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Diese Woche dreht sich in unserer Themenwoche alles um die Berlin Fashion Week und Beauty. Wir zeigen euch die schönsten Make-up-Looks und interviewen für euch die spannendsten Beauty-Köpfe. Marina Hoermanseder zeigte ihre erste Kollektion 2014 auf der Fashion Week Berlin – und etablierte dabei direkt ihren ganz eigenen Stil. Geformtes Leder, Schnallen und Anklänge aus der Orthopädie spielen bei diesem eine zentrale Rolle. Wir durften die Wiener Designerin, die Berlin zur Heimat ihres Labels gemacht hat, in ihrem Atelier sowie kurz vor der Show backstage besuchen und einen Blick auf die Entstehung der Frühjahr/Sommer-Kollektion 2016, Marina Hoermanseders fünfte Kollektion, werfen.

 

Femtastics: Du bist bekannt dafür, dass du in deinen Modedesigns Elemente von Prothesen und Korsagen integrierst. Wird es das in der neuen Kollektion auch wieder geben?

Marina Hoermanseder: Selbstverständlich. Leder, Korsagen und die Inspiration Orthopädie sind in meiner Mode aber auch nicht mehr wegzudenken. Die neue Kollektion wird zwar anders – viel romantischer und verspielter – aber ich habe das Glück gehabt, mir nach so kurzer Zeit ein Alleinstellungsmerkmal schaffen zu können, ein Element, an dem man das Label erkennt, da wäre ich blöd, wenn ich das nicht mehr nutzen würde. Es wird also auf jeden Fall auch wieder geformtes Leder und Korsagen geben. Wie immer, aber ganz anders.

Und woher kommen diese Ideen?

Die kommen von Geistesblitzen. Meistens ist es so, dass ich ein Bild oder ein Objekt sehe und dann weiß: Irgendwas muss ich damit machen. Dann recherchiere ich erst und im Zuge der Recherche finde ich das nächste und wieder nächste Bild. Das ist schwierig zu erklären. Früher gehörten zu meiner Inspiration Bilder von Nacktkatzen und Krankheiten, plötzlich sind es Blumen und Trachten – und dabei trotzdem wieder Orthopädie.

 

Mich interessiert das Handwerk, das hinter der Orthopädie steckt.

 

Das Thema interessiert dich, oder?

Ja, ich habe mich auch damit beschäftigt, Orthopädie vielleicht irgendwann einmal, wenn ich Zeit habe, schöner zu machen. Also dass ich mich nicht nur in der Mode der Orthopädie bediene, sondern dass ich den Umkehrschluss mache und mit der Mode in die Orthopädie gehe. Da habe ich auch ein bisschen recherchiert. Gerade für Kinder gibt es allerhand bunte orthopädische Korsetts, damit es ein bisschen erträglicher ist, so etwas zu tragen. … So etwas Ähnliches mache ich jetzt mit einem Ansatz, der fast schon Couture ähnelt.

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Hier entsteht die Frühjahr/Sommer-Kollektion 2016 von Marina Hoermanseder

 

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Inspiration und Material der Designerin

 

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Was reizt dich an diesem Themenbereich?

Am Anfang waren es alte, handgezeichnete Bilder von allen möglichen Orthesen und Korsetts, die früher aus Holz, Leder und Metall gefertigt wurden. Die Inspiration für mich war weniger die Story als das Handwerk, das hinter der Orthopädie steckt. Heutzutage ist alles 3-D-gedruckt und mit Karbon gemacht. Aber früher wurde alles aus nassem Leder von Hand geformt. Wir verwenden dieses orthopädische Leder für unsere Mode. Auch die Verschlüsse aus der Orthopädie inspirieren mich.

Was soll Mode für dich sein?

Wenn du einmal eines meiner Korsetts getragen hast, merkst du, dass du viel gerader stehst. Du hast eine ganz andere Haltung, weil du einfach nicht anders kannst. Es erfüllt ja auch den Zweck, die Wirbelsäule gerade zu halten. Dahinter steckt die Idee, ein bisschen Rückgrat mitzugeben mit der Mode. Mit den Lederriemen an der Kleidung dagegen fühlt man sich sexy. Diese beiden Elemente kombiniere ich mit Wohlfühlkleidung – Stücke, die nicht „High Fashion“ sein, sondern Potential zum Lieblingsteil haben sollen.

Diese anderen Stücke sind dann auch tragbarer als der Rest deiner Designs.

Absolut. Man muss es immer mit tragbaren Stücken kombinieren. Diese Message möchte ich auch geben: Meine Mode ist tragbar. Wenn man einen Rock mit Lederstriemen mit einer schlichten Bluse kombiniert, ist der Rock absolut straßentauglich. Und hinzu kommt der „Lieblingsteil-Charakter“: Mir sind gute Materialien wichtig und dass die Kleidung hält, also eine hohe Qualität hat.

Du hast eben schon das Handwerk hinter deiner Mode angesprochen. Was machst du selbst im Kreationsprozess? 

Es wird alles hier im Atelier gemacht. Natürlich kann ich nicht mehr alles selbst machen – auch aus Zeitgründen. Die ersten beiden Kollektionen habe ich wirklich komplett selbst mit der Hand gemacht, damals noch auf meinem Küchenboden. Jetzt habe ich ein Team, aber ich bin immer involviert. Das, was wir hier machen, könnte man auch gar nicht auslagern. Bei der Herstellung der orthopädischen Formen brauche ich einen Spezialisten. Das macht ein Freund von mir.

Du machst neben der Mode ja auch Accessoires. Kürzlich hast du ein Schmuckstück für Nike entworfen. Willst du dich zukünftig noch mehr auf Schmuck und Accessoires konzentrieren?

Ja, Accessoires sind unglaublich wichtig für uns. Das ist das, womit man Geld verdient. Wir hatten letzte Woche in Wien einen Pop-Up-Shop und da habe ich gemerkt: Nicht jeder, der das Label mag, wird sich einen Lederstriemenrock kaufen, aber er nimmt sich ein Armband mit. Wir machen jetzt eine Schmuck-Kooperation mit dem gleichen Produzenten, der das Armband für Nike gemacht hat. In der neuen Kollektion wird es acht Schmuckstücke geben. Viele davon mit meinem Logo – das bietet sich an. Aber auch die Lederschnalle wird es als Choker und Armband geben. Taschen sind auch wichtig – jede Frau mag schöne Taschen und meine transportieren den Look meines Labels. … Außerdem muss man einfach auch Accessoires machen, wenn man mit Leder arbeitet.

 

Es ist egal, wo auf der Welt man arbeitet – man kann, wenn man gut ist, weltweit Erfolg haben.

 

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Aus Leder werden Riemen, Taschen und Blütendekorationen

 

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Du kommst ja aus Wien, hast unter anderem auch in London studiert. Warum hast du dich mit deinem Label in Berlin niedergelassen?

Ganz ehrlich bin ich nach meinem Wirtschaftsstudium in Wien nach Berlin gezogen, weil es die erste Modeschule war, die mich aufgenommen hat. Es war aber immer mein Plan, irgendwann nach Wien zurückzuziehen. Ich hatte Heimweh und ich liebe Wien. Aber nach drei Jahren Modeschule in Berlin hast du dir ein Netzwerk in Berlin aufgebaut. Hier kannst du binnen eines Tages ein komplettes Shooting auf die Beine stellen. In Wien wäre das für mich nicht möglich.

 

Berlin hat mir so viel Vertrauen entgegengebracht.

 

Und in Berlin konntest du auch deine erste Fashion Show veranstalten.

Ja, das ging ganz schnell. Ich war im Urlaub und da rief mich IMG an und bot mir eine Fashion Show an. Da habe ich meine Eltern gefragt: Können wir das machen? Und sie sagten: Na ja, wir probieren es. Ich hatte dann drei Monate Zeit, allein zu Hause eine Kollektion auf die Beine zu stellen und eine Fashion Show zu machen. … Ich hatte noch nicht einmal viel Zeit, das alles Revue passieren zu lassen, was in den letzten Jahren passiert ist. Und da hatte ich erst recht nicht die Chance, zu überlegen, ob Berlin eigentlich die richtige Stadt ist. Es passiert so viel momentan, dass ich nur reagiere. Das Berliner Publikum war aber ein derart dankbares bei meiner ersten Show. Ich hatte eine Diplomkollektion mit acht Teilen und trotzdem hat man mir so ein bedingungsloses Vertrauen entgegengebracht und mir eine Runway Show ermöglicht. Und der Saal war voll! Deshalb bin ich Berlin gegenüber loyal.

Und du kannst mit deinem Label auch wachsen in Berlin?

Absolut. Es beginnt jetzt, dass meine Mode sich auch verkauft. Da wird Deutschland nicht die letzte Station sein. Da ist Berlin gut, hier wird meine Mode in ein paar Stores verkauft, aber unsere Kundschaft ist nicht primär in Berlin. Die USA und Österreich sind besonders gute Märkte. Ich denke aber: Es ist egal, wo auf der Welt man arbeitet – man kann, wenn man gut ist, weltweit Erfolg haben. Wir haben bislang alles aus Berlin gemacht und die internationale Resonanz zeigt, dass es funktioniert. Man muss nicht weg gehen, um international zu werden. Man kann überall seine Base haben, man muss nur laut genug nach draußen schreien, sodass es am anderen Ende der Welt auch gehört wird.

 

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Welche Rolle spielt das Make-up für dich bei der Show?

Eine sehr große Rolle. Ein Make-up kann viel unterstreichen, kann aber auch viel zerstören. Wenn ich jetzt Paradiesvögel mit wilden Turmfrisuren rausschicken würde, würde das überhaupt nicht passen.

Welchen Beauty-Look hast du mit Loni Baur und CATRICE für die Show entwickelt?

Der Beauty-Look ist relativ dezent und zurückgenommen, um die natürliche Schönheit zu unterstreichen. Bei den Augen wird in der Lidfalte ein dunkler Akzent in einem Braunton gesetzt, um mit Licht und Schatten zu spielen. Außerdem wird viel mit Glanz gearbeitet. Da die Kollektion eh schon sehr romantisch und verspielt ist, halten wir uns beim Rouge zurück.

Wie seid ihr auf diesen Look gekommen?

Ich habe zwar immer eine Vorstellung, wie das Make-up aussehen könnte, halte mich bei der Look-Probe aber immer zurück. Klar gibt meine Kollektion eine gewisse Stimmung vor, aber den passenden Beauty-Look dazu zu entwickeln? Das können die Make-up-Profis am besten.

Das heißt, du hast auch keine Angst, dass es vielleicht mal clashen könnte.

Nein. Selbst wenn es mal nicht passt, dann ist das Team total relaxt und man schaut gemeinsam, was man ändern kann.

Was machst du nach der Show?

Ein bisschen feiern und dann geht es sofort zurück ins Tagesgeschäft. Ich muss immer in Bewegung bleiben!

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Bei dem Make-up für Marina Hoermanseder akzentuiert Make-up Artist Loni Baur die Lidfalte mit einem dunklen Braunton von CATRICE.
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Die Wangenknochen werden mit Highlighter betont, die Lederblumen im Haar wurden ebenfalls im Atelier von Marina Hoermanseder gefertigt.

 

 

Hier findet ihr Marina:

   


Atelier-Fotos: Marlen Mueller

Backstage-Fotos: Pelle Buys

Themenwoche #9: Fashion Week Beauty – hier geht’s zu weiteren Artikeln.

– In Kooperation mit CATRICE –

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