Wieso braucht es ein Frauennetzwerk explizit für Schwarze Frauen*? Dieser Frage sind wir im Gespräch mit Mariam Guédé und Lioba Jarju, Gründerinnen von „Black Female Business“ nachgegangen. Die zwei Hamburgerinnen organisieren Veranstaltungen für Schwarze Frauen* in der DACH-Region mit dem Ziel, diese zu empowern. Es geht um Sichtbarkeit und darum, als Schwarze Frauen* selbstbewusst für sich selbst und die eigene Expertise einzustehen.
Mit „Black Female Business“ haben Lioba und Mariam einen Raum geschaffen, in dem spezifische Herausforderungen wie Diskriminierung und Rassismus am Arbeitsplatz nicht nur mitgedacht, sondern aktiv besprochen werden. Wir haben mit den beiden besprochen, wie die gemeinsame Mission zu einer Gründung führte, welche Themen in den Safer Spaces besprochen werden und was Frau* als Mitglied hier erwarten kann.
Mariam: Es ist sehr wichtig für Schwarze Frauen* untereinander zu netzwerken, da es unter anderem eine Möglichkeit ist, sich über Thematiken auszutauschen, die insbesondere Schwarze Frauen* betreffen. Wir haben mit „Black Female Business“ einen Safer Space geschaffen, indem wir uns gegenseitig unterstützen.
Wir haben mit „Black Female Business“ einen Safer Space geschaffen, indem wir uns gegenseitig unterstützen.
Lioba: Viele Frauennetzwerke haben eine krasse Leerstelle hinsichtlich des Themas Rassismus. Viele befassen sich nicht mit den Privilegien, die damit einhergehen, eine weiße Frau* in einer weißen Mehrheitsgesellschaft zu sein. Ich habe oft festgestellt, dass kein Bewusstsein dafür vorhanden ist, dass es andere Herausforderungen für Schwarze Frauen* gibt.
Da wir selbst von Rassismus betroffen sind, sind wir uns dieser Umstände bewusst. Vor diesem Hintergrund haben wir „Black Female Business“ als Safer Space kreiert. Wir haben einen Raum geschaffen, der Frauen* empowert und Ressourcen zur Verfügung stellt, die sie benötigen, um unter den erschwerten Bedingungen ihre beruflichen Ziele zu erreichen. Wir alleine können das Problem des Rassismus nicht lösen.
Mariam: Wir sind als Schwarze Frauen* gefühlt nicht sichtbar, obwohl wir da sind. Dementsprechend ist Sichtbarkeit ein wahnsinnig wichtiges Thema. Unser Ziel mit „Black Female Business“ ist es, hervorzuheben, dass viele Schwarze Frauen* mit Expertise in Deutschland vertreten sind.
Unser Ziel mit „Black Female Business“ ist es, hervorzuheben, dass viele Schwarze Frauen* mit Expertise in Deutschland vertreten sind.
Lioba: Unser Fokus lag ursprünglich bei Schwarzen Gründerinnen aus der DACH-Region. Mit der Zeit haben wir festgestellt, dass sich auch Frauen* in Anstellung für unsere Angebote interessieren. Unser Ziel ist es noch mehr Angebote für angestellte Frauen* zu schaffen, um sie dabei zu unterstützen ihre Ziele zu erreichen.
Zusätzlich bieten wir Workshops für Unternehmen an mit dem Ziel sie für die Thematik Schwarze Frauen* in der Berufswelt, Diskriminierung und Geschlechtergerechtigkeit zu sensibilisieren und voranzutreiben.
Mariam: Ich selbst habe vor „Black Female Business“ bereits ein anderes Unternehmen gegründet und in diesem Zuge nach Anschluss zu anderen Frauen* gesucht, die in der gleichen Situation sind wie ich. Lioba hat mich damals, ohne dass wir uns kannten, bei „Instagram“ angeschrieben. Wir haben dann relativ schnell beschlossen, ein gemeinsames Event zu veranstalten.
Der ausschlaggebende Punkt war für mich, zu merken, wie groß der Bedarf ist. Das erste Event hat gezeigt, dass das Bedürfnis nach unseren Angeboten nicht nur in Hamburg, sondern in ganz Deutschland besteht.
Lioba: Als ich nach dem Studium angefangen habe für eine NGO zu arbeiten, war ich plötzlich die einzige Schwarze Person. Diese Umstände waren sehr neu für mich, denn ich bin in Düsseldorf immer Teil einer Community von Kids of Color gewesen und habe meinen Studienplatz unter anderem nach diesem Kriterium ausgesucht.
In der Arbeitswelt angekommen habe ich dann eine sehr homogene Mitarbeiterschaft mit wenig Diversität wahrgenommen. Als ich 2017 nach Hamburg gekommen bin, habe ich mich beim Black History Month engagiert und so Anschluss zur Community gefunden. Hier ging es viel um Identitätsarbeit und Empowerment. Ich wollte allerdings verstehen, wie Karriere und Gründung funktionieren. Diese Themen wurden hier nicht bedient.
Parallel war ich bei vielen Frauennetzwerken unterwegs, deren Mitglieder vorwiegend weiß waren. Auch hier wurden nicht die Themen behandelt, die mich beschäftigten. Die Leute waren viel mehr daran interessiert, woher ich komme. Rassismus war hier sehr präsent, was mich natürlich gestört hat. Ich habe im Rahmen des Black History Months einen Piloten zum Thema „Empowerment am Arbeitsplatz für Schwarze Frauen“ veranstaltet. Parallel habe ich mich informiert, welche Hamburger Angebote es für Schwarze Gründerinnen gibt, und so habe ich Mariam mit ihrem Format gefunden.
Lioba (lacht): Es war kein Match von der ersten Sekunde, sondern eher die Tatsache, dass wir die gleiche Vision hatten und uns dazu entschlossen haben, es einfach gemeinsam zu tun!
Mariam: Wir beide sind aus dem ersten Treffen mit der Unsicherheit gegangen, ob es zwischen uns passt. Wir haben es einfach gemacht und wachsen zusammen.
Lioba: Wir sind einfach sehr unterschiedliche Charaktere. Dennoch war für mich ab dem ersten Moment klar, dass ich Mariam vertrauen kann, was essenziell ist, um gemeinsam zu gründen. Mariam ist unglaublich begeisterungsfähig, was mir direkt positiv aufgefallen ist!
Lioba: Mich motiviert das Feedback von Schwarzen Frauen*, die unsere Angebote in Anspruch genommen haben. Viele haben zum Teil erstmalig erlebt, was es bedeutet, in so einem wertschätzenden und unterstützenden Raum zu sein. Wir haben sehr viele Unterstützerinnen, die nicht Teil unserer Kernzielgruppe sind, die uns ebenfalls motivieren.
Ich kann mir gerade gar nicht vorstellen, in welchen anderen Unternehmen ich arbeiten würde. Ich habe bislang kein Unternehmen gefunden, welches zum einen die inklusiven Strukturen aufweist, in welchen ich mich wohlfühlen kann und zum anderen ein Umfeld geschaffen wird, in dem ich fachlich und zwischenmenschlich das einbringen kann, was ich bei „Black Female Business“ einbringe.
Lioba: Leider sind es oft noch die klassischen Themen, wie dass die Frauen* sich mehr anstrengen müssen, damit ihre Leistung anerkannt wird. Viele berichten davon, dass sie übergangen werden und ihnen Kompetenzen abgesprochen werden. Rassistische und diskriminierende Vorfälle werden oft nicht als solche anerkannt. Stattdessen wird ihnen Sensibilität vorgeworfen. Grundsätzlich ist der Tonus, dass die Frauen* oft klein gehalten werden und dementsprechend nicht als gleichwertig angesehen werden. Hinzu kommen Herausforderungen aus anderen Lebensbereichen, wie der Mutterschaft.
Mariam: Wir haben zwei verschiedene Mitgliedschaftspakete, welche die Teilnahme an unseren Events inkludiert. Auch ohne Mitglied zu sein, hat man bei uns die Möglichkeit an unseren Events teilzunehmen, indem man Tickets erwirbt.
Das Paket der Business Sisterhood umfasst die Teilnahme an Dinner-Events, Empowerment Lunches, Stammtischen, Co-Working- und Coaching-Sessions.
Mariam: Zu Beginn gibt es einen themenspezifischen Impuls. Im Anschluss geht es darum, sich in Bezug auf das vorgestellte Thema selbst zu reflektieren und schließlich kollektiv in den Austausch zu gehen.
Lioba: In unseren Gruppen-Coachings laden wir Expertinnen zu verschiedenen Themen ein, die ihre fachlichen Kompetenzen praxisnah vermitteln. Die Teilnehmerinnen sind somit mit einem Fahrplan für ihre individuelle Situation gewappnet und können das Theoretische direkt in die Praxis umsetzen.
Mariam: Unsere Events finden sowohl on- als auch offline in Berlin, Hamburg, Frankfurt, München, Köln und Düsseldorf statt.
Lioba: Ich rate dazu, sich das Unternehmen genau anzuschauen. Das kann bedeuten, bei „LinkedIn“ zu recherchieren, ob und welche Mitarbeiterinnen man dort kennt, um auf diesem Wege einen Blick hinter die Kulissen zu bekommen und sich ein Feedback zum Unternehmen einzuholen. In diesem Zuge kann man auch schauen, ob die Diversity-Bilder mit den Profilen auf „LinkedIn“ übereinstimmen.
Ich finde, wir können sehr klar sein mit dem, was wir fordern, da ein Arbeitsverhältnis ein ganz klarer Deal ist: Ich bringe Dir meine Kompetenzen und meine Zeit und dafür gibst Du mir Aufgaben und Lohn. In Vorstellungsgesprächen können wir daher ganz mutig unsere Fragen stellen und formulieren, was wir brauchen.
Lioba: Unser Ziel ist die Expansion. Das bedeutet, dass wir die englischsprachigen Formate vermehrt aufgreifen werden, da es viele englischsprachige Frauen* in der DACH-Region gibt. Wir sehen einen Mehrwert darin, sich über die Grenzen hinaus auszutauschen und zu schauen, wie Frauen* in anderen Ländern mit ähnlichen Herausforderungen im Arbeitsalltag umgehen. Rassismus ist ein globales Problem, dessen strukturellen Mechanismen ähnlich sind. Ich denke, dass der Blick über den Tellerrand sehr ermutigend sein kann, da es Länder gibt, in denen die Menschen im Umgang mit der Thematik viel weiter sind als wir. Der Austausch hierüber wird sicherlich noch weitere Prozesse anstoßen.
Foto: Alexandra Pretzer