Die Brüder Arthur (36), ehemaliger Deutscher Meister im Wellenreiten und Landschaftsarchitekt, und Felix Wystrychowski (29), ehemaliger Koch und Grafikdesigner, wollten schon immer ihr eigenes Business zusammen gründen, wussten aber lange nicht, in welche Richtung es gehen soll. Dann hatten sie die zündende Idee. Sie mieteten sich einen Sprinter, fuhren nach Portugal und suchten nach kleinen Manufakturen, mit denen sie ein faires Label für Keramik und Teppiche aufziehen konnten. Jetzt haben die geborenen Münchner, die mittlerweile in Köln leben, zehn Mitarbeiter*innen und verkaufen die Produkte von „onomao“ erfolgreich über einen Onlineshop, ihren Kölner Store und Einzelhändler*innen europaweit. Wir haben mit den Gründern über die nachhaltige Produktion, die Organisation ihres Familienunternehmens und ihre ungewöhnlichen Werdegänge gesprochen.
Felix: Wir sehen uns als nachhaltige Interior-Brand, in erster Linie für Wohnaccessoires. Uns ist es sehr wichtig, dass wir nur mit kleinen Manufakturen zusammenarbeiten, unsere Sachen sind alle handgemacht.
Arthur: Angefangen haben wir vor etwa zwei Jahren. Wir hatten die Idee, dass wir etwas mit Produkten machen wollen, die uns selbst sehr gut gefallen. Ich habe vor fast zehn Jahren viel Keramik in Portugal gekauft und hatte seither immer den Gedanken im Kopf, mit diesem Thema zu arbeiten, wenn es die Zeit zulässt. Vor zweieinhalb Jahren hat es sich ergeben, dass ich als Landschaftsarchitekt freiberuflich gearbeitet habe und mehr Zeit hatte. Mein Bruder war auf einer längeren Reise in Portugal und hatte ganz viele Teppiche von den Märkten mitgebracht. Und im Kopf die Idee, dass er gern etwas mit Teppichen machen würde – dann haben wir diese Gedanken zusammengebracht.
Felix: Es hat sich eher zufällig ergeben, dass wir einen Stand bei einem kleinen Weihnachtsmarkt in Köln-Ehrenfeld bekommen haben. Da gibt es nur zehn Stände, die meistens an die Vorjahresaussteller*innen vergeben werden. Aber ich habe im Studium in der Bar „Bumann & Sohn“ gearbeitet, die den Markt organisiert haben. Als ich dem Besitzer erzählt habe, dass Arthur und ich diese Idee hatten, hat er angeboten uns einen Stand zu geben, wenn wir Bock hätten. Bock hatten wir – nur noch keine Produkte.
Arthur: Wir haben dann gedacht, dass wir einfach in Portugal Produkte einkaufen, auf dem Weihnachtsmarkt verkaufen und abwarten, wie es ankommt. Wir haben online nach kleinen Manufakturen recherchiert, die passen könnten. Und im nächsten Moment haben wir einen Sprinter gemietet und sind los.
Felix: Wir hatten vorher Research betrieben, den Familienbetrieb für unsere Keramik haben wir aber zufällig gefunden. Durch eine andere Manufaktur bekamen wir die Empfehlung, ungefähr im Stil von: Ihr fahrt bis zum zweiten Kreisverkehr, dann müsst ihr links abbiegen. Dort fanden wir eine Halle, an der außen gar nichts dran stand. Es war Freitagnachmittag und Mario, der mittlerweile unser Produzent ist, wollte eigentlich schon nach Hause gehen. Trotzdem hat er uns den Showroom gezeigt, wir waren drei, vier Stunden bei ihm und haben uns inspirieren lassen, dann ging alles relativ schnell. Mario war gerade erst von seinem Vater angelernt worden, hatte vor ein paar Wochen angefangen, dort zu arbeiten – wir waren seine ersten Kunden. Das ist total schön, wir haben seitdem eine sehr gute Connection und sprechen fast täglich miteinander.
Arthur: Wir haben aber schnell festgestellt, dass wir nicht einfach dort etwas kaufen und verkaufen können, wie wir es gedacht hatten. Deshalb haben wir kurzerhand eine eigene Kollektion entworfen. Wir sind also mit leerem Auto wieder zurückgefahren und haben gehofft, dass wir wirklich alles zugeschickt bekommen, was wir verkaufen wollten.
Felix: Am Anfang hatten wir auf dem Stand nur ein paar Muster, die restlichen Produkte kamen anderthalb Wochen zu spät. (lacht)
Arthur: Wir haben erst die Keramik und später einige Teppiche verkauft, das kam in der Weihnachtszeit sehr gut an, es war ein ziemlich großer Run. Einige Sachen waren total schnell ausverkauft. Kurz darauf hatten wir die Möglichkeit, eine Ausstellung zu machen. Danach haben wir relativ viele kleine Designmärkte in Deutschland und Österreich besucht, dann kam die Website und so ist alles peu à peu gewachsen. Es lief ziemlich rasant weiter, jetzt haben wir ein eigenes Büro, einen Laden in Ehrenfeld. Wir sind mittlerweile eine kleine Firma mit zehn Mitarbeiter*innen plus Freiberufler*innen.
Alles, was wir eingenommen haben, haben wir direkt reinvestiert, so konnten wir uns im ersten Jahr ganz gut halten.
Felix: Es war uns ziemlich früh klar, dass wir das hauptberuflich machen wollen, das war Anfang 2019. Wir haben beide noch ab und zu als Fotomodel gearbeitet, durch diesen Nebenjob und einen Gründerzuschuss konnten wir uns ganz gut über Wasser halten. Wir hatten Glück, dass wir auf so vielen Märkten waren und dadurch relativ schnell Reichweite erzeugt haben. Alles, was wir eingenommen haben, haben wir direkt reinvestiert, so konnten wir uns im ersten Jahr ganz gut halten.
Arthur: Am Anfang haben wir auch alles selbst gemacht. Es ist natürlich ein großer Vorteil, dass wir beide Interior-Fans sind, wir richten uns ganz gerne selbst ein und ich glaube, wir haben ein Händchen dafür. Ich habe mich als Landschaftsarchitekt immer damit beschäftigt, Konzepte und Räume zu entwerfen, das konnte ich dann nutzen.
Felix: Wir haben anfangs zum Beispiel noch die Flyer selbst geschnitten und gestempelt. Ich bin Grafiker und habe die Website gebaut, so konnten wir natürlich viel sparen. Es macht auch total viel Spaß, diese Handarbeit mit Liebe zum Detail zu machen, aber jetzt müssen wir in einem anderen Maßstab denken. Wir haben nicht so viel Zeit, um alles alleine zu schaffen. Im Weihnachtsgeschäft 2019 bekamen wir erstmals Hilfe von Freunden und Bekannten, jetzt haben wir für viele Aufgaben unsere Mitarbeiter.
Arthur: Die Designs stammen von uns, wir entwerfen sie gemeinschaftlich. Felix und ich haben beide große Lust, daran teilzunehmen, wenn es um kreative Prozesse geht. Es läuft so, dass wir zum Beispiel für die Keramik Ideen haben, die wir dem Produzenten schicken. Daraufhin bekommen wir erste Samples, dann gibt es von uns vielleicht noch Abänderungen. Letztes und dieses Jahr waren wir aber auch öfters in Portugal. Wenn wir vor Ort sind und über Glasuren und Formen sprechen, können wir direkt sagen, dass die Vase oben noch schräger sein soll oder die Schalen größer und tiefer – dann setzen sich die Töpfer*innen direkt hin und machen das.
Arthur: Auf unserer Portugalreise haben wir auf Märkten herumgefragt und schließlich ein Dorf gefunden, in dem mehrere ältere Damen an Webstühlen sitzen und Teppiche herstellen. Inzwischen haben wir noch einen kleinen Betrieb dazugenommen.
Felix: Die ersten Teppiche, die wir hatten, waren traditionelle Flickenteppiche. Portugal hat eine sehr große Textilindustrie, vor allem im Norden lassen viele große Marken produzieren. Es gibt viele traditionelle Weberinnen, die dort Garnreste aufkaufen und daraus Flickenteppiche herstellen. Wir wollten allerdings einfarbige und schlichtere Teppiche, deshalb sind wir inzwischen dazu übergegangen, dass wir selbst die Farben aussuchen.
Wir haben von Anfang an gesagt: Wenn wir selbst ein Label haben, dann soll es so aufgebaut sein, dass wir es vertreten und dahinterstehen können – sonst wäre uns das zu banal. Deshalb versuchen wir in allen Bereichen, möglichst nachhaltig zu handeln.
Arthur: Die Teppiche werden mit recycelten Stoffen oder Restgarnen aus der Mode hergestellt. Bei der Keramik ist es zum Beispiel so, dass wir auch Ausschussware kaufen – es passiert ja immer mal, dass etwas misslingt, wenn man Produkte brennt. Das verkaufen wir dann auf Sample Sales oder geben es weiter, bevor die Produzenten es wegwerfen. Davon abgesehen entsprechen alle Glasuren und andere Stoffe EU-Standards, wir haben das jetzt auch noch vom TÜV prüfen lassen. Die komplette Verpackung, die wir von den Produzenten bekommen, recyceln wir und machen daraus Verpackungs- und Füllmaterial. Außerdem ist es uns wichtig, dass auch die Produzenten selbst gut mit den Preisen leben können, die wir ihnen zahlen.
Arthur: Wir haben von Anfang an gesagt: Wenn wir selbst ein Label haben, dann soll es so aufgebaut sein, dass wir es vertreten und dahinterstehen können – sonst wäre uns das zu banal. Deshalb versuchen wir in allen Bereichen, möglichst nachhaltig zu handeln. Der Ton kommt aus der Region, alles ist handgemacht. Außerdem ist uns wichtig, dass die Produkte lange halten und man sich nicht nach zwei Wochen etwas Neues kaufen muss.
Felix: In unserem Onlineshop und bei uns im Laden in Ehrenfeld. Mittlerweile haben wir ein kleines Netzwerk an Einzelhändlern, das sind etwa 40 bis 50 Läden in Deutschland und Österreich. Normalerweise machen wir auch Events und Pop-up-Stores in einzelnen Städten. Jetzt wären wir eigentlich in Hamburg gewesen – aber das haben wir durch Corona auf Eis gelegt und wir hoffen, dass wir da nächstes Jahr durchstarten können.
Ein großer Vorteil ist, dass wir sehr unterschiedlich sind. Jeder hat die eigenen Stärken und wir ergänzen uns gut.
Arthur: Wahrscheinlich ging es uns ähnlich wie vielen. Am Anfang herrschte sehr große Ungewissheit, was auf uns zu kommt. Gerade bei uns ist es so, dass wir alles eigenfinanziert machen, organisch wachsen und das Unternehmen gesund aufbauen wollen. Da waren wir natürlich auch mal verunsichert.
Felix: Anfang 2020 hatten wir gerade Leute fürs Büro eingestellt – da kam plötzlich Corona. Da trugen wir eine ganz andere Verantwortung den Angestellten gegenüber. Aber wir hatten den Onlineshop, der ganz gut funktionierte, dadurch konnten wir das kompensieren, was wir durch Events und unseren Laden eigentlich eingenommen hätten.
Arthur: Wir hatten natürlich auch Glück, dass durch Corona viele Leute zuhause saßen und nicht viel machen konnten. Da sagt man dann schnell mal: Wir machen es uns schön und bestellen Wohnaccessoires.
Arthur: (lacht) Tatsächlich habe ich zehn Jahre als Surflehrer gearbeitet und lange mit dem Gedanken gespielt, ein eigenes Surfcamp aufzumachen. Letztlich habe ich mich aber dann doch dagegen entschieden, meine Leidenschaft zum Beruf zu machen und deshalb auch angefangen als Landschaftsarchitekt zu arbeiten. Eigentlich wollte ich als dieser auch in den Küstenschutz. Nachdem ich fast sechs Jahre als Angestellter für ein großes Architekturbüro gearbeitet habe, spürte ich, dass ich meinen Fokus wieder verstärkt auf etwas setzen möchte, was stärker mit meinen privaten Leidenschaften verknüpft ist. Die Zeit in der Branche möchte ich aber nicht missen.
Felix: Während meiner Ausbildung in Sagres habe ich auf dem harten Weg gelernt, dass meine Liebe zum Kochen nicht ganz für eine Karriere in dem Bereich ausreicht. Für mich war die Ausbildung ein bisschen Mittel zum Zweck, um nach dem Abitur möglichst schnell ans Meer und in die Wellen zu kommen. Trotzdem habe ich in der Zeit viel gelernt und herausgefunden, dass Kreativität für mich eine unverzichtbare Voraussetzung für meinen beruflichen Alltag ist. Durch Zufall habe ich im Anschluss eine Ausbildung als Grafiker in einer tollen Agentur in Köln machen können. Von diesem Wissen zehre ich auch heute noch, da so gut wie alle kreativen Prozesse zu 100 Prozent in unserer Hand liegen. Und wer weiß, was die Zukunft so bringt, vielleicht eröffne ich doch noch irgendwann ein Bistro am Strand in Portugal. Um das passende Geschirr müsste ich mir jedenfalls keine Gedanken mehr machen. (lacht)
Felix: Eigentlich denke ich da gar nicht drüber nach, es läuft einfach. Wir waren vorher auch schon immer sehr eng und es war schon lange ein Wunsch von uns, mal etwas zusammen zu machen.
Arthur: Ein großer Vorteil ist, dass wir sehr unterschiedlich sind. Jeder hat die eigenen Stärken und wir ergänzen uns gut. Klar gibt es auch mal Momente, bei denen wir uns in den Haaren haben, aber im nächsten Moment ist alles gut und gegessen – vielleicht ist das einfacher dadurch, dass wir uns so gut kennen.
Felix: Wir wollen auf jeden Fall in Zukunft mehr unterschiedliche Produkte ins Portfolio aufnehmen. Wir möchten als Interior-Label wachsen und nicht mehr nur Keramik und Teppiche anbieten, aber das steckt gerade alles noch in den Kinderschuhen. Eigentlich sollte das dieses Jahr schon passieren, aber durch Corona hat es sich verschoben.
Arthur: Wir überlegen auch, einen weiteren Laden aufzumachen. Gerade bei handgemachten Produkten finden wir es schön, wenn die Kunden die Sachen auch in die Hand nehmen und sehen können – das geht im Onlineshop natürlich nicht. Außerdem ist unsere Website bald auch auf Englisch verfügbar, da laufen gerade mehrere Projekte nebeneinander.
Wir bauen uns eine eigene Arbeitswelt, das macht einfach total viel Spaß – es ist ein Familien- und Freund*innen-Projekt geworden, das ist wirklich schön.
Arthur: Wir hatten Riesenglück, dass wir auch in unserer Familie super viel Support hatten. Meine Frau Anna ist sehr erfahren mit PR und Marketing, meine Schwägerin Maya prägt unsere ganze Bildsprache. Wir bauen uns eine eigene Arbeitswelt, das macht einfach total viel Spaß – es ist ein Familien- und Freund*innen-Projekt geworden, das ist wirklich schön.
Felix: Wir sind außerdem ganz gut mit anderen Kölner Brands vernetzt, zum Beispiel mit „erlich textil“ und „Kerbholz“. Wir hatten total Glück, dass wir schon immer Freund*innen oder Familienmitglieder hatten, die bei kleinen Marken arbeiten und bei denen man sich viel abschauen kann. Ich glaube, Köln als Standort hat uns auch geholfen. Ich habe zu Beginn der Gründung noch in Berlin gelebt und hatte das Gefühl, dass es dort viel schwerer ist, in diese Kreise hereinzukönnen. Der Kölner an sich ist sehr gesellig, man wird total offen aufgenommen und andere Brands haben echte Freude daran, wenn man eine gute Idee hat. Die bieten einfach ihre Hilfe an, ohne dass man sich anbiedern muss.
Felix: Es war einfach eine Mischung aus Glück und der Kölner Mentalität: Man hilft sich hier gegenseitig. Und genauso geben wir mittlerweile selbst unsere Erfahrungen weiter.
Fotos: Maya Claussen
Layout: Kaja Paradiek