Keine Handcreme war ihm gut genug. Deshalb hat Alexander Hartan sein eigenes Unternehmen gegründet: Mit Studio Botanic produziert er Naturkosmetik, die er selbst gerne benutzt. Begonnen hat er mit einer Handcreme, weitere Produkte folgen – bis Alexander alles zusammen hat, was ihm auf dem Markt fehlt. Wie die Firmengründung lief, welche Rolle das Design spielt und warum er auf Amazon als Vertriebskanal setzt – das alles haben wir Alexander gefragt. Wir trafen ihn in seinen neuen Büroräumen und begleiteten ihn auf einem kurzen Spaziergang durch das schöne Köln-Lindenthal bis in sein Wohnzimmer – denn fast immer arbeitet er von dort aus an seiner eigenen Marke.
Alexander Hartan: Meine Idee war es, eine Naturkosmetiklinie zu gründen, die eine sinnige Alternative zu den bestehenden Marken darstellt und meine persönlichen Ansprüche an ein Produkt erfüllt. Das hört sich erstmal nicht herausragend an, aber ich habe festgestellt: Es gibt Produkte, die mir zwar grundsätzlich gefallen, die ich aber gerne in einer anderen Version, Komposition oder Performance herstellen würde. Ich habe beispielsweise einfach keine Handcreme mit natürlichen Inhaltsstoffen gefunden, die mich wirklich überzeugt hat. Das war der Startschuss für Studio Botanic.
Irgendwann hatte ich genug Hintergrundwissen, um zu sagen: Das kann ich auch alleine, ich gründe mein eigenes Unternehmen.
Ich habe Medienmanagement und Entrepreneurship studiert, nach dem Abschluss habe ich in der chemischen Industrie gearbeitet und mich dort um PR- und Marketingthemen gekümmert. Dies war der Ort, an dem ich mit der Entstehung von Kosmetikprodukten und deren Inhaltsstoffen in Berührung gekommen bin. Viele Menschen wissen nicht, dass neben den künstlichen Stoffen auch viele natürliche Inhaltstoffe für Kosmetik von großen Chemieunternehmen hergestellt und an die Naturkosmetikhersteller geliefert werden. Es ist eben nicht nur der kleine Betrieb, der ätherische Öle presst, welcher die Produktion von Naturkosmetik möglich macht. So konnte ich einige vorgelagerte Abläufe der Kosmetikindustrie kennenlernen. Dann habe ich entschieden, selbst in die Kosmetikbranche zu wechseln, weil mich das Thema sehr interessierte. Ich bin bei einer kleinen Firma eingestiegen, bei der ich in verschiedenen Bereichen gearbeitet und sehr viel gelernt habe. Irgendwann hatte ich genug Hintergrundwissen, um zu sagen: Das kann ich auch alleine, ich gründe mein eigenes Unternehmen.
Ja, das war für mich eindeutig. Alles andere macht für mich keinen Sinn, es wäre keine Herausforderung und es passt nicht in unsere Zeit. Für Studio Botanic habe ich daher am Anfang ein Manifest verfasst, welches mir immer als Richtschnur dient, wenn ich Entscheidungen zu Produkten und meinem Unternehmen treffe. Es gibt so viele Gründe, die für Naturkosmetik sprechen, ich persönlich benutze sie auch selbst am liebsten. Es ist natürlich sehr einfach, zum Beispiel auf Erdölbasis Produkte zu entwickeln und herzustellen, die eine gute Performance leisten, aber hier ist das Entwicklungspotenzial schon lange ausgereizt.
Ich habe Weihnachten 2015 beschlossen, Studio Botanic zu gründen und bin das sofort mit vollem Einsatz angegangen. Meinen anderen Job habe ich dafür aufgegeben. Der Prozess war recht langwierig, ich habe erst ein Konzept ausgearbeitet, dann hat es etwa ein Jahr gedauert, bis ich das nötige Geld für den Start organisiert hatte. Ich konnte einen Mitgesellschafter gewinnen, der aber operativ nicht involviert ist. Ende November 2017 kam dann endlich unsere Handcreme auf den Markt.
Wenn man von Anfang an weiß, was man in der Entwicklung beachten muss, damit die Produkte zertifiziert werden können, dann ist es kein besonders großes Problem. Ich arbeite mit einem Entwicklerteam zusammen, das genau wusste, worauf es ankommt. Wenn man die richtigen Rohstoffe nutzt und einige wenige Punkte beachtet, dann ist der Rest nur noch ein übersichtlicher bürokratischer Prozess.
Vieles ist extern organisiert. Neben einer Assistenz unterstützen mich für die Gestaltung eine Designerin, eine Kommunikationsmanagerin, eine Person fürs Onlinemarketing und das Entwicklerteam.
Bislang verkaufen wir ausschließlich über Amazon. Bei aller Kritik an dem Unternehmen: Das ist für uns der einfachste und effektivste Weg. Ich finde es allerdings schade, dass es für Händler kein vergleichbares Dienstleistungs- und Versandangebot in Deutschland gibt. Wettbewerb belebt ja das Geschäft. Natürlich kann man einen eigenen Onlineshop eröffnen, aber dann hätten meine Mitarbeiter und ich einen völlig anderen Arbeitsalltag: Bei unseren vielen Bestellungen täglich wäre das Büro dann eine Lager- und Versandanstalt. Diese Prozesse würden das Unternehmen dominieren und das wollte ich in der Anfangsphase einfach nicht, weil es viel wichtigere Aufgaben gibt.
So übernimmt Amazon all diese Arbeit für uns. Die Produkte werden leicht zugänglich, schnell versendet und wir erreichen viele Menschen. Dies wird natürlich nicht die einzige Möglichkeit bleiben, unser Fokus liegt aber auf dem Onlinevertrieb. Wir schauen uns gerade in Ruhe nach weiteren Vertriebspartnern um und der Onlineshop wird auch irgendwann kommen.
Ich bin als Entrepreneur immer im Einsatz.
Nein, für mich gibt es keine Arbeitszeiten. Ich arbeite immer, wenn etwas zu tun ist. Ich lasse nie etwas warten, das wichtig ist und bislang gebe ich es auch nicht ab. Das kann ich mir vielleicht irgendwann erlauben, wenn Studio Botanic weitere Mitarbeiter hat, aber aktuell bin ich als Entrepreneur immer im Einsatz. Ich habe zwar mittlerweile auch ein Büro angemietet, aber noch arbeite ich fast immer im Home-Office von meinem Wohnzimmer aus – mit Blick auf den Kanal. Hier sitze ich am liebsten an meinem Notebook und koordiniere alles, was bei Studio Botanic anliegt.
Design kann in der heutigen Zeit nur noch als Wiederholung oder eben schöne Neukombination gesehen werden.
Ja, als nächstes bringen wir eine Cold Cream auf den Markt, also das klassischste aller Kosmetikprodukte. Diese erste Creme wurde im zweiten Jahrhundert nach Christus vom griechischen Arzt Galenos entwickelt und basierend auf einer Formulierung aus Wasser, Olivenöl, Bienenwachs und Rosenblütenextrakt. Bei uns wird es natürlich etwas komplexer und eben vegan, aber die Idee ist gleich: Wir wollen eine pflegende Creme für Hand und Körper herstellen. Gerade befinden sich drei weitere Produkte in der Entwicklung: eine Gesichtscreme, eine Handseife und ein Shampoo. Außerdem arbeite ich am Konzept für eine Heilsalbe, die fettiger ist als die anderen Cremes – sie soll angegriffene Haut reparieren. Das ist also ein etwas spezielleres Produkt. Bei unserer Handcreme war der Ansatz zunächst, eine praktische Creme für den Alltag zu entwickeln.
Ich finde es auch wichtig, dass Menschen, die bislang keinen Bezug zu Naturkosmetik haben, sagen: Das Produkt gefällt mir gut, diese Creme benutze ich gern.
Unser minimalistisches Design ist von der Minimal Art der 1960er Jahre beeinflusst. Nicht nur optisch, sondern auch konzeptionell. Hierbei geht es uns vor allem um einfache Standards und die Reduktion des Materials, Standardmaterialien und Industriedesigns in der Gestaltung. Wir nutzen einfache weiße Standardtuben und -deckel, die jeder Marke zur Verfügung stehen. Wir haben aber auch die Universalsprache der Emojis in unser Design aufgenommen, weil simple Bildsprache eben auch die reduzierteste Form der Kommunikation ist. Das passt sehr zu unseren Produkten, bei denen wir auf alle unnötigen Inhaltsstoffe verzichten und eben auch den Geruch reduzieren.
Das Neue liegt hier viel mehr in der Tube als auf ihrer grau-weißen Oberfläche. Design kann in der heutigen Zeit nur noch als Wiederholung oder eben schöne Neukombination gesehen werden. Neues Design bedient sich aus der Design- und Kunstgeschichte. Ich bin deswegen auch immer wieder erstaunt, wenn sich auf unserem Instagram-Account irgendwelche Trolle zu Wort melden und auf einer Übereinstimmung unseres Designs mit dem eines bestimmten Beauty- und Accessoire-Labels pochen. Der Hinweis genauer auf Details zu achten, viele Designunterschiede zu berücksichtigen, die „Tube einfach mal zu wenden“, um unser Emoji-System zu sehen, sorgt nicht merklich für Reflexion. Aber so oberflächlich ein Designvergleich auch sein kann, so oberflächlich interessieren sich manche Menschen dafür, ob eine Handcreme aus Erdöl oder Pflanzenöl hergestellt ist.
Sehr wenige Inhaltstoffe bieten für manche Menschen vielleicht einen direkteren Aufschluss über die Rohstoffe des Produktes, es wird also viel leichter lesbar. Ich weiß aus Erfahrung, dass möglichst wenige Inhaltsstoffe oft nicht das Optimum bilden. Nur weil man weniger als zehn Inhaltsstoffe nutzt, wird ein Produkt in seiner Funktion und Wirkung nicht zwangsläufig besser – es können immer noch zehn künstliche, chemische Inhaltsstoffe enthalten sein oder eine natürliche Formulierung geht nicht optimal auf, weil sie nicht stabil ist, nicht gut wirkt oder nur kurz haltbar ist.
Man kann sich selbst natürlich eine Creme aus einigen wenigen Zutaten anrühren, aber dann hat sie nicht die gleichen Eigenschaften wie ein professionelles Produkt aus der Tube. Vor allem die Haltbarkeit ist problematisch: Wer sich selbst eine Creme auf diese Art herstellt, kann sie nur wenige Tage nutzen, im Normalfall geht es nicht länger. Es ist sehr komplex, die Stabilität des Produktes zu erreichen. Vor allem beim Duft ist das schwierig: Wir haben uns bei der Handcreme für einen leichten Mandarinen- und Pfefferminzduft entschieden, der vielen Testern sehr gut gefällt. Nach dem öffnen ist die Creme, wenn sie nicht höheren Temperaturen ausgesetzt wird und gut verschlossen bleibt, mindestens sechs Monate haltbar.
Ja, bei der Entwicklung der Produkte beziehe ich eine vielfältige Gruppe von Menschen ein. Welche, die von Naturkosmetik begeistert sind, und andere, denen daran nicht viel gelegen ist. Ich finde es wichtig, dass Menschen, die bislang keinen Bezug zu Naturkosmetik haben oder gar eine Antipathie besitzen, sagen: Das Produkt gefällt mir gut, diese Creme benutze ich gern.
Das Ziel für die nächsten drei Jahre ist erstmal, alle Kosmetikprodukte, die ich selbst im Alltag benutze, im eigenen Produktportfolio zu haben. Hierbei geht es mir nicht um Produkte für die Frau oder den Mann, es geht um Produkte des täglichen Bedarfs, welche geschlechtsneutral zur Anwendung kommen. Wenn ich für diese Bedürfnisse ein gutes Produkt entwickelt habe, sehe ich weiter.