Ein Kind, zwei Katzen und ein Mama-Blog – Susanna Goonawardana ist vor knapp eineinhalb Jahren Mutter von ihrem Sohn Noam geworden. In der Elternzeit hat sie ihren Blog A Family Affair entwickelt, der im August online gegangen ist und den sie neben ihrem 30-Stunden-Job als Moderedakteurin und dem Vollzeit-Mamasein betreibt. Mit Hund und Katze auf dem Schoß sprechen wir mit der Hamburgerin in ihrer schönen Altbauwohnung mit Wintergarten über die große Herausforderung Kind, Festanstellung und Blog unter einen Hut zu bekommen, ihre Leidenschaft für Nachhaltigkeit und Weihnachten auf Sri Lanka.
femtastics: Du hast sri-lankische Wurzeln. Hast du bestimmte Weihnachtstraditionen übernommen?
Susanna Goonawardana: Meine Familie in Sri Lanka ist katholisch, deshalb unterscheidet sich Weihnachten nicht gänzlich von unserem. Mein Freund Daniel und ich waren einmal Weihnachten in Sri Lanka und sind abends dann in die Kirche gegangen, wir haben zwar kein Wort verstanden, aber es war lustig. Daniels Eltern leben in der Schweiz, wir feiern abwechselnd ein Jahr hier und ein Jahr da. Wenn wir hier sind, sind wir meistens bei meiner Schwester und ihrer Familie, meine Tante, mein Onkel und mein Vater kommen vorbei. Jetzt gibt es natürlich eine große Bescherung für die Kinder und es wird ganz traditionell gegessen und gefeiert.
Mit Kind bekommt Weihnachten oft eine neue Bedeutung.
Auf jeden Fall, man kann Heiligabend wieder Geschichten erzählen und Lieder singen. Mit der Schwangerschaft habe ich plötzlich angefangen die Wohnung zu schmücken und wir haben den ersten Baum aufgestellt. Das kommt jetzt alles nach und nach. Dieses Jahr habe ich zum ersten Advent angefangen zu dekorieren. Früher war mir das immer egal und Weihnachten war immer so schnell da, dass man keine Zeit hatte sich Gedanken zu machen.
Viele Frauen bekommen ihre Jobs nach der Elternzeit nicht wieder
Vor vier Monaten hast du deinen Blog „A Family Affair“ gelauncht. Mami-Blogs haben in den letzten Jahren einen regelrechten Boom erlebt. Wie ist die Idee entstanden?
Die Idee ist dadurch entstanden, dass ich schon vor meiner Rückkehr nach der Elternzeit in den Job wusste, dass ich meinen alten Job nicht wiederbekommen werde. Das war erstmal frustrierend. Ich wusste aber, dass ich irgendwas Eigenes machen muss, wo ich mich ausleben, selbst kreativ sein und das machen kann, was ich will. Dann bin ich auf die Idee gekommen einen Mama-Blog zu machen, was natürlich nicht so abwegig ist, wenn man ein Kind bekommen hat. Zudem ist der Blog für mich eine Art Memoblock, auf dem ich mir auch persönlich tolle Produkte merke.
Für viele Frauen ist die Elternzeit leider oftmals ein Karriereknick.
Viele Frauen bekommen ihre Jobs nach der Elternzeit nicht wieder oder werden in einen anderen Bereich mit weniger Verantwortung „abgeschoben“. Ich habe es von vielen gehört und es passiert immer wieder. Vielen wird in der Elternzeit auch gekündigt, das passiert auch häufig.
Hast du persönlich denn das Gefühl, dass eine Festanstellung und ein Kind gut miteinander vereinbar sind und die Arbeitgeber darauf eingehen?
Die Arbeitgeber gehen gar nicht darauf ein. Es gibt feste Abläufe, an die man sich halten muss. Fotoproduktionen dauern gerne schon mal zwölf Stunden und dann wird es schwierig für uns. Wir haben keine Oma in der Nähe, wir binden meinen Vater aber gerade ein bisschen mehr ein. Außerdem haben wir das große Glück, dass wir eine super flexible Kita haben. Wir müssen Noam nicht grundsätzlich um 9 Uhr abgeben und um 15 Uhr abholen, sondern können ihn auch erst um 12 abgeben und um 18 Uhr abholen.
Wenn die Eltern glücklich sind, sind es die Kinder meistens auch.
Wie teilst du dir deine Arbeitszeit ein?
Ich arbeite montags bis mittwochs Vollzeit, also acht Stunden, und donnerstags mache ich um 15 Uhr Feierabend. Das ist gut so, weil ich mich dann auch auf den Job konzentrieren kann und nicht immer hin- und herswitche. Wenn man nur halbtags da ist, ist man auch nicht mehr Teil des Bürolebens. Oft finden Konferenzen am Nachmittag statt, obwohl einige Mütter nur halbtags arbeiten.
Ursprünglich hast du als Fotoredakteurin gearbeitet, bist jetzt aber als Stylistin & Redakteurin tätig. Wie kam es zu dem Wechsel?
Am Anfang meines Berufslebens habe ich einem Fotografen zweieinhalb Jahre assistiert und das Booking übernommen. Damals war noch alles analog, also stand ich tagelang im Labor und machte Abzüge und Kontakte. Danach habe ich ein Bild-Volontariat bei der Maxi absolviert. Da habe ich angefangen eigene Produktionen zu machen, zum Beispiel Portraitproduktionen – dort habe ich das Styling immer mitgemacht, weil es kein Budget für einen Stylisten gab. Ich habe nebenbei freie Modeproduktionen gemacht und bei den Heften, wo ich gearbeitet habe, dann immer Produktionen betreut. Dann habe ich lange als freie Bildredakteurin gearbeitet bis ich bei dem Magazin Laviva festangestellt wurde.
Und wie bist du dann im Mode-Ressort gelandet?
Als meine Mode-Vorgängerin bei der Laviva gegangen ist, hat sie mich gefragt, ob ich Lust hätte das zu übernehmen, weil sie wusste, dass ich Produktionen mache. Da der Anteil an Text in der Mode nicht so groß war, habe ich gedacht: Ich kann es ja probieren, wenn alle damit einverstanden sind. Dann habe ich mich ganz schnell reingefuchst. Am Anfang habe ich sogar noch zwei Monate Bild- und Moderedaktion parallel gemacht. Irgendwann habe ich dann nur noch Mode gemacht und dann bin ich schwanger geworden und bis August 2015 ein Jahr in Elternzeit gegangen.
Ist es in der Mütterszene und in deinem Umfeld überhaupt noch ein Thema, dass Mütter nach einem Jahr wieder arbeiten gehen?
Es ist schon das gängige Modell, dass Mütter nach einem Jahr oder eineinhalb Jahren wieder arbeiten gehen. Ich erlebe es eher so, dass es ungewöhnlich ist, wenn Frauen länger zu Hause bleiben. Für mich hätte das nicht funktioniert, weil ich gerne arbeite und anderen Input brauche. Eigentlich wollte ich sogar schon früher zurück in die Berufswelt, aber es hat sich dann gezeigt, dass Noam noch nicht soweit war. Ich glaube aber auch, dass es für Kinder gut ist, wenn sie früh mit anderen Kindern in Kontakt kommen und einen sozialen Umgang lernen. Und wenn die Eltern glücklich sind, sind es die Kinder meistens auch. Außerdem ist es natürlich auch eine finanzielle Geschichte. Mein Freund will gerade seinen Doktor machen. Also war es auch aus finanzieller Sicht wichtig, wieder arbeiten zu gehen.
Und wann ist die Idee für deinen Blog „A Family Affair“ entstanden?
Ich hatte schon länger überlegt etwas zu machen, aber der Zeitpunkt war noch nicht da. Angefangen habe ich erst als Noam in die Kita eingewöhnt wurde, das war Mitte Juni 2015. Innerhalb von einem Monat habe ich den Blog aufgebaut und eine Illustratorin gefragt, ob sie das Logo machen würde. Außerdem habe ich eine Fotografin, Ruth Kobbe, gefragt, ob sie auch Lust hat mitzumachen. Und dann ging es schon los.
Nachhaltigkeit ist dein großes Thema. Ziehst du persönlich eine nachhaltige Lebensweise komplett durch, vom Shampoo bis zum Strampler?
Auf meinem Blog versuche ich viele nachhaltige Produkte zu zeigen, von Naturkosmetik bis zum gesunden Essen – eine rundum nachhaltige Lebensweise. Klar, kann man das nicht immer hundertprozentig einhalten und manchmal möchte man sich auch einfach irgendwas gönnen, was einfach schön ist. Wenn man sich allerdings zum Beispiel bewusst macht, dass die Haut das größte Organ ist und die Kinder über die Haut viel aufnehmen, dann liegt es nahe, dass möglichst keine Chemie in den Klamotten steckt. Noam bekommt viel von seinen Cousins, da sind die Sachen aber auch hundertmal gewaschen, ansonsten hat uns zum Beispiel letztens seine Oma ein großes Paket mit Bioklamotten geschenkt. Die weiß, dank des Blogs, jetzt auch was wir mögen. (lacht) Tauschaktionen finde ich auch super. Ich habe bei anderen Eltern mitbekommen, dass sie kistenweise Babyzeug tauschen, weil die Kleinen so schnell rauswachsen. Ich kaufe Babykleidung auch viel auf Flohmärkten. Noams Kinderbett von Brio haben wir auch gebraucht in Dänemark gekauft. Das hat Daniel bei einer Art Ebay Kleinanzeigen in Dänemark gefunden.
Möchtest du deinen Blog als zweites Standbein aufbauen?
Am Anfang wollte ich einfach etwas für mich selbst machen. Als ich schwanger war, wusste ich nicht wo man Umstandsmode, außer bei H&M, bekommt und wo man gute Pflege kaufen kann. Ich kannte mich überhaupt nicht aus. Ich habe zwar zwei Neffen, wusste aber nicht wo man gutes Spielzeug herbekommt, gute Kindermode, die zu fairen Bedingungen hergestellt wird und aus Biobaumwolle besteht. Ich habe zwar auch ein paar Blogs gelesen, es war aber nie das dabei, was ich selbst unterstützen möchte und toll fand, zumindest nicht in einer komprimierten Art und Weise. Wenn daraus ein zweites Standbein entsteht, freue ich mich sehr. Es muss einfach nach und nach wachsen, weil ich ja auch alleine bin und es neben meinem 30-Stunden-Job mache. Ich versuche zwei bis drei Posts in der Woche zu veröffentlichen – das klappt aber auch nicht immer, dann ist das Kind krank oder man selbst.
Die richtig coolen Kindersachen sind aus Biobaumwolle und GOTS zertifiziert.
Wann findest du Zeit für den Blog?
Freitags bringe ich Noam in die Kita und nutze die Zeit ohne ihn zum Bloggen. Abends versuche ich mich auch oft dranzusetzen und E-Mails zu beantworten, wovon vieles leider auf der Strecke bleibt. Ich versuche es so gut wie möglich.
Ungewöhnlich in der Bloggerwelt – dein Freund Daniel schreibt auch mit.
Das funktioniert bisher noch nicht so gut. (lacht) Bisher hat er sich noch nicht viel beteiligt, aber es kommt noch.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
Das kam von uns beiden. Wir sind beide Eltern und haben beide etwas zu sagen. Dadurch, dass Daniel als Selbstständiger seine Zeit frei einteilen kann, verbringt er auch viel Zeit mit Noam. Er war vor der Kita viel mit ihm unterwegs und hat auch viele Erfahrungen gemacht. Das wollten wir eigentlich noch viel mehr einbinden – das ist im Alltag dann aber doch schwierig. Wir bleiben aber dran.
Tut sich generell viel im nachhaltigen Kidswear-Bereich?
Ja, auf jeden Fall. Oft wird über Ökomode gesagt: „Das sieht ein bisschen ökig aus.“ Aber gerade bei Kindermode ist es eher umgekehrt. Die richtig coolen Kindersachen sind aus Biobaumwolle und GOTS zertifiziert. Ich habe zum Beispiel letztens mit dem Label Nipparel ein Interview gemacht, die auf der schwäbischen Alb produzieren. Es gibt ganz viele kleine Labels, die in Europa produzieren und die darauf achten, wo die Baumwolle herkommt. Die Skandinavier sind da auch ganz weit vorne – da tut sich einiges.
Und was sind deine Favoriten?
Minirodini finde ich toll, die recyceln viele Fasern. Noam hat zum Beispiel einen UV-Anzug aus recyceltem Polyester, unser Kinderwagen ist aus recycelten PET-Flaschen von Greentom, Noé & Zoë aus Berlin ist toll, Kavat macht richtig gute Schuhe aus Ökoleder für die ganze Familie und Bergflocke, ein Labels aus der Schweiz, mit ganz flauschigen Baumwollsachen. In die Teile von Bobo Choses verliebe ich mich immer wieder aufs Neue. Toll ist, dass man online schauen kann, wo das jeweilige Kleidungsstück herkommt. Wer auf der Suche nach Bettwäsche oder Spieldecken ist, sollte mal bei Fabelab vorbeischauen.
Und ein ganz anderes Thema: Du wohnst im Münzviertel in Hamburg, hinter dem Hauptbahnhof – was magst du an dem Viertel besonders gerne?
Als wir damals auf der Suche waren, vor sieben Jahren, hatten wir überlegt ob wir in der Schanze bleiben, weil Daniel da vorher gewohnt hat, aber wir haben nichts Bezahlbares gefunden. Dann sind wir auf diese Wohnung gestoßen und fanden die so toll mit dem Wintergarten und dem tollen Badezimmer. Wir waren uns aber nicht ganz sicher, ob wir ins Münzviertel ziehen sollen. Es liegt zwar zentral aber irgendwie auch ab vom Schuss. Wir haben dann Pro- und Kontralisten angefertigt. Letztendlich fanden wir es aber auch spannend, total urban und anders. Und damals hatten wir auch die große Hoffnung, dass sich in den nächsten zwei, drei Jahren ganz viel tun würde.
Hat sich mittlerweile viel verändert?
In den letzten sieben Jahren hat sich nicht wahnsinnig viel getan. Im letzten Jahr hat es angefangen, dass ein Stückchen weiter die Straße runter neue Wohnungen gebaut werden. Wir hoffen, dass dann vielleicht auch mal ein Supermarkt mit einzieht. Außerdem ist die Oberhafenkantine nicht weit entfernt – von da bis in die Hafencity wird gerade ein großer Park gebaut mit Fußball- und Basketballfeld und mit Spielplatz. Den Spielplatz gibt es schon und dann hat man es auch nicht mehr so weit bis ins Grüne. Jetzt passiert hier tatsächlich langsam was. Wir bleiben dem Viertel auf jeden Fall treu – im Januar ziehen wir in die Wohnung im Erdgeschoss mit Garten, darauf freuen wir und schon sehr!
Das klingt toll! Vielen Dank, dass wir dich besuchen durften, liebe Susanna.
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