Auf der digitalen Überholspur – Alexandra Holscher von Très Click

Webseiten gibt es viele, aber eine Seite für Lifestyle mit einer großen Portion Humor? Die fehlte der Redakteurin Alexandra Holscher in der deutschen Medienwelt, also macht sie es einfach selbst. Zusammen mit ihrer ehemaligen Verlagskollegin Ninon Götz gründet sie 2014 das Online-Magazin Très Click und baut in Windeseile eine beeindruckend große Leserschaft auf. Das Ziel: Très Click soll die Startseite der weiblichen Millennials werden. Wie sie das schafft, erzählt uns Alex in ihrer Wohnung in Hamburg-Eimsbüttel und natürlich im Office von Très Click in St. Georg.

Femtastics: Als wir dich kennenlernten, hast du noch im Verlag gearbeitet. Jetzt hast du ein eigenes Online-Magazin. Wann hast du die Entscheidung dafür getroffen?

Alexandra Springer: Ziemlich früh, denn ich wollte schon immer irgendwann mal selbständig arbeiten. Ich wusste nur nicht, in welcher Form. Ich war damals bei der Grazia Redaktion im Print- und Online-Team und mochte das Team sehr gern. Ich wusste aber immer, dass ich hauptsächlich da bin, um die Erfahrungen zu sammeln und ein Netzwerk aufzubauen, damit ich später frei arbeiten kann.

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Du hattest also keine Verlagskarriere geplant?

Karriere ist für mich ein Unwort und ich mag keine Hierarchien. Dieses Spiel und Gepokere um einen höheren Posten in der Branche ist Gang und Gebe. Das wollte ich nie mitmachen. Ich wollte etwas Eigenes. Bei der Grazia habe ich Ninon kennengelernt und wir wussten, dass wir zusammen was auf die Beine stellen wollen.

Ich bin irgendwann morgens aufgewacht und wusste, heute kündige ich.

Also habt ihr gleichzeitig eure Jobs gekündigt?

Ninon hat zuerst gekündigt. Ich bin irgendwann morgens aufgewacht und wusste, heute kündige ich. Uns war gar nicht genau klar, was wir machen wollen. Wir wussten nur, dass wir es zusammen probieren werden.

Warum habt ihr aufeinander vertraut?

Wir wussten, dass wir gut zusammen arbeiten können. Es ist wichtig, dass man Themen diskutieren kann – auch wenn man nicht einer Meinung ist – und sich danach trotzdem respektvoll begegnet. Ninon war meine Vorgesetzte und hat auch mal Kritik zu einem Text geäußert, trotzdem sind wir danach ganz normal in die Mittagspause gegangen. Das ist ein gutes Zeichen. Wir können die Ebenen zwischen beruflich und privat trennen und sind beste Freundinnen.

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Hattest du kalte Füße als du deinen Job im Verlag gekündigt hast?

Total. Ich bin ein sehr loyaler Mensch und habe noch nie mit jemandem Schluss gemacht. Es war ein sehr wichtiger Schritt für mich.

 Ich stelle am liebsten jeden sofort ein, der etwas besser kann als ich.

Was hat dir im Verlag gefehlt?

Mir wurde zu wenig zugetraut. Und Vorgesetzte konnten nicht damit umgehen, wenn ich etwas besser konnte. Ich lasse mir von meinen Mädels alles erklären: Snapchat, Instagram. Ich stelle am liebsten jeden sofort ein, der etwas besser kann als ich. Was soll diese Stutenbissigkeit?

Das Stichwort ist: einfach machen?

Voll und da kann auch mal was schiefgehen. Ninon und ich sagen immer: Wer viel macht, macht auch viel falsch. Das ist vollkommen in Ordnung. Der Online-Kanal ist auch sehr dankbar, man kann das meiste immer nachträglich ändern.

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Welches Digitalangebot hat dir damals in der Medienwelt gefehlt?

Ein Angebot mit Lifestyle und Humor.

Worin unterscheidet ihr euch mit Très Click noch von anderen Online-Magazinen?

Ich zitiere gern Goethe, der an seine Liebste in einem Brief schrieb: Verzeih mir, dass der Brief so lang geworden ist, ich hatte keine Zeit mich kurz zu fassen. Sprich, es ist schwieriger, sich kurz zu halten als lange Texte zu schreiben. Unsere Leser, die Millenials, haben wenig Zeit und konsumieren sehr schnell – die wollen wir abholen und mit News und Gossip versorgen. Wir sind ihre beste Freundin und liefern ihnen Gesprächsstoff. Wir brechen ernste Themen runter, sodass sie jeder versteht.

Das ist die hohe Kunst! Das heißt, die Headline ist extrem wichtig für euch.

Das Wichtigste. Wir bekommen immer wieder die Klick-Baiting-Kritik. Natürlich wollen wir viele Klicks haben, weil wir von ihnen abhängig sind. Die Reichweite ist nun mal die Online-Währung. Aber wir machen es mit einem Augenzwinkern.

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Hündin Charlie ist immer mit dabei

Wie lernt man, Headlines auf den Punkt und trotzdem humorvoll zu formulieren?

Stell dir vor, du willst die News deiner besten Freundin erzählen. Der Trick funktioniert immer.

 

Welche Eigenschaft braucht man zum Gründen?

Eigentlich nur eine: Mut.

Habt ihr einen Business-Plan geschrieben?

Ja, weil wir auf Förderung gehofft hatten. Wir haben aber nur minimal etwas bekommen. Wenn du in Deutschland kündigst, bekommst du super viele Steine in den Weg gelegt.

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Viele Frauen haben uns am Anfang unterstützt.

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Habt ihr den Business-Plan dann befolgt?

Nein, es hat sich alles anders entwickelt. Wir hatten geplant, ein Jahr lang Traffic aufzubauen und dann auf Anzeigentour zu gehen. Aber dann hatten wir schon in der ersten Woche nach Live-Gang eine bezahlte Kooperation. Es ging schneller als wir dachten und darüber freuen wir uns total. Gerade viele Frauen haben uns am Anfang unterstützt, was eine große positive Überraschung war.

Die jungen Mode-Journalisten sind mittlerweile ganz heiß darauf, bei euch zu arbeiten. Wie fühlt sich das an?

Total schön. Ich gehe total darin auf, Chefin zu sein und Leute zu fördern. Unsere Girls haben Bock drauf, denken mit und haben Spaß. Sie machen Kooperationen genauso wie Interviews oder fahren zu Veranstaltungen. Wir können ihnen etwas Anderes bieten als uns geboten wurde und das ist toll.

Zu deinen Aufgaben gehört jetzt auch Personalführung – hast du dir dafür ein Coaching geholt?

Ich hatte ein Coaching als Ninon in den Mutterschutz gegangen ist. Das hat gut geholfen. Aber insgesamt ist mein Motto, freundlich und geduldig zu sein und den Mitarbeitern etwas zuzutrauen. Ich würde nie jemanden vor versammelter Mannschaft anmotzen. Respekt ist wirklich das Wichtigste. Ich glaube an die Mädchen und fördere sie.

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Alex‘ Mode-Lieblinge

Hast du selbst denn auch noch Zeit zum Schreiben?

Ich schreibe auch noch, aber meistens die Koop-Artikel. Erfahrungsberichte schreibe ich auch sehr gern. Das würde mir sonst auch fehlen. Montags mache ich immer Frühdienst und haue da die Artikel raus.

Ich habe den Mut, ein Thema sofort rauszuhauen.

Welches Know-how habt ihr, was euch von anderen Medienmachern unterscheidet?

Ninon kommt aus der Werbung und ich bin einfach immer online und bekomme alles mit. Und ich habe den Mut, ein Thema sofort rauszuhauen.

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Wie wird die Medienwelt der Zukunft deiner Meinung nach aussehen?

Ich glaube, dass Print und Online auf jeden Fall koexistieren können. Es wird immer Inhalte geben, die es wert sind gedruckt zu werden – sei es lange Interviews, Ratgeber oder Personality-Geschichten. Die ganz schnellen Promi-News, die du immer weiter drehen musst, funktionieren allerdings eher online.

Das Gedruckte ist eher was zum Aufbewahren?

Die Printsachen, die du schnell liest und dann wegschmeißt, die werden nicht mehr funktionieren. Dafür ist online gut: für kurze Sachen, die Spaß machen, Videos, Gifs. Schöne Fotostrecken und Textstücke werden weiterhin gedruckt.

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Alex Wohnung hat zu beiden Seiten große Balkone – Neid!

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Gibt es noch Magazine, die du gern selber liest?

Was ich mir immer sofort am Kiosk hole, ist das Couch Magazin. Ich freue mich total darüber, dass es ein deutsches Magazin ist. Ich mag die Leute, die da arbeiten und finde die Heftmischung immer richtig gut. Die Dogs lese ich auch sehr gern.

Ihr verdient euer Geld mit Kooperationen und Native Advertising. Hast du das Gefühl, dass die Budgets langsam umgeshiftet werden?

Es ist immer noch schwierig. Das Umdenken hat immer noch nicht stattgefunden.

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Das Office von Très Click befindet sich in Hamburg-St.Georg.

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Am wichtigsten ist unser Team und dass sich alle wohlfühlen.

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Mittlerweile beschäftigt Très Click sechs Mitarbeiter.

Was absolut unverständlich ist, denn Online hat viel größere Reichweiten.

Es lesen vielleicht eine Million Menschen, aber die zahlen nichts dafür und deswegen ist die Reichweite für die Vermarkter oft weniger wert. In den Verlagen werden Online-Anzeigenplätze gern ontop zu den Printanzeigen verschenkt, so werden die Preise natürlich auch kaputt gemacht. Oft gibt es nur ein Online-Budget für eine Kooperation mit einem Online-Medium. Wenn wir ausgewählt werden, fragen wir uns oft, was passiert dann im nächsten Jahr? Zum Glück haben wir mittlerweile mehrere Partner, mit denen wir langfristig planen können. Aber wir haben bald eben auch sechs Angestellte und das ist natürlich ein gewisser Druck.

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Was ist die Vision von Très Click?

Wir wollen in Zukunft mehr auf Videos setzen – das ist tatsächlich immer noch eine Kostenfrage. Und wir machen gerade eine Babykollektion, auf die wir uns total freuen. Dann planen wir eine eigene Community. Und letztlich möchten wir die deutsche Startseite für alle weiblichen Millennials werden. Aber am wichtigsten ist unser Team und dass sich weiterhin alle wohlfühlen.

Danke dir für das Gespräch, liebe Alex!

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Hier findet ihr Alex:

Fotos: Pelle Buys

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