Sarah Bütterich: „Wenn Du etwas bewegen willst, beweg Dich selbst.“

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23. September 2015

Mit Gesundheit beschäftigt sich Sarah Bütterich jeden Tag. Sie gibt Personal Training, leitet Sportkurse im Hamburger Fitnessstudio „Kaifu Lodge“, organisiert Fitness-Reisen und sorgt als Business-Coach dafür, dass Menschen mehr Selbstbewusstsein bekommen und auch schwierige Situationen meistern. Für Sarah Bütterich war der Weg bis zu ihrem heutigen Leben nicht einfach – in einem Unfall fand sie neue Motivation und lernte, wie wichtig der eigene Wille ist. Wir treffen die 41-jährige Ergotherapeutin und Diplom-Fitnesstrainerin in ihrer sonnigen Wohnung in Hamburg-Eimsbüttel, um über ihren Werdegang, aktuelle Fitness-Trends und das richtige Training zu sprechen.

Femtastics: Wann bist Du heute aufgestanden?

Sarah Bütterich: Heute bin ich um 8 Uhr aufgestanden, weil ich meine Morgentermine alle abesagt habe. An anderen Tagen gebe ich schon um 7 Uhr morgens die ersten Personal Training Stunden.

Machst Du das jeden Tag?

Montag ist mein einziger freier Tag. In der Regel arbeite ich auch am Wochenende. Wenn die Personal-Trainer-Ausbildung stattfindet, die Group Fitness-Lizenz und die Gerätetrainerausbildung, dann arbeite ich immer an den Wochenenden.

Weil Du die Ausbildungskurse unterrichtest?

Ich unterrichte u.a. Anatomie, Krankheitslehre, Herzkreislaufsystem, Energiegewinnung usw., aber auch alles, was mit der Praxis zu tun hat, also die Geräteeinweisung, Biomechanik, Freihantel, usw. In der Group Fitness-Ausbildung unterrichte ich, wie man einen „Bauch-Beine-Po-Kurs“ und „Complete Body Workout“ anleitet und aufbaut.

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Beim morgendlichen Kaffee erzählt uns Sarah von ihren beruflichen Stationen.

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Wie kamst Du dazu, Fitness zu Deinem Beruf zu machen?

Ich war erst Industriekauffrau. Da war ich im Verkauf tätig und ich wusste schon nach einer Weile, dass es auf Dauer nicht meins ist. Dann hatte ich einen Autounfall, war drei Monate im Krankenhaus, hatte Gerhirnblutungen und musste im Rollstuhl sitzen und es war nicht klar, ob ich wieder laufen können würde. Vorher hatte ich jeden Tag Sport gemacht, ob Kunsttrampolin oder Handball, und mit 18 oder 19 Jahren war ich immer laufen und bin Fahrrad gefahren. Durch den Unfall wurde mir klar, dass ich beruflich etwas anderes machen muss.

Was war Deine Motivation?

Als Industriekauffrau hatte ich Vorgesetzte, die komplexbeladen waren und dachten, ihre Macht ausspielen zu müssen. Ich wollte über ihnen stehen und sie nicht so behandeln. Und das geht zum Beispiel, wenn Du Therapeut oder Arzt bist. Zu der Zeit als ich diese Gedanken hatte, ist der Unfall passiert – und das brachte mich letztlich dazu, einen neuen Weg einzuschlagen.

 

Mein Motto ist: Wenn du etwas bewegen willst, beweg dich selbst. Und: wer rastet, der rostet.

 

Dann kamst Du zur Ergotherapie?

Ich habe mich über Möglichkeiten informiert und meine Schwester wollte schon immer Ergotherapeutin werden, so bin ich dazu gekommen. Als Ergotherapeut lernt man Psychiatrie, Anatomie, Krankheitsbilder, …. im Prinzip viele Unterrichtsfächer, die auch Ärzte im Studium haben. Da habe ich entschieden: Ich werde Ergotherapeutin, und habe die Ausbildung gemacht. Ich bin nach Hamburg gezogen und habe acht Jahre als Ergotherapeutin gearbeitet, auch als Praxisleitung. Mir wurde der Beruf aber zu eintönig – und man verdient sehr schlecht. Deshalb habe ich noch mein Diplom als Fitnesstrainer gemacht.

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Motivationssprüche finden sich an verschiedenen Orten in Sarahs Wohnung.

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Was hast Du gelernt?

Ich habe Ausbildungen zum Personal Trainer, Fitness B-Lizenz, Aerobic-, Pilates- , PNF-GymTrainer, Aerosling Instructor, Indoor-Cycling Instructor, alles Mögliche und direkt hintereinander gemacht.

Ich habe drei Jahre lang sieben Tage am Stück gearbeitet.

Du warst voll motiviert!

Voll motiviert! (lacht). Ich habe die Ausbildungen alle neben meiner Arbeit gemacht. Ich habe drei Jahre lang sieben Tage am Stück gearbeitet und mich ausbilden lassen.

Wie hast Du denn das geschafft?

Meine Motivation war, dass ich den Job als Ergotherapeutin nicht weiter machen wollte. Du bist immer am Existenzminimum. Bevor der Euro eingeführt wurde, war es noch okay. Aber nach dem Euro wurde meine Miete von D-Mark zu Euro eins zu eins angeglichen – statt 400 D-Mark, war meine Miete auf einmal 400 Euro –, aber mein Gehalt war quasi halbiert. Davon konnte ich in Hamburg nicht mehr leben. Ich habe dann einen Businessplan geschrieben, habe den Existenzgründerzuschuss bekommen und habe mich selbstständig gemacht. Mein Businessplan hat 26 Seiten umfasst, weil ich mir so viele Gedanken zu dem Thema gemacht habe.

Heute arbeitest Du als Personal Trainerin, Ausbilderin im Physio- und Fitness-Bereich, unterrichtest Kurse, machst Business-Coaching, privat oder in Unternehmen … Was von all den Dingen, die Du machst, interessiert Dich am meisten?

Ich liebe alles. Genau diese Mischung macht es aus. Wenn ich nur Ausbilderin wäre, würde es langweilig. Und im Business-Coaching behandeln der Klient und ich noch ganz andere Themen, zum Beispiel im Konfliktmanagement. Was meine Arbeit einfach vielseitig und spannend macht.

Körper, Geist und Seele – das gehört zusammen.

Das heißt, Du beschäftigst Dich mit psychischen Aspekten genauso wie mit physischen.

Körper, Geist und Seele – das gehört zusammen. Es ist egal, ob du Sport machst und dadurch dein Selbstwertgefühl steigerst, aufrecht gehst und Menschen in die Augen schauen kannst, oder ob du den therapeutischen Weg gehst und dadurch deine Haltung veränderst und dich zum Beispiel auch traust, zum Sport zu gehen. Oder wenn du die ganze Zeit Dinge tust, die dich unglücklich machen, wirst du chronisch krank. Es ist ein Kreislauf.

Gibt es bei Dir so etwas wie beruflichen Alltag?

Ja. Ich habe ja generell meine Personal Training Kunden zu festen Terminen. Und dann muss ich ja auch noch Büroarbeit machen, Rechnungen schreiben, Ablaufpläne, usw. … Jeden Mittwoch ist Bürotag. Ich muss viel Buchhaltung und Organisationsarbeit neben meiner eigentlichen Arbeit machen. Die letzte Woche war eine 80 Stunden Woche. Aber dann gibt es auch wieder 60 und 40 Stunden Wochen – und ich arbeite daran, mir mehr Freizeit zu nehmen. Aber dafür ist Routine wichtig! Man muss Struktur haben.

Bleibt Dir noch Zeit, auch privat Sport zu machen?

Sport ist mein Ventil. Ich mache mindestens vier mal die Woche Sport. Anfang dieses Jahres war ich ausgebrannt, weil ich zu viel gearbeitet hatte, da hatte ich keine Lust mehr auf Sport – und das gibt es normalerweise nicht bei mir. Ich war erschöpft und konnte keinen Sport machen. Da habe ich mir eine Pause genommen, habe meinen Sportkurs, den ich bislang sonntags geleitet habe, abgegeben und meinem Körper bewusst etwas Ruhe gegönnt. Und jetzt habe ich auch wieder Energie.

Bei Crossfit und Boxen kriege ich den Kopf frei!

Welche Sportarten machst Du gerne?

Crossfit und Boxen. Athletic Workout, Krafttraining. Da kriege ich den Kopf frei! Boxen mache ich schon seit über zehn Jahren, das liebe ich so. Crossfit mache ich jetzt außerhalb der Kaifu Lodge, in einem anderen Studio, weil die Kaifu Lodge mein Arbeitsplatz ist – und wenn ich privat dort trainiere, fühlt sich das immer ein bisschen wie Arbeit an. Und ich möchte nicht das Gefühl haben, 7 Tage die Woche bei der Arbeit zu sein.

Wenn Du in der Kaifu Lodge privat Sport machst, bist Du ja auch immer am Arbeitsplatz.

Immer am Arbeitsplatz und immer ansprechbar. Montags, wenn ich frei habe, will ich auch Sport machen, aber dann gehe ich jetzt in das andere Studio zum Crossfit.

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Die kleinen Boxhandschuhe, die an Sarahs Küchenfenster hängen, verraten ihren Lieblingssport.

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… und ihre Lieblings-Wohnfarbe ist Lila, schätzen wir mal.

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Was bedeutet Sport für Dich?

Körperliche Bewegung hält gesund. Kleine Kinder erfahren ihre Umgebung durch Krabbeln. Schon von Kindesalter an lernen wir durch Bewegung. Dadurch entstehen synaptische Verbindungen im Gehirn. Der Geist hängt mit Bewegung zusammen. Mein Motto ist: Wenn du etwas bewegen willst, beweg dich selbst. Und: wer rastet, der rostet.

 

Im Sport kommen auch immer wieder alte Trends zurück. Trend-Sportarten wie Crossfit und Athletic Workout waren früher normal.

 

Sport spielt im heutigen Lifestyle eine wichtige Rolle, kaum jemand spielt einfach nur noch Fußball oder Tennis, es gibt immer neue Trendsportarten und neue Methoden. Wie siehst Du diese Entwicklung?

Überall muss Geld verdient werden, das ist die eine Seite. Natürlich versucht die Sportbranche, immer neue Trend-Sportarten zu entwickeln und damit Geld zu verdienen. Aber die Entwicklung ist ja, dass Sportarten wie Crossfit und Athletic Workout früher normal waren. Irgendwann haben sich Sportverbände entwickelt und daraus eine Struktur. Krafttraining und Gewichtheben sind in den Hintergrund gerückt und neue Sportarten entstanden, vor allem Aerobic. Jane Fonda! Mit Stulpen und Stirnband. Das Wort „Aerobic“ kommt von „aerobem Training“, also mit Sauerstoff, Cardio-Training oder Herzkreislauftraining. Das war ein großer Trend. So sind auch mit der Zeit standardisierte Ausbildungen entstanden und es hat sich immer weiter entwickelt. Jetzt geht der Trend wieder zum Schnellkrafttraining und Gewichtheben. Es kommen auch immer wieder alte Trends zurück. Sport-Trends wechseln – einerseits aus wirtschaftlichen Gründen, aber die Leute langweilen sich sonst auch. Das ist einfach der Rhythmus der Zeit.

Was sind die Sporttrends, die Du beobachtest?

Crossfit ist ein Trend, weil man schnell merkt, wie leistungsfähig man dadurch wird. Aber man muss auch fit genug sein. Xplode ist ein ähnliches Konzept – eine Kombination aus Schnellkraft, Turnen und Gewichtheben.

Xplode ist ein Kurskonzept, das Du für die Kaifu Lodge entwickelt hast. Wie lief das ab?

Ich arbeite ja schon lange für die Kaifu Lodge, und ich habe auch alle Räume mit entwickelt, als das Fitnessstudio umgebaut wurde: die Praxisräume, den Athletic-Bereich und das neue Crossfit-Studio, Studio 5. Zusammen mit Seyit Shobeiri bin ich auf die Idee gekommen, dass wir so etwas wie Crossfit anbieten sollten. Die Leute müssen sonst extra in eine Crossfit-Box gehen. Und ich liebe diese Sportart selbst ja auch. Wir dachten: Wenn wir einen neuen Raum im Studio haben, den wir gestalten können, dann sollten wir dort so etwas anbieten. Nach dem Umbau haben wir den Raum entwickelt sowie das Konzept für die Xplode-Kurse.

Du hast eben schon angesprochen, dass man dafür auch fit sein muss. Eignet sich jede neue Sportart für jeden Menschen?

Jeder kann im Prinzip alles machen. Wenn er Anfänger ist, sollte er sich nur langsam vorbereiten. Wenn du als Anfänger direkt in einen solchen Kurs gehst, dann kommst du schnell an deine Grenzen und bist anschließend vielleicht frustriert. Dein Körper muss erst einmal die Ausführung der Übungen richtig lernen. Und wenn du Sport-Anfänger bist, hat dein Körper noch nicht die Voraussetzungen. Du brauchst sechs bis acht Wochen, um erst einmal die komplexen Bewegungsabläufe zu lernen und dein Körper braucht ein halbes Jahr, um sich zu verändern. Zum Beispiel wächst das Herz von 350 g auf 500 g bei regelmäßigem Intervalltraining und pumpt mit einem Herzschlag ca. 120 ml Blut in den Körperkreislauf. Ein untrainiertes Herz pumpt ca. 80 ml Blut mit einem Herzschlag in der Körperkreislauf.

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Sarah führt vor, wie der Fitness-Check für neue Kunden im Sportstudio aussieht: Sie misst unter anderem Muskelmasse und Fettanteil.

Was machst Du, wenn Du einen Teilnehmer im Kurs hast, der ungeeignet für die Übungen oder überfordert ist?

Ich passe die Übungen dann an und breche das Programm entsprechend runter. Ich sage zum Beispiel zu der Person: Nimm den Ball, wir üben die Technik, die anderen Teilnehmer nehmen die Langhantel.

Manchmal sehe ich im Sportstudio Leute, die sind scheinbar immer da und die sehen auch schon ungesund aus. Könnt ihr als Trainer etwas tun, wenn ihr feststellt, dass Kunden sportsüchtig oder krank sind? Sie sind ja zahlende Kunden …

Natürlich entscheidet das generell jeder selbst für sich. Was willst du ihnen verbieten? Aber wenn wir feststellen, dass es gesundheitsschädigend wird, dass Menschen drohen, im Kurs umzukippen, dann bieten wir ihnen schon Gespräche an. Und wenn sie trotzdem immer weiter machen, kann es im schlimmsten Fall sein, dass wir sie aus dem Studio ausschließen. Sonst besteht auch die Gefahr, dass sie zu einem negativen Vorbild für andere Kunden werden. Es gibt ja die Krankheit Anorexie Athletica – Sportsucht verbunden mit krankhafter Ernährung. Das kommt häufig auch bei Männern vor. Das ist auch ein „Trend“.

Jetzt wird auch bei Männern immer mehr medialer Druck im Bezug auf das Aussehen aufgebaut.

Woher kommt das?

Durch die Medien. Es gibt immer mehr Männermodels, mit Sixpack und perfektem Aussehen. Alle wollen gut aussehen. Früher war das Männerbild ein Anderes, da musste der Mann arbeiten und Geld verdienen. Total überspitzt gesagt. Und das hat sich über die Jahre geändert. Jetzt wird auch bei Männern immer mehr medialer Druck im Bezug auf das Aussehen aufgebaut.

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Im Crossfit-Raum demonstriert Sarah Übungen aus dem „Xplode“-Kurs.

 

Ist es ungesund, jeden Tag Sport zu machen?

Zumindest dann, wenn du immer die gleichen Körperbereiche trainierst und keine Regenerationsphasen hast. Dann können die Bänder und der Knorpel durch die einseitige Belastung verletzt werden. Aber wenn du immer anders trainierst – Ausdauertraining an einem Tag, Beintraining am anderen, am nächsten Tag nur Oberkörpertraining – dann ist es super, dann kannst du jeden Tag Sport machen. Aber einseitiges Training, zum Beispiel jeden Tag 10 km Laufen, kann gesundheitliche Beschwerden nach sich ziehen.

Gibt es auch Tage, an denen Du mal faul auf dem Sofa sitzt?

Ja, ich liebe es auch. Ich gönne mir auch immer bewusster Pausen. Ich mache auch mal eine Woche Urlaub und tue gar nichts. Aber Sport gehört zu meinem Leben – nicht, weil ich das tun muss, sondern weil es mir gut tut und eine Leidenschaft von mir ist. Ich liebe Sport und meinen Körper zu spüren – vor allem meine Beine.

Vielen Dank für das Gespräch, Sarah!

 

Hier findet ihr Sarah:

 Xing

Fotos: Uta Gleiser

Ein Kommentar

  • Erwin sagt:

    Ne 80 Stundenwoche ist aber auch hart! Da musst wirklich sehen, das du da runter kommst.
    Ansonsten ist dein Plan mehr Strucktur rein zu bringen super. Ein fester Bürotag und feste Ablaufpläne sind da genau das richtige.

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