Als wir vergangenes Jahr zu Besuch bei Influencerin Marie Jedig in Kopenhagen waren, fiel uns direkt ihr außergewöhnliches Sideboard aus glänzenden Fliesen auf, und wir dachten: Die Gründerinnen müssen wir kennenlernen! Gesagt, getan. Hinter „IKON KØBENHAVN“, dem Label, dessen Tische und Konsolen aus Fliesen zum Trend geworden sind, stecken die Schwestern Amalie (27) und Sarah (25) Thorgaard. Zufällig kamen die beiden auf die Idee, Fliesentische herzustellen und die Resonanz auf ihre Designs war so gut, dass sie sich entschieden, daraus ein Unternehmen zu machen. Wir treffen die Schwestern in Amalies Wohnung in der Kopenhagener Altstadt zum Gespräch über ihre Gründung und junges Design aus Dänemark.
Sarah Thorgaard: Wir sind damit aufgewachsen. Unsere Mutter hat in diesem Bereich gearbeitet: Sie hat Häuser renoviert und dekoriert, und dann weiterverkauft. Wir sind häufig umgezogen.
Amalie Thorgaard: Ich habe zuerst einen Abschluss in Marketing gemacht und danach noch Design und Entrepreneurship studiert. Es war also eher ein Business-Kontext.
Amalie: Ein bisschen. Wie gesagt ist unsere Mutter Unternehmerin und auch unser Vater und unser Bruder haben ihre eigenen Unternehmen. Das ist also ein großes Thema in unserer Familie (lacht).
Sarah: Ich habe zuerst Produktdesign studiert, und anschließend ebenfalls Entrepreneurship. Ich wollte immer schon etwas Eigenes machen.
Sarah: Das begann vor rund drei Jahren und entstand irgendwie rückwärts. Es war nicht so, dass wir dachten: Wir möchten gemeinsam ein Unternehmen gründen, was machen wir? Sondern es war vielmehr so, dass wir die Idee zu Fliesentischen hatten und dass daraus alles entstanden ist. Unsere Mutter hatte einen alten Fliesentisch, den wir richtig cool fanden. Aber er fiel schon fast auseinander, weil er so alt war.
Amalie: Der hat uns inspiriert. Uns gefiel die Idee, aber man konnte solche Tische nirgends kaufen.
Sarah: Wir ließen also jeweils einen Fliesentisch für uns persönlich anfertigen. Die Resonanz darauf war immens: Alle unsere Freunde wollten auch welche haben! Also haben wir eine Website gemacht und ein paar Fliesentische angeboten. So ist alles in Gang gekommen.
Amalie: Am Anfang konnten wir auf Kontakte unserer Mutter zurückgreifen und die Tische von Handwerkern machen lassen. Über sie haben wir die Produzenten kennengelernt, mit denen wir jetzt zusammenarbeiten. Die Produktion sitzt rund 40 Minuten außerhalb von Kopenhagen.
Sarah: Auf gewisse Weise ja. Das Interesse an unseren Produkten ist einfach sehr schnell gewachsen. Einige Influencer und Blogger haben unsere Tische gekauft und gepostet – eine der ersten war Marie Jedig – und dadurch wurden sie schnell bekannt.
Amalie: Als Marie den Tisch gekauft hat, hatten wir noch nicht einmal eine Website. Sie hat uns über Instagram entdeckt.
Sarah: Freunde von uns machen das Label „Saks Potts“ und sie haben einen unserer Tische für ihren Messestand auf der Kopenhagen Fashion Week gemietet. Dadurch sind viele Menschen auf uns aufmerksam geworden und wollten unsere Tische kaufen.
Amalie: Wir möchten qualitativ sehr hochwertige Produkte machen, die zu Hause hervorstechen und auffallen. Einerseits ist das Material ungewöhnlich für Tische – Fliesen sieht man ja meistens nur im Bad oder in der Küche – und zweitens sind die Farben besonders und verspielt.
Beide: Nein, überhaupt nicht.
Sarah: Wir hätten nicht gedacht, dass wir eine Firma gründen und dass sie so schnell wächst. Aber das kann natürlich passieren, wenn man ein Produkt erschafft, dass vorher nicht erhältlich ist. Wir wollten diese Tische ja selbst gerne haben. Wir haben dann vier unterschiedliche Größen entwickelt: den Sofatisch, den „Cube“ als Beistelltisch, und den höheren Tisch als Schreibtisch oder Konsole – in lang und kurz.
Sarah: Instagram ist immer noch unser wichtigster Kanal.
Amalie: Wir haben auch an der Veranstaltung „3 Days of Design“ hier in Kopenhagen teilgenommen, um unsere Marke bekannter zu machen. Wir haben, ehrlich gesagt, aber keine Marketing-Strategie oder Ähnliches. Wir machen einfach! Das gilt eigentlich generell für unsere Marke. Wir haben auch keinen Businessplan, und werden wahrscheinlich auch nie einen machen.
Sarah: Wir haben jetzt auch gar keine Zeit mehr dafür. Wir machen ja alles alleine – abgesehen von der Produktion. Wir sind jedoch auch in diese involviert: Wir bringen zum Beispiel die Materialien zu den Produzenten, wir kontrollieren die fertigen Tische und reinigen sie. Wir sind regelmäßig in der Produktionsstätte.
Amalie: Ja, das war schwierig. Wir arbeiten ja mit sehr kleinen Fliesen, fünf mal fünf Zentimeter. Es ist schwer, diese kleinen Kacheln in unterschiedlichen Farben zu finden, weil sie in der Regel eben für Bäder und Küchen hergestellt werden.
Sarah: Wir suchen eigentlich immer nach guten und nach den richtigen Farben. Wir haben zum Beispiel sehr lange nach dem richtigen Rosa- und Grünton gesucht. Und häufig können wir dann auch nicht viele Fliesen in der betreffenden Farbe finden, deshalb sind einige unserer Produkte „Limited Editions“. Wir kaufen dann alle Fliesen in der betreffenden Farbe auf – und wenn die Produkte ausverkauft sind, sind sie ausverkauft.
Sarah: Dafür ist unser Unternehmen zu klein. Die Mengen, die man dann produzieren lassen muss, sind etwas für viel größere Unternehmen. An dem Punkt sind wir noch nicht.
Sarah: Wahrscheinlich der Sofatisch in Weiß. Wir haben zwar mehr farbige Tische als weiße Tische verkauft, aber das waren alles unterschiedliche Farben.
Amalie: Die meisten Tische, die wir nach Deutschland verkauft haben, waren Schwarz oder Weiß.
Amalie: Es gibt viele junge Designer in diesem Bereich. Wir haben auch eine TV-Show, in der es um Interior-Designer geht: „Denmark’s Next Classic“. In der Sendung wird der nächste große Interior-Designer Dänemarks gesucht.
Sarah: Die Designschulen hier sind auch sehr gut und sehr wichtig.
Sarah: Wir waren auf der „Maison et Objet“ in Paris.“Finders Keepers“ ist eine dänische Designmesse, an der wir auch teilgenommen haben. Es ist natürlich toll, dabei zu sein, aber die Teilnahme an solchen Messen ist sehr teuer und als kleines Unternehmen müssen wir schauen, wie wir mit unserem Budget haushalten.
Amalie: Das klassische dänische Design ist minimalistisch, hat eine sehr hohe Qualität und beinhaltet Materialien wie Holz und Leder. Mittlerweile ist es ein bisschen industrieller geworden – viele junge Designer arbeiten mit diesem Stil.
Sarah: Das junge Design beinhaltet auch mehr Farben. Das klassische dänische Interior- und Produktdesign bewegte sich immer in einer sehr natürlichen Farbpalette – viel Sandfarben und Braun. Jetzt wird es bunter und abwechslungsreicher.
Amalie: Wir sind beide Fans der Lampen von „Flos“. Es ist wirklich schwierig, schöne Lampen zu finden, und „Flos“ macht sehr schöne und spannende Sachen. Sie arbeiten auch oft im Rahmen von Collabs mit unterschiedlichen Designern zusammen.
Sarah: Die Marken „Gubi“ und „Hay“ mögen wir auch sehr gerne. Bei „Hay“ findet man immer etwas, das man haben will.
Amalie: Wir möchten gerne internationaler werden. Wir haben viel Interesse aus dem Ausland bekommen – aus Europa, aber auch aus den USA. Und es ist sehr teuer, unsere Tische in die USA zu verschicken, deshalb wäre es toll, dort in Stores vertreten zu sein. Auch im europäischen Ausland hätten wir gerne Händler.
Sarah: Aktuell sind wir nur in Dänemark in Stores vertreten. Hier in Kopenhagen haben wir eine eigene Ecke in „Paustian“. Das ist unser liebster Laden in Kopenhagen! Es ist eine ehemalige Bank, die umgebaut wurde. Wunderschön!
Amalie: Wir freuen uns riesig, dass wir dort vertreten sind, denn natürlich ist es uns wichtig, in den richtigen Läden zu sein. In Hamburg stehen unsere Tische im „Mili“ Store, aber nur als Teil der Einrichtung, nicht zum Verkauf.
Fotos: Silje Paul
Layout: Kaja Paradiek
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