Tandemploy-Gründerin Jana Tepe hilft beim Jobsharing

Wer flexibel arbeiten will oder muss, denkt vielleicht, ihm bliebe nur Teilzeitarbeit oder Selbstständigkeit – was oft bestimmte Positionen oder Karriereschritte ausschließt. Dabei ist Jobsharing eine super Alternative. Was das bedeutet? Zwei Personen teilen sich eine Stelle – von der Assistenz- bis zur Führungsebene. Zwei Frauen, die sich dafür einsetzen, dass das Jobsharing-Modell bekannter und auch auf Unternehmensseite akzeptierter wird, sind Jana Tepe und Anna Kaiser: Zusammen haben beide in Berlin die Plattform Tandemploy gegründet. Hier können Menschen, die am Jobsharing interessiert sind, passende Tandempartner und Unternehmen Jobtandems für freie Stellen finden. Wir sprechen via Skype mit Jana Tepe über dieses neue Arbeitsmodell.

 

Beide Menschen sind wie eine Person – und wie sie ihre Arbeit organisieren, das regeln sie untereinander.

femtastics: Was ist Jobsharing?

Jana Tepe: Im Jobsharing teilen sich klassischerweise zwei Personen, es können aber auch mehr Personen sein, eine Aufgabe, bei der man eine gemeinsame Verantwortung hat. Zum Beispiel teilen sich zwei Menschen einen Vollzeitjob. Dabei organisieren sie sich untereinander sehr eigenständig. Das ist vielleicht der größte Unterschied zu einer Teilzeitstelle, bei der vielleicht auch zwei Menschen eine Vollzeitstelle besetzen. Bei einer Teilzeitstelle hat man in der Regel klar abgesteckte Aufgaben und die Arbeitszeiten werden von oben vorgegeben. Das ist beim Jobsharing anders. Da sind beide Menschen wie eine Person – und wie sie ihre Arbeit organisieren, das regeln sie untereinander.

Was braucht es, damit das funktioniert?

Ganz allgemein muss man Teamarbeit schätzen. Natürlich ist es hilfreich, wenn man auch gut und klar kommunizieren kann und bereit ist, auch Konflikte zu besprechen, einfach transparent mit einander zu arbeiten. Davon abgesehen ist das Wichtigste, dass man ein ähnliches Ziel hat und in die gleiche Richtung schaut. Dann erledigt sich auch ganz viel von selbst und man pendelt sich ein.

Es müssen bestimmt zwei Menschen sein, die gut zusammen funktionieren?

Ja, grundsätzlich muss die Chemie stimmen. Sie können durchaus sehr unterschiedlich sein, aber sie müssen eine ähnliche Motivation haben und ein gleiches Ziel verfolgen. Manchmal ist es sogar viel spannender, wenn die beiden Personen unterschiedliche Stärken haben, weil sie sich dann ergänzen.

Darin steckt ja viel Potential, wenn zwei Personen unterschiedliche Qualitäten mit in eine Stelle bringen.

Es ist auch für den einzelnen viel interessanter, weil er sich mehr auf seine Stärken konzentrieren kann und der andere ihn in gewissen Punkten entlastet.

Jobsharing ist für Menschen interessant, die in bestimmten Lebensphasen sind, in denen sie sich mehr Flexibilität wünschen.

Für wen ist Jobsharing interessant?

Für Menschen, die in bestimmten Lebensphasen sind, in denen sie sich mehr Flexibilität wünschen. Das können unterschiedliche Phasen sein: junge Eltern, Menschen, die nebenbei ein Studium oder eine Weiterbildung machen, Menschen, die verschiedene Projekte parallel machen, oder oft sind es auch ältere Menschen, die nicht mehr so viel arbeiten wollen oder können.

Ist Jobsharing prinzipiell in jedem Arbeitsfeld möglich?

Am Anfang haben wir gedacht, dass es in manchen Arbeitsfeldern schwierig werden könnte. Aber wir lernen jeden Tag, dass es in so vielen Arbeitsfeldern funktioniert. Zum Beispiel im Vertrieb. Wir dachten anfangs, im Vertrieb würde der Kunde sich einen Ansprechpartner wünschen, aber nach und nach haben wir immer mehr Vertriebstandems kennengelernt, die es ihren Kunden als Vorteil verkaufen, dass sie zwei Ansprechpartner haben. So ist immer jemand für die Kunden da, auch wenn einer im Urlaub oder krank ist. Wir haben mittlerweile auch einen Vertriebstandem: unsere Vertriebsstelle teilen sich zwei Männer.

Sind Unternehmen zunehmend bereit, ihre Mitarbeiter flexibler arbeiten zu lassen?

Ja, auf jeden Fall. Teilweise auch, weil sie es müssen: Weil sie Probleme bekommen, neue Menschen anzuziehen oder Mitarbeiter zu halten, weil sie Imageprobleme haben, … Da passiert gerade wahnsinnig viel, was die Unternehmen offener macht.

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Jobsharing findet bereits auf allen Ebenen statt, richtig? Bis in Führungspositionen.

Ja, absolut. Auf alle Ebenen.

Menschen fragen verstärkt nach neuen Arbeitsformen.

Woher kommt dieser Wandel?

Es hat mehrere Gründe. Zum einen hat es damit zu tun, dass sich der Arbeitsmarkt durch den demografischen Wandel verändert. Zum anderen hängt es auch damit zusammen, dass Menschen verstärkt nach neuen Arbeitsformen fragen.

Du sprichst diesen Sinneswandel auf der Seite der Arbeitnehmer an. Haben sich Jobsharer vom klassischen Karrieredenken rund um Macht und Aufstieg verabschiedet?

Auf jeden Fall gibt es eine klare Tendenz. Wir haben eine Forschung mit den Menschen gemacht, die sich auf unserer Plattform angemeldet haben. Wir haben getestet, wie hoch deren Selbstwirksamkeit ist, also das Gefühl: Ich habe mein Leben und mein Glück selbst in der Hand. Und das ist bei unseren Nutzern überdurchschnittlich hoch ausgeprägt. Das heißt, viele dieser Menschen sind Freigeister, die ihren eigenen Weg finden, zu Erfolg zu kommen. Sie definieren Erfolg und Karriere für sich oft anders als im klassischen Sinne.

Wie sieht eurer Erfahrung nach die Arbeitswelt der Zukunft aus?

Das Spannende ist, dass das keiner weiß. Das kann niemand sagen, der ehrlich zu sich ist, weil sich gerade so wahnsinnig viel tut. Ich bin aber überzeugt davon, dass gerade in einer Arbeitswelt, in der sich so viel entwickelt, es umso wichtiger ist, dass man flexibel bleibt und dass man offen ist, neue Modelle auszuprobieren. Ich denke, dass Menschen und Firmen, die dazu heute bereit sind und die stärker auf Kooperation statt auf Konkurrenz bauen, einen ganz großen Vorteil haben werden. Auch wenn sich einmal etwas in eine Richtung entwickelt, die wir heute gar nicht vorhersehen, werden sie damit umgehen können, weil sie nicht festgefahren sind.

Jetzt zu Tandemploy: Wie kamt ihr auf die Idee, das Unternehmen zu gründen?

Meine Co-Gründerin Anna und ich kommen ursprünglich aus der Personalberatung, das heißt, wir waren früher schon Kolleginnen. Die Idee entstand durch eine Tandembewerbung, die ich bekommen habe. Bei mir haben sich zwei Frauen gemeinsam auf eine Führungsposition beworben und ich habe das Bewerbungsgespräch mit ihnen zu dritt per Skype geführt. Das war für mich das erste Mal und es war eine tolle Erfahrung. Die beiden haben mich schon im Skype-Gespräch überzeugt. Danach bin ich zurück ins Büro gekommen und habe Anna von der Bewerbung erzählt. Wir haben das beide sacken lassen und haben zwei Tage später, unabhängig von einander, gesagt: Wir müssen damit etwas machen! Wir haben dann unsere Jobs gekündigt und haben acht Wochen später mit Tandemploy angefangen.

Wahnsinn! Ihr habt direkt losgelegt?

Wir wollten das Thema Jobsharing nicht länger dem Zufall überlassen. Solche Modelle kommen in Deutschland zwar ab und an zustande, aber nicht strukturiert und strategisch, solange man nicht das Glück hat, dass man seinen Tandempartner schon im Blick hat. Wir haben unsere Vollzeitjobs gekündigt und haben uns in den Folgemonaten nur mit Tandemploy beschäftigt.

Für euch war das Jobsharing-Modell also auch neu?

Total! Ich hatte zwar schon einmal davon gehört, aber ich war noch nicht näher damit konfrontiert worden.

Ihr vermittelt ja nicht nur Jobsharing-Partner und -Unternehmen, sondern beratet beide Seiten auch dabei, das Modell umzusetzen, richtig?

Der Kern unseres Angebots ist die Plattform, auf der man sich selbst anmeldet und einen Tandempartner findet, aber wir versuchen auch, den Jobsharer möglichst viel Hilfestellung zu geben – von Checklisten bis zu Tutorials. Oftmals wissen die Leute zum Beispiel nicht, wie man sich richtig zu zweit auf eine Stelle bewirbt. Es sind ganz praktische Dinge. Bei den Unternehmen ist es so, dass wir ihnen auch einen Einführungsworkshop zum Thema bieten, wenn sie das brauchen.

Was müsst ihr den Unternehmen beibringen, wo entstehen die meisten Probleme bei der Implementierung von Jobsharing?

Die Implementierung ist gar nicht das Problem. Wenn die Unternehmen dazu bereit sind und der Wille da ist, dann klappt das meist. Die größten Hürden sind, glaube ich, in den Köpfen. Oft gelingt es uns, sie abzubauen. Unternehmen denken oft, durch Jobsharing käme ein Mehraufwand auf sie zu. Aber sobald sie verstanden haben, dass die Jobsharer ihre Arbeitsteilung selbst organisieren, sind sie erleichtert. Und dann verstehen sie auch, dass es oft die Qualität der Arbeit verbessert, wenn zwei Mitarbeiter eine Stelle übernehmen, weil beide gemeinsam auf mehr Ideen kommen und lernen, ihre Aufgaben gut zu priorisieren.

Und ihr lebt Jobsharing auch in eurem Unternehmen, oder?

Genau. Wir arbeiten alle in flexiblen Modellen. Anna und ich teilen uns auch eine Stelle.

Vielen Dank für das Gespräch, Jana und weiterhin viel Erfolg!

 

Hier findet ihr Jana und Tandemploy:

Fotos: femtastics

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