Nicht immer muss man seine Leidenschaft zum Vollzeit-Job machen – Dawid Lagua aus München lebt sein großes Hobby, Interior Design, neben seiner Arbeit als Marktleiter eines Lebensmittelhändlers aus. Für seinen Job pendelt er täglich zwischen Regensburg und München. Umso wichtiger ist es für ihn, sich zu Hause mit schönen Dingen zu umgeben und einen Erholungsort zu schaffen. Wir sprechen mit dem 33-Jährigen in seiner lichtdurchfluteten Wohnung bei angenehmer Jazzmusik und einer guten Tasse Tee über seine Liebe zum Einrichten und seine Pläne, wie er diese zukünftig vielleicht mit seinem Beruf verbinden kann.
Dawid Lagua: Ich bin erst vor drei Monaten nach München gezogen. Vorher habe ich zehn Jahre in Bayreuth gelebt, zuletzt in Regensburg. Seit ich 16 Jahre alt bin arbeite ich beim selben Lebensmittelhändler und leite derzeit eine Filiale in Regensburg. Ich fahre täglich hin und her, was umwelttechnisch natürlich eine Katastrophe ist. Das soll sich nächstes Jahr auf jeden Fall ändern – und wer weiß, vielleicht ergibt sich dann etwas, was ich mit meinem großen Hobby Einrichtung verbinden kann.
Es geht sehr in die Midcentury-Richtung. Ich habe mir das immer gern auf Fotos angeschaut, hätte aber nicht gedacht, dass sich dieser Stil irgendwann in meiner Wohnung so sehr wiederfinden würde. Es sind vor allem die klaren Formen, die ich sehr mag.
Genau, das war der Punkt: Wir wollten unsere gemeinsame Wohnung auch gemeinsam gestalten. Als wir die Wohnung gefunden hatten, haben wir beschlossen, nichts aus unseren alten Wohnungen mitzunehmen. Das einzige, was wir mitgenommen haben, waren das Bett und die Couch und unsere privaten Dinge. Dadurch habe ich gemerkt, wie wenig ich eigentlich an Dingen hänge. Die neuen Möbel sind jetzt sehr bewusst ausgewählte Stücke. Wir wollen lieber gute Produkte statt viele. Das war in meinen Wohnungen vorher anders. Früher wollte ich Dinge, weil sie gerade in waren, das hat sich komplett verändert. Außerdem war meine vorige Wohnung sehr „gemacht“. Ich habe gemerkt, dass sich das durch das Zusammenleben mit Enrico und natürlich durch den Hund gewandelt hat – Bruno sorgt schon dafür, dass nicht immer alles perfekt ist. Letztlich wollen wir hier ja leben, es soll kein Museum sein.
Das habe ich quasi von Kindheit an mitbekommen. Ich bin bei Oma und Opa aufgewachsen, da meine Eltern arbeiten mussten. Ich bin groß geworden mit Damast-Bettwäsche, Blumen auf dem Tisch, frisch gebackenem Kuchen und schönem Porzellan. Ich kannte es immer so, dass es zuhause aufgeräumt ist und dass geputzt wird, wenn Gäste kommen. Das war ganz normal. Es musste immer schön sein und alles passen. Dieser Einfluss von Oma und Opa hat mich geprägt und hat sich inzwischen verselbstständigt.
Wir wollten unsere gemeinsame Wohnung auch gemeinsam gestalten. Als wir die Wohnung gefunden hatten, haben wir beschlossen, nichts aus unseren alten Wohnungen mitzunehmen.
Wir gehen häufig auf Floh- und Antikmärkte. Natürlich finden wir auf acht von zehn Flohmärkten nichts. Da muss man sich unbedingt von festen Vorstellungen verabschieden. Unsere beiden Midcentury-Sideboards haben wir bei ebay gefunden. Früher musste bei mir alles neu sein, das durfte vorher niemand gehabt haben. Heute ist mir wichtiger, dass es immer noch schön ist und eine gewisse Qualität hat. Ich achte darauf, dass die Möbel aus Echtholz sind. Das finde ich nachhaltiger. Diese alten Sachen sind zudem sehr individuell und haben einen ganz anderen Charme, sie riechen anders und geben ein anderes Raumgefühl als neue Möbel.
Im Moment liebe ich besagte Sideboards besonders, weil ich so glücklich bin, dass wir sie gefunden haben. So leicht es mir gefallen ist, mich von den Dingen aus meiner alten Wohnung zu trennen, würde ich mich von den beiden nicht mehr verabschieden wollen. Sie haben wir mit so viel Bedacht ausgesucht und ich weiß, wie schwer es ist, solche Möbel zu finden. In das kleinere Sideboard bin ich besonders verknallt, und freue mich jeden Morgen, wenn ich es sehe.
Diese alten Sachen sind sehr individuell und haben einen ganz anderen Charme, sie riechen anders und geben ein anderes Raumgefühl als neue Möbel.
Natürlich von Instagram. Auch von Magazinen, vor allem von ausländischen, die eine größere Bandbreite an Trends und Produkten zeigen. Ich reagiere allerdings immer stark darauf, wenn ich irgendwo eine gute Zeit habe – in einem Restaurant, einem Hotel oder einem Geschäft. Da sehe ich ganz Vieles, das auf mich wirkt und etwas mit mir macht. Vielleicht sind es Tassen oder Gläser, die ich toll finde. Ich sauge diese Eindrücke auf und nehme sie mit nach Hause. Es sind also oft Orte oder Situationen, die mir gut tun und mich inspirieren.
Natürliche Erdfarben. Was auch ein bisschen Enricos Einfluss ist. Er ist als Friseur schon sehr bedacht, dass alles ganz natürlich aussieht. Diese Natürlichkeit findet sich auch in der Wohnung wieder. Natürliche Stoffe sind außerdem viel angenehmer auf der Haut, gerade bei Kissen oder Decken. In dieser Wohnung hat man zudem durch die großen Fensterfronten immer die Verbindung nach draußen – und man neigt dazu, das Interieur an die Natur anzupassen, weil man irgendwie ein Teil davon ist. Was draußen farblich passiert, findet sich auch in der Wohnung wieder. Diese Verbindung von draußen und drinnen ist wirklich spannend.
In dieser Wohnung hat man durch die großen Fensterfronten immer die Verbindung nach draußen – und man neigt dazu, das Interieur an die Natur anzupassen.
Ja, oft, wenn jemand etwas Neues für die Wohnung braucht. Lustigerweise werde ich inzwischen durch Instagram auch von Leuten um Rat gefragt, die ich nicht kenne. Das hat in den letzten drei Monaten, seit wir hier eingezogen sind, so richtig Fahrt aufgenommen.
Häufig macht man den Fehler, dass man sich in ein Teil verguckt und das unbedingt haben möchte, ohne darüber nachzudenken, ob es überhaupt im Kontext zu den anderen Sachen passt. Ich versuche immer das Ganze zu sehen. Wenn man sich etwas Neues zulegen möchte, sollte sich das auch in anderen Elementen der Wohnung widerspiegeln. Ganz wichtig beim Einrichten sind – und ich spreche da aus Erfahrung – Zeit und Geduld. Eine stimmige Einrichtung braucht Zeit, man darf sich da nicht unter Druck setzen.
Ein Lieblingsstück, für das ich momentan spare, ist die Leuchte „Snoopy“ von Flos. Die verfolgt mich schon die letzten zehn Jahre. (lacht) Es ist aber nicht so, dass ich losrenne und sie mir sofort kaufe. Dafür habe ich ein Sparschwein, damit ich das betreffende Produkt dann auch richtig schätzen kann. Möglicherweise hat das Sparschwein das Sparziel zu Weihnachten erreicht (lacht). Und dann braucht es einfach noch ein paar Dinge, damit das Ganze hier rund wird. Es fehlt beispielsweise noch die ein oder andere Lampe.
Ich habe ganz typisch damit angefangen, Urlaubsfotos oder Essen zu posten. Irgendwann habe ich das erste Foto von meinem Schlafzimmer gepostet, weil die Sonne gerade so toll hineinschien. Dieses Bild hatte auf einmal eine richtig große Resonanz. Die Leute wollten wissen, wo das aufgenommen ist, wo ich dies oder jenes her habe – und so hat sich das ergeben. Irgendwann bin ich dazu übergegangen nur noch Einrichtungsfotos zu posten. Manchmal bin ich selbst überrascht, wie viele Menschen sich dafür interessieren.
Dafür fehlt mir momentan leider die Zeit. Für mich ist es ein sonntägliches Ritual Kuchen essen zu gehen, komme was wolle. Das ist auch so eine Kindheitsprägung, denn bei Oma gab es jeden Sonntag frisch gebackenen Kuchen. Für mich ist das Zeit, die ich mir selbst schenke. Oft bekomme ich sonntags über Instagram 20 Bilder von anderen geschickt, die auch gerade Kuchen essen, das finde ich ganz süß.
Vor allem von Menschen, die ich inzwischen auch persönlich kennengelernt habe. Das finde ich sehr spannend, weil ich deren Zuhause und die Zusammenhänge kenne. Da gibt es zum Beispiel Friederike, eine Freundin, von @fedesfotos, und @purbeck.stone, auch eine gute Freundin von mir, und einige mehr. Ich finde es vor allem sehr spannend, wenn man den Leuten schon lange folgt, wie sich die Accounts entwickeln. Und ich mag es sehr, wenn man über den Menschen dahinter auch etwas weiß.
Layout: Kaja Paradiek