Doreen Schumacher ist ein Tausendsassa wie er bzw. sie im Buche steht: Architektin, Interieur-Stylistin, Unternehmerin, Model und Mama. Neben all dem ist die 33-jährige Leipzigerin und Wahl-Berlinerin aber vor allem eines: unglaublich herzlich. Wer Doreens Türschwelle zu ihrem Altbau-Loft im lebhaften Berlin-Neukölln übertritt, fühlt sich sofort wie zu Hause. Aus einem Kaffee wurde schnell ein zweiter, dritter und vierter. Zugegeben, wir hätten einfach ewig mit Doreen weiterplaudern können. Im Interview verrät uns die Wohnexpertin, was die eigenen vier Wände besonders macht und wie die richtige Balance zwischen Alt und Neu, Designklassikern und DIY gelingt.
Doreen Schumacher: Das hat sich, ehrlich gesagt, eher zufällig ergeben. Zumindest das Studium. Eine Freundin von mir ist damals zur Zulassungsprüfung an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur in Leipzig gegangen und weil ich unsicher war, beziehungsweise eigentlich Modedesign in Berlin studieren wollte und meine Eltern ein bisschen gedrängelt haben, bin ich einfach mitgegangen. Das Lustige war, dass meine Freundin leider abgelehnt, ich aber genommen wurde. Ich dachte: „Mensch, dann kann ich das ja wahrscheinlich.“ Also habe ich es gemacht.
Absolut! Am Anfang lief es zwar ein bisschen schleppend, ich war dann aber ein halbes Jahr in Barcelona und ein halbes Jahr in China, um dort Erfahrungen zu sammeln, und letztlich war der Anspruch in der Schlussphase so hoch, dass ich mich einfach behaupten wollte. Und das habe ich dann auch!
Ich habe bereits mit 15 angefangen zu arbeiten, irgendwann mal in einem Klamotten-Laden, bis sich die Chance auftat, zu modeln. Das war natürlich sehr lukrativ und ging selbst von Leipzig aus. Mein erster großer Job war für „Schwarzkopf Got 2 be“, für den ich ganz schön Haare lassen musste, was mit Anfang 20 echt eine Überwindung war (lacht). Am Ende war es aber ein total geiler Job, ich war das Gesicht der Kampagne und habe eigentlich bis letztes Jahr daran verdient, weil die Fotos von so vielen Ländern eingekauft wurden. Was ich in der Zeit an der Uni verpasst habe, habe ich nachgearbeitet und wenn es darum ging, mich in Kursen einzuschreiben, haben das meine Kommilitonen übernommen.
Vielleicht, aber so bin ich nicht erzogen worden. Als ich damals nach Barcelona gegangen bin, weil sich mein Freund von mir getrennt hatte und ich einfach mal raus musste, hat meine Mutter mir schon zu verstehen gegeben, dass ich lieber mein Studium durchziehen solle. Dass man diese Dinge heutzutage recht flexibel gestalten kann und, dass das alle so machen, war für sie eher schwer zu verstehen. Meine Eltern waren immer sehr hinterher, dass ich direkt nach der Schule studiere und ich muss sagen, dass mir Studieren auch extrem viel Spaß gemacht hat. Am wichtigsten war dabei aber, dass ich so viel reisen konnte – vor allem in den Semesterferien.
Oh, ich hatte große Pläne! (lacht) Ich wollte immer mein eigenes Architekturbüro haben und mit 30 meine erste Million … Nun, ich werde 33 und habe immer noch keine Million, aber das ist überhaupt kein Problem und ich möchte auch wirklich kein eigenes Architekturbüro mehr haben – nicht im klassischen Sinne. Ich habe für viele Architekten gearbeitet und dieses Leben schien mir nicht familienkompatibel. Die haben oft bis spät abends im Büro gesessen und da wusste ich: Das will ich nicht!
Absolut! Ich wollte unbedingt vor 30 Mutter werden, das habe ich auch tatsächlich so geplant. (lacht) Am liebsten hätte ich es gehabt, an meinem 30. Geburtstag wieder trinken und feiern zu können – sprich, also schon abgestillt zu haben. Das hat nicht ganz geklappt, aber alles geht eben nicht.
Ich wollte unbedingt vor 30 Mutter werden, das habe ich auch tatsächlich so geplant.
Im Moment mache ich tatsächlich sehr viele Events, was aber auch an Berlin liegt – und es macht Spaß! Es ist meistens nur für einen Abend und ich bin oft sehr frei im kreativen Arbeiten. Wobei ich zugeben muss, dass ich gerade wieder eher Lust habe, mehr Stills- und Werbeproduktionen zu machen, weil es dabei oft um andere Budgets geht. Event ist immer mit einem enormen Druck verbunden: Es muss alles meist super schnell gehen, gibt wahnsinnige Korrekturschleifen – mit den Kunden, oder der Agentur – und meistens ist das Geld auch eher knapp.
Meistens gibt es bereits einen bestimmten Look oder wir kreieren ihn, dann geht es vor allem um Bedürfnisorientiertheit: Was braucht man eigentlich in seiner Wohnung? Ich habe gerade für einen Bekannten eine Wohnung eingerichtet – recht klein, klassischer Altbau, langer Flur, Rauhfasertapete und alte 70er-Jahre-Küche. Dem habe ich geraten, sich auf zwei Farben und zwei Materialien zu beschränken und diese in der ganzen Wohnung umzusetzen. Egal, was er neu kaufen wollte, es musste sich daran orientieren. Dann geht wirklich nichts mehr schief, selbst bei jemandem, der gar keinen Geschmack hat. In dem Fall waren es die Farben Schwarz-Weiß, sowie Holz und Edelstahl – einfache, klare Haptiken.
Ich verändere regelmäßig etwas in meiner Wohnung, aber ich muss mir das konzeptionell extrem vornehmen. Das heißt, ich mache mir wie bei einem Job ein Moodboard, mache Ansichten von den Wänden, wie es auszusehen hat und lasse es am Ende gerne von meinem Freund umsetzen. (lacht) Manchmal überlasse ich aber auch ihm das Dekorieren. Der Spiegel über dem Servierwagen zum Beispiel war eigentlich woanders geplant, das hat er intuitiv so gemacht und ich finde es toll. Aber natürlich fehlt alles in allem oft die Zeit und manchmal auch die Muße. Deswegen mag ich Homestories so gerne: dann habe ich einen Anreiz, mal etwas neu zu machen.
Das war Zufall. Mein Freund und ich waren damals auf Wohnungssuche. Jeder von uns hatte seine klassischen 60-Quadratmeter-Altbau. Dann haben wir angefangen – auch ganz klassisch – nach etwa 100 Quadratmetern zu suchen, zum entsprechenden Preis. Was wir uns angeschaut haben, war alles so tot saniert: quadratische Zimmer, Einbauküche, alles so geleckt und ohne jeglichen Spielraum. Ich bin ein Fan von Ebay Kleinanzeigen und habe nach absurden Dingen wie Lofts und Datschen gesucht. Und plötzlich kam eben diese Anzeige. Ich fand es auf Anhieb schön, auch wenn hier alles Bordeauxrot gestrichen war, die Decken waren marmoriert getupft und überall standen dunkle Holzmöbel. Ich habe dennoch sofort das Potential erkannt. Obwohl die Wohnung teurer als unsere Vorstellung war, habe ich meinen Freund recht schnell überzeugt – immerhin gab es auch viel mehr Platz.
Eine offene Wohnküche! Badewanne und Balkon waren mir egal – auch wenn das natürlich zusätzlich schön ist – aber die offene Wohnküche war wichtig. Das hat sich jetzt schon bewährt, diese riesige offene Fläche, vor allem als Familie.
Die Möbelgröße. Ich weiß noch, als wir eingezogen sind, stand hier das kleinste Sofa im größten Wohnzimmer der Welt, weil ich vorher viel kleiner gewohnt und erstmal die alten Möbel mitgenommen habe. Es hat sich monatelang hingezogen, bis es gepasst hat, aber es ist ja auch schön, dass Einrichten ein Prozess ist und sich Sachen immer wieder verändern.
Mein Credo ist: Wenn etwa Neues kommt, muss etwas Altes gehen.
Ich habe definitiv einen Stuhl-Tick – in meiner Wohnung stehen deswegen überall Stühle verteilt.
Mein Credo ist: Wenn etwa Neues kommt, muss etwas Altes gehen. Wenn sich mir in Kleinanzeigen ein Schnäppchen auftut, muss ich es manchmal einfach kaufen. Wie dieses Paul Cadovius Shelf im Wohnzimmer für sage und schreibe 450 Euro. Dann mache ich oft Tauschgeschäfte, um Platz zu schaffen.
Ich habe definitiv einen Stuhl-Tick – in meiner Wohnung stehen deswegen überall Stühle verteilt. Aber irgendwann muss gut sein, und ich musste schon manches Mal einsehen, dass ich nicht noch einen Beistellstuhl an meinem Schreibtisch oder in der Garderobe haben muss. Irgendwann muss man loslassen.
Eigentlich nicht. Wenn die Zeit gekommen ist, dann nehme ich Abschied. Sehr gerne habe ich im Moment allerdings diesen Sessel (deutet auf einen Chromgestell-Stuhl im Flur): den habe ich gerade neu beziehen lassen – ein Designklassiker von einem eher unbekannten Designer. Den habe ich mal in Kapstadt entdeckt und der Verkäufer hat mir die ganze Geschichte von dem Stuhl erzählt und ich wusste, den muss ich irgendwann haben. Gekauft habe ich ihn dann in Berlin und schon jetzt so viel Geld reingesteckt, dass der noch eine ganze Weile stehen bleiben wird, ich liebe ihn einfach.
Bestimmte Sachen müssen neu sein, wie das Sofa zum Beispiel. Man kann das sogar bei IKEA kaufen, aber da muss man wirklich genau auswählen. Die Kollaborationen oder die „Stockholm“-Serie finde ich ganz schön. Und dann ein gesunder Mix aus ein bisschen Design und ein bisschen Vintage – das wird eigentlich immer ehrlich. Ich finde, sobald es von einem zu viel wird – zu viel IKEA, zu viel DIY oder zu viel Design – geht es schnell in die falsche Richtung. Das ist wie wenn jemand nur Schwarz trägt. Es ist keine Kunst, in Schwarz gut auszusehen. Aber es ist eine Kunst, in einer orangen Bluse, einer Blue Jeans, Pumps und einer Strickjacke gut auszusehen, weil man es auch mit der richtigen Attitüde tragen muss.
Streichen ist eine super Sache, um einfach mal etwas Neues auszuprobieren, weil man es ja immer wieder verändern kann. Wir haben gerade erst das Badezimmer dunkel gestrichen, mein Freund war da sehr unsicher, aber jetzt findet er es mega gut.
Reisen. Derzeit vor allem Kapstadt und Lissabon. Es ist einfach schön, in Lokale zu gehen, in Second-Hand- und Vintage-Stores, und sich deren Designs anzuschauen. Das wird derzeit ein bisschen weniger, weil durch die Globalisierung alles überall verfügbar ist. Vieles ist so austauschbar geworden. Viele Cafés, die neu eröffnen, sehen überall auf der Welt gleich aus. Japan ist noch eine ganz gute Inspirationsquelle. Die haben zum Beispiel sehr viele Mikromöbel, weil da alles viel kleiner ist. Das ist interessant, auch weil Wohnraum hier immer knapper und kleiner wird. Magazine sind auch eine wichtige Inspiration, ganz klassisch „AD“ oder wenn ich in Südafrika bin, kaufe ich immer Ausgaben der „ELLE Decoration“. Sonst natürlich Pinterest und Homestories, auch via Social Media. Man muss allerdings aufpassen, dass man nicht 1:1 kopiert, sondern sich selbst einbringt.
Ich finde, sobald es von einem zu viel wird – zu viel IKEA, zu viel DIY oder zu viel Design – geht es schnell in die falsche Richtung. Das ist dann auch kein Kunst mehr.
Es macht keinen Sinn, schnell überall Bilder in der Wohnung haben zu wollen, weil man Kunst nicht mal eben so nebenbei kaufen kann.
Ich komme mit dem Alter immer mehr darauf, Kunst zu kaufen. Außerdem stehe ich total auf die neuen Berliner Designer, wie z.B. Atelier Haußmann, von dem auch der Planthanger im Eingang ist. Mit einem Berliner Künstler, „You Know Me Well“, liebäugele ich gerade. Er hat bald eine Ausstellung in einer unserer Locations und ich warte mal bis er alles aufgehängt hat und suche mir dann eins seiner Kunstwerke aus (lacht). Es macht keinen Sinn, schnell überall Bilder in der Wohnung haben zu wollen, weil man Kunst nicht mal eben so nebenbei kaufen kann. Das ist ein Prozess, man muss Recherche betreiben und braucht das nötige Kleingeld. Wir haben deswegen angefangen, Ausstellungsposter zu rahmen und die immer wieder zu wechseln. Überhaupt sind Bilder eine tolle Option, mal schnell etwas zu verändern, ohne gleich streichen zu müssen. Ein großes neues Bild macht etwas her. Gute Rahmen sind allerdings wichtig. Ich kaufe sie meistens bei Boesner. In einem Rahmen aus Eiche sieht alles gleich edler aus.
Alles ist mehr geworden, Minimalismus adé (lacht). Das ist aber total okay. Es gab mal mehr Teppiche hier, als Baby lag mein Sohn immer auf Teppichen, aber so ohne finde ich es auch schön. Und man wird immer weniger ästhetisch steril und findet plötzlich Farben okay.
Wahrscheinlich bin ich der Hygge-Skandi-Mid-Century-Typ, und ein bisschen Boho-Weltenbummler. Mit traditionellen Einflüssen und Designklassikern. Am Ende entspricht das wahrscheinlich aber ohnehin dem Skandi-Stil, der ist ja auch so ein Gemisch.
Ich will gar nicht fertig sein. Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie man in einer fertigen Wohnung lebt. Noch weniger kann ich mir vorstellen, wie man tatsächlich – wenn man viel Geld hat und viel beschäftigt ist – jemanden zu sich kommen und sich alles fertig machen lassen kann und dann genau so lebt.
Nein! Ich hab früher zwar immer gesagt, dass ich ein Homeoffice-Typ sei, musste mir aber eingestehen, dass das nicht stimmt. Homeoffice heißt bei mir, dass ich auf jeden Fall bis 13 Uhr im Schlafanzug bin, parallel dazu räume ich die Spülmaschine ein und aus, dann ruft eine Freundin an, dass sie gerade im Café unten ist und ich gehe kurz runter. Im Büro ist das anders, da hänge ich auch nicht den ganzen Tag am Kühlschrank – ich bin nämlich so ein Snacker – sondern gehe einfach um 12 Uhr Mittagessen. Allein sich morgens anzuziehen, den Laptop einzupacken, aus dem Haus zu gehen und auch mal andere Menschen zu treffen, ist gold wert!
Runde Spiegel, davon kann man tatsächlich nie genug haben. Spiegel allgemein lassen eine Wohnung weiter und heller wirken. Und Pflanzen sind ein absolutes Muss in jeder Wohnung! Die lassen sich überall dazu dekorieren. Mein Tipp: Bogenhanf. Der ist pflegeleicht und muss nicht zwangsläufig im Topf bleiben, sondern lässt sich auch in coole Vasen setzen, weil er nur wenig Wasser braucht und so keine Staunässe entstehen kann. Weitere gute Zimmerpflanzen sind Strelizien und Feigen, die eine Wohnung immer gleich aufwerten.
Fotos: Julia Novy
Interview: Stephanie Johne
Layout: Kaja Paradiek
11 Kommentare
Hallo. Woher ist denn das schöne Sofa? Danke.
Das ist von Basic Wohnen & Leben aus Berlin.
Hallo!
Ein wirklich sehr schönes Portrait von einer sehr sympathischen Persönlichkeit.
Ansprechender Wohnstil und nützliche Einrichtungshinweise.
Einfach authentisch.
Viel Grüße!
Ana
super schöne Fotos und toller Stil!
Woher ist denn das schöne Oberteil von Doreen Schumacher?
Das OT is von H&M.
Wow! Richtig toll. Mich würde brennend interessieren was das für eine Couch ist… Könnt Ihr das für mich herausfinden?
von basic wohnen & leben in Berlin 🙂
Abgesehen von den Lieblingsblumen find ich Doreen nach wie vor superduper.
Die Wohnung allgemein, das Bett, die unterschiedlichen Beistelltische und die Garderobe – ein Träumchen <3