Ihre Kunst zeigt fröhliche Alltagsszenen, die ihrer farbenfrohen Wohnung entsprungen sind: Die Künstlerin Isis Maria Niedecken hat sich mit ihrem Freund Hans und dem gemeinsamen Sohn Noah eine bunte Oase mitten in Berlin geschaffen. Wir haben die 28-jährige Wahlberlinerin in ihrer Wohnung und ihrem Atelier besucht und mit ihr darüber gesprochen, warum Instagram ein gutes Marketing-Tool für ihre Kunst ist (ganz ohne Zugang zur Kunstszene), was sie durch das Mutter-Sein über sich selbst gelernt hat, und wie Häkeln ihre Kreativität anregt.
Isis Maria Niedecken: Ich habe gemalt seitdem ich denken kann. Die Art und Weise wie mein Vater mit mir und meiner Schwester connected hat, war immer eine Form von Unterricht. Das war im Urlaub oft Malunterricht. Er hat selbst Kunst studiert und es war ihm sehr wichtig, uns Wissen weiterzugeben. Wir haben also immer gemalt. Das habe ich auch in meiner Jugend weitergeführt. Damals habe ich sehr naturalistisch gemalt, da hatte ich auf jeden Fall richtig viel Zeit. (lacht)
Ich habe Modedesign studiert, da setzt man sich viel mit Ästhetik und Kunst auseinander. Begonnen auf Leinwände zu malen habe ich aber erst, als mein Sohn Noah geboren wurde. Auch nur mit der Motivation, das Ganze für den Spaß zu machen und nicht für den Verkauf. Noah ist direkt zu Beginn der Corona-Pandemie geboren – dadurch konnte ich nicht viel unternehmen oder andere Mamas kennenlernen. Ich hatte also viel Zeit zu Hause und wollte etwas Produktives machen, bei dem ich am Ende des Tages etwas geschafft habe. Das Malen war eine schöne Beschäftigung, den Tag zu füllen.
Am Anfang habe ich das nur für mich gemacht. Mit der Zeit hatte ich aber zu viele Bilder und keinen Platz mehr und habe angefangen, sie auf Instagram zu zeigen. Das war ein langer Prozess mit mir selbst, bis ich bereit war, meine Kunst mit anderen zu teilen.
Ich hatte viel Zeit zu Hause und wollte etwas Produktives machen, bei dem ich am Ende des Tages etwas geschafft habe. Das Malen war eine schöne Beschäftigung, den Tag zu füllen.
Bisher nur online. Das klappt bislang auch ganz gut. Ich habe ein paar Kontakte zu Galerien bekommen, zu denen meine Sachen gut passen würden, ich bin allerdings nicht gerade der „most outgoing“ Mensch. Deshalb fällt es mir schwer, auf Galerien zuzugehen und mich selbst anzupreisen. Auf Social Media ist das einfacher für mich. Aber das ist ja auch alles ein Prozess. Ich versuche gerade, mich mehr zu öffnen und neue Leute kennenzulernen.
Genau. Ich habe keinen Onlineshop, ich verkaufe alles per Mail. Eine Freundin von mir hat jetzt mein Social Media Management übernommen und das ist eine große Entlastung. Ich habe ein paar Wochen versucht, es selbst zu schaffen, aber dann blieb keine Zeit mehr zum Malen. Mein Instagram-Account ist in letzter Zeit sehr gewachsen. Ich weiß, dass das nicht nur wegen meiner Kunst ist, aber es ist ein guter Weg um meine Kunst zu verkaufen und viele Leute zu erreichen.
Es fällt mir schwer, auf Galerien zuzugehen und mich selbst anzupreisen. Auf Social Media ist das einfacher für mich.
Instagram ist ein kostenloses Marketing-Tool, das ich nutzen kann, um Leute zu erreichen, die meine Kunst sehen und vielleicht kaufen. Ich verstehe auch, wenn Künstler*innen keine Lust darauf haben und lieber in Ruhe ihre Kunst machen wollen. Aber für mich funktioniert das bisher sehr gut. Am Kunstmarkt geht es letztlich auch viel um Präsentation. Von der Kunst, aber auch von der/dem Künstler*in.
Davon habe ich ehrlich gesagt keine Ahnung, weil ich selbst nicht drin bin. (lacht) Aber ich habe bisher auch noch keinen Versuch gestartet. Alle Künstler*innen, die ich bisher kennengelernt habe, sind überhaupt nicht ausschließend. Ich denke, dass man einfach super social sein muss und viel Energie investieren muss, Leute kennenzulernen. Das habe ich bisher noch nicht gemacht, weil es nicht meine Stärke ist. Zum Glück habe ich sehr gute „Wing-Women“ in meinem Leben, die mich supporten und enthusiastisch vorstellen. Dafür bin ich sehr dankbar.
Mutter zu werden hat meine Prioritäten komplett verändert. Ich habe verstanden, dass ich das beste Vorbild bin, wenn ich authentisch ich selbst bin.
Mein Freund hat seine Stunden reduziert, damit wir unsere Woche flexibler zusammen gestalten können und ich auch kurzfristige Jobangebote wahrnehmen kann. Es sind aktuell nur ein bis zwei Model-Jobs im Monat – das ist machbar, da komme ich auch noch zum Malen. Mein Traumszenario ist es aber mit meinem Kind und meinem Freund zuhause zu sein und zu malen und weniger alleine zu reisen.
Mutter zu werden hat meine Prioritäten komplett verändert. Ich habe verstanden, dass ich das beste Vorbild bin, wenn ich authentisch ich selbst bin. Kinder merken schnell, wenn man sich verstellt und unzufrieden ist. Mir war klar, dass ich viel Zeit mit meinem Kind verbringen will und deshalb versuche ich gerade alles, damit meine Traumvorstellung von meinem Leben mit Malen als Hauptberuf möglich wird. Dafür investiere ich viel Energie, die ich neben dem Mama-Sein übrig habe.
Ich möchte ein Urlaubsgefühl oder eine kurze mentale Pause in das Zuhause von Menschen bringen.
Als ich vor zwei Jahren angefangen habe, großformatiger zu malen, wollte ich in erster Linie Lebensfreude festhalten. Es sollte etwas sein, das man sich gerne zuhause aufhängt. Eigentlich baut alles auf meiner Bachelor-Kollektion auf. Die Kollektion hieß „Welcome to Loveland“ und war von Sommererinnerungen inspiriert. „Mental Vacation“ für den Alltag. Das wollte ich auch in meinen Bildern erreichen. Ich möchte ein Urlaubsgefühl oder eine kurze mentale Pause in das Zuhause von Menschen bringen.
Vom Thema Urlaub bin ich organisch zu Alltagsmomenten übergegangen. Denn auch im Urlaub liegt die Schönheit ja in den kleinen alltäglichen Dingen, wie gutes Essen, Karten spielen und gute Gesellschaft. So wie Erinnerungen durch subjektive Wahrnehmung verändert werden, spiele ich in meinen Bildern mit Proportionen und Perspektiven: die Farben sind zum Teil übersättigt, es gibt naturalistische Elemente und Parts, die wie durch Kinderaugen gesehen wurden.
Wenn das Kind in der Kita ist. (lacht) Ich würde am liebsten sagen „im Urlaub“, aber das stimmt leider überhaupt nicht. Da habe ich nicht die Zeit, kreativ zu sein. Ich werde kreativ, wenn ich dazu komme, zu lesen oder zu häkeln. Wenn mir die Inspiration fehlt, nehme ich mir eine halbe Stunde Zeit zum Häkeln und dann merke ich, dass mein Gehirn runterfährt und ich wieder Kapazität habe, über Ideen nachzudenken und Skizzen zu machen. Zeit ist das Wichtigste.
Manchmal fällt es mir aber schwer, den Prozess zu genießen. Ich habe angefangen zu hinterfragen, ob ich etwas male, weil ich es gut finde oder weil ich denke, dass es gut ankommt. Auch ein spannender Prozess, bei dem man sich mit sich selbst auseinandersetzen muss.
Wenn mir die Inspiration fehlt, nehme ich mir eine halbe Stunde Zeit zum Häkeln und dann merke ich, dass mein Gehirn runterfährt und ich wieder Kapazität habe, über Ideen nachzudenken und Skizzen zu machen.
Ein paar Bilder sind wirklich Detailaufnahmen aus unserer Wohnung. Unsere Wohnung ist unsere Oase und spiegelt uns als Familie sehr gut wider. Mein Freund und ich wohnen jetzt seit fünf Jahren zusammen. Alles war ursprünglich aus unseren kleinen Studenten-Buden zusammengewürfelt und ist dann gewachsen. Hans, mein Freund, ist Illustrator und Designer. Er baut auch gerne Möbel und Action-Figuren. Er hat den Sofatisch und den Sessel im Spielzimmer selbstgemacht.
Ich liebe es, wenn eine Wohnung die Menschen, die darin leben, abbildet. Ich bin in einem sehr kreativen und bunten Haus aufgewachsen. Als ich ausgezogen bin, habe ich erstmal sehr minimalistisch gelebt. Es hat aber nur ein oder zwei Jahre gedauert, bis ich das nicht mehr wollte. Jetzt ist es immer eine kleine Diskussion zwischen Hans und mir: Er mag weiße Wände und ich sehe überall Platz, wo man noch mehr Bilder aufhängen könnte.
Ein Kommentar
Du hast viel vom Lenen verstanden lg elvira