Kathrin Wittich, besser bekannt als Kathrynsky, liebt und lebt Hamburg und gehört zu den lebensfrohsten Thirtysomethings unserer Hansestadt. Die studierte Politkwissenschaftlerin macht heute hauptberuflich Konzeption und Influencer Relations und hat in der Vergangenheit für große Agenturen und Marken als eine der ersten Cooperate Blogs und Blogger Relations gemacht. Sie selbst bloggt seit 12 Jahren auf kathrynsky.de. Warum die gebürtige Ruhrgebietlerin nie hauptberuflich bloggen wollte, ihre Idee, eine Agentur für Influencer Marketing zu gründen, andere umgesetzt haben, und warum ein bisschen Hippie sein niemanden schadet, erzählt die 36-Jährige am Esstisch ihrer schönen Altbauwohnung – next to the Hamburger Michel. Mit im Gepäck haben wir ein paar Frühlingsteile aus der neuen Kollektion von C&A.
Kathrin Wittich: Die schönste und beste Erkenntnis: Blogs sind wieder „in“. Anstatt sich auf ein fremdes Netzwerk zu verlassen, schreibt man auf seiner eigenen Seite. Für die Zukunft können wir uns auf eine ganze Menge Neuerungen gefasst machen, die sich mit neuen Technologien wie künstlicher Intelligenz, ChatBots und Virtual Reality beschäftigen und, die konkrete Probleme des Alltags lösen können.
Oh, da bin ich gespannt!
24 Stunden. Ich würde mir wünschen, dass es weniger sind, aber ich gehe auch nicht immer ran, wenn es klingelt. Kennst du meine Mobilbox? „Hallo, hier ist Kathrin Wittich. Entweder kenne ich Ihre Telefonnummer nicht oder ich habe keine Lust zu telefonieren.“ (lacht)
Ich habe Politikwisschenschaften studiert. Damals war der Bundestag noch in Bonn, und ich wollte ursprünglich Politikberatung machen. Hätte ich etwas komplett anderes angefangen, hätte ich Kunst studiert. Könnte ich immer noch, aber ich habe mehrere Freunde, die als Künstler leben … da kann ich gar nicht mehr so unbedarft herangehen. Ich würde auch total gern Lotsin im Hamburger Hafen sein oder Meteorologie studieren, es gibt so unterschiedliche Ansätze in meinem Kopf. Bisher hat sich alles immer so ergeben, deswegen kann ich nicht sagen, wann es wie weitergeht. Man kann aber auch mehrere Sachen gleichzeitig machen: Wenn ich irgendwann Lotsin sein sollte, kann ich ja darüber bloggen.
Im Schaukelstuhl sitzen und dem Mann beim Klavierspielen zuhören, und ganz viel Netflix gucken. Ich liebe die Marvel-Serien. Dieses Jahr möchte ich außerdem mehr Bücher lesen.
Am allerliebsten in Istanbul – das ist so ein schöner Mix aus Barcelona und New York. Ich war schon öfter da, das ist meine absolute Lieblingsstadt. In Istanbul wird einfach gelebt, es gibt ganz viel Altes, aber auch neue Gebäude und die Kulturen knallen krass aufeinander – das ist das Istanbul, so wie ich es kenne. Ich weiß nicht, wie es jetzt ist. Ich war das letzte Mal vor drei Jahren da. Das Essen, das Leben auf der Straße – wenn es warm ist, sind die Menschen draußen und verbringen da ihre Zeit. Das gilt auch für alle anderen Mittelmeerstädte, das würde ich mir für Hamburg auch mehr wünschen. Auch die Farben und Gerüche sind toll und es gibt ganz viele Rooftop-Clubs, wo du unter freiem Himmel tanzen kannst!
Hamburger sind offener. Sie lassen mehr zu und sind nicht so sehr mit sich selbst beschäftigt.
Ich würde auf jeden Fall die Radwege in Hamburg viel besser ausbauen. Ich finde viele Sachen, die in Hamburg passieren, ziemlich gut, aber im Kleinen kannst du immer etwas ändern. Hier um die Ecke ist ein Heim für Obdachlose, wo sie abends hingehen können. Ich wünschte, die würden früher aufmachen, da es gerade so kalt ist. Ich würde definitiv mehr Fähren fahren lassen, nicht nur nach Övelgönne, sondern auch nach Wilhelmsburg. Und noch weiter als nach Blankenese hinaus. Da gibt es so viele schöne Ecken, warum soll man die nicht erkunden können? Und in jedem Stadtteil sollte es ein paar Kioske geben, die auch spät aufhaben. Da beneide ich tatsächlich Berlin. Wenn ich Kanzlerin wäre, würde ich auf jeden Fall die Steuern ändern. Ich finde es ziemlich unverschämt, wie Selbstständige besteuert werden.
In Recklinghausen fehlt mir die Nähe zum Wasser. Hier in Hamburg wiederum fehlen mir manchmal die Charaktere der Ruhrgebietsmenschen. Nach circa vier Jahren Hamburg wollte ich eigentlich wieder zurück ins Ruhrgebiet ziehen, dann habe ich aber eine Freundin kennengelernt, die in der gleichen Situation war wie ich. Dadurch wurde es einfacher, den Ruhrgebiets-Humor auszuleben und nach und nach habe ich auch mehr Hamburger kennengelernt, die so sind. Es braucht länger, den Hamburger kennenzulernen, da sind schon auch ein paar derbe Charaktere dabei! Ich mag an Hamburg, dass es möglich ist, von einem zum anderen Stadtteil zu laufen, und man trotzdem überall Leute trifft, die man kennt. Ich mag außerdem den Hamburger Freigeist. Den haben viele Menschen hier, sie sind offener für Sachen. Sie lassen mehr zu und sind nicht so sehr mit sich selbst beschäftigt.
Mein Traumurlaub wäre, den ganzen Tag alleine unterwegs zu sein und sich abends mit anderen zu treffen, um zu erzählen, was passiert ist.
Das sagst du immer (lacht). An der Stadthausbrücke eröffnet im Mai das ehemalige Gestapo-Hauptquartier und nennt sich jetzt die Neuen Stadthöfe. Das ist im 2. Weltkrieg innen komplett zerbombt worden, nur die Außenmauern sind stehen geblieben. Ich habe dort letzens einen exklusiven Rundgang bekommen – das sieht innen nun unfassbar schön aus. Da kommen ganz viele Kulturcafés und politische Buchhandlungen rein, also genau das, was mich interessiert. Dann wird es noch eine Gin-Tonic-Bar und ein fancy Hotel geben, außerdem Wohnungen und einen Wochenmarkt.
Jeder Blog hat seine Berechtigung, das Internet ist riesengroß. Da kann jeder sein!
Das stimmt! Wir haben letztens auf der Arbeit einen Persönlichkeitstest gemacht, mit hunderten von Fragen. Der wurde persönlich ausgewertet und bei mir war der allererste Satz: Kathrin beschäftigt sich lieber mit Dingen als mit Menschen. (lacht) Ich habe also beide Extreme gern. Ich gehe total gerne allein ins Kino, mein Traumurlaub wäre, den ganzen Tag alleine unterwegs zu sein und sich abends mit anderen zu treffen, um zu erzählen, was passiert ist. Einfach nach meinem eigenen Tempo unterwegs sein zu können, ohne auf jemanden warten zu müssen. Ich bin gerne unter Menschen, aber wenn ich mich selbst dafür entscheide – das kann auch mal drei Tage nicht der Fall sein.
Vor Jahren war ich sehr gestresst, weil ich den Blog jeden Tag füllen wollte. Das führte aber zu keinem guten Content. Also habe ich gesagt, dass bringt weder mir noch dem Leser etwas, ich mache ein Päuschen. Das heißt nicht, dass ich angekündigt habe, mich vier Wochen zurückzuziehen. Ich habe es einfach gemacht.
Jetzt blogge ich seltener, dafür schreibe ich längere Artikel. Jeder muss für sich selbst den richtigen Weg finden. Ich werde ganz häufig von meinen Kunden gefragt, welche Blogs die besten sind. Ich finde, diese Frage kann man gar nicht beantworten. Jeder Blog hat seine Berechtigung. Das Internet ist riesengroß, da kann jeder sein. Ich meine das überhaupt nicht despektierlich, wenn ich sage, auch Daniela Katzenberger hat ihre Zielgruppe. Oder Michelle und Helene Fischer – das ist nicht das, was ich höre oder lese und das ist auch total in Ordnung. Andere Leute finden es aber gut!
Ich fand es immer gut, mein Geld mit etwas anderem zu verdienen und die Freiheit zu haben, auf meinem Blog machen zu können, was ich will. Ohne darauf angewiesen zu sein, etwas annehmen zu müssen, um meine Miete zu zahlen.
Wohlwollend. Für mich selber hat sich die Lesart mit den Jahren total verändert. Das ist vielleicht auch eine normale Entwicklung von Anfang zwanzig bis Mitte dreißig, die jeder hat, ob Blog-Leser oder nicht. Am Anfang orientiert man sich an Dingen wie: Wie pflege ich meine Haut oder was ist mein Klamottenstil? Mit der Zeit, wenn man sich gefunden hat, interessiert man sich eher für andere Bereiche.
Mein Blog hat meinen Lebensweg stark beeinflusst.
Ich konnte damals zwei weitere Bloggerinnen, Camilla Rando und Anne Höweler, von meiner Idee überzeugen. Also haben wir uns drei Tage eingeschlossen und ein Konzept geschrieben. Wir haben es richtig durchgezogen, ich habe damals sogar meinen Job bei einer PR-Agentur gekündigt. Wir haben mit sechs Bloggern im Portfolio angefangen. Camilla Rando und Anne Höweler haben die Agentur nach kurzer Zeit mit Eigenkapital gegründet. Da ich noch meinen Bafög-Kredit zurückzahlen musste, habe ich nicht mitgemacht. Deshalb bin ich nicht bei der Gründung dabei gewesen.
Nein, überhaupt nicht! Es war etwas ganz Neues, wir wussten nicht, was passieren würde. Ich konnte auch nicht gewährleisten, den ganzen Tag für die Blogger erreichbar zu sein, da ich zu dem Zeitpunkt mit meinem eigenen Blog ziemlich viel unterwegs war. Zum anderen hatte ich gemerkt, dass ich besser in Beratung und Zielsetzung bin, also darin, strategisch etwas zu entwickeln, aber nicht in der Abwicklung. Ich kann das, aber es liegt mir nicht. Deswegen habe ich es wieder abgegeben. Mittlerweile hat Cover Communications zehn Angestellte und es läuft super. Es gibt heute auch noch mehr von diesen Agenturen, und ich glaube, dass es der Branche gut tut.
Ergeben hat sich daraus eine ganze Menge, zum Beispiel, dass ich jetzt in Hamburg wohne. Mein Blog hat meinen Lebensweg stark beeinflusst – im Grunde haben sich meine letzten zehn Jahre aus der Blog-Arbeit heraus entwickelt. Mega viele schöne Freundschaften sind entstanden, ich bin jetzt sogar Patentante von der Tochter von Kathrin von „Kate Glitter“ – Kathrin und ich haben uns damals über unsere Blogs kennengelernt. Ich habe so viele schöne Reisen gemacht, und ich habe durch den Blog auch die Möglichkeit erhalten, für große Unternehmen Workshops zu geben und Beratung zu machen.
Generell finde ich es schön, die Entwicklung anderer Blogger zu beobachten und ein Teil davon zu sein. Ich finde es besonders spannend zu sehen, was aus den Leuten geworden ist, die etwa zeitgleich mit mir angefangen haben zu bloggen. Meine Freundin Anne von LesAttitudes hat zum Beispiel einen Concept-Store in Braunschweig eröffnet, meine Freundin Camilla aus Berlin hat, als sie ihr erstes Kind bekommen hat, ihren Modeblog geschlossen und das Mummy Mag gegründet usw.
Was ich nach wie vor blöd finde, ist, dass man als Blogger immer wieder zu hören bekommt: “Deinen Job hätte ich auch gerne!” Das nervt mich unfassbar! Das habe ich auch schon von Verwandten gehört. Dann denke ich: Mach doch! Ein Blog ist kein Hexenwerk, aber jahrelange Arbeit, 18 Stunden am Tag.
Ich habe immer mal Phasen, in denen ich denke: Jetzt kein Internet! Aber ich nehme mir nicht jeden Sonntag internetfrei. Anfang des Jahres haben mein Freund und ich beschlossen, dass wir abends nicht mehr die Smartphones mit ins Bett nehmen – das hat aber nur kurz geklappt (lacht). Wenn es nicht aus einem selbst kommt, ist es schwierig.
Ich hatte als Kind eine Kette mit meiner Adresse um, weil ich so oft eigene Wege erkundet habe.
Alle Menschen, die ich treffe und getroffen habe. Meine Mutter hat mich ganz doll geprägt. Sie ist ein alter Hippie. Ich bin als Kind viel gelassen worden. Manche Sachen kennt man heutzutage gar nicht mehr, zum Beispiel den Satz: Komm nach Hause, wenn die Laternen an sind. Ich hatte als Kind eine Kette mit meiner Adresse um, weil ich so oft eigene Wege erkundet habe – das war für meine Eltern total normal. Heute würde man sofort in Panik ausbrechen und das Schlimmste annehmen.
Was ich heute immer wieder bei Freundinnen merke, ist, dass sie ein Problem mit ihrem Körper haben. Die Eltern haben ihnen oft verboten, bestimmte Dinge zu essen und gesagt, dass sie sonst zu dick würden. Meine Mutter hat uns immer gesagt, das wir okay sind, so wie wir sind. Habe ich mir die Haare lila gefärbt, hat sie nur gesagt: „Sind ja deine Haare, von mir aus kannst du rumlaufen, wie du willst!“ Wir sind immer so geliebt worden, wie wir waren. Das hat mir die Wurzeln gegeben, die mir bis heute Selbstsicherheit geben.
Was heute wichtig erscheinen mag, ist morgen total irrelevant.
Stresst euch nicht so! Wofür der Stress? Wenn ich einen Bus verpasse, kommt der nächste. Wenn ich eine Party verpasse, verpasse ich eigentlich auch nichts. Was heute wichtig erscheinen mag, ist morgen total irrelevant. Uns geht es hier so gut, wir sollten ruhig mal über den Tellerrand gucken und schauen, was in anderen Ländern passiert. Es ist abartig, was gerade in Syrien los ist, da könnte ich heulen. Klar, jeder lebt in seiner eigenen Gegenwart, aber man sollte sich häufiger sagen, dass es uns ziemlich gut geht.
Musst du dir das im Alltagstrott ab und zu predigen?
Ja, das muss ich mir häufig sagen. Ich will damit nicht sagen, dass einem alles egal sein sollte. Manchmal nehmen wir Sachen zu wichtig, die es, im Großen und Ganzen gesehen, nicht sind.
– Anzeige: Diese Story ist in Zusammenarbeit mit C&A entstanden –
2 Kommentare
Super schön – die Wohnung, natürlich die liebe Kathrin & ganz viele kleine Weisheiten! XX