Kelly Vittengl ist in ihrem Leben schon einige mutige Schritte gegangen: Sie verließ ihre Festanstellung, um sich selbstständig zu machen, gründete ihr eigenes Label (und machte es über Instagram erfolgreich) und zog dieses Jahr von Los Angeles nach London. Und das alles mit gerade einmal 28! Kelly, die in upstate New York geboren wurde, ist im März nach London umgesiedelt, um ihrem Freund näher zu sein – mit dem sie rund 1,5 Jahre eine transatlantische Fernbeziehung geführt hat. Jetzt macht sie ihr Label Frances Loom, unter dem sie wunderschöne antike Teppiche verkauft, von London aus – und fliegt regelmäßig nach New York, wo ihr Warenlager ist. Wir treffen Kelly in ihrer Traumwohnung in einem Townhouse in Notting Hill und sprechen darüber, wie sie ihr Business aufgebaut hat, wie sie es schafft, zwischen zwei Städten zu leben, und woher ihre Leidenschaft für antike Teppiche kommt.
Kelly Vittengl: Ich habe als Set-Designerin und -Stylistin angefangen.
Ich war am Fashion Insitute of Technology in New York City. Mein Hauptfach hieß „Fabric Styling“. Viele meiner Kommilitonen sind heute Stylisten oder Redakteure.
Ich mag die Vorstellung, aus einem Haus ein Zuhause zu machen.
Wenn ich an meine Interessen denke, war Interior Design immer eines der wichtigsten – schon seit Kindesalter. Meine Mutter hat immer nach meiner Meinung zu Möbeln und Wohnaccessoires gefragt als ich noch ein Kind war, weil sie wusste, wie sehr ich das Thema liebe. Ich mag einfach die Vorstellung, aus einem Haus ein Zuhause zu machen. Ich mag heimelige, gemütliche Orte.
Ich habe in Vollzeit als Set-Designerin bei einer Modemarke gearbeitet und bei den Sets für die Mode-Foto-Shootings mitgewirkt. Nach einer Weile wollte ich gern etwas Anderes machen – aber ich wusste nicht, ob ich bereit war, die Sicherheit meines Jobs aufzugeben. Damals hatte man in den USA nur eine Krankenversicherung, wenn man einen Vollzeit-Job hatte. Aber ich hatte einige Kunden, die ich mitnehmen konnte und ein paar Freelancer-Jobs als Stylistin bekommen. Also traute ich mich, meinen Job zu kündigen, um als freie Interior-Designerin und -Stylistin zu arbeiten.
In L.A. gibt es großartige Flohmärkte, die ich jedes Wochenende besucht habe, weil mein Einrichtungsstil sich sehr auf Antiquitäten und Vintage-Stücke stützt.
In L.A. gibt es großartige Flohmärkte, die ich jedes Wochenende besucht habe, weil mein Einrichtungsstil sich sehr auf Antiquitäten und Vintage-Stücke stützt. Auf den Märkten wollte ich für Kunden einkaufen und habe viele antike Teppiche gefunden, in die ich mich direkt verliebt habe. Aber als ich den Kunden Fotos der Teppiche geschickt habe, wollten sie sie nicht kaufen. Aber ich konnte diese wunderschönen Teppiche nicht nicht kaufen! Also kaufte ich sie, ohne richtig zu wissen, was ich mit ihnen machen wollte. Als der Teppichstapel bei mir zu Hause immer weiter wuchs, startete ich einfach einen kleinen Online-Shop. Es dauerte ein paar Monate, aber als die Website fertig war, lief es direkt gut.
Ich habe Fotos der Teppiche auf meinem privaten Instagram-Kanal gepostet und Freunde haben dann Freunde unter den Fotos markiert … So ist es organisch gewachsen. Damals war Instagram noch nicht, was es heute ist – es gab kaum Marken auf Instagram, es war noch eine sehr persönliche Plattform.
Ja, komplett! Ich verdanke Instagram mein Business (lacht). Ganz am Anfang habe ich die Fotos der Teppiche immer direkt gepostet, wenn ich sie gefunden habe – und sie waren innerhalb von Sekunden verkauft. Aber die Nachfrage wurde so groß, dass Menschen sich geärgert haben, wenn sie Teppiche verpassten. Immer mehr Leute haben mich gefragt: Kannst du uns Bescheid sagen, wenn du neue Teppiche postest? Also habe ich einen wöchentlichen Rhythmus entwickelt: Jetzt poste ich jeden Donnerstag um 8 Uhr morgens, L.A. Zeit, neue Teppiche.
Ich verdanke Instagram mein Business.
Leider ja (lacht) … Ich liebe Instagram und die Ästhetik meiner Marke wurde durch Instagram geprägt. Aber es kann einen auch überfordern. Mittlerweile ist Instagram so kalkuliert, dass es weniger organisch und natürlich ist. Manchmal finde ich Instagram sehr frustrierend – wenn es sich für mich nicht mehr gut anfühlt, muss ich eine Weile Abstand davon nehmen, und wenn es sich gut anfühlt, poste ich wieder. Ich lerne langsam, mich nicht so unter Druck zu setzen.
Das ist das Schöne daran, wenn man im Interior- und nicht im Fashion-Bereich ist. In der Mode gibt es wesentlich mehr Druck … Der Schlüssel liegt darin, glaubwürdig und echt zu sein, was die eigenen Inhalte angeht.
Mich haben Teppiche schon immer angezogen. Und wie gesagt suche ich immer nach Gemütlichkeit – und genau das macht ein Teppich mit einem Raum. Die Philosophie der Marke ist, aus einem Haus ein Zuhause zu machen.
Das war eine große Veränderung. Die Märkte in L.A. sind so toll und ich hatte ein großes Auto, in das ich alle Einkäufe einladen konnte. Als ich nach London kam, war es eine Herausforderung. Aber ich war ja schon in den letzten eineinhalb Jahren regelmäßig in London, um meinen Freund zu besuchen, und konnte über diesen Zeitraum Kontakte für meine Arbeit knüpfen. Manchmal besuche ich auch hier noch Märkte, aber hauptsächlich arbeite ich jetzt direkt mit Händlern. Sie importieren Teppiche aus der Türkei und Iran und wissen genau, wonach ich suche. Es fühlt sich alles jetzt viel professioneller an.
Oh ja, es ist viel einfacher – auch im Hinblick darauf, meine Lagerbestände zu planen. Manchmal bin ich in L.A. extra raus nach Ost-L.A. zu einem Flohmarkt gefahren, habe mein Auto geparkt, meine Transportkarre rausgeholt, bin stundenlang über die Flohmärkte gelaufen – und habe nichts gefunden! Es ist toll, dass ich jetzt jemanden habe, der direkt an der Quelle der Teppiche sitzt und für mich eine Vorauswahl trifft.
Das Merkmal meiner Teppiche ist ihr Alter. In letzter Zeit habe ich Teppiche eingekauft, die aus der Zeit zwischen 1850 bis 1910 stammen, sie sind also wirklich antik. Wenn ein Teppich so abgenutzt ist, dass man schon einzelne Fäden sieht, finde ich das am schönsten. Ich liebe es, wenn man sieht, dass auf einem Teppich gelebt wurde.
Wenn ein Teppich so abgenutzt ist, dass man schon einzelne Fäden sieht, finde ich das am schönsten..
Das variiert. Von 250 bis 300 US Dollar für einen kleineren Teppich bis zu 3.000 oder 4.000 US Dollar für einen größeren Teppich.
Ja, es gibt kein Muster, alle wurden anders gemacht. Das ist auch Teil ihrer Schönheit: die Rarität.
Das werde ich andauernd gefragt und ich verstehe auch das Bedürfnis. Aber für mich funktioniert es einfach so gut, die Teppiche über meine Website zu verkaufen, dass ich dafür keine Notwendigkeit sehe. Ich bin eine „creature of comfort“, ich möchte, dass die Dinge angenehm laufen und ich keinen Stress habe. Ich möchte es einfach halten.
Seitdem ich nach England gezogen bin, bekomme ich auch mehr internationale Aufmerksamkeit. Ich biete internationalen Versand zu einem vernünftigen Preis an, aber die meisten meiner Kunden sind immer noch in den USA und viele in Los Angeles.
Marokkanische Teppiche sind sehr schön – aber auch sehr trendy. Ich denke, dass die persischen und türkischen Teppiche, die ich verkaufe, wirklich zeitlos sind. Es gibt sie schon seit vielen hundert Jahren und es wird sie immer geben. Es kommt nur darauf an, wie man sie stylt. Je älter sie werden, desto schöner werden sie.
Ja, die meiste Zeit bin ich hier, aber ich bin US-Bürgerin und mein Business ist in New York. Also reise ich sehr häufig in die USA, etwa einmal im Monat. Zum Glück habe ich viele Freunde in New York City und meine Eltern leben in upstate New York – ich habe also immer einen Platz zum Schlafen.
Auf eine Weise ja, es kann ein bisschen hektisch werden. Diesen Sommer bin ich viel gereist. Mein Freund kommt gebürtig aus Italien und wir haben auch seine Familie dort besucht … Ich habe einen Terminkalender, der mir alles bedeutet! Du solltest ihn sehen, ich habe jeden Tag To-Do-Lists. Ich versuche, meine Zeit gut zu planen und die Dinge möglichst stressfrei zu halten. Dazu gehört auch, Dinge gehen zu lassen.
Ich versuche, meine Zeit gut zu planen und die Dinge möglichst stressfrei zu halten. Dazu gehört auch, Dinge gehen zu lassen.
New York ist viel intensiver. London ist eine niedrige Stadt, New York ist eine hohe Stadt – in New York muss man immer aufschauen, wenn man herumläuft, in London ist alles etwas mehr auf Augenhöhe. Die Energie in New York ist extrem berauschend, auf die beste Weise. Es gibt so viel Energie – aber in New York zu leben, ist anstrengend und ermüdend. New York wirft sich dir einfach ins Gesicht. Und obwohl London auch eine große Stadt ist, kommt sie mir etwas ruhiger vor. In Notting Hill fühlt man sich wie in einer Kleinstadt. Es gibt viele Parks und ich versuche, jeden Tag einen Spaziergang im Hyde Park, der hier ganz in der Nähe ist, zu machen – das ist so erholsam.
New York wirft sich dir einfach ins Gesicht.
Hampsteadt Heath ist wunderschön! Es ist ein großer Park im Norden Londons, von dem aus man eine gute Sicht auf die Stadt hat. Ich liebe Nord-Ost-London, die Tate, … und es gibt viele historische Häuser, die in Museen verwandelt wurden. Das finde ich faszinierend! Ich liebe Orte, die Geschichte und Interieur vermischen. Was Restaurants betrifft, müsst ihr unbedingt bei „Granger & Co.“ essen, sie haben ein Restaurant hier in der Nachbarschaft. „Dishoom“ ist auch sehr gut! Und was ich an London liebe, sind die Pubs. Es gibt sie schon ewig und sie haben sich nie wirklich verändert.