Plant den perfekten Familienurlaub: Kerstin Bognár von „The Niche Traveller“

Knapp 20 Jahre lang hat Kerstin Bognár in der Medienbranche gearbeitet – zunächst als Redakteurin, später als Chefredakteurin – bevor sie sich entschloss, ihr eigenes Unternehmen zu gründen. Kein Magazin, sondern eine Reiseplattform. „The Niche Traveller“ ist ein Online-Reisebüro und Club, der sich auf handverlesene Unterkünfte und besondere Reisen für Familien spezialisiert hat. Die Reiseziele reichen von Comporta in Portugal über das Schweizer Bergdorf Vals bis zur Insel Sylt. Wie sich Kerstin Bognár das moderne Reisen mit der Familie vorstellt, welchen Kriterien die Hotels und Unterkünfte für „The Niche Traveller“ genügen müssen, und warum es so herausfordernd ist, die ganze Familie im Urlaub glücklich zu machen, darüber sprechen wir mit der 40-Jährigen in ihrem Hamburger Zuhause, wo sie mit ihrem Mann und den vier Söhnen lebt.

 

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Die große, offene Küche hat einen Zugang zur Terrasse – und von dort über eine Treppe zum Garten.

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femtastics: Bist du schon immer viel gereist, Kerstin?

Kerstin Bognár: Ich bin relativ behütet aufgewachsen und habe meine Schulferien meist auf Sylt verbracht. Meine Eltern sind nicht mit mir um die Welt geflogen und ich bin früh alleine verreist. Anfangs auf Skifreizeit nach Österreich, später mit Freunden zum Snowboarden und Surfen nach Frankreich, Spanien, Italien. Nach dem Abitur bin ich mit meiner Freundin zuerst nach London und New York geflogen – dann bin ich alleine nach Neuseeland gereist. Ich wollte einfach weit weg und etwas von der Welt sehen. Diese erste große Reise ans andere Ende der Welt hat etwas in mir ausgelöst. Seither habe ich viele verschiedene Arten des Reisens unternommen: mit dem Rucksack durch Mexiko und Costa Rica, Aufenthalte bei Gastfamilien, mit Van und Campingkocher um die iberische Halbinsel. Ich bin als Journalistin viel gereist, habe in den unterschiedlichsten Gasthäusern und Hotels gewohnt und seit rund zehn Jahren organisiere ich nun Reisen für unsere große und komplexe Familie. Das erfordert viel Recherche und Flexibilität.

Wann und warum hast du dich entschieden, dich auch beruflich mit Reisen zu befassen?

Ich hatte schon lange die Idee im Kopf, ein eigenes Unternehmen zu gründen und etwas mit Reisen zu machen, besondere Reisen zu kuratieren. Ich habe seit Jahren vielen Freunden und Bekannten Reisen und Unterkünfte empfohlen, die immer zu etwas Besonderem geführt haben. Natürlich findet man heute Tipps und Inspiration in Magazinen, im Internet, auf Instagram, aber die persönliche Empfehlung ist viel wert. Und das gilt besonders für das Reisen mit der ganzen Familie. Die vielen Erfahrungen, die ich da gemacht habe, möchte ich weitergeben. Es ist ein riesiger Unterschied, ob man als alleinreisendes Elternteil mit seinem Kind Urlaub machen möchte oder in der Großfamilie mit vier Söhnen in unterschiedlichen Altersklassen und dann noch Oma und Opa im Schlepptau hat.

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Kerstin Bognár ist in Gießen geboren, nach dem Abitur nach Neuseeland gegangen und dann direkt nach Hamburg gezogen, wo sie auch heute wieder lebt.

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Du hast über viele Jahre als Redakteurin und stellvertretende Chefredakteurin in großen Verlagen gearbeitet – unter anderem für die Titel „Elle“, „Brigitte“, „Flair“ und „Grazia“. Wolltest du immer Journalistin werden?

Ich habe immer schon gerne geschrieben und habe im Alter von 14 oder 15 angefangen, für die Gießener Tageszeitung die Kinokritiken zu schreiben. Das fand ich als Schülerin natürlich super. Dann entwickelte ich früh den Wunsch, auf eine Journalistenschule zu gehen. Ich habe dann erst an der „Akademie Mode & Design“ in Hamburg studiert und bin danach auf die „Henri-Nannen-Journalistenschule“ gegangen.

Und dem Modejournalismus bist du dann viele Jahre lang treu geblieben.

Ich habe mich in der Tat viele Jahre mit Mode beschäftigt, aber nebenbei auch immer wieder neue Magazinkonzepte entwickelt, da war die Mode nur ein Thema von vielen.

Wie kam es, dass du dich irgendwann der Reisebranche zugewendet hast?

Ich reise und entdecke wahnsinnig gerne, ich mache mich gern auf den Weg, ohne zu wissen, was kommt. Das war auch journalistisch immer ein Thema für mich und von allen Lifestyle-Themen ist es mein persönlicher Lieblingsbereich. Natürlich interessiere ich mich nach wie vor auch für Mode, Einrichtung und Kunst, aber das Thema Reisen und das Kennenlernen neuer Plätze und Menschen macht mir einfach sehr viel Spaß.

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Das Interview führt femtastics-Co-Gründerin Anna (rechts).

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Ich habe schon viele verschiedene Arten des Reisens unternommen: mit dem Rucksack durch Mexiko und Costa Rica, Aufenthalte bei Gastfamilien, mit Van und Campingkocher um die iberische Halbinsel.

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Überall in der Wohnung finden sich Reisemitbringsel wie diese Muscheln und Seesterne.

Was ist „The Niche Traveller“? Welche Idee steckt dahinter?

„The Niche Traveller“ ist ein Boutique-Online-Reisebüro für Familien. Der Fokus liegt darauf, besondere Unterkünfte und Reisen zu kuratieren, die den Ansprüchen von Familien mit Pioniergeist entsprechen, sowie auch anspruchsvollen Familienkonstellationen. Das ist etwas, das ich, dank meiner eigenen Erfahrungen, gut kann; und wofür andere Menschen sehr viel Zeit und Nerven brauchen. Aus Erfahrung weiß ich, dass viele Hotel-Buchungsplattformen daran scheitern, wenn du ein Kind im Alter von anderthalb, ein Kind im Alter von vierzehn oder Zwillinge hast – da möchte nicht jeder direkt die Suite buchen, da muss man vielleicht ein Zustellbett dazubuchen … Diese Organisation kenne ich und weiß, vor welchen kleinen und großen Herausforderungen Familien stehen.

Wie funktioniert die Reisebuchung über „The Niche Traveller“?

Entweder du schickst eine E-Mail oder du stellst eine Anfrage über ein digitales Formular und gibst schon recht spezifisch deine Konstellation und deine Wünsche an. Von uns erhältst du dann entweder Empfehlungen oder, falls du schon nach einem spezifischen Hotel gefragt hast, schicken wir dir ein Angebot zu. Wir sind kein Pauschalreiseveranstalter – deine Anreise und was du vor Ort unternehmen willst, buchst und organisierst du selbst, wir kümmern uns um die Unterkünfte. Demnächst wird es aber auch die Möglichkeit geben, dass wir alles für dich organisieren. Wir arbeiten gerade an einem Club-Konzept, mit dem wir noch besser und gezielter auf die persönlichen Bedürfnisse unserer Familien eingehen können.

Heutzutage ist es – mit Reiseblogs, Instagram, Tripadviser und Co. – gar nicht mehr leicht, Orte und Hotels zu entdecken, die noch nicht jeder kennt. Wie gehst du dabei vor, Entdeckungen zu machen? 

Ich lese und recherchiere viel, aber ich verlasse mich auch sehr stark auf mein Gefühl. Besondere Sachen zu entdecken, die sich in Trends verwandeln, war schon immer meine Stärke. Natürlich geht es darum, immer wieder neue Reiseziele zu entdecken oder alte aus ihrem Dornröschenschlaf zu holen, andererseits muss aber gar nicht alles neu und noch nie da gewesen sein. Es geht vielmehr darum, das Reisen aus der Familienperspektive zu sehen: Wo kann ich schöne, besondere Urlaube mit meiner Familie verbringen? Das sind auch Orte in Italien, Spanien und anderen beliebten Reiseländern. Es geht primär um die Unterkunft, die die passenden Voraussetzungen bietet. Das Hotel sollte zum Beispiel Erlebnisse und Aktivitäten für die ganze Familie bieten, idealerweise nachhaltig geführt sein, und unseren Werten entsprechen. Tendenziell sind es eher Unterkünfte auf Menorca als auf Mallorca, eher auf Formentera als auf Ibiza, eher in Comporta als an der Algarve. Der „Niche Traveller“ sucht eher die etwas weniger bereisten Orte. Es geht auch um Nachhaltigkeit im Tourismus-Sinne. Unsere Aufgabe ist es, die Auswahl zu finden.

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Der Familienalltag ist oft anspruchsvoll genug und die Erwartungen, die an einen Urlaub mit der Familie geknüpft sind, sind oft sehr unterschiedlich.

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Liegt der Fokus auf Europareisen?

Aktuell ja. Wir sind eine europäische Marke und hier Zuhause. Wir werden aber bald ein paar Fernreiseziele aufnehmen. Gleichzeitig möchten wir regionaler werden, mehr Ziele anbieten, die man zum Beispiel gut mit der Bahn von den großen europäischen Städten erreichen kann. Das große Thema Nachhaltigkeit hat ja nicht nur etwas mit den Unterkünften zu tun. Wir werden die Viel- und Kurzfliegerei nicht mehr ändern, aber wir können Alternativen anbieten. Wir wollen das Bewusstsein unserer Klienten dafür schärfen, dass es als Familie mehr Sinn hat, etwas weniger zu fliegen und zu verreisen, und dafür länger an einem Ort zu bleiben. Jeder, der beruflich viel mit dem Flugzeug unterwegs sein muss, weiß, dass es nur begrenzt Spaß macht, wenn man dann in den Ferien auch noch Kurztrips mit der fünfköpfigen Familie unternimmt.

Warum ist es so eine Herausforderung, die passenden Hotels zu finden?

Der Familienalltag ist oft anspruchsvoll genug und die Erwartungen, die an einen Urlaub mit der Familie geknüpft sind, sind oft sehr unterschiedlich. Der eine muss sich dringend erholen, der andere möchte Zeit mit den Kindern, aber auch Zeit zu zweit als Paar, man möchte nicht seinen Alltag mit in den Urlaub nehmen und jeden Tag im Ferienhaus nur die Geschirrspülmaschine ein- und ausräumen. Es ist eine Herausforderung, diese unterschiedlichen Bedürfnisse zu befriedigen. Und das muss sich im Angebot der Hotels widerspiegeln: Sind Kinder nur geduldet oder sind sie erwünscht? Ist es gegeben, dass man abends gemeinsam am großen Tisch sitzt oder werden die Kinder im „Kids Club“ mit Fischstäbchen abgespeist, während die Eltern fünf Gänge essen? Viele Hotelangebote entsprechen nicht den Mindsets moderner Familien, vor allem, wenn die Mutter auch arbeitet. Wenn der Alltag so stressig ist, möchte man in den raren gemeinsamen Ferien doch „Quality Time“ mit der Familie verbringen. Man möchte gemeinsame Erlebnisse, aber vielleicht trotzdem morgens eine Stunde Yoga alleine machen können. Vielleicht möchte man auch gemeinsam kochen, weil man dazu im Alltag selten kommt.

Von welchem Preissegment sprechen wir?

Der Preis ist nicht das Kriterium. Auf Formentera arbeiten wir mit einer Unterkunft zusammen, die im Vergleich sehr günstig ist. Sie ist einfach, aber ursprünglich, charmant und traumhaft gelegen. Es gibt keine Klimaanlage und auch kein W-Lan. Für mich persönlich ist das ein ganz besonderer Luxus. Andere würden es vermutlich fürchterlich finden. Grundsätzlich befinden wir uns aber natürlich in einem eher hochpreisigen Segment, dafür stehen teilweise auch die Reiseziele. Abgesehen davon bin ich mir sicher, dass gute Beratung niemals billig sein kann. Wir vermitteln hochwertige Produkte und bieten bestmögliche Beratung, und das hat eben seinen Preis.

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Kerstin und ihre Familie entdecken nicht nur gerne Reiseziele, sondern immer mal wieder auch neue Kunstwerke oder Designobjekte. In ihrer Wohnung hängen Werke von Cordula Ditz, Michelle Jezierski, Michael Conrads und Stefan Mildenberger.

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Die Wandinstallation (links) besteht aus Seerosenblättern.

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Wenn ich über mehrere Jahre immer nach Comporta reise, dann kenne ich den Inhaber der Reitschule, den Surflehrer, die Besitzer der Restaurants am Strand – und diese Menschen können mir ganz persönliche Insider-Tipps geben.

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Wer steckt denn hinter „The Niche Traveller“ neben dir als Gründerin?

Ich arbeite mit einem Team aus freien Mitarbeitern im Design, in der Entwicklung und auch im Travelling – vor allem dort. Ich kann leider nicht alleine sämtliche Destinationen bereisen. Ich bin Expertin für einige Ecken der Welt und werde mir sicher noch viele neue ansehen, aber es gibt einige Orte, für die ich andere Expertinnen und Experten benötige. Unsere „Travel Scouts“ sind Eltern, idealerweise Journalisten, die sich an bestimmten Plätzen sehr gut auskennen. Zusätzlich arbeite ich auch mit Menschen vor Ort zusammen. Wenn ich über mehrere Jahre immer nach Comporta reise, dann kenne ich den Inhaber der Reitschule, den Surflehrer, die Besitzer der Restaurants am Strand – und diese Menschen können mir ganz persönliche Insider-Tipps geben. Es geht um Authentizität und lokales Insiderwissen. Was ich gerne noch ausbauen möchte, ist die Perspektive der Kinder – „what the kids say“, heißt es auf der Website. Schließlich geht es um das Erlebnis der ganzen Familie. Zum Glück sind zwei unserer Söhne auch schon fleißig dabei, mich mit ihrer Meinung zu Orten und Unterkünften zu unterstützen.

Was sind deine persönlichen Lieblingsorte?

Ich mag Comporta in Portugal wahnsinnig gerne. Mir gefällt die wilde, ungezähmte Natur, trotzdem gibt es dort großartige Restaurants und wunderschöne Hotels und Häuser. Gerade habe ich aber ein neues Reiseziel entdeckt, von dem ich sehr begeistert bin: die schottischen Highlands. Wir waren in einem Tal, wo außer den Rangern sonst niemand war und hatten dort ein Cottage gemietet. Dort habe ich einige Projekte gefunden, die perfekt in unser Portfolio passen.

Wie stellst du dir „The Niche Traveller“ in zwei Jahren vor?

Der „Niche Traveller“ muss im Segment für hochwertige Familienreisen erst einmal ankommen. Ziel ist, dass man unseren Namen zeitnah in der Zielgruppe in Berlin, London, Paris und den anderen europäischen Städten mal gehört hat. Wenn uns dann genügend Familien vertrauen und mit uns buchen, bin ich happy. Und die Familien sind es dann hoffentlich auch.

Vielen Dank für das Interview, liebe Kerstin!

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Hier findet ihr Kerstin Bognár und „The Niche Traveller“:

 

Fotos: Nina Struve

Layout: Kaja Paradiek

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