Als Lucas Kuch uns die Tür zu seiner Berliner Wohnung öffnet, riecht es verlockend nach Tomatensoße. Der Grund: Er hatte uns erst später erwartet und war gerade dabei, sein Mittagessen vorzubereiten. Eintreten und seine eklektisch eingerichtete Wohnung bestaunen dürfen wir natürlich trotzdem. Dass der gebürtige Hamburger ein Händchen fürs Dekorieren und Arrangieren hat, kommt nicht von ungefähr – immerhin ist er Gründer und Inhaber des Interior-Shops „valuc15“ und bietet gleichzeitig die passende Beratung und Dienstleistungen rund ums Einrichten an. Zum eigenen Laden in der Gneisenaustraße ist er über Umwege gekommen: Er hat erst in Amsterdam Europa-, später in Berlin Politikwissenschaften studiert und als Referent gearbeitet, bevor er im vergangenen Jahr seinen eigenen Store in Kreuzberg eröffnet hat. Uns zeigt er seine zahlreichen Wohnschätze und verrät, wie oft er seine Wände neu streicht. (Spoiler: Oft!)
Lucas Kuch: Ich hatte immer ein Faible für Interior und komme aus einem Einrichtungshaushalt. Meine Mutter hat in Hamburg seit 30 Jahren ein Geschäft. Ich bin also damit aufgewachsen und wollte immer etwas in dem Bereich machen. Es ist eine tolle Branche mit sehr sympathischen Menschen. Und es macht Spaß, sich mit schönen Dingen zu umgeben und Wohnungen toll einzurichten. Eigentlich war der Plan, nach Charlottenburg zu gehen oder generell in den Westen Berlins, weil da eine andere Kaufkraft ist. Ich habe mich dann aber für Kreuzberg entschieden, denn hier wohne ich selbst.
Der Kontakt mit den Kunden. Im Vergleich zu Hamburg, wo ich das Geschäft ja kenne, besteht in Berlin ein ganz anderer Bezug zur Einrichtung, die Hamburger haben vermutlich eine andere Prägung. In Berlin bedarf es manchmal Aufklärungsarbeit. Das ist aber schön, weil die Leute bereit sind, sich etwas erklären zu lassen und Vorschläge anzunehmen. Ich würde aber nie jemandem etwas aufquatschen oder etwas verkaufen, was nicht zu ihm passt. Wenn jemand in den Laden kommt, erkenne ich oft direkt am Auftreten oder am Kleidungsstil, wie es bei ihm zu Hause aussieht. Dann weiß ich in der Regel, in welche Richtung es gehen kann.
Wenn jemand in den Laden kommt, erkenne ich oft direkt am Auftreten oder am Kleidungsstil, wie es bei ihm zu Hause aussieht. Dann weiß ich in der Regel, in welche Richtung es gehen kann.
Vom 20-jährigen Studenten aus Kreuzberg bis hin zur 60-jährigen Kundin aus Friedenau ist alles dabei.
Ich bin ja mit dem Geschäft ganz gut vertraut und kenne die Branche schon. Die Buchhaltung ist allerdings eine Herausforderung und nervtötend. Das frisst enorm viel Zeit, genauso wie Instagram. Der größte Teil des Geschäfts läuft übers Internet und über spezielle Marketingmaßnahmen. Anfänglich war alles ganz entspannt, aber wir wachsen von Monat zu Monat – was natürlich ein gutes Zeichen ist – und dadurch verbringen wir mehr und mehr Zeit damit. Das nervt, weil ich den kreativen Part lieber mag. Ich mixe lieber Farbe und suche schöne Stoffe raus, als dass ich stundenlang Bilder bei Instagram poste oder kommentiere.
Einrichtung ist mein größtes Hobby! Ich streiche alle drei, vier Monate neu.
Einrichtung ist mein größtes Hobby! Ich streiche alle drei, vier Monate neu. Wenn ich einen neuen Ton entwickele, dann muss ich den zwanzig Mal testen um zu gucken, wie der wirklich wirkt. Gleiches gilt für Dekoration: Ich liebe es, auf Flohmärkte zu gehen und schöne alte Sachen zu finden und die mit neuen Teilen zu kombinieren. Da gibt es einfach so viele Möglichkeiten.
Alle! (lacht)
Das ist schwierig, denn Einrichtung ist sehr individuell. Du musst, selbst wenn du keinen Plan hast, deinem Gefühl oder deiner Intuition folgen. Du kannst im Internet auf Blogs viel Inspiration finden und musst einfach mutig ausprobieren. Und bitte Abstand nehmen von zu viel Ikea.
Reduziert kann man nicht sagen, überladen ist es aber auch nicht. Es ist ein guter Mix aus allem, was mir gefällt. Ich hatte bisher einen Grauton gestrichen, der je nach Tageslichteinfall wechselte, das war schon sehr nordisch, sehr kühl. Jetzt habe ich ein wenig experimentiert, hier blau gestrichen und einen Raum mit drei Farben gestaltet.
Meine Möbel habe ich in den letzten 15 Jahren peu à peu zusammengesammelt.
Meine Möbel habe ich in den letzten 15 Jahren peu à peu zusammengesammelt. Der Tisch kommt aus Stockholm, der Schrank im Schlafzimmer ist schon uralt und kommt noch aus Hamburg. Ich habe eigentlich kaum neue Sachen hier. Ich habe auch kaum Dinge hier, die ich im Laden verkaufe, abgesehen von Stoffen.
Vermutlich ein paar Bücher. Ich habe zu vielen Einrichtungsstücken eine große Bindung, weil ich sie vor langer Zeit ganz bewusst angeschafft habe. Ich glaube, ich würde meine Bananen aus Holz retten, die habe ich tierisch lange gesucht und dann durch Zufall in Rio gefunden.
Ich habe die mal gesehen, fand sie super schön und seitdem sind sie mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Dann habe ich sie durch Zufall entdeckt. Obwohl – wenn hier jetzt ein Feuer ausbrechen würde, dann würde ich an die wahrscheinlich als letztes denken. (lacht)
Nein, ich habe vorher in Neukölln am Kottbusser Damm gewohnt und wollte gerne in der Ecke bleiben, weil da viele Freunde aus Hamburg wohnen. Aber irgendwann habe ich es nicht mehr ausgehalten, weil es zu überlaufen war. Diese Wohnung habe ich durch Zufall gefunden. Ich habe damals bewusst nach einer Wohnung gesucht, die kernsaniert werden muss, so konnte ich alles nach meinen eigenen Vorstellungen gestalten. Das würde ich immer wieder so machen.
Ich habe nach der Schule auf dem Bau gearbeitet, weil ich dachte, dass ich alles einmal gemacht haben muss, um zu wissen, wie es funktioniert. Also nicht nur, um im Einrichtungsbereich zu arbeiten und ein Fachverständnis zu haben, sondern auch, weil ich mir die Arbeitsbedingungen ganz genau angucken wollte. Das ist Knochenarbeit, das könnte ich definitiv nicht mein Leben lang machen. Ich habe mir damit nach dem Abi Geld verdient und bin mit dem Geld dann nach New York gereist.
Ich habe nach der Schule auf dem Bau gearbeitet, weil ich dachte, dass ich alles einmal gemacht haben muss, um zu wissen, wie es funktioniert.
Ich fahre viel übers Land. Im Urlaub in Italien habe ich gerade ein paar Keramikmanufakturen abgeklappert, da kommen bald tolle neue Sachen in den Laden. Und ich fahre immer auf die Messen in Paris und Mailand. Eigentlich müsste ich da nicht hinfahren, weil ich die meisten Hersteller kenne und ganz gut darüber informiert bin, in welche Richtung die Trends gehen. Im letzten Jahr war zum Beispiel der Terrazzo-Trend ganz groß – und du weißt einfach vorher, was passieren wird und kannst auch absehen, was danach kommt. Wir werden sehen, ob es jetzt wieder in Richtung Art Déco gehen wird … Aber es besteht auf jeden Fall ein großer Bedarf an Tapeten mit verschiedenen Mustern.
Dass es genau so weitergeht. (lacht)
Das wäre natürlich spannend, aber es ist ein sehr beratungsintensives Geschäft und dafür muss ich eigentlich permanent vor Ort sein. Es ist wünschenswert, wenn das Geschäft weiter wächst, aber mit dem einen Laden bin ich ganz gut bedient.
Ich würde beim Wohnen Abstand nehmen von Trends. Der Markt wird mit Trends geflutet und du hast sie schnell über. Ich würde eher dazu raten, mit schönen Stoffen anzufangen und etwas Zeitloses zu gestalten. Damit liegst du definitiv nie falsch.
Fotos: Sophia Lukasch
Interview: Josefine Andrae
Layout: Kaja Paradiek