Anne Tu Quoc hat ein Achtzigerjahre-Haus in ein kunterbunt modernes Familienhaus verwandelt

Überall Teppichboden, dunkle Holzvertäfelung und ordentlich Achtzigerjahre-Mief – all das hat die Schweizerin Anne Tu Quoc nicht vom Hauskauf abgehalten. Im Gegenteil: Sie erkannte sofort das Potenzial und hatte Ideen, wie man das angestaubte Haus in ein helles, modernes Familienhaus mit vielen farblichen Highlights verwandeln kann. Nach einem halben Jahr Renovieren lebt sie heute happy mit ihrem Mann und den beiden Teenager-Söhnen in dem kunterbunten Haus auf dem Schweizer Land. Im Interview sprechen wir mit ihr über die Zeit des Umbaus sowie über ihr kleines, feines Label “Petitmai” für handgemachte Lieblingsstücke.

Anne Tu Quoc und ihr Mann leben mit den beiden Söhnen (13 & 9) in dem schönen Haus in der Schweiz.

Irgendwann hatten wir das Bedürfnis aufs Land zu ziehen, damit unsere Kinder so aufwachsen können wie wir damals – in einem Haus mit Garten.

In dem Haus wurde 43 Jahre lang nicht renoviert – dann hat Anne es Schritt für Schritt in ein helles, freundliches Zuhause verwandelt.

femtastics: Ihr habt ein tolles, farbenfrohes und modernes Familienhaus. Wie habt ihr das Haus gefunden?

Anne Tu Quoc: Mein Mann und ich kommen beide aus der Ecke hier, wir sind wenige Dörfer entfernt aufgewachsen. Unsere Eltern wohnen im Umkreis von zehn Minuten entfernt. Früher habe ich in Zürich gewohnt und mein Mann ist beruflich um die halbe Welt gereist. Irgendwann hatten wir das Bedürfnis aufs Land zu ziehen, damit unsere Kinder so aufwachsen können wie wir damals – in einem Haus mit Garten. Das Angebot in der Stadt haben wir eigentlich gar nicht mehr richtig genutzt. Wir haben in der Region gesucht und das Haus hier gefunden.

Was habt ihr alles im Haus renoviert?

Das Haus wurde vor 43 Jahren gebaut und seitdem haben die Besitzer nie wieder was dran gemacht. Es hatte so einen richtigen Achtzigerjahre-Mief und war teilweise etwas verfallen. Überall war Teppich ausgelegt, in der Küche war ein orangefarbener Teppich drin und das Bad war olivgrün mit grünem Flauschteppich. Alles war voll möbliert und voll vertäfelt mit dunklem Holz, als wir das Haus das erste Mal besichtigt haben. 

Ich habe das Potenzial erkannt und wusste schnell, dass man hier viel machen kann. Und ich habe mich sofort wohlgefühlt. Mein Bauch sagte: Ja! Das Haus hat ein großes Grundstück und einen schönen Garten.

Wir haben ein halbes Jahr lang renoviert und alles rausgerissen. Ich hatte von Anfang an eine Vision, wie es aussehen soll. Anfangs hatten wir noch einen Architekten, mit dem wir uns beraten haben. Aber irgendwann dachte ich: Ich mache es einfach selbst. Also habe ich die gesamte Planung, Leitung und Koordination der Handwerker*innen übernommen. Ich habe das zwar noch nie gemacht, aber mir zugetraut.  

Ich habe das Potenzial erkannt und wusste schnell, dass man hier viel machen kann.

Die Söhne haben beide ein eigenes Kinderzimmer.

Wie habt ihr euer schön buntes, verspieltes Interior Design entwickelt?

Ich habe ein bildliches Gedächtnis und kann mir in einem Raum direkt vorstellen, wie er aussehen könnte. Mein Ausgangspunkt war viel Seekiefer und Weiß, basierend darauf habe ich die Farben entwickelt. Natürlich war ich oft unsicher, ich habe einfach Dinge ausprobiert. Wir sind erstmal eingezogen und dann habe ich Schritt für Schritt Dinge verändert und Farbe reingebracht. 

Du hast ein kleines, feines Label für handgemachte Accessoires für Kinder und Erwachsene. Wie ist die Gründungsgeschichte von “Petitmai”?

Angefangen habe ich mit Stricken, als ich 23 Jahre alt war. Ursprünglich habe ich eine Ausbildung im Gastgewerbe, ich habe eine Hotelfachschule absolviert. Ich war in einer Saisonstelle in den Bergen im Winter und habe Mützen gestrickt. Kurz darauf hat mich das halbe Dorf gefragt, ob sie auch so eine Mütze haben können. Am Ende der Saison haben dann tatsächlich sehr viele Menschen in diesem Dorf meine Mützen getragen.

Zurück in Zürich wollte ich mehr daraus machen. Ich hatte noch keine Kinder, also keine große Verantwortung und es waren keine großen Investitionen nötig.

Wir sind erstmal eingezogen und dann habe ich Schritt für Schritt Dinge verändert und Farbe reingebracht. 

Hast du das Label parallel zu deinem Job gestartet?

Nein, ich bin direkt Vollzeit eingestiegen. Einige Jahre habe ich nur Mützen gestrickt, ein großes Netzwerk aus Bäuerinnen und Rentnerinnen hat mich dabei in Heimarbeit unterstützt. Es lief super gut an. Nachdem ich Kinder bekommen habe, habe ich mir zu Hause ein Atelier eingerichtet und von dort aus gearbeitet. Verkauft habe ich die Mützen in Sportgeschäften in der Schweiz.

Wie hat sich dein Label dann weiterentwickelt?

Nachdem ich Kinder bekommen habe, habe ich vermehrt Kindersachen wie Decken und Taschen sowie irgendwann Ledermokassins gefertigt. Irgendwann habe ich nur noch Ledermokassins gemacht. 

Ich möchte einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten, wenn ich ein Unternehmen gründe.

Überall im Haus haben Anne und ihr Mann helles Holz verarbeitet. Den Flur oben hat Anne gestreift gestrichen.

Wie hast du das Design und die Fertigung erarbeitet? 

Ich habe Ledermokassins natürlich nicht erfunden, aber in der Schweiz gab es die damals kaum. Also habe ich mir ein Stück Leder gekauft und Muster entwickelt, die meine Kinder getestet haben. Ich habe mir Maschinen gekauft und alle Mokassins selbst gefertigt. Als es immer mehr wurde, habe ich eine Schneiderin eingestellt. Dann wurden die Kinder größer und mein Interesse an den Mokassins wurde geringer, jetzt mache ich hauptsächlich Handtaschen.

Ich habe ein bildliches Gedächtnis und kann mir in einem Raum direkt vorstellen, wie er aussehen könnte.

Bad Upgrade! Anne hat Elemente des alten Bades behalten und mit modernen Upgrades versehen, wie die schwarzen Armaturen und die gestreift gestrichenen Fliesen.

Du arbeitest mit pflanzlich gegerbtem Leder. Woher bezieht ihr das pflanzlich gegerbte Leder? Was bedeutet “pflanzliche Gerbung”?

Mir war von Anfang an wichtig, dass ich nicht irgendein Leder verarbeite, von dem ich gar nicht weiß, woher es wirklich stammt. Ich möchte einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten, wenn ich ein Unternehmen gründe. Nach langer Recherche habe ich einen Lieferanten in Deutschland gefunden, von dem ich das Leder bezogen habe. 

Kürzlich habe ich den Lieferanten gewechselt, weil der vorherige Lieferant immer noch einen Teil Chemie im Gerbmittel verwendet hat. Im Leder selbst ist das zwar nicht schädlich, aber in der Produktion ist es ein Problem – für die Mitarbeiter*innen und das Wasser. 

Das habe ich lange gar nicht gewusst. Jetzt bin ich bei einem kleinen Familienbetrieb in Süddeutschland. Das Leder wird hier 100% pflanzlich gegerbt. Das Wasser in der Produktion kann so viel öfter und länger verwendet werden, danach fließt es ganz normal in die Kanalisation ab. 

Auch im Keller finden sich Streifen, die sofort für gute Laune sorgen!
Anne fertigt für ihr Label „Petitmai“ wunderschöne Leder Mokassins – für Lieferungen nach Deutschland kommen übrigens keine Zollkosten dazu, weil „Petitmai“ diese direkt für die Kund*innen übernimmt!

Ist veganes Leder keine Option für dich?

Mit veganem Leder habe ich auch schon experimentiert, aber muss ehrlich sagen, dass ich bisher nichts gefunden habe, was den Ansprüchen von Leder standhält. Leder ist langlebig, hat eine bestimmte Haptik, altert schön. Das pflanzliche Leder ist an der Oberfläche unbehandelt, daher nimmt es zwar Wasser und Fett auf, dadurch lebt es mit dir und bekommt eine bestimmte Patina. 

Rund um ein Label fallen viele Aufgaben an – von Buchhaltung bis Customer Care. Machst du alles selbst?

Ja. Ich habe mir viel beigebracht über die Jahre. Die Produktion habe ich aber mittlerweile fast komplett abgegeben, die wird im Atelier gemacht und ab und zu helfe ich ein wenig mit. Ausgebildete Schneider*innen können natürlich auch viel besser nähen als ich. In unserem neuen Haus habe ich mir ebenfalls ein Atelier im Keller eingerichtet. 

Vielen Dank für das Gespräch und den Einblick in euer schönes, modernes Familienhaus, liebe Anne!

Hier findet ihr Anne Tu Quoc:

Hier findet ihr „Petitmai“:

Fotos: Anne Lutz

4 Kommentare

  • Isabel sagt:

    Hei,
    ich habe die Homestory verschlungen und mich haben der Stil bzw die Einrichtung des Hauses sofort unglublich angesprochen.Tolle Fotos und wirklich ein wunderschönes Haus mit soviel Liebe zum Detail.
    Wir renovieren auch gerade und ich wollte kurz fragen ob ich etwas über den Seekiefer Boden erfahren kann. Sind das Platten…..was gibt es dazu wichtiges zu wissen…….was ist drunter, sind die Platten versiegelt usw. Möchten das nämlich auch sehr gerne im Flur machen…..ist ja nicht so gängig deswegen frage ich.
    Würde mich riesig über eine kurze Rückmeldung dazu freune!
    Danke und beste Grüße,
    Isabel

    • Anne sagt:

      Liebe Isabel
      Herzlichen Dank für deine lieben Worte ❤️ Ich werde gerne versuchen dir weiterzuhelfen, die Antwort würde hier aber den Ramen sprengen! Magst du mich per Insta kontaktieren? Dann hinterlasse ich dir gerne eine Sprachnachricht.
      Herzlich
      Anne

  • Sandrine sagt:

    Wie wunderschön! Gefällt mir so gut euer Stil
    Sagt mal, wo ist denn der Esstisch her? Genau so etwas suche ich derzeit 🙂
    Herzlichen Dank für die tolle Inspiration und viele Grüße
    Sandrine

    • Lisa van Houtem sagt:

      Liebe Sandrine, Anne sagt, die Tischbeine sind von „Hay“ (gibt es noch zu erwerben), die Tischplatte ist eine alte Bauerntischplatte. Liebe Grüße!

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