„nicenicenice“ heißt das Wohn- und Modeaccessoires-Label vom Ehepaar Katrin (35) und Jean-Marie Engel (35), das einigen Interior-Fans sicherlich schon unter dem Instagram-Namen @nicenicenice begegnet ist. Die Produktdesignerin hat seit jeher ein Faible für Farben, Formen und Muster, was sich sowohl in der Wohnung, als auch in den Entwürfen des Labels widerspiegelt. Wir haben die beiden in ihrer verspielten Wohnung in Aachen besucht und sprechen mit Katrin über das Pärchen-Business, vom Start in die Selbstständigkeit bis hin zu Existenzängsten, und wie die Geburt ihres Sohnes das Business des Gründerteams kurzzeitig auf den Kopf gestellt hat.
Katrin Engel: Jean-Marie habe ich an der Fachoberschule für Gestaltung in Aachen kennengelernt. Direkt nach meinem Produktdesignstudium habe ich bei Jean-Maries Vater in der Firma gearbeitet und dort als Grafikerin Flyer entworfen. Ich fühlte mich dort aber nicht ganz erfüllt. Das war die Zeit, in der Dawanda aufkam. Ich fing an, eigene Schals zu nähen, habe zehn Stück online gestellt und direkt am ersten Tag drei verkauft. So ging alles los!
Unser Hauptgeschäft sind Schals und Socken für Große und Kleine, Strumpfhosen, Mützen, Wohnaccessoires wie Kissen und Decken, und eine kleine Auswahl an Papeterie. Wir hießen ganz am Anfang „Nice Design“, das war aber blöd googlebar. Unser Logo bestand aus ganz vielen „nice“. Auf vielen Märkten haben das dann die Leute laut vorgelesen: „nice nice nice nice nice“. Daraus wurde dann irgendwann „nicenicenice“.
Nebenbei haben wir beide noch im Kino gearbeitet. Wir mussten erst mal gucken, dass genug Geld reinkommt, sodass zwei davon leben können.
Jean-Marie hat noch länger studiert, er kam ein Jahr nach der Gründung dazu. Nebenbei haben wir beide im Kino gearbeitet. Wir mussten erst mal gucken, dass genug Geld reinkommt, sodass wir beide davon leben können. Irgendwann haben wir den Sprung gewagt und sind beide fulltime eingestiegen.
Ich mache hauptsächlich die Entwürfe und die Buchhaltung. Jean-Marie ist für die Webseite zuständig und für Dinge, für die ich zu ungeduldig bin. (lacht) Bestellungen packen und sonstigen Alltagskram machen wir zusammen.
Wir kommen beide aus Familien, in denen es gescheiterte Selbständigkeiten gab, daher gibt es viele Bedenken in unserem Umfeld.
Katrin mit ihrem einjährigen Sohn Fitz.
Bei uns klappt das leben und arbeiten 24/7 super, wir können uns das gar nicht anders vorstellen. Es ist bei uns eben nicht so, dass einer nach Hause kommt und sagt “Schatz, wie war Dein Tag?“. Wir sind seit fünfzehn Jahren zusammen, schon zu Schulzeiten und schon nach drei Monaten zusammengezogen. Wir waren von Anfang an direkt so beieinander. Und haben jetzt den Luxus, gemeinsam unseren Sohn Fitz aufwachsen zu sehen und keiner von uns bekommt abends erzählt, dass Fitz heute seine ersten Schritte gemacht hat. Wir erleben das alles zusammen.
Es gibt Monate, da denke ich, dass es besser laufen könnte.
Wir kommen beide aus Familien, die geschieden wurden und in denen es gescheiterte Selbständigkeiten gibt, daher gibt es viele Bedenken in unserem Umfeld. Es gibt Monate, da denke ich, dass es besser laufen könnte. Aber ich weiß, dass der Winter kommt, der besser läuft. Man muss gut haushalten können, ich konnte aber immer schon gut mit Geld umgehen. Ich bin eher der Typ Geizkragen. (lacht)
Jean-Marie wirft ein: Fitz! Und ansonsten, dass wir uns super ergänzen. Wenn einer von uns auf eine bestimmte Aufgabe keine Lust hat, dann übernimmt das der Andere gerne und umgekehrt. Ich bin ein reiner Pragmatiker und absolut rational, deswegen bin ich in größten Stresssituationen der Ruhepol. Katrin ist eher nervös. Der eine bringt runter, der andere zieht hoch.
Katrin: Uns verbinden außerdem gemeinsame Interessen, zum Beispiel die Vorliebe fürs Reisen und die Natur.
Ich habe als Kind schon ein Faible dafür gehabt. Ich hatte, als ich klein war, einen Anorak mit Entenmuster. Das musste mein Vater mir sogar abmalen, damit ich es auch als Bild hatte. Bei Zeitschriften habe ich mir schon früh Sachen ausgeschnitten, die mir gefallen haben – das war damals schon bunt.
Am Anfang haben wir alles selbst und in Handarbeit gemacht. Als wir angefangen haben auszulagern, sollte es nicht so weit weg und nicht so fremd sein. Man muss die gleichen Werte haben und es muss einfach passen. So etwas in Deutschland zu finden, ist ziemlich schwierig. Man muss Geduld und Zeit mitbringen. Aktuell warten wir zum Beispiel auf die Anlieferung unserer Babysocken, die ich im Mai bestellt habe.
Wir haben die ersten Monate nach der Geburt von Fitz ruhiger angehen lassen, dadurch aber auch weniger verdient.
Die Zeit fehlt. Man muss einfach alles komplett neu einteilen. Wir haben die ersten Monate nach der Geburt von Fitz ruhiger angehen lassen, dadurch aber auch weniger verdient. Man muss versuchen, allem gerecht zu werden, genug Zeit in den Job stecken, aber gleichzeitig auch genug Zeit für sein Kind zu haben.
Ich finde, ein Onlineshop muss immer etwas Neues bieten, gerade auch für Instagram. Dafür fehlte uns komplett die Zeit. Die Entwicklung neuer Produkte haben wir fast ein Jahr lang komplett eingestellt. Wir haben damals angefangen, Sachen kleiner Labels dazuzukaufen und in unserem Shop anzubieten, damit immer wieder etwas Neues reinkommt.
Jeder macht, was er gerade kann. Fitz geht aber jetzt zur Tagesmutter, das heißt an den Vormittagen haben wir schon mal mehr Zeit.
Eltern werden, dass das Leben dadurch von heute auf morgen komplett auf den Kopf gestellt wird. Wir haben kein Anfänger-Baby bekommen, sondern ein Baby für Fortgeschrittene, das immer noch drei bis acht Mal pro Nacht wach wird. Es herrscht ja nicht immer eitel Sonnenschein wie bei Instagram. Da schlafen angeblich immer alle Babys mit sechs Wochen durch.
Wir haben in den Jahren davor selbst an vielen Märkte teilgenommen und gesehen, wie es bei anderen läuft. Wir dachten, so was brauchen wir in Aachen auch. Wir kannten von unseren Märkten schon viele Aussteller, die uns vertraut haben und dann direkt dabei waren.
Ich bin niemand, der Trends hinterherläuft, die sind so vergänglich. Ich habe lieber Sachen, die man länger hat.
Ja, bei vielen wird’s wieder natürlicher. Braun-, Beige-, Greige-Töne und viel helles Holz. Man muss es mögen, es sieht ganz schön aus, vielleicht für einen Raum. Aber mir fehlt dann das Bunte.
Bei großen Sachen – zuletzt ist die Tischplatte eingezogen – diskutieren wir schon. Jean-Marie wollte sie dunkel, ich wollte sie hell haben. Jeder hat seine Meinung. Unser aktuelles Einrichtungs-Streitthema sind neue Boxen fürs Wohnzimmer (lacht).
Wir haben immer gesagt, wir ziehen nach dem Studium nach Berlin. Und dann dachten wir später, wir sind zu alt zum Umziehen. Wir hätten’s vielleicht einfach nach dem Studium machen müssen. Irgendwann waren wir mit dem „Handmade Circus“ und allem hier so verwurzelt. Aber wer weiß, wo es uns noch hinzieht. Wir haben noch keine Endstation definiert.
Der nächste „Handmade Circus“ findet von 25. bis zum 26. Januar 2020 in Aachen statt. Mehr Infos findet ihr hier.
Layout: Kaja Paradiek
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