Eigentlich wollte Anna-Vera Piendl schon immer im kreativen Bereich arbeiten, dennoch entschied sie sich zunächst für den „sicheren“ Weg in der Unternehmensberatung. Erst die Elternzeit brachte die heute 33-Jährige auf die Idee, sich beruflich neu zu orientieren und ihre Leidenschaft – nämlich DIY-Projekte – zu ihrem Job zu machen. Seit über drei Jahren bloggt Vera auf „paulsvera“ über DIY und Einrichtung. Wir treffen sie in ihrer wunderschönen Wohnung, in der sie gemeinsam mit ihrem Mann Paul und ihrer gemeinsamen Tochter lebt. Für uns hat Vera die neue Herbstkollektion von C&A anprobiert – Jacken, Mäntel, Strick und andere Mode, die mit dem Herbstlaub um die Wette strahlt.
Ich hatte, seitdem ich zwanzig war, nicht eine Minute, in der ich mal durchatmen konnte. Erst mit der Elternzeit habe ich gemerkt: Ach so ist das, wenn man mal den Kopf frei hat.
Anna-Vera Piendl: Richtig, ich habe in einem sehr speziellen Bereich in einer großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Während dieser Zeit habe ich auch meine Tochter bekommen. Ich wollte davor eigentlich schon aussteigen …
Jeder, der schon einmal in der Beratung gearbeitet hat – vor allem in amerikanisch geprägten Unternehmensberatungen – der weiß, dass es ein Hamsterrad ist, in dem man steckt. Man hat kein Privatleben. Ich war die ganze Woche unterwegs, von Montag bis Freitag in irgendwelchen Hotels, und am Wochenende habe ich meine Kostümchen gebügelt. Ich hatte keine Zeit für Sport, Freunde, … Mein Leben bestand nur aus Arbeit. Und das fällt einem irgendwann auf. Mir ist es dank Paul, meinem Mann, aufgefallen. Der sagte irgendwann: „Das ist nicht normal.“ Ich kannte es ja nicht anders und ich war auch gut in meinem Job. Obwohl ich ursprünglich etwas ganz Anderes machen wollte. Ich wollte Innenarchitektur studieren.
Jeder hat mir gesagt: „Bl0ß nicht!“ Die Baubranche war zu dem Zeitpunkt total im Keller. Also habe ich mich das nicht getraut.
Da hatte ich zum ersten Mal Zeit. Mein Studium war auch so knallhart: Ich habe zwei Abschlüsse in drei Jahren gemacht, als Studiengangsbeste. Ich hatte, seitdem ich zwanzig war, nicht eine Minute, in der ich mal durchatmen konnte. Erst mit der Elternzeit habe ich gemerkt: Ach so ist das, wenn man mal den Kopf frei hat. Damals habe ich auch mit meinem Blog angefangen, weil ich endlich wieder Zeit hatte, kreativ zu sein. Ich habe für meine Tochter viel genäht, gestrickt und gebastelt, und bin dann dazu gekommen, auch für mich wieder mehr zu machen.
Eine Freundin meinte irgendwann: „Vera, du hast so schöne Ideen, du müsstest eigentlich auch mal ein Blog machen!“ Ich bin nach der Elternzeit wieder in der Beratung eingestiegen und nebenbei habe ich mit dem Bloggen begonnen.
Nein, ich habe irgendwann gemerkt, dass Frankfurt nicht so meine Stadt war und habe meinen Chefs gesagt, dass ich gerne nach Hamburg ziehen möchte. Sie waren einverstanden. Paul hat damals in Bremen gewohnt und war auch bereit, nach Hamburg zu ziehen. Ein gutes Jahr später kam schon unsere Tochter zur Welt. Und dann kam beruflich alles ganz unverhofft.
Ich wollte zum ersten Mal ganz mein Ding machen.
Nach einem Jahr Elternzeit war ich zurück in meinem alten Job und habe gemerkt, dass der Job für mich mit Kind nicht mehr gut vereinbar war. Ich war wieder viel beruflich unterwegs und habe versucht, in meiner Teilzeitstelle allen gerecht zu werden: meinen Kollegen, Kunden, Vorgesetzten, aber natürlich auch meinem Mann und unserer Tochter. Dabei wurde von allen Seiten viel Flexibilität gefordert, wie zum Beispiel Termine, Mails und Anrufe außerhalb meiner eigentlichen kurzen Arbeitszeit, für letztlich nur die Hälfte des Gehalts. Das Gesamtpaket hat für mich dann irgendwann nicht mehr gestimmt. Man hat immer das Gefühl, nicht genug zu leisten – in allen Bereichen.
In meinem damals sehr speziellen Bereich habe ich nur noch zu einer Kollegin Kontakt. Ich glaube, die Unternehmen machen sich viele Gedanken, wie es besser gehen könnte, aber in manchen Branchen ist es einfach schwieriger umsetzbar als in anderen.
Meine gute Freundin Juliane, die hier in Hamburg die PR-Agentur Stilgeflüster führt, hat mich dazu motiviert. Sie hat mir vorgeschlagen, in Teilzeit in ihrer Agentur zu arbeiten und nebenbei mein Blog aufzubauen. Ich habe dann tatsächlich Knall auf Fall gekündigt. Aber letztlich habe ich gemerkt, dass ich mich ganz auf mein eigenes Projekt konzentrieren möchte. Ich war Juliane sehr dankbar für die Möglichkeit, aber ich wollte zum ersten Mal ganz mein Ding machen. Und ich wollte auch noch Zeit für meine Tochter haben. Mir war es wichtig, viel Zeit mit ihr verbringen zu können. Also war ich plötzlich selbstständig – das war turbulent. (lacht)
Man kann sich immer neu entscheiden. Und nach Möglichkeit sollte man seine vielen Talente nicht austrocknen lassen.
Ich wollte es einfach mal für ein Jahr testen. Paul hat mich bei meiner Entscheidung voll unterstützt. Meine finanziellen Reserven haben für rund ein Jahr gereicht – und solange wollte ich ausprobieren, ob es Aussicht auf Erfolg hat. Das war im Sommer 2016.
Gerade möchte sie Dinosaurier werden, das wird wirklich schwierig (lacht). Die Alternative ist Weltraumtechnikerin, damit sie genug Geld verdient, um sich ihre eigene Rakete bauen zu können. (lacht) Aber im Ernst, jeder hat ja unterschiedliche Gründe dafür, welche Entscheidungen er trifft. Meine Mutter war alleinerziehend, das Geld war immer ein bisschen knapp und ich hatte ein starkes Bedürfnis nach einem sicheren Job. Für meine Tochter hoffe ich, dass wir es ihr ermöglichen können, zu entscheiden, was ihr wirklich Spaß macht. Ich hoffe, dass sie sich ausprobieren kann, die Welt sieht und irgendwann das Richtige für sie – oder für den Moment – findet. Das ist auch eine Erkenntnis: Früher dachte ich immer, man müsse den einen Job fürs Leben finden. Quereinstiege waren in den Köpfen nicht verankert und man dachte, man müsse sich festlegen. Das ist natürlich Unsinn! Man kann sich immer neu entscheiden. Und nach Möglichkeit sollte man seine vielen Talente nicht austrocknen lassen.
Das erste Jahr war wirklich hart, das muss ich ehrlich sagen.
Das erste Jahr war wirklich hart, das muss ich ehrlich sagen. Für mich war alles neu, ich habe mir alles selbst beigebracht – das Fotografieren, Bloggen, Social Media, … Und im ersten Jahr kam finanziell nichts rum. Ich war es gewohnt, immer mein eigenes Geld zu verdienen und plötzlich habe ich nichts mehr verdient. Das war für mich eine Katastrophe. Aber ich wollte auch keinerlei Unterstützung beantragen, wie zum Beispiel den Gründungszuschuss, weil ich dachte: Entweder schaffe ich es alleine oder nicht.
Das versuche ich immer noch, das ist ein Prozess. Auch jetzt werde ich noch unruhig, wenn mal nicht so viel passiert. Aber man muss sich einfach daran gewöhnen, dass es ein Auf und Ab ist. Man entwickelt sich ständig weiter – und das ist der springende Punkt. Oft habe ich auch das Gefühl, den ganzen Tag zu arbeiten und trotzdem nichts zu schaffen. Die To-Do-Liste wird einfach nicht kürzer. Seit einem Jahr habe ich eine Assistentin, das ist sehr schön, weil sie mir hilft, meine Arbeit zu strukturieren und weil ich mich mit ihr austauschen kann.
Der kreative Part ist bei meiner Arbeit sehr groß, aber er beschränkt sich auf die einzelnen Projekte. Der ganze Aufwand dahinter, die Bürokratie, … Man sieht nicht, wieviel Arbeit das ist. Ich bin schon froh, dass ich einen Steuerberater habe. Ich könnte das selbst machen, ich könnte auch eine Konzernbilanz aufstellen, aber das will ich ja gerade nicht mehr. Aber wenn es zum Beispiel darum geht, mit meiner Tochter zu basteln, dann überlasse ich das gerne meinem Mann, weil ich zu perfektionistisch geworden bin (lacht).
Oft sehe ich etwas und denke: Das könnte man bestimmt auch selbst machen. Mit der Motivation, dass man nicht immer alles für teures Geld kaufen muss, sondern auch Vieles selbst machen kann. Bei der Arbeit mit Kunden gibt es meist einen thematischen Rahmen oder gewisse Stichpunkte, zu denen ich mir etwas ausdenke. Da habe ich dein Eindruck, dass ich meine Kreativität gut trainiert habe. Mittlerweile kommen mir Ideen relativ schnell. Anfangs hat das länger gedauert. Viele Ideen entstehen auch, wenn ich mir meine Materialien anschaue – und ich kaufe viele Bastelmaterialien auf Vorrat.
Meine Motivation ist, dass man nicht immer alles für teures Geld kaufen muss, sondern auch Vieles selbst machen kann.
Einfache Projekte, die sich ohne viele Materialien und ohne viel DIY-Erfahrung umsetzen lassen. Simpel und schön. Das ist auch in der Entwicklung am schwierigsten. Was zum Beispiel wahnsinnig gut ankam, waren kleine Schmuckschalen aus Fimo-Knete. Auch die Lederriemen am Bett sind sehr beliebt.
Mobiles lassen sich sehr schnell machen. Da kommt auch bald ein Printable auf meinem Blog. Auch Wallhangings habe ich schon zusammen mit meiner Tochter gebastelt, zum Beispiel einen großen Regenbogen als Wandschmuck aus einem alten Pappkarton. Das sieht echt schön aus! Und es ist so einfach. Kürzlich habe ich ein großes Sitzkissen fürs Kinderzimmer gebastelt. Dazu habe ich alte Ikea-Teppiche bemalt und zusammengenäht.
Ich habe Kerzenständer aus Speckstein gemacht – auch ganz einfach – und ein Duft-Potpourri aus getrockneten Blumensträußen. Ich kaufe mittlerweile immer bewusst Blumen, die sich trocknen lassen. Die DIYs kommen hoffentlich bald auf dem Blog.
Modisch gesehen ist der Herbst meine liebste Jahreszeit, weil man endlich wieder Kleidung in Schichten tragen kann.
Ja, absolut! Modisch gesehen ist der Herbst meine liebste Jahreszeit, weil man endlich wieder Kleidung in Schichten tragen kann. Ich mag das sehr gerne. Ich liebe auch Herbstlaubfarben: Rot-, Gelb- und Erdtöne. Davon bin ich ein großer Fan.
Ein totaler Naturmensch. Als Kind war ich Pfadfinderin und habe sehr viel Zeit draußen verbracht.
Richtig! Wir haben unsere Duschen selbst gebaut, Tische, Lagerfeuer gemacht, die Zelte mussten wir selbst aufbauen … (lacht) Und bis heute möchte ich gerne möglichst viel Zeit draußen in der Natur verbringen. Je weiter draußen, desto besser. Ganz auf dem Land leben möchte ich nicht, aber ich liebe es, am Wochenende raus zu fahren.
Fotos: Sarah Buth
Layout: Kaja Paradiek
– Werbung: Diese Story ist in Zusammenarbeit mit C&A entstanden –
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