Leucht- und Neonbuchstaben sind aus vielen Magazinen, Interior-Blogs und Homestories nicht mehr wegzudenken. Schon vor zwölf Jahren erkannte Sabine Freundt den Buchstaben-Trend und gründete gemeinsam mit ihrem Mann Yves und ihrem Schwager David den Wohn-Onlineshop freundts. Heute zählen mehr als 1.700 Buchstaben zu ihrer Sammlung, die für Shootings, Konferenzen und Filmproduktionen verliehen und regelmäßig bei ihren Lagerverkäufen verkauft werden. Wir haben Sabine, die hauptberuflich als Kommunikationsberaterin arbeitet, in ihrem tollen Häuschen in Volksdorf, in dem sie mit Mann und ihren Kindern Karlotta und Jakob wohnt, besucht und natürlich einen Ausflug ins Buchstabenlager gemacht!
femtastics: Kannst du noch durch die Stadt fahren ohne auf alte Reklame zu achten?
Sabine Freundt: Nee (lacht). Man achtet auch viel mehr darauf, wie die Reklame in einer Stadt ist – ob es viele Blechbuchstaben gibt, ob es Leuchtbuchstaben sind, was für einen Font sie haben.
Wie seid ihr auf die Buchstaben gekommen und was fasziniert euch daran?
Mein Mann Yves und ich haben in einem Trödelladen in Kopenhagen zwei gusseiserne Buchstaben, unsere Initialen Y und S gefunden – das war 2003 und der Auslöser für unsere Buchstabenliebe. Zu dem Zeitpunkt tauchten in schwedischen Wohnmagazinen schon Leuchtbuchstaben auf.
Die Nachfrage nach Buchstaben war sofort total gut und wir haben gemerkt, dass es eine Marktlücke ist.
Und dann habt ihr Zuhause direkt mit eurem Onlineshop losgelegt?
Wir haben zu der Zeit beide wahnsinnig viel in unseren Jobs gearbeitet, in denen wir auch heute noch tätig sind. Wir wollten etwas anderes und Schönes machen und im Internet verkaufen. Damals gab es noch kein Dawanda und kein Etsy, wir haben uns einen Onlienshop programmieren lassen, Wohnaccessoires bestellt und den Shop gelauncht. Yves war schon immer ein Finder und hat besondere Sachen gefunden. Deshalb hatten wir von Anfang an die Rubrik „Raritäten“, auch mit Buchstaben. Die Nachfrage nach Buchstaben war sofort total gut und wir haben gemerkt, dass es eine Marktlücke ist.
Aus dem Stadtbild verschwindet leider immer mehr alte Reklame …
Inzwischen hat das einen anderen Stellenwert. Heutzutage ist es wichtiger, dass man eine Internetseite hat und nicht die vergoldeten Buchstaben an der Außenfassade. Ich finde das total schade, weil die Vielfalt einer Stadt dadurch verloren geht. Im hochwertigen Bereich wird es das sicherlich immer geben, aber dass sogar Industriebetriebe ganz tolle Schriftzüge an den Fassaden haben, wird immer seltener.
Wo findet ihr die Buchstaben? Macht ihr auch richtige Buchstaben-Reisen?
Grundsätzlich bekommen wir die Buchstaben überall her. Ganz oft geht man auch an einem Laden vorbei, der zugemacht hat, sieht die Buchstaben und fragt einfach nach. Die Geschichten dahinter sind immer das Schönste. Im Winter haben wir eine Reise zu einem Buchstabensammler nach Österreich gemacht, der hat jahrzehntelang in Wien die Fassadenschriftzüge gesammelt und aufgrund seines Alters seine Sammlung aufgelöst. Yves und mein Schwager David sind hingefahren. Das war ein riesengroßes Gelände, wo tausende Fassadenbuchstaben aus den letzten 60 Jahren herumlagen.
Bei uns ziehen immer wieder neue Buchstaben ein.
Es macht wahrscheinlich total Spaß, sich dort die Perlen herauszupicken …
Auf jeden Fall, wobei das auch Knochenarbeit und teilweise ein schmutziges Geschäft ist. Da liegen bergeweise Buchstaben. Bis sie bei uns im Lager ankommen, hingen sie 40, 50 oder 60 Jahre an einer Fassade und wurden mehrere Jahre gelagert, dementsprechend sehen sie dann auch aus.
Und dann sind Yves und dein Schwager mit einem vollbepackten LKW aus Österreich zurückgekommen?
Genau! In Niedersachen haben wir ein Außenlager, wo erstmal die schmutzigen Buchstaben hinkommen. Da gibt es einen riesengroßen Buchstabenberg und wenn es etwas wärmer wird, machen wir die mit ein paar Helfern alle sauber. Dann werden die Hochdruckreiniger und Schwämme rausgeholt. Aber auch da muss darauf geachtet werden, was ist Patina und was kann abgewaschen werden. Bei Neonbuchstaben arbeiten wir außerdem mit Glasbläsern zusammen, die schauen, ob die Buchstaben noch funktionstüchtig sind und die gegebenenfalls reparieren.
Klingt nach viel Arbeit! Euer Lager umfasst mehr als 1.000 Buchstaben. Ziehen bei euch Zuhause auch immer wieder neue Buchstaben ein?
Seit Österreich haben wir noch 700 mehr (lacht). So eine Chance wird es nie wiedergeben, daher haben wir ordentlich zugeschlagen. Bei uns ziehen immer wieder neue Buchstaben ein. Das „gut“ in der Küche ist vor sechs Jahren mit uns ins Haus eingezogen. Ich finde es auch immer noch total schön. Wir haben jetzt aber so viel in unserem Haus umgebaut – es wird Zeit für etwas Neues. An die Wand kommt jetzt ein roter „Co“-Neonschreibschriftzug. Unsere Tochter Karlotta liebt unser Buchstabenlager ebenfalls und nimmt sich ab und zu mal ein K mit – mittlerweile hat sie schon eine große Sammlung in ihrem Kinderzimmer.
Was war dein bisheriger Lieblingsbuchstabe oder Schriftzug?
Wir haben riesengroße Kirmesbuchstaben aus Österreich – die sind wirklich besonders.
Ihr habt auch eine eigene Kollektion. Wer designt und fertigt die Buchstaben?
Das fing damit an, dass es relativ wenige „J“s an der Fassade gibt, aber J gerade mit der häufigste Buchstabe bei Kindernamen ist. Karlotta hatte bereits eine riesengroße K-Sammlung und mein Sohn Jakob hatte noch keinen einzigen Buchstaben bekommen (lacht). Dann haben wir sie einfach selbst produzieren lassen und haben mit J und M angefangen, weil das immer die fehlenden Buchstaben waren. In diesem Jahr wollen wir das Alphabet vollmachen.
Und den schönen Anker, der auch bei euch im Wohnzimmer hängt, gibt es auch noch …
Das war eine spontane Idee – mittlerweile ist der ziemlich erfolgreich. Einen Weihnachtsbaum haben wir auch produziert.
Und wo lasst ihr die Buchstaben und Leuchtobjekte produzieren?
In Deutschland, in einem kleinen Handwerksbetrieb – das ist uns total wichtig. Es ist alles Handarbeit – die Bleche werden zum Beispiel von Hand gebogen.
Bei euch gibt es regelmäßig Verkäufe in eurem Lager in Groß Borstel. Habt ihr auch schon mal über einen Store im Stadtkern nachgedacht?
Es ist immer mal wieder eine Überlegung, ob man einen Laden aufmacht oder nicht – in naher Zukunft wird es das aber nicht geben, da wir beide freundts nebenberuflich machen. Wir hatten vor ein paar Jahren schon mal einen Pop-up-Store. Das hat Spaß gemacht, aber unser Lagerverkauf lebt davon, dass man so viele Buchstaben in den Regalen und Schubladen findet und man stöbern kann – in einem Laden wäre die Stimmung ganz anders.
Ihr wohnt am Rand von Hamburg in einem Haus. Wann und warum habt ihr euch dazu entschlossen?
Das ist der Klassiker: Wir haben in Winterhude im vierten Stock in einer 3-Zimmerwohnung ohne Balkon gewohnt und wollten einfach ein bisschen mehr Platz haben. Dann sind wir hier in Volksdorf durch die Gegend gefahren und fanden es total schön, auch die Infrastruktur – zum Beispiel mit Kino und Schwimmbad. Uns war der U-Bahn-Anschluss in die Stadt ebenfalls besonders wichtig – es ist hier belebt und nicht nur eine reine Wohnstadt.
Ihr habt in eurem Häuschen viel umgebaut. Wo lässt du dich für die Einrichtung inspirieren?
In Wohnzeitschriften, ich mag besonders die Magazine aus Skandinavien und Frankreich aber auch im Internet recherchiere ich viel. Ich liebe Homestories und finde es spannend bei anderen reinzugucken. Es ist eine tägliche Bilderflut, aber auch auf Reisen lasse ich mich gerne inspirieren.
Im Moment machst du die Buchstaben neben deiner Arbeit als freie Kommunikationsberaterin, außerdem hast du zwei Kinder. Wie managst du deinen Alltag?
Das ist manchmal einfacher und manchmal nicht so einfach (lacht). Wie bei jeder Familie, in der beide Eltern arbeiten, ist es viel Geschiebe und Organisation. Die Kinder sind jetzt aber schon 7 und 9 Jahre alt, bis nachmittags in der Schule und danach oft verabredet oder sie gehen ihren Hobbies nach – daher bleibt genug Zeit für mich und meine Arbeit übrig.
Ehrlich und authentisch sein ist für Brands noch nie so wichtig gewesen wie heutzutage.
Du hast dich vor einem Jahr, nach einer langen Festanstellung, selbstständig gemacht und machst unter anderem die PR-Arbeit für Eat like Eve, die wir auch schon besucht haben. Was macht dir daran besonders Spaß?
Ich finde es total spannend Themen, Produkte und Menschen, die tolle Sachen machen, Gehör zu verschaffen und sie ins Gespräch zu bringen. Angefangen hab ich meine Selbstständigkeit mit der Arbeit für eine Druckerei, einem Hamburger Traditionsunternehmen. Außerdem mache ich zum Beispiel die PR für die beiden Start-ups „Kleine Prints“, Fotoprodukte für Kinder, und „Vinta Series“, individualisierbare Kunstdrucke. Bei Start-ups ist viel Bewegung, da kann man in der Kommunikation ganz viel gestalten. Außerdem mache ich zum Beispiel die PR für die Designmärkte Besonderschön und Besonderslecker.
Was ist deiner Meinung nach heutzutage ein absolutes PR-Must-Do und was ein absolutes No Go?
Ehrlich und authentisch sein ist für Brands noch nie so wichtig gewesen wie heutzutage, weil man alles so schnell entlarven kann. Die Nutzung der sozialen Medien ist natürlich unumgänglich. Die Möglichkeiten, die sich gerade für kleine Unternehmen bieten, sind immens. Ich habe über Instagram so viele tolle Leute kennengelernt und für freundts ist es zudem zum Beispiel ein ganz wichtiger Verkaufskanal. Ein No Go ist für mich PR- oder Social-Media-Arbeit halbherzig zu machen, dann kann man es auch gleich lassen. Es braucht aber auch nicht jedes Unternehmen einen Blog oder Instagram. Man muss seine Zielgruppe im Blick haben und mit ihr kommunizieren – das war noch nie so einfach wie heute.
Und wenn PR und Buchstaben mal Pause haben – wo finden wir dich dann?
Vor allem bei der Familie. Gerade ist es eine total schöne Phase mit den Kindern, weil sie selbstständig werden und schon ganz tolle Persönlichkeiten sind und man nicht mehr rund um die Uhr aufpassen muss. Und man findet mich natürlich bei unseren Freunden. Zum Ausgleich gehe ich auch total gerne laufen, das finde ich super, um den Kopf freizukriegen und neue Ideen zu bekommen.
Vielen Dank für das Interview, liebe Sabine.
12 Kommentare
Wow, total interessanter Beitrag! 🙂
Die Einrichtung gefällt mir unglaublich gut! 🙂
XX,
Photography & Fashion Blog
CHRISTINA KEY
http://www.CHRISTINAKEY.com
♥