Mikrobusiness auf vier Rädern: Chad Ellingson von „Autobahn Coffee“

Chad Ellingson ist leidenschaftlicher Kaffeetrinker und Abenteurer. Vor fünf Jahren beschließt der gebürtige US-Amerikaner ein Business daraus zu machen. Mit „Velo Coffee“, einem Café auf zwei Rädern, tourt er drei Jahre durch Stockholm. Vor zwei Jahren beschließt er zurück in seine Heimat Oregon zu ziehen und seine Liebe zur Natur und dem Kaffee zu verbinden. Er kauft sich einen VW T2 Westfalia namens „Willie-B“ aus dem Jahr 1972 und baut ihn zu „Autobahn Coffee“, einem Rolling Café mit Schlafplatz, aus. Wir sprechen mit dem 37-Jährigen über den ungewöhnlichen Namen, sein mobiles Café zu Zeiten von Corona und warum es ihn bald vielleicht samt Bulli wieder nach Europa ziehen wird.

Verbindet Business und seine Liebe zur Natur: Chad und sein mobiles Café „Autobahn Coffee“.

Der Name ist an die gleichnamige Single von Kraftwerk aus dem Jahr 1974 angelehnt.

homtastics: Wie bist du auf die Idee gekommen, „Autobahn Coffee“ zu gründen?

Chad Ellingson: Ich wollte einen VW Bus haben und ein eigenes Café eröffnen. Beides konnte ich mir aber nicht leisten – mein Projekt „Autobahn Coffee“ hat mir ermöglicht beides umzusetzen.

Ist der T2 dein erster Van oder bist du schon Bulli-erfahren?

„Willie-B“ ist mein erster Bulli. Ein T2 VW Westfalia aus dem Jahr 1972 – von April bis Oktober schlafe ich auch im Bus. Den Namen hat er schon von den Vorbesitzern bekommen, sie haben ihn auf das Lenkrad gemalt.

Wie bist du auf den Namen „Autobahn Coffee“ gekommen? Hast du Beziehungen nach Deutschland?

Der Name ist an die gleichnamige Single von Kraftwerk aus dem Jahr 1974 angelehnt. Die Band war für mich ein wichtiger Wegbegleiter im Leben. Außerdem ist es super, wenn man einen Titelsong für sein eigenes Mikrobusiness hat!

Bist du denn schon mal auf der Autobahn in Deutschland unterwegs gewesen?

Bisher noch nicht! (lacht)

Was hast du vor „Autobahn Coffee“ gemacht?

Ich habe meinen Master in „Rural Development and Natural Resource Management“ an der „Swedish University of Agricultural Sciences“ gemacht. Im Frühjahr 2018 bin ich zurück nach Oregon gekommen, um mit „Autobahn Coffee“ zu starten. Davor habe ich acht Jahre in Schweden gelebt und als „Research Assistant“ an der Universität in Stockholm gearbeitet.

2015 bist du in Schweden mit „Velo Coffee“ gestartet, ein Café auf zwei Rädern. Warum dann der Umstieg auf den Bulli?

Mit „Velo Coffee“ hatte ich eine wundervolle Zeit. Zu den Märkten in Stockholm zu fahren und dort Cold Brew Coffee und AeroPress-Kaffee zu verkaufen hat super viel Spaß gemacht. Aber um mein Business zu vergrößern und Espresso servieren zu können, wurde ein Auto notwendig. Außerdem war es das perfekte Argument, mir endlich einen alten VW Bus zu kaufen. (lacht)

Wo hast du deinen T2 gefunden?

Ich bin erst der dritte Besitzer des Vans. Der erste Besitzer hatte ihn über 18 Jahre in San Francisco. Der zweite Besitzer, von dem ich ihn gekauft habe, hatte ihn 27 Jahre in Medford, Oregon. Gefunden habe ich ihn online bei „Craigslist“, einem Kleinanzeigenportal.

Wie kam es dazu, dass du vor zwei Jahren zurück in deine Heimat  Oregon gekehrt bist?

Ich habe über fünfzehn Jahre im Ausland gelebt, in Schweden, Burma und Thailand. Vor zwei Jahren hatte ich einfach Lust, in meine Heimat zurückzukehren.

Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag bei dir aus?

In „normalen Zeiten“ reise ich mit dem Bus zu Events rund um Oregon und serviere Kaffee aus dem Bulli heraus. Spezialisiert habe ich mich auf Running- und Fahrradevents. Oft handelt es sich um mehrtägige Veranstaltungen und es ist wunderbar, mit Rennveranstalter*innen und Teilnehmer*innen zusammenzuarbeiten. Aufgrund von Corona liefere ich aktuell jeden Tag von 7 bis 12 Uhr kontaktlos Kaffee bis zur Türschwelle an Privatleute in der Stadt Bend aus. An dem Nachmittagen verbringe ich meine Zeit in den Bergen und tobe mich da aus.

Wie geht es deinem Business zu Coronazeiten generell?

Leider nicht so gut. Hier wurden alle Events über 25 Menschen bis zum September abgesagt.

Bist du sonst auch auf Festivals unterwegs?

Ich hatte nicht viel Glück mit Festivals hier in Oregon, normalerweise sind die Verkäufergebühren auf einem Niveau, das für „Autobahn Coffee“ keinen Sinn ergibt. Aber auf Hochzeiten bin ich ab und zu auch unterwegs.

Röstest du deinen Kaffee auch selbst?

Ich kenne mich zwar mit dem Thema aus, überlasse es aber lieber den Profis. Das ist nicht so meins. Ich serviere den Kaffee von meinen Freunden von „Heart Coffee Roasters“ aus Portland.

Ich würde gerne irgendwann nach Europa zurückkehren und meinen Van dann mit einem Container über den Atlantik verschiffen.

Was sind die Herausforderungen bei der Zubereitung von Kaffee im Auto beziehungsweise unterwegs im Vergleich zur Zubereitung in einem klassischen Café?

Die größte Herausforderung sind sich ständig ändernde Umgebungen, zum Beispiel die Temperatur oder die Höhe, die sich auf die Variablen beim Extrahieren von Espresso auswirken. Wasser ist eine weitere Herausforderung, da man viel Gewicht an Bord hat. Wir haben aber das Glück, dass wir eine hervorragende Wasserqualität in Central Oregon haben.

Du liebst Abenteuer und verbringst viel Zeit in der Natur. Wie bereitest du deinen eigenen Kaffee auf Reisen zu?

Im Van bin ich mit einer Kaffeemaschine und dem guten Kaffee natürlich perfekt ausgestattet. Wenn ich alleine mit dem Bus unterwegs bin, wandere oder campe, bevorzuge ich aber die „AeroPress Single“.

Freiheit bedeutet für mich mit den Mitteln zu arbeiten, die ich habe, ohne Schulden zu machen.

Du verreist sehr gerne. Was war dein schönster Trip bisher?

Ich liebe es Wandern zu gehen. Zu Fuß durch Nepal zu reisen war ein Traum und mit dem Bus durch den Olympic-Nationalpark in Washington zu fahren war ebenfalls wunderschön.

Die Kaffeeszene ist ständig in Bewegung. Siehst du schon einen neuen Kaffeetrend am Horizont?

Nein. Bohnen und Wasser reichen aus. (lacht)

Was sind deine Pläne für die Zukunft? Willst du in den USA bleiben?

Ich würde gerne irgendwann nach Europa zurückkehren und meinen Van dann mit einem Container über den Atlantik verschiffen. Ich mag an Europa einfach die Vielfalt der Kulturen, die Auswahl der Lebensmittel und die Wertesysteme.

Welche kleinen Dinge machst du regelmäßig, die dein Leben bereichern und dich glücklich machen?

Kaffee machen, wandern und im Zelt schlafen.

Vervollständige den Satz: Freiheit bedeutet für mich …

… mit den Mitteln zu arbeiten, die ich habe, ohne Schulden zu machen.

 

Vielen Dank für das Interview, Chad!

Hier findet ihr „Autobahn Coffee“:

Fotos und Illustration: Autobahn Coffee

Layout: Kaja Paradiek

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