Ein Blog bringt ihre Edelsteine ins Rollen – Jean Balke von Nallik
28. Oktober 2015
geschrieben von Katharina Charpian

Vor fünf Jahren entscheidet sich Jean Balke dazu, sich dem Schmuck und ihrer Passion, den Edelsteinen, zu widmen. Noch bevor die Quereinsteigerin ihr heutiges Label Nallik gründet, wird sie mit ihren ersten Arbeiten auf einem bekannten Blog vorgestellt – und plötzlich meldet sich einer der größten Händler der USA mit einem Auftrag bei ihr. Mittlerweile ist sie international gefragt und hat in Berlin ihren eigenen Schmuck-Store eröffnet. Als Jean uns in unserem Hamburger Office besucht, sprechen wir mit der 39-jährigen Wahlberlinerin über ihre Erfolgsgeschichte, Mineralienmessen und Lieblings-Kletterziele.
femtastics: Jean, dein Schmuck ist unter anderem bei den bekannten amerikanischen Onlineshops und Stores Anthropologie, Free People und Steven Alan erhältlich. Wie hast du das geschafft?
Jean Balke: Am Anfang meiner Schmuckkarriere war ich mit meinen ersten Versuchen auf ein paar Designmarkets in New York und bin dann relativ schnell auf dem Blog des New Yorker Schmuckladens Catbird gelandet. Daraufhin kam dann die Buyerin von Anthropologie USA auf mich zu und hat mich eingeladen, ihr meine Samples in Philadelphia zu zeigen – sie hat direkt eine Order für 2.000 Stück gemacht. Ich habe dann schnell eine Fima gegründet und musste im Hauruck-Verfahren alles lernen, vor allem das Handling einer großen Order, Zoll, Steuern, Import und Export. Das war der Startschuss.
Also war eine große Portion Glück mit im Spiel?
Auf jeden Fall. Ich hatte immer das Glück, dass die Stores auf mich zugekommen sind. Als nächstes kam Anthropologie UK und dann Steven Alan – das hat sich einfach fortgesetzt. Mittlerweile habe ich 40 Retailer weltweit, aus Hongkong, Australien oder New York. Gerade international funktioniert mein Schmuck sehr gut.

Ja, wirklich! Das ist ein Dinozahn an einer Kette!
Dein Schmuck funktioniert im Ausland also besser als in Deutschland?
Anfangs ja, weil der Umgang mit Fashion Jewellery im Ausland verspielter ist. In den letzten Jahren hat sich extrem viel im Schmuckmarkt getan. Als ich nach Deutschland kam, waren die Leute gegenüber Schmuck mit gebürstetem Messing noch etwas skeptisch. Im Ausland habend die Designer aber schon lange mit Messing und Kupfer gearbeitet. Ich konzentriere mich jetzt trotzdem vor allem auf Silber und Gold, weil ich die Materialien sehr gerne mag.
Kannst du mittlerweile gut davon leben?
Ja, mein Brand ist jetzt im fünften Jahr und ich habe einen Store in Berlin-Mitte. Viele Stücke mache ich aber nach wie vor alleine. Wenn ich eine große Order reinbekomme – die 2.000 Stück sind jetzt nicht an der Tagesordnung – dann habe ich ein kleines Team, auf das ich zurückgreifen kann und deren Arbeiten ich natürlich immer noch persönlich prüfe.
Es sind ja auch alles Einzelstücke, die deinen Stil repräsentieren.
Ja, der Prozess ist wirklich immer so, dass ich die Steine einkaufe und aussuche. Das ist mir ganz ganz wichtig.

Jean zeigt uns ihre Edelsteinketten im Office.
Und wie bist du zum Schmuckdesign gekommen?
Ich hab Fotografie studiert, lange in der Art Direktion gearbeitet, bin viel rumgereist, habe Produktionen gemacht und durch die vielen Reisen immer schon Steine gesammelt. Nach fünf Jahren am Rechner merkte ich, dass ich gerne wieder mit meinen Händen arbeiten will. Zu der Zeit habe ich in London gearbeitet und habe angefangen abends Silberschmiedekurse zu besuchen. Ich brauchte einen Ausgleich, wo ich die Zeit vergessen konnte. Da hatte ich einen Lehrer, der zwei Schmuckkollektionen für Marc Jacobs designt hat und der zu mir gesagt hat: Du solltest ans Central Saint Martins College gehen und Schmuckdesign studieren.
In München gibt es im Oktober immer eine sehr große Mineralienmesse. Da bin ich an den Steinschleifmaschinen oft die einzige Frau.“
Und das hast du dann gemacht?
Nein, ich dachte nur: Ich kann nicht nochmal studieren. Zu dem Zeitpunkt war ich 34 Jahre alt. Ich habe dann gekündigt und mir ein Jahr Auszeit genommen. Ich bin zurück nach New York gegangen, wo ich vorher gewohnt habe und habe da die Zeit genutzt, um mich mit Steinen, Schmuck, Gold und Silber intensiv auseinanderzusetzen. Ich habe viel experimentiert und bin dann eben auf dem Blog Catbird und danach in den Shops gelandet.
Wo findest du deine Steine, abgesehen von den Reisen?
Ich finde die Steine auf Reisen und bekomme sie von Händlern, mit denen ich seit Jahren zusammenarbeite. Die treffe ich zum Beispiel auf der größten Mineralienmesse Europas, in Sainte Marie aux Mines, im Elsass. Dort gibt es eine alte, stillgelegte Silbermine und Händler aus aller Welt treffen sich, auch ein paar Nerds und Sammler. In München gibt im Oktober immer eine sehr große Mineralienmesse. Dort bin ich oft an den Steinschleifmaschinen die einzige Frau. Neben mir stehen dann viele ältere Herren mit Sammlerweste.
Sterben schöne Steine eigentlich aus?
Den Lapislazuli, ein ganz dunkelblauer Stein, gibt es gar nicht mehr häufig, den gab es früher ganz viel in Afghanistan. In diesem Jahr habe ich lange nach einem bestimmten Rauchquarz gesucht. Ich habe überall herumgefragt, aber leider nichts bekommen.

Jeans momentaner Lieblingsstein: ein Purpurit aus Namibia.
Könntest du dir vorstellen, Schmuck mit anderen Materialien zu fertigen oder bleibst du bei den Steinen?
In meinem Laden in Mitte habe ich andere Labels dabei, die das Sortiment vervollständigen. Die finde ich auch schön, ich verspüre aber nicht den Drang, das selbst zu machen. Außerdem habe ich mir mittlerweile ein großes Wissen über Steine angeeignet – es ist einfach spannend, damit zu arbeiten. Da ich teilweise auch größere Steine zuhause habe, könnte ich vielleicht Skulpturen daraus machen. Mit verzierten Ecken in Silber, wie bei Briefbeschwerern. Das braucht eigentlich kein Mensch (lacht), aber sowas in die Richtung würde ich gern machen.
Dein Labelname bezieht sich auf die Inuit – wie kam es dazu?
Die Sprache fand ich schon immer toll und irgendwann habe ich geschaut, was es für Worte im Bereich „nurturing“ und“ protecting“ gibt. Woran ich auch persönlich glaube: „What goes around, comes around“ – das drückt es perfekt aus. Außerdem wollte ich etwas haben, das ich auch noch in ein paar Jahren hören kann – nicht zu niedlich und nicht zu sperrig. Das Logo von Nallik ist die chemische Formel für Silikate, das sind Steinstrukturen und Kristalle.
Seitdem du 16 bist, reist du viel durch die Weltgeschichte. Welche Orte sind dir bis jetzt besonders in Erinnerung geblieben?
Ich bin ein großer Fan von Amerika, ich liebe diese Weite. Ich war letztens in Utah zum Klettern. Griechenland ist ebenfalls ein schönes Land für Outdoor-Aktivitäten mit beeindruckender Natur und Landschaften. Persönlich liebe ich aber auch Kroatien, ich finde die Energie da ganz toll, die Stille, das Meer. Kapstadt ist natürlich auch schön! In Australien war ich noch nicht, ich könnte mir aber vorstellen, dass das ein Ort für mich wäre.
Sicherlich gibt es dort auch ganz tolle Steine! Vielen Dank für deinen Besuch in unserem Office und weiterhin viel Erfolg!
Hier findet ihr Jean und ihr Label Nallik:
Ihren Berliner Store findet ihr in der Brunnenstrasse 187.