Queere Hochzeiten sind heute nichts Außergewöhnliches mehr und gar kein Thema? Oh doch. Eine, die das aus eigener Erfahrung nur zu gut weiß, ist femtastics-Autorin Simone Bauer. Sie und ihre Freundin haben sich verlobt und möchten bald heiraten. Jetzt geht es an die Planung: von Ringen über Kleider bis hin zur Location. Was ihnen bei all diesen Punkten (leider!) begegnet, sind Vorurteile, fehlende Sensibilität und eine Menge Klischees. Für uns hat sie ihre bisherigen Erfahrungen aufgeschrieben.
In nicht mehr ganz einem Jahr werden meine Verlobte und ich heiraten. Vor etwas mehr als einem Jahr probierten wir zum ersten Mal potentielle Verlobungsringe an. Und die Erfahrung war direkt wegweisend für die ganze Reise.
Bei frauenliebenden Frauen* neigt man nämlich dazu, diese einfach nicht als solche zu lesen, wenn man nicht den gängigen Klischees (kurze Haare, Karohemd, Karabinerhaken am Gürtel) entspricht. Und ehrlicherweise: Selbst den frauenliebenden Frauen*, denen „Lesbe“ auf die Stirn tätowiert zu sein scheint, passiert es, erstmal als heterosexuell gelesen zu werden. Möglicherweise mag das daran liegen, dass die Allgemeinheit automatisch denkt, eine Frau* könne nicht queer sein, denn ein Leben ohne Mann in dieser patriarchalen Welt? Unmöglich!
Natürlich können wir uns glücklich schätzen, bisher nicht schlimm diskriminiert worden zu sein. Aber man wird ja auch gerne in seiner Liebe ernst genommen. All diese Schritte bei der Hochzeitsvorbereitung sind emotional wichtig! Und sie fühlen sich weniger wichtig an, wenn man für gut befreundet gehalten wird.
Die Verkäuferin fragt mit strengem Blick und geraden Schultern: „Das ist ein Geschenk zum Geburtstag, nicht wahr?“
Insofern war ich zwar nicht weiter verwundert, aber dennoch ein bisschen enttäuscht, als wir in diesem Kaufhaus in Frankfurt standen und uns ans Thema Verlobungsringe herantasteten. Meine Verlobte und ich sind im Umgang sehr innig, können es eigentlich nicht lassen, öffentlich zu kuscheln. Und dennoch die Frage der Verkäuferin, mit strengem Blick und geraden Schultern: „Das ist ein Geschenk zum Geburtstag, nicht wahr?“.
Die Situation war aber weitaus unangenehmer, da wir uns gegen jene Ringe entschieden hatten und insofern auch noch irgendwie aus dem Verkaufsgespräch herauskommen mussten. Warum also das Ziel des Kaufs diskutieren und vielleicht andere Modelle mit bitterer Miene angedreht bekommen? Oder gar noch schlimmere Erfahrungen machen? „Ja, danke, wir überlegen noch!“.
Man schenkt sich ja immer goldene Klunker zum Geburtstag, so zwischen besten Freundinnen. Wer kennt es nicht? Letztlich haben wir direkt zwei Ringe vom Onlineshop in den Laden bestellt, weil sich diese Verkaufsgespräche wegen unseres gezwungenen Straight-Washings mühsam anfühlen und man im Internet einfach besser und länger gucken konnte.
Das nächste Mal gingen wir also mit Herzmaniküre los; sie mit Herzsocken, ich mit einem mit Herzen bedruckten Barett. Die Verkäuferin war weniger streng, die Schultern weniger gerade, aber dennoch schien sie sich nicht so ganz sicher, was wir da trieben. Zumindest sagte sie gar nicht erst etwas und lachte mit uns über die vielen Herzen am Valentinstag. Aber bei einem heterosexuellen Paar hätte das ganz sicher anders ausgesehen. Wir kauften also unsere wirklich viel zu teuren Freundschaftsringe bei diesem Juwelier und fühlten uns nicht so richtig ernstgenommen.
Zwei Bräute oder gar keine Braut passen schwerlich für Dienstleister*innen ins Bild.
München ist eine Stadt mit einer reichhaltigen Queergeschichte. Sehr ausgiebig habe ich darüber in meinem queeren Reiseführer „Pride on Tour“ geschrieben: München war und ist tolerant. Aber München ist nun mal trotzdem Teil von Bayern, obviously. Laptop und Lederhose sind unsere Identität. Vor allem die Tracht und die Wirtshauskultur.
Flächen für freie Trauungen gibt es kaum. Das ist übrigens auch für Heteropaare ein Problem. Die, die wir fanden, waren häufig irgendwo im Biergarten angesiedelt, mit Blick auf entweder einen Supermarkt oder eine Industriehalle – und auf Parkplätze sowieso. Bei der Besichtigung einer der Locations – die wenigsten kommen ohne Almcharme aus – stellte ich die Frage nach einem Räumchen zum Frischmachen. Die Antwort war: „Für dich zum Schminken?“.
Ich entgegnete: „Für uns.“ Der Wirt ließ sich nichts anmerken, aber in mir rumorte es noch lange. Zum Glück bin ich nicht die größte Romantikerin und vielleicht hätte es geholfen, bei den E-Mails aktiv auf meine Verlobte hinzuweisen, die mit mir kommt. Aber wozu? Es gab durchaus Fälle, in denen direkt klar war, hier wird die Location für einen fünfstelligen Betrag natürlich uns beiden angepriesen.
Nicht, dass dieser spezielle Wirt nicht tolerant wirkte. Dennoch: Die Frage hätte man zwei Männern* gar nicht erst gestellt. Aber im Umkehrschluss kommt man auf zwei Gedanken: Bei zwei Männern* hielte man es also nicht für möglich, dass hier ein Bräutigam mit seinem Trauzeugen etwas besichtigt. Und bei zwei Frauen hält man es für absolut möglich, dass hier eine Braut mit ihrer Trauzeugin – ohne Bräutigam! – besichtigt. Ist ja nur die Location für den schönsten Tag im Leben, warum sollte er da dabei sein?
Bei Hochzeiten steht die Braut im Fokus. Was wir schon beim preislichen Aufschlag für Kosmetikprodukten sehen, wird hier auf die Spitze getrieben, denn der überaus patriarchal indoktrinierte Wunsch, einmal eine Prinzessin zu sein, wird ausgenutzt, wo es geht. Zwei Bräute oder gar keine Braut passen schwerlich für Dienstleister*innen ins Bild, obwohl es bei Hochzeiten doch um eines gehen sollte: LIEBE.
Wo ein Queero ist, ist auch ein Weg.
Die Hochzeitsbranche lernt man also nicht nur durch sehr hohe Summen kennen, sondern auch durch fehlende Diversity. So steht in einem Anfrageformular eines Videografieteams: „Name der Braut … Name des Bräutigams“. Was hilft da? Unter „Name des Bräutigams“ also knallhart „Simone“ schreiben oder sich lila ärgern über den Aufbau des Formulars?
Doch zum Glück gibt es Ausnahmen! Die Plattform www.queereinlove.de ist ein tolles Branchenbuch. Für die Schweiz kann ich „Swiss Queer Wedding Association“ empfehlen. Und „anwe bridal“ in Hamburg legt größten Wert auf Brautmode ohne „Zwänge, Normen, Geschlechterrollen und Körperbilder“. Und wer lieber eine Destination Wedding möchte: „Pink Iceland“ entführt euch nach Reykjavík und Umgebung. Wo ein Queero ist, ist auch ein Weg. Und ich bin mir sicher, auch wir werden ihn finden!
Fotos: Simone Bauer