Bei einem sonnigen Lunch erzählte uns unserer Super-Praktikantin Clara Büchsenmann von ihrer Mama, die Vergolderin ist. Die femtastics-Crew spitzte sofort die Ohren – diesen spannenden Beruf müssen wir unbedingt unseren Leserinnen vorstellen! Gesagt, getan. An einem Sommertag besuchen wir Julia Kommerell-Büchsenmann in ihrer wunderschönen Altbauwohnung in Hamburg-Rotherbaum mit großem Garten und integrierter Werkstatt. Hier behandelt sie Oberflächen von Holzrahmen für Bilder, Spiegel oder Möbel. Sie restauriert schadhafte Stellen oder gestaltet die gesamte Oberfläche neu. Wir schauen ihr bei der Arbeit zu, sprechen über ihre Leidenschaft für ihren Beruf und darüber, wie sie ihre Tätigkeit mit vier Kindern vereinbaren konnte. Das Interview führt diesmal natürlich: Clara! <3
Julia Kommerell-Büchsenmann: Ich habe immer gerne gebastelt. Im Gegensatz zu meinem Vater konnte ich aber nie gut zeichnen. Von ihm habe ich aber sicherlich meine kreative Seite geerbt.
Als ich in die Werkstatt ging, dachte ich sofort: Wow, das ist es!
Als Jugendliche wollte ich eigentlich Gartenbauarchitektin werden. Ich habe aber erstmal angefangen Kunstgeschichte und Italienisch zu studieren. Durch Freunde aus meiner Internatszeit habe ich eine Frau kennengelernt, die bei einem Restaurator gearbeitet hat. Die habe ich einfach aus Neugier besucht und als ich in die Werkstatt ging, dachte ich sofort: Wow, das ist es! Zu Hause habe ich meinen Eltern gesagt, dass ich nicht mehr weiter studiere, sondern eine Lehre anfangen möchte. Mein Vater fand die Idee super, aber meine Mutter war erstmal richtig genervt. Später hat sie mich dann aber auch unterstützt.
Anfangs musste ich schleifen, schleifen, schleifen. Dann habe ich grundlegende Techniken wie Grundieren, Formen ausdrücken und Vergolden gelernt. Außerdem wurde mir das Restaurieren von alten Rahmen und Fassmalerei beigebracht. Dann musste ich mich spezialisieren und habe mich für das Vergolden entschieden. Mir gefiel die Feinmotorik daran und, dass man keine großen Maschinen braucht.
Nein, nie!
Ich bin mit zwei anderen Vergolderinnen in eine Werkstatt gegangen. Eine von ihnen kannte ich aus meiner Lehrzeit und die andere war wiederum mit ihr befreundet. Beide gehören heute zu meinen engsten Freundinnen.
Mit dem dritten Kind habe ich mich entschieden, aus der Werkstattgemeinschaft auszutreten. Wir sind gleichzeitig in ein Haus gezogen, in dem ich einen Raum im Keller zu meiner Werkstatt umfunktioniert habe. So konnte ich da sein, wenn meine Kinder aus der Schule kamen. Ich habe aber insgesamt in der Zeit ein bisschen weniger gearbeitet. Und ich hatte natürlich Glück, dass ich als Vergolderin nicht eine 5- oder später dann 6-köpfige Familie ernähren musste. Mein Mann hat tagsüber gearbeitet, abends die Kinder ins Bett gebracht und am Wochenende mit ihnen gespielt, so dass ich die Zeit zum Arbeiten nutzen konnte.
Ich sage meinen Kindern immer: Sucht euch einen Job, bei dem ihr morgens ohne Bauchschmerzen aufwacht!
Ich sage meinen Kindern immer: Sucht euch einen Job, bei dem ihr morgens ohne Bauchschmerzen aufwacht. Mir ist wichtig, dass sie etwas machen, was ihnen Spaß bringt. Das muss nicht mein Beruf sein. Jedes meiner Kinder hat eine kreative Ader und zeigt das auf seine eigene Art.
Natürlich. Ich koche und backe sehr gern und mein Traum war es immer, ein kleines Café aufzumachen. Am liebsten im Stil von Kaufrausch: Ein kleines Café mit Werkstatt und einer Bücherecke, wo man gerne Abende verbringen mag. Bis jetzt hat es noch nicht geklappt, aber vielleicht kommt das ja noch.
Durch die Stammkunden, die ich habe, musste ich eigentlich nie Werbung machen. Das ging immer mit Mund zu Mund-Propaganda. Ich arbeite auch viel mit einer Galerie zusammen. Darüber kommen viele neue Aufträge und Kunden.
Ich glaube, das fällt eher bei Ikea auf. Die Bilder, die ich bekomme, sind immer etwas Besonderes und für die Ewigkeit. Da ist es fast egal, welche Trends es gerade gibt.
Ich berate meine Kunden, will ihnen aber nie meinen Geschmack oktroyieren.
Da muss ich sehr diplomatisch vorgehen. Ich berate meine Kunden immer, will ihnen aber nie meinen Geschmack oktroyieren. In meinen Augen ist das Wichtigste, dass der Rahmen das Bild unterstützt und nicht davon ablenkt. Manchmal frage ich nach, wie sie denn zu Haus so eingerichtet sind. Und wenn ich dann merke, das ist einfach ihr Geschmack, so mögen sie es, dann mache ich es auch so.
Einmal konnte ich die Vorstellung des Kunden nicht richtig umsetzen. Aber richtig verhauen habe ich nie etwas.
Mein Gesellenstück, da steckt mein ganzes Herzblut drin. Der kunstvoll verzierte Rahmen war meine Abschlussarbeit.
Ja. Wenn ich hier einen Nolde oder einen Kippenberger liegen habe, bin ich schon mal nervös. Nicht unbedingt wegen des Rahmens, sondern ich habe die Befürchtung, dass ein Tropfen Lack auf das Bild fallen könnte. Da bin ich sehr vorsichtig.
Wenn ich hier einen Nolde oder einen Kippenberger liegen habe, bin ich schon mal nervös.
Nee, nie. Ich war nie sehr streng, aber bei der Werkstatt war es aus dem Bauch heraus klar, dass sie vorsichtig sein müssen. Sie sind nicht alleine reingegangen und wenn ich gesagt habe, geht bitte raus, dann habt ihr das auch gemacht. Meine Älteste war die einzige, die sich einmal Farbe rausgeholt hat. Ich habe ihr dann gesagt, dass sie mich vorher fragen muss. Aber mit fragen durften sie eigentlich alles benutzen. Das hat ihnen auch immer sehr viel Spaß gemacht.
Erstmal bekomme ich Ideen von den Bildern, die ich rahmen soll. Jedes Bild vermittelt etwas Anderes und dazu fallen mir dann Möglichkeiten ein, die passen würden. Außerdem habe ich immer etwas Silikon in meiner Manteltasche. Überall gibt es wunderschöne Formen, zum Beispiel an Eisenzäunen. Davon kann ich dann einen Abdruck machen und als Form aufbewahren und wiederverwenden.
Jetzt, wo alle Kinder aus dem Haus sind, habe ich Lust mit meiner Werkstatt woanders hin zu ziehen. Schön wäre es, wieder mit meinen Freundinnen in einer Werkstatt zu arbeiten. Das hängt aber davon ab, wie sich deren räumliche Situation entwickelt. Eine andere Option wäre, mit in einen Antiquitätenladen zu ziehen. Dort habe ich im letzten Jahr ausgeholfen und konnte mir neues Wissen in Bezug auf Restaurieren von alten Rahmen aneignen.