Klassisch singen tut sie seit Kindertagen – dass Rachel Anne Moore also mal Opernsängerin werden würde, stand früh fest. Nach ihrem Studium des Operngesangs in Indiana zog es sie zu einem Gesangswettbewerb nach Mailand, wo sie prompt von einem Scout von Stage Enterntainment angesprochen wurde. Sie wurde zunächst für die Rolle der Carlotta Giudicelli in „Das Phantom der Oper“ besetzt und spielt seit letztem Jahr die Christine Daaé in der Musical-Fortsetzung „Liebe stirbt nie“. Wie die Ausbildung zur Opernsängerin aussieht und was Rachel, ihre Fans und die Zuschauer an der Geschichte des Phantoms fasziniert, das erzählt sie uns backstage im Hamburger Operettenhaus.
femtastics: Du bist ausgebildete Opernsängerin. Wann hast du dich für diese Karriere entschieden?
Rachel Anne Moore: Mit zwölf Jahren habe ich bei einem Gesangswettbewerb mitgemacht, ich war eigentlich viel zu jung, um meine Stimme schon zu trainieren. Da habe ich Vibrato gelernt, also die Technik, wie man den Atem rauslässt. Seitdem wollte ich Opernsängerin werden.
Kommen deine Eltern auch aus dem Bereich?
Nein, mein Vater war nicht wirklich musikalisch, aber meine Mutter liebt das Singen und singt in einem Chor.
Du hast Operngesang studiert. Warum hast du dich für die Oper und nicht für die Musical-Ausbildung entschieden?
Ich habe nie über die Musical-Ausbildung nachgedacht, weil ich von Anfang an immer sehr klassisch gesungen habe. Das Ziel von Oper ist es, so laut wie möglich singen zu können – ohne Hilfsmittel. Die Wissenschaft dahinter fand ich spannend. Ich wollte es probieren und alle Techniken lernen. Es war eine Herausforderung für mich.
Hattest du ein Vorbild?
Maria Callas fand ich toll – ihren Stil und ihre Stimme. Sie war immer anders als alle anderen Opernsängerinnen. Sie hatte soviel Drama!
Ich trinke gerne mit meinen Freunden ein dunkles Bier, kein Champagner.
Opernsängerinnen haben teilweise auch dramatische Lebensläufe – hattest du davor Angst?
Ich wusste immer, ich bin Rachel und ich kann keine große Diva sein, da bin ich einfach nicht der Typ für. Ich trinke gerne mit meinen Freunden ein dunkles Bier, keinen Champagner. Und ich trage auch keine Pelze. (Lacht) Das mache ich nur auf der Bühne. Das sind oftmals nur Klischees. Die meisten Opernsängerinnen, die ich kenne, sind keine Diven, sondern bodenständige Menschen. Ich selbst versuche immer, am Boden zu bleiben.
Die Karriere einer Opernsängerin ist dennoch keine einfache Karriere – haben deine Eltern dich von Anfang an unterstützt?
Ja, die waren sehr cool. Meine Mutter liebt Musik und hat von Anfang an mein Talent gesehen. In Amerika kostet das Studium sehr viel Geld, aber ich hatte zum Glück ein Stipendium.
Was lernt man während des Studiums?
Für Oper musst du vor allem Italienisch, Französisch und Deutsch lernen. Das ist ganz wichtig. Ich hatte Deutsch zum Glück in der Highschool. Dazu kommt viel Technik und du singst ständig bei Konzerten.
Hattest du auch Schauspielunterricht?
Das fehlte leider ein bisschen. Es gab Opern-Workshops, in denen Szenen geübt wurden. Das waren aber keine Pflichtprogramme.
Inwieweit ist Operngesang Veranlagung und inwieweit kann man das trainieren?
Die Stimmbänder sind Muskeln und man sollte schon eine gewisse Veranlagung für eine besondere Stimme mitbringen. Wichtig ist auch, dass man Töne heraushört und dann auch genau trifft. Das ist schwer zu trainieren.
Wie jung muss man anfangen, um gut zu werden?
Mit Operngesang darf man nicht zu früh anfangen. Man muss vorsichtig mit der Stimme sein, vor allem, bevor man erwachsen ist. Ich war 16 als ich wirklich mit meiner Ausbildung gestartet bin, 18 ist auch okay.
Wie oft hast du geübt? Jeden Tag?
Tägliches Üben ist hilfreich, aber man darf es nicht übertreiben. Eine Stunde reicht.
Wie unterscheiden sich Operngesang und Musical-Gesang?
Es ist gar nicht so unterschiedlich, es geht eher um den Stil. Wenn ich Puccini singen möchte, dann brauche ich viele Legato zum Beispiel, von leise bis laut. Klassische Sachen wie Bach oder Mozart sind eher präzise mit gleichem Tempo. Es geht um das Drama in der Rolle und in der Stimme.
Du musst im richtigen Moment am richtigen Ort sein und dem richtigen Typen entsprechen.
Es gibt sicherlich viel Konkurrenzdruck. Wie gehst du damit um?
Es gibt sehr viele Sopranistinnen und es gibt immer jemanden, der das genauso gut kann wie ich. Du brauchst viel Glück: Du musst im richtigen Moment am richtigen Ort sein und dem richtigen Typ entsprechen. Wenn der Tenor zum Beispiel schon gecastet ist und ich größer als er bin, dann würde ich diesen Job nicht kriegen. Ich hatte zehn Jahre lang rote Haare, das gefällt auch nicht jedem.
Das ist das Schöne, jeden Abend eine Verbindung zum Publikum herzustellen.
Was fasziniert dich am Musical?
Beim Musical kann ich meinen Fokus mehr auf das Darstellen und das Drama legen, das finde ich sehr cool. Hier kann ich variieren, auch in meinem Gesang. Das begeistert auch die Fans. Es geht darum, wie wir Sänger die Leute berühren können. Das ist das Schöne, jeden Abend eine Verbindung zum Publikum herzustellen.
Was hat dich an der Rolle der Christine gereizt?
Ich liebe die Rolle der Christine, weil sie so nah an meiner eigenen Persönlichkeit ist. Christine ist Opernsängerin, verheiratet und hat ein Kind – so wie ich. Sie hat so viel Herz, wenn ich sie spiele, kann ich sehr real sein.
Das heißt, es gibt Parallelen zu deinem Leben?
Sie ist Mutter, ich bin Mutter. Sie hat ihren Vater verloren, ich habe meinen Vater verloren. Es fällt mir leicht, mich in Christine hineinzuversetzen.
Ich kriege immer Gänsehaut am Ende der Show.
Das Phantom begeistert seit vielen Jahren viele Menschen, woran liegt das?
Die Musik ist so schön, mit echten Ohrwürmern, die viele Menschen begeistern. Dazu kommt die Geschichte: Wie fängt Liebe an? Viele Menschen fühlen sich mit dem Phantom verbunden: sie sind vielleicht alleine, traurig und suchen die große Liebe. Hier hilft Christine. Sie liebt das Phantom und zeigt ihm, dass er nicht alleine ist. Ich kriege immer Gänsehaut am Ende der Show.
Wie war für dich der Schritt, nach Hamburg zu ziehen?
Ich habe sofort gemerkt, Hamburg passt zu mir! Hamburg hat Ähnlichkeiten zu Seattle, ist cool, rau, hat ein Nachtleben und einen Hafen. Ich kann Fischbrötchen essen und mit der Fähre fahren. Hier habe ich mich von Anfang an wohlgefühlt.
Vermisst du deine Heimat?
Ich bin öfters da, vermisse aber schon die Leute – und das Essen. (lacht)
Was machst du, wenn du nicht auf der Bühne stehst?
Ich lerne im Moment Gitarre, das macht mir Spaß. Und ich lerne gerne Sprachen.
Musst du deine Stimme schonen, wenn du nicht auftrittst?
Ich muss etwas aufpassen, spiele aber trotzdem viel mit meiner Tochter und schreie rum. (Lacht)
Manchmal, wenn es eine dramatische Szene ist, läuft mir dann noch eine Träne runter.
Was machst du eigentlich in den Pausen auf der Bühne, in einer Szene liegst du zum Beispiel minutenlang in den Armen von Raoul – kannst du in diesen Minuten entspannen?
Nein, ich bin emotional total in der Rolle. Manchmal, wenn es eine dramatische Szene ist, läuft mir auch eine Träne runter. Ich leide richtig mit. Ich höre, was auf der Bühne geschieht. Es gibt ein Kind, wenn ich mit ihm spiele, leide ich immer ganz besonders, weil er es so echt spielt. Es ist so schön, aber tut im Herzen so weh.
Und wie ist es nach der Show? Kannst du sofort abschalten?
Am Anfang war es schwierig, ich hatte Einschlafprobleme. Jetzt nehme ich ein heißes Bad, trinke einen Kräutertee und schaue eine Folge meiner Lieblingsserie. So komme ich runter.
Welches Lied würdest du gern auf der Bühne singen?
Es gibt ein paar. Als Oper würde ich sehr gern die Rolle der Violetta in „La Traviata“ singen. Als Musical-Darstellerin würde ich gern bei „Finding Neverland“, ein Musical über Peter Pan, singen. Es gibt ein Lied, „What You Mean to Me“, was ich wunderschön finde.
Das heißt, privat hörst du auch gern Musical?
Ja, total! Aber auch Alternative oder Nirvana. (Lacht)
Aber du bist mit Herz und Seele Opernsängerin!
Ich singe auch Jazz, R’n’B oder Folk mit meiner Mutter! Mein Herz hängt an der Oper und am Musical – mit Christine kann ich beides verbinden, das ist das Schöne. Christine hat sogar manchmal jazzige Momente.
Hast du Fans?
Ich bin sehr glücklich, ich denke ganz oft, dass ich die besten Fans der Welt habe! Sie basteln ganz tolle Geschenke für mich. Manche schicken mir auch Videos, in denen sie selber singen und fragen mich nach Tipps. Ich helfe ihnen gern weiter!
Da machst du deine Fans bestimmt sehr glücklich mit – danke dir für das Gespräch!
– In Kooperation mit Stage Entertainment –
Ein Kommentar
Lovely interview, Rachel does a great job at playing Christine!