
Aktuell erleben wir einen großen Backlash in Bezug auf Körpervielfalt und -akzeptanz. In Mode-Kampagnen und Frauen*magazinen sehen wir vermehrt überperfekte KI-Models und das Abnehmmedikament “Ozempic” erlebt einen Riesen-Hype. War Body Positivity also nur ein Trend, oder gar eine Lüge? Hat sich in Bezug auf Körperakzeptanz wirklich nichts verbessert?
Anne-Sophie Monrad hat neun Jahre lang international erfolgreich als Model gearbeitet. Die gesundheitlichen Folgen, die der Druck im Modebetrieb mit sich bringt, brachten sie schließlich 2018 dazu, ihrer Karriere eine neue Richtung zu geben. In ihrem Buch “Fashion Victim” thematisiert sie die Problemen des vermeintlichen Traumberufs: Magerwahn, finanzielle Ausbeutung, Konkurrenzdruck und sexuelle Belästigung. Darüber und über aktuelle Entwicklungen in Bezug auf Körperbilder sprechen wir mit ihr.
femtastics: Warum wolltest du als Teenager unbedingt Model werden? Was hast du dir damals von diesem Job versprochen?
Anne-Sophie Monrad: Genau das, was sich alle Teenager versprechen: eine glamouröse Welt, viel reisen, tolle Kleider tragen, interessante Menschen treffen, viel Geld verdienen. Ich habe mir einen Glamour Lifestyle erträumt.
Ich wurde total beeinflusst von der Sendung “Germany's Next Topmodel”. Damals gab es noch kein Social Media und ich habe mit großen Augen diese Show geguckt. Ich habe recherchiert, welche deutschen Models bei den großen Agenturen sind und welche Castings diese Agenturen machen. In mein Tagebuch schrieb ich: Das schaffe ich auch!
"Die Frauen* werden klein gehalten, auch durch entsprechende Verträge. Sie sind unmündig."
Du schreibst in deinem Buch sehr eindrücklich über die zahlreichen negativen Erfahrungen, die du gemacht hast. Du schreibst auch, dass du niemanden die Schuld dafür gibst, denn du hast dich freiwillig dafür entschieden, Model zu werden. Ist es wirklich so “einfach”? Wer ist Schuld an den fauenfeindlichen und gesundheitsschädigend Mechanismen und Zwängen der Modebranche?
Es ist die Industrie, die sich konstant nicht verändern will, es ist ein Machtspiel. Die Frauen* werden klein gehalten, auch durch entsprechende Verträge. Sie sind unmündig.
Wir sind Kinder, wenn wir anfangen. Ich war 17 Jahre alt. Man vertraut den Menschen und dieses Vertrauen wird ausgenutzt. Die Industrie lebt etwas vor, was es so nicht gibt. Meine Familie trifft keine Schuld. Ich war extrem stur und wollte das unbedingt. Ich habe es ja auch geschafft, aber was ich dafür riskiert habe, das würde ich so nie wieder tun. Und ich würde es auch niemandem empfehlen, weil es einfach total gefährlich ist. Die negativen Effekte werden unterschätzt.
Hätten deine Eltern irgendwie eine Chance gehabt, dich davon abzuhalten?
Ich glaube nicht. Hätten sie in dem Moment gesagt: Nein, macht das nicht, hätten Sie vielleicht den Kontakt zu mir verloren. Meine Eltern haben mir ganz viel Halt gegeben und mich unterstützt. Meine Mutter war auch dabei, als mein erster Vertrag unterzeichnet worden ist und sie wurde genauso manipuliert.
Du sprichst jetzt schon seit fünf Jahren über deine negativen Erfahrungen in der Modelbranche. Welche negativen Aspekte hast du erlebt?
Das Negativste für mich war, dass ich in eine extreme Essstörung geraten bin. Es galt auch als normal, dass ich über sechs Jahre meine Periode nicht hatte. Es hieß immer: Ja, wenn du diese Karriere möchtest, dann musst du das eben akzeptieren! Es gab einen enormen Druck, gegen den eigenen Körper zu arbeiten, immer zu funktionieren, der Industrie zu gefallen und die Gesundheit dabei total zu ignorieren.
Dabei ist es nahezu unmöglich, immer zu gefallen. Diese konstante Bewertung, diese konstante Fremdbestimmung, der Machtmissbrauch, der ausgeübt wird, ist einfach krass.
Das ganze Interview mit Anne-Sophie Monrad hört ihr in unserer Podcast-Episode!
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Hier findet ihr Anne-Sophie Monrad:
Foto: Janina Sauer
Collage: "Canva"