Darum leiden Frauen häufiger an Migräne als Männer

4. Dezember 2018

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„Heute nicht, ich habe Migräne.“ Als Betroffene habe ich mich schon immer darüber aufgeregt, dass Migräne als Ausrede für fehlende Lust benutzt wird. Eher in Filmen als in der Realität, eher mit zynischem Unterton und selten ernst gemeint, aber eben trotzdem als Ausrede. Dabei kann Sex in manchen Fällen sogar dabei helfen, die Schmerzen ein wenig zu mindern – aber ja, allein der Gedanke an Bewegung und Anstrengung ist beinahe schon unerträglich. Die Chance, wirkliche Lust zu empfinden, geht gegen Null. Der Vergleich kommt aber nicht von ungefähr, denn Migräne und Sex (zumindest im entfernt biologischen Kontext) sind enger miteinander verbunden als man vermuten mag, aber dazu später mehr. Ich frage mich, ob ein Mann jemals die Migräne-Ausrede verwendet hat, um keinen Sex haben zu müssen. Undenkbar ist es nicht, schließlich können auch sie, ganz genderuntypisch, absolut keine Lust auf Verkehr haben oder eben an Migräne leiden und sogar dieselben Auslöser für Attacken haben wie Frauen.

Frauen haben statistisch gesehen häufiger Migräne als Männer

Trotzdem gilt: Frauen haben statistisch gesehen häufiger Migräne als Männer. Jede fünfte Frau weltweit leidet an den meist einseitig auftretenden Schmerzen und ihren Mitbeschwerden wie Übel- oder Lichtempfindlichkeit. Dagegen stehen nur etwa neun Prozent aller Männer, so schreibt es die Harvard Medical School. Und dafür gibt es einen nachvollziehbaren Grund, der mal deutlich genannt werden muss. Verantwortlich für diese Genderdiskrepanz ist der wohl größte, biologische Unterschied zwischen den Geschlechtern: der Menstruationszyklus. Die damit zusammenhängenden ständigen Änderungen im Östrogenspiegel sind bei den meisten Frauen der Auslöser für Migräneattacken. Doch was sind die Auslöser bei Männern? Wir haben Expert*innen gefragt.

Gegenüber Science Mag erläuterte Dr. Soma Sahai-Srivastava, Migräne-Expertin an der University of Southern California, was dabei genau zu Beginn der Regelblutung im weiblichen Körper vor sich geht und was das mit den Attacken zu tun hat: „Der Migräne-Generator wird durch den Abfall an Östrogen angeschaltet, der wiederum mit dem fünften Nerv, auch Migräne-Nerv, kommuniziert. Dieser ist so etwas wie die Schmerzautobahn zwischen Gesicht und Kopf. Ist diese Verbindung einmal aktiviert, ist der Weg für toxische und entzündliche Stoffe freigelegt, die sich ihren Weg ins Gehirn bahnen. Das tun sie durch Adern und Blutgefäße, die durch den Transport schädlicher Stoffe ebenfalls gestört werden und beginnen zu pulsieren. Man kann sich das Ganze vorstellen wie ein großes Konzert auf der Oberfläche des Gehirns.“ Nur eben kein schönes.

Indem man den Östrogenspiegel kontinuierlich hoch hält, zum Beispiel beim Durchnehmen der Anti-Baby-Pille, kann die Zahl der Attacken minimiert werden, doch eine Lösung für die Ewigkeit ist auch das nicht.

Bei den meisten Frauen sind eher sinkende als ansteigende Östrogenlevel der Auslöser für Migräneattacken. Diese treten nach der Entbindung, kurz vor dem ersten Tag der Regelblutung oder zu Beginn der Menopause ein. Ganz schön häufig. Für mich, als nicht schwangere Migräne-Patientin mittleren Alters, bedeutet das mindestens eine Attacke pro Monat. Würde ich da nicht eingreifen, könnte ich kein normales Leben führen und wäre meinen Job wahrscheinlich längst los. Doch was tut man dagegen? In akuten Fällen kann eine Hormontherapie helfen. Indem man den Östrogenspiegel kontinuierlich hoch hält, zum Beispiel beim Durchnehmen der Anti-Baby-Pille, kann die Zahl der Attacken minimiert werden, doch eine Lösung für die Ewigkeit ist auch das nicht. Gerade hat die EU die erste, prophylaktische Migränespritze zugelassen, die hilft allerdings nur einer bestimmten Gruppe an Betroffenen. Am Ende helfen meist nur gefäßverengende Medikamente wie Triptane, ein kalter Lappen auf dem Gesicht und das Schlafen in einem dunklen und kühlen Raum. Und bloß kein Sex!

Eine aktuelle Studie der Leiden University in den Niederlanden hat herausgefunden, dass auch bei Männern während einer Migräneattacke eine Veränderung des Hormonhaushaltes festzustellen ist – nur andersherum als bei Frauen. Während das weibliche Geschlechtshormon Östrogen in die Höhe schießt, sinkt das Testosteron ab. Neben Migräneattacken hat dieser Hormoncocktail noch eine andere Folge: absolut keine Lust auf Sex. Scheint ganz so, als gelte die „Ausrede“ tatsächlich für alle Geschlechter.

 

Text: Martyna Rieck

 Illustration: Stefanie Berkmann für femtastics

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3 Kommentare

  • Hajü Ferron sagt:

    Mein Freund er ist männlich er leidet sehr häufig unter Migräne.Ich dachte immer dass es nur eine Frauensache ist?

    Ich selber habe sehr starke Kopfschmerzen,manchmal legt sich bei mir ein Schleier über die Augen.Ich habe Durchblutungsstörungen im Kopf,dadurch bekomme ich öfters Sprachausfälle.
    Wie kann man helfen?

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